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Beobachtung 5: Die Aktivierung globaler sozialer Felder

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Die fünfte Beobachtung betrifft das Phänomen der Aktivierung globaler sozialer Felder. Bis 2015 betrug die Zahl der Studierenden, die für meinen Kurs »U.School« am Massachusetts Institute of Technology (MIT) eingeschrieben waren, etwa 75, nur einige Monate später, Ende 2015, hatte der »U.Lab-Kurs« 75.000 eingeschriebene Teilnehmende aus 185 Ländern. (Heute, im Jahr 2020, sind es bereits doppelt so viele!) Zusammen haben sie mehr als 400 Prototypinitiativen erschaffen sowie mehr als 560 »Hubs«1 und mehr als tausend selbstorganisierte Case Clinic Circles hervorgebracht.

Was erklärt das Anwachsen der Gruppengröße von 75 auf 75.000? Ein Faktor war, dass der Kurs von einem MIT-Unterrichtsraum auf die offene edx-Plattform umgezogen ist und zu einem offenem Massen-Onlinekurs (Massive Open Online Course, MOOC) wurde. Der andere und wichtigere Faktor ist die Verbindung und gemeinsame Ausrichtung dieser Plattform mit einer größeren bewusstseinsbasierten Veränderungsbewegung, die von vielen Orten auf der ganzen Welt ausgeht. Im Laufe der letzten 10 Jahre habe wir eine Reihe der profunden Veränderungsinitiativen unterstützt, die Teil dieser Bewegung sind. (Einige neuere Fallstudien finden sich weiter unten in diesem Vorwort.)

Einer Umfrage zufolge, die wir am Ende des Kurses durchführten, empfanden 93 Prozent der Befragten ihre Erfahrung als »inspirierend« (60 Prozent) oder »lebensverändernd« (33 Prozent), und 62 Prozent der Teilnehmenden, die keine Erfahrung mit kontemplativen Praktiken hatten, als sie zum U.Lab kamen, haben solche Praktiken erlernt und entwickelt.

Ein Drittel der Teilnehmenden machte »lebensverändernde« Erfahrungen? Wie ist das in einem lediglich sieben Wochen umfassenden Onlinekurs möglich? Die Antwort lautet: Es ist nicht möglich. Das U.Lab ist nicht einfach nur ein Onlinekurs. Es ist eine gemischte Lernumwelt aus O2O-Tools (Online-to-offline-Praxisanteilen), die sich zusammen mit einer im Entstehen begriffenen Bewegung entwickelt. Es funktioniert nur, weil es in eine bereits existierende größere globale Bewegung eingebettet ist. Aber: In vielerlei Hinsicht ist es eine noch schlummernde Bewegung – sie weiß noch nicht ganz, dass sie um ihre Existenz weiß.

Und hier kommt das U.Lab (und die Theorie U) ins Spiel. Mein Leben ist reich an vielen profunden Erfahrungen – und viele davon finden sich in diesem Buch wieder. Doch von all diesen Erfahrungen ist die neuere Entwicklung des U.Lab etwas Besonderes, weil sie kollektiver, globaler und radikaler ist, was die Verbindung mit höheren Zukunftsmöglichkeiten betrifft, als alles, was ich zuvor erlebt habe. Dieses Buch beginnt mit einer Geschichte über das Feuer auf dem Bauernhof meiner Eltern (Kapitel 1). Mit der Geschichte des U.Lab schließt sich tatsächlich der Kreis dieser ganzen Reise, die mit dem Feuer auf dem Bauernhof begann.

Lassen Sie mich das an Bild 6 als Bezugspunkt erklären.


Darin erfasst Kelvy die abschließende U.Lab-Live-Session vom 17.12.2015, eine gemeinsame Veranstaltung des MIT in Cambridge, MA, mit Edinburgh, Schottland, und Sao Paulo, Brasilien, an der sogenannte Hub-Gemeinschaften aus der ganzen Welt teilnahmen. Dieses Bild fängt die Reise ein, auf der wir uns befinden – es ist die Reise des U.Lab, aber es ist auch die Reise dieses Buches und der Bewegung, die dieses widerspiegelt:

Linke Seite: Woher wir kommen – wir bringen verschiedene Bewegungen und Strömungen zusammen, einschließlich Zivilgesellschaft, Achtsamkeit und Aktionsforschung, um gemeinsam die tieferen Herausforderungen unserer Zeit in Angriff zu nehmen (die dreifache Kluft);

Mitte: Unsere derzeitige Arbeit – wir kultivieren den Boden des sozialen Feldes, wobei es im Wesentlichen darum geht, den Bewegungsprozess von 1) Leugnung zu 2) Debatte und schließlich zu 3) Dialog zu beschleunigen, indem wir den inneren Ort kultivieren, von dem aus wir handeln.

Rechte Seite: Wohin wir gehen – das entstehende Feld der Zukunft, mit einer erwachenden Ego-zu-öko-Bewegung an der Wurzel.

Wenn Sie sich die linke Seite des Bildes genauer anschauen, sehen Sie, dass sich drei Flüsse – ziviles Engagement, Achtsamkeit, Aktionsforschung – zu einem einzigen Strom vereinen und dass ein Bauer seinen Pflug einsetzt, um den Boden unseres Planeten zu kultivieren (was ich bei meinen Eltern ihr Leben lang beobachtet habe).

Im Zentrum der Zeichnung liegt das soziale Feld. Mein Job (und der Job aller Führenden, »Movement-Builder« und Erdenbürger) besteht darin, den Boden des sozialen Feldes zu kultivieren. Doch wie stellen wir das an? Was ist das funktionale Gegenstück zum Pflug des Landwirts?

Der Acker des Bauernhofs wird mit dem Pflug bestellt. Doch was kultiviert den Boden des sozialen Feldes? Es ist die Fähigkeit, die Kamera umzudrehen und in den Spiegel der Gemeinschaft zu schauen – die Fähigkeit, sich selbst aus der Perspektive des Ganzen zu sehen. Dieser entscheidende Einstiegspunkt ist zwischen dem Bauern und dem Anfang der U-Form wiedergegeben.

Auf der rechten Seite des Bildes sieht man einen Pfeil mit der Beschriftung »unfolding future«, im Entstehen begriffene Zukunft. Die Existenz eines Zukunftsfeldes ist nicht nur eine Erweiterung unserer früheren Handlungen. Tatsächlich hat sie nichts mit einer Erweiterung der Vergangenheit zu tun. Es ist ein Feld des künftig Möglichen, das Möglichkeiten im Hier und Jetzt eröffnet. So jedenfalls fühlt es sich an, und deshalb lautet der Untertitel dieses Buches im englischen Original Leading from the Future as It Emerges: Von der (im Entstehen begriffenen) Zukunft her führen.

Theorie U - Von der Zukunft her führen

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