Читать книгу Das Juwel der Talmeren (Band 1) - C. M. Spoerri - Страница 12

Kapitel 4 - Lucja

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Einige Wochen später

Ich klopfe den Schnee von halb vertrockneten Büschen zwischen den Felsen, bevor ich ihre knorrigen Äste abschneide, damit wir später ein Feuer entfachen können. Die Reise ist bisher ruhig verlaufen. Wenngleich ich mich am Anfang mit Léthaniel und Steinwind schwertat, so habe ich mich mit ihnen arrangiert. Léthaniel flog zudem meist mit seinem Greif voraus, sodass ich nur während der Pausen und am Abend seine dummen Sprüche ertragen musste. Ansonsten ritten Steinwind, Schatten und ich größtenteils schweigsam nebeneinander durch das verschneite Hochgebirge und hingen unseren Gedanken nach.

Als wir loszogen, war es in Merita später Herbst, hier in den Bergen ist der Winter indes rasend schnell hereingebrochen. Am ersten Morgen, als uns Schneeflocken begrüßten, war uns klar, dass die Reise von nun an beschwerlicher werden würde. Doch wir sollten es locker über die höchsten Berge schaffen, ehe der Schnee die Pässe blockiert, das haben wir mit einkalkuliert. Noch ist der Boden erst eine Handbreit mit dem kalten Weiß bedeckt und wir sind immerhin schon inmitten des gewaltigen Gebirgsmassivs, sollten dieses in spätestens einer Woche hinter uns gebracht haben.

Bis Fayl ist es danach allerdings noch ein gutes Stück und keiner von uns weiß genau, was uns dort erwartet. Vielleicht werden wir gefangen genommen oder wie Könige behandelt – bei Zirkelleiter Venero ist alles möglich. Ich mochte den Mann mit dem rötlich-braunen Haar und der bleichen Haut noch nie sonderlich, doch jetzt werde ich alles daransetzen, ihn von unserer Sache zu überzeugen.

Wenn er einem Bündnis mit der Herrscherin zustimmt, wird das nicht nur die Unruhen des Landes weiter legen, sondern uns eine wichtige Region Altras erneut eröffnen. Denn Fayl ist eine fruchtbare Gegend. Mit den Bewohnern dort wieder Handel treiben zu können, ohne befürchten zu müssen, dass der Wein, den sie liefern, vergiftet ist, wäre wahrlich ein Segen.

Ein Machtwechsel bedeutet stets eine gewisse Zeit der Anpassung und erfordert vor allem eines: Geduld. Vierhundert Jahre lang haben die Zirkelleiter in Altra geherrscht – dass plötzlich alles anders ist, daran müssen sich die Magier und normalen Menschen erst mal gewöhnen. Gerade Erstere haben wie ich schon viele Jahrhunderte auf dem Buckel und wir tun uns schwer mit Veränderungen.

Das merkte auch die junge Herrscherin, die sich wohl die Umsetzung ihrer neuen Strukturen anders vorgestellt hat. Schneller. Aber sie muss dem Volk – und vor allem den Menschen, die einst an seiner Spitze standen – Zeit geben. Dies habe ich ihr immer und immer wieder eingebläut und sie hat es verstanden.

Nach Fayl zu reisen, ist ein wichtiger Schritt in dieser Phase, und wenn wir ihn erfolgreich bewältigen, könnte das weitreichende Konsequenzen für Altra haben. Daher dürfen wir uns keine Fehler erlauben und auch nichts überstürzen.

Im Laufe der vergangenen Wochen haben Léthaniel, Steinwind, Schatten und ich viele Stunden damit verbracht, das Vorgehen in Fayl zu besprechen. Ob unser Plan fruchtet, wissen jedoch nur die Götter. Aber ich hoffe, dass meine alte Verbindung zu Venero dazu führt, dass er uns wenigstens anhört.

Noch während ich gedankenversunken die Zweige staple, vernehme ich ein Geräusch zu meiner Rechten. Ich befinde mich nicht weit vom Lager entfernt, womöglich sind es Steinwind oder Léthaniel, die von der Jagd zurückkehren. Schatten kann es unmöglich sein, denn ihn würde man nicht näher kommen hören. Der Assassine bewegt sich leiser als eine Katze.

Da ich keine weiteren Äste mehr zu tragen vermag, beschließe ich, zum Lager zurückzukehren, um ein Feuer zu entfachen, das die Kälte der Talmeren etwas vertreibt. Oder auf Léthaniel zu warten, der mit seiner Feuermagie behilflich sein kann.

Ich selbst habe das Wasserelement in mir, was ebenfalls nützlich ist. Bis die anderen wieder da sind, könnte ich im Boden eine kleine Grube graben und sie mit Wasser füllen, das ich aus dem Erdreich ziehe. Da der Boden halb gefroren ist, werde ich wohl einen Schub Magie für die Aushebung benötigen. Zudem muss ich aufpassen, dass ich die Temperatur des Wassers mit meinen magischen Kräften ein wenig erhöhe, sonst gefriert es womöglich, ehe wir davon trinken können.

Ich strecke die Schultern durch und mache mich auf den Rückweg.

Als ich die Felsen umrunde, die unser Lager vor neugierigen Blicken verbergen, bleibe ich ruckartig stehen.

Dort, bei unserem Gepäck, kniet jemand im Schnee. Es ist allerdings keiner meiner Gefährten. Der Eindringling besitzt zwar wie Schatten dunkle Haut und seine spitzen Ohren, die von den langen weißen Haarsträhnen nicht gänzlich verborgen werden, enttarnen ihn als Dunkelelfen, aber die Kleidung unterscheidet sich von jener des Assassinen, ebenso wie der schmächtigere Körperbau. Er trägt trotz der eisigen Kälte kaum mehr als ein paar Fetzen Fell, die gerade das Nötigste von ihm bedecken, und hält einen Speer in der Hand, auf den er sich stützt.

Schon als ich vor einigen Jahren nach Merita reiste, wurde meine damalige Kampfmagier-Gruppe von Dunkelelfen überfallen und uns gelang es nur mit viel Glück, ihnen zu entkommen. Die Verluste waren niederschmetternd und bis heute weiß ich nicht, was mit jenen Soldaten geschah, die von diesen Bastarden verschleppt wurden. Doch jedes ihrer Gesichter verfolgt mich in meinen Träumen.

Jetzt schon wieder von dieser Brut überfallen zu werden, hat mir gerade noch gefehlt.

Mist, wir hätten viel vorsichtiger sein müssen, aber jetzt ist es zu spät!

Blitzartig bilde ich einen Schutzschild um mich.

»He! Lasst unsere Sachen in Ruhe!«, rufe ich wütend und werfe die Zweige auf den Boden, um nach dem Dolch zu greifen, den ich an der Hüfte trage. Mein Schwert befindet sich leider außer Reichweite, da ich es beim Gepäck gelassen habe.

Der Fremde wirbelt zu mir herum und der Ausdruck in seinem Gesicht lässt mich erschaudern. Selten habe ich solchen Hass gesehen wie in diesem Moment in den roten Augen, die mich anstarren.

Ehe ich den Dunkelelfen angreifen oder mich verteidigen kann, werde ich von hinten mit einem Zauber attackiert. Der Magiestoß, der mich erfasst, ist so gewaltig, dass ich nach vorne geschleudert und zu Boden gestoßen werde.

Für einen Moment liege ich benommen im niedergetrampelten Schnee, doch so einfach gebe ich mich nicht geschlagen. Ich sammle meine eigenen Kräfte, verstärke den Schutzschild und verhindere damit, dass ein weiterer Dunkelelf, der sich soeben mit einem Messer auf mich stürzt, mir die Klinge in den Bauch rammen kann. Sie bleibt dank des Zaubers bloß über meinem Körper schweben, während mein Gegner sein Gesicht zu einer wütenden Fratze verzerrt.

Blitzschnell springe ich auf die Beine und schleudere einen Eispfeil auf den Feind, dem dieser leider geschickt ausweicht. Dabei versuche ich, beide Dunkelelfen im Blick zu behalten, was nicht so einfach ist, da derjenige, der bei unseren Sachen kniete, sich hinter mir positioniert hat.

Beide haben ebenfalls einen Schutzschild gebildet und bündeln gerade ihre Magie, um mich erneut zu Boden zu schleudern. Dabei verbinden sie ihre Kräfte miteinander, wie Elfen es häufig zu tun pflegen, sobald sie zusammen zaubern.

Ich weiche zurück, was allerdings dazu führt, dass ich gegen einen Felsen stoße, der sich in meinem Rücken befindet.

Mist, sie haben mich eingekesselt …

Ehe sie mich erneut attackieren können, komme ich ihnen zuvor und lasse einen mindestens so starken Energiestoß auf sie los wie jener, der mich vorhin zu Boden warf. Doch noch bevor er sie erreicht, flimmert die Luft zwischen uns und ich erkenne mit Schrecken, dass weitere Dunkelelfen auftauchen.

Verdammt, gegen sechs von ihnen habe ich keine Chance …

Ich bin trotz besseren Wissens nicht gewillt, so rasch aufzugeben, und verstärke meinen Schutzschild erneut. Gerade rechtzeitig, um der magischen Kugel Widerstand zu leisten, die sie auf mich abfeuern.

Zwei der neuen Gegner attackieren mich nun zusätzlich mit Pfeilen, die sie rasend schnell auf mich abfeuern. Jedes Mal, wenn ein Geschoss gegen meinen Schutzschild prallt, fühlt es sich an wie Nadeln, die sich in meine Haut bohren. Sie müssen die Pfeile mit einem Gift versehen haben, das meinen Schutzschild durchdringt. Anders ist nicht zu erklären, warum ich die Attacken überhaupt so stark wahrnehme.

Die Dunkelelfen verbinden ihre Kräfte erneut miteinander und ich keuche vor Anstrengung, als ich abermals den Schutzschild verstärken muss, um ihren Attacken zu widerstehen.

Lange werde ich nicht mehr durchhalten, denn ich merke jetzt schon, wie meine Kräfte zu schwinden beginnen und mich Kälte zu übermannen droht.

Alarm! Ich muss Alarm schlagen, um meine Gefährten zu warnen!

Bevor ich jedoch überhaupt den Mund öffnen kann, werde ich von solch einer gewaltigen Hitzewelle überwältigt, dass ich befürchte, augenblicklich in Ohnmacht zu fallen. Mein Schild flackert unter der Attacke der Dunkelelfen, die ihre Kräfte vereint haben, um einen Feuerball auf mich zu schleudern.

Mit letzter Kraft erhalte ich den schützenden Zauber aufrecht, aber mir fehlt die Energie für einen Gegenangriff.

Zitternd schlinge ich die Arme um meine Mitte, spüre, wie meine Knie unter mir nachgeben und ich zu Boden sinke.

Der Schild darf nicht fallen, sonst werde ich sterben …

Da flimmert ebenjener besorgniserregend auf und als ich noch einmal Magie hineingeben will, ist da nichts mehr. Stattdessen bemächtigt sich eine eisige Kälte meiner Glieder.

Ich stoße einen Schrei aus, doch er ist viel schwächer, als ich beabsichtigt habe. Meine Magie versiegt, der Schutzschild flimmert ein letztes Mal und ich sehe durch meine halb geschlossenen Lider, wie sich einer der Dunkelelfen mit einem Dolch auf mich stürzt.

Dieses Mal gleitet die Klinge direkt in meinen Bauch. Noch ehe ich den Schmerz überhaupt wahrnehmen kann, sinke ich in alles umfassende Finsternis.

»Wacht auf«, höre ich eine raue Stimme an meinem Ohr, während zwei Hände mich unsanft an den Schultern rütteln. »Wacht auf!«

Die Kälte in meinen Gliedern lässt mich zittern, bevor ich richtig zur Besinnung komme.

Mist, ich habe es eindeutig zu weit getrieben, wäre wie ein unbeholfener Schüler beinahe erfroren, da ich zu viel Magie wirkte.

Mit einem Mal gleitet ein warmer Schauer durch meinen Leib, vertreibt einen Großteil der Kälte, die ihn gefangen hielt.

Magie … jemand heilt mich.

Ich blinzle benommen, kann indes nichts außer Dunkelheit sehen. Doch die Stimme, die soeben erklang, vermag ich unter Tausenden zu identifizieren.

»Schatten?«, murmle ich, woraufhin sich der Griff an meinen Schultern kurz verstärkt, bevor er mich loslässt.

»Endlich«, knurrt er.

Fahrig taste ich mit den Händen über den eiskalten Boden, auf dem ich liege. Es ist grober Fels – wir müssen uns in einer Höhle befinden.

»Ich habe Eure Wunde notdürftig versorgt und die Blutung gestillt«, ertönt die Stimme des Dunkelelfen erneut. Er spricht gedämpft, so als wollte er nicht, dass jemand sonst ihn hört.

Ich weiß, dass er als Elf kleinere Wunden heilen kann, allerdings bezweifle ich, dass seine magischen Kräfte für eine Verletzung wie meine genügen. Der Dolch, mit dem mich der Dunkelelf attackierte, war groß genug, um mir den Bauch aufzuschlitzen. Ein Wunder, dass ich überhaupt noch lebe.

Vorsichtig taste ich nach der Stelle, an welcher die Klinge in mich eindrang – und zucke zusammen, als ich das Einstichloch berühre. Durch die Kälte, die mich erfasst hat, nahm ich den Schmerz gar nicht richtig wahr, aber jetzt bricht er umso stärker über mich herein.

Verflucht, das tut verdammt weh!

»Könnt Ihr aufstehen?«, fragt Schatten leise.

»Wo sind wir?«, stelle ich eine Gegenfrage, die ihn knurren lässt.

»Hoch mit Euch«, vernehme ich gerade noch, ehe er mich unter den Achseln packt und mir ein Keuchen entfährt.

»Etwas sanfter bitte!«, protestiere ich, als er mich in die Senkrechte zieht.

Zum Glück befindet sich hinter mir eine Wand, gegen die ich mich lehnen kann, denn mein Kopf beginnt umgehend zu pochen und Schwindel befällt mich. Ganz zu schweigen von dem Schmerz, der durch meinen Unterleib zieht. Mein ganzer Körper rebelliert, die Beine wollen nachgeben, aber ich beiße mir auf die Innenseite der Wangen und atme gegen die Ohnmacht an, die sich über mich zu legen versucht.

»Folgt mir!«, befiehlt der Assassine.

In meinem Mund sammelt sich Blut, so stark habe ich mir in die Wange gebissen, doch das ist immer noch besser, als erneut bewusstlos zu werden.

»Wohin denn?«, erwidere ich gepresst. »Ich seh überhaupt nichts!«

Abermals ertönt ein Knurren, dann packt er meine Hand und zieht mich schnurstracks durch die Dunkelheit. Ich stolpere über meine eigenen Füße und kann mich gerade so an seinen Schultern festhalten, um zu verhindern, dass ich zu Boden falle.

»Passt auf«, brummt mein missmutiger Begleiter, was nun mich knurren lässt.

Der Kerl hat gut reden, er sieht in der Finsternis ebenso gut wie bei Tageslicht. Ich hingegen tappe im wahrsten Sinn des Wortes im Dunkeln.

»Wo sind wir und wo sind Léthaniel und Steinwind?«, starte ich einen weiteren Versuch, mehr über unsere Situation herauszufinden.

»Schhht«, ertönt es vor mir.

»Schhhtet mich nicht!«, fauche ich und ziehe den Pelzumhang fester um mich, da mir eiskalt ist. »Ihr könntet wenigstens eine meiner Fragen beantworten.«

»Schhht!« Schatten hält abrupt an und eine Sekunde später packt er meine Kehle.

»Spinnt Ihr?! Ich …«

Weiter komme ich nicht, da er so fest zudrückt, dass mir die Luft genommen wird.

Gleichzeitig höre ich ihn in einer mir fremden Sprache reden. Er unterstreicht die Worte mit einer Armbewegung, die meinen Kopf wackeln lässt.

Als ihm eine Stimme antwortet, gefriert alles in mir – und das nicht wegen der Kälte.

Was bei den Göttern geschieht bloß? Wer ist die andere Person? Und was für eine Sprache sprechen sie?!

Meine Gedanken rasen, während ich versuche, die Panik niederzuringen, die mich überkommen will. Eigentlich vertraue ich Schatten, aber gerade bin ich nicht mehr sicher, ob ich das sollte. Anscheinend hat er im Talmerengebirge Verbündete. Die Dunkelelfen, die unser Lager überfallen haben?

Nein … das kann … das will ich nicht glauben! Schatten würde uns nie in einen Hinterhalt locken, das wäre …

»Folgt mir!«, ertönt seine Stimme ein weiteres Mal und ich bin erleichtert, als er endlich meine Kehle loslässt und ich wieder durchatmen kann. Doch schon im nächsten Moment werde ich von ihm grob am Handgelenk gepackt und weitergezerrt.

Erneut stolpere ich durch die Dunkelheit, schlucke den Protest über die unsanfte Behandlung jedoch herunter. Erst muss ich wissen, wo ich bin und wer die andere Person ist. Dabei könnte jedes Detail, jedes Geräusch ausschlaggebend sein.

Angespannt lausche ich, vernehme allerdings nur meine eigenen Schritte. Weder die des Assassinen noch des Fremden kann ich ausmachen, sie bewegen sich lautlos durch die Finsternis.

Vergebens probiere ich, etwas zu erkennen, es ist so dunkel, dass ich schließlich resigniert aufgebe.

Schatten führt mich weiter und öffnet eine Tür. Mit einem Mal betreten wir einen Gang, der durch das Licht einer Fackel erhellt wird. Was ich im Schein der Flammen entdecke, lässt mich wünschen, ich wäre wieder in der Dunkelheit.

Vor dem Assassinen, der immer noch mein Handgelenk festhält, gehen drei weitere Dunkelelfen. Rechts und links von mir registriere ich ebenfalls zwei und ich muss mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass auch hinter mir welche folgen.

»Schatten, was …«, beginne ich, doch der Assassine wirft mir einen drohenden Blick über die Schulter zu.

»Schweigt still oder ich reiße Euch die Zunge raus!«, knurrt er und ich erschaudere ob der Boshaftigkeit in seinen Augen.

Das ist nicht der Mann, mit dem ich Tausende Male trainiert habe. Nicht der, zu dem ich mich hingezogen fühle und dem ich vertraue. Das ist eine blutrünstige Bestie, die ihre besten Freunde verrät.

Verdammt, wie konnte ich mich so in ihm täuschen?!

Unwillkürlich will ich nach meiner Magie greifen, aber die Kräfte scheinen unterdrückt worden zu sein. Hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre. Es gibt diverse Möglichkeiten, Magie zu bannen, und anscheinend kennen diese Dunkelelfen mindestens eine davon.

Mist … auch das noch!

Schatten hat sich wieder nach vorn gewandt und ich starre auf seinen breiten Rücken, während ich ihm wie benommen folge. Ich habe jeglichen Widerstand aufgegeben, denn Gegenwehr würde nichts bringen, das ist mir mehr als bewusst. Gegen so viele Dunkelelfen habe ich nicht den Hauch einer Chance, zumal mir weder Waffen noch Magie zur Verfügung stehen.

Als ich von den Dunkelelfen in einen hohen Raum geführt werde, sehe ich mich entsetzt um. Blaues Licht taucht die Höhle, in die mich Schatten führt, in eine gespenstische Atmosphäre. Doch was mir das Blut in den Adern gefrieren lässt, sind fünf schwarz gekleidete Kapuzengestalten, die um einen quadratischen Steinblock herumstehen, der einem Tisch ähnelt. Er befindet sich in der Mitte des ansonsten kargen Raumes, an dessen Wänden blaue Fackeln entfacht wurden.

Magie …

Nun wehre ich mich nach Leibeskräften, denn Schatten zerrt mich geradewegs auf diesen Block zu, an dem ich an allen vier Enden Ketten mit Handschellen erkenne.

»Nein!«, rufe ich panisch und versuche vergebens, mich aus dem Griff des Assassinen zu winden.

Er hält mich wie ein Schraubstock fest und die Kraft, mit welcher er mich zum Steintisch manövriert, ist unerbittlich.

»Was soll das?!«, stoße ich aus und schäme mich nicht dafür, dass Entsetzen meine Stimme zeichnet. »Was habt Ihr vor?«

Ohne eine Antwort zu geben, drückt mich der Assassine auf den Tisch und als ich mich wehre, hebt er mich kurzerhand hoch und lässt mich schwungvoll darauf niederfallen. Den Schmerz, der meinen Hinterkopf und mein Steißbein durchfährt, als ich auf dem Felsen lande, registriere ich kaum. Vielmehr ist mein Blick auf das Gesicht des Mannes gerichtet, der mit schnellen Bewegungen meine Handgelenke ergreift und mich auf dem Tisch festkettet.

Tränen verschleiern meine Sicht, während ich mich bemühe, irgendeine Regung in seiner Miene zu lesen. Aber da ist nichts. Kein Gefühl der Reue oder Schuld. Als er meine Beine spreizt und auch um die Knöchel Fesseln legt, schließe ich die Lider und schluchze leise.

»Damit Ihr nicht auf dumme Gedanken kommt«, höre ich Schatten sagen und im nächsten Moment spüre ich seinen Atem, der über mein Gesicht streicht.

Ich huste, reiße die Augen auf und kneife sie gleich wieder zusammen, denn der Dunkelelf hat mir ein weißes Pulver ins Gesicht gepustet. Eines, das meine magischen Kräfte weiterhin unterdrückt.

Mir ist klar, was das hier ist. Ich selbst habe schon an solchen Ritualen teilgenommen. An dämonischen Beschwörungen, die Blutopfer fordern. Und dieses Opfer bin nun ich … bei den Göttern, ich bin in einem Albtraum gefangen!

Das Juwel der Talmeren (Band 1)

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