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4 Sydney

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Als sie beim Taxistand ankamen, waren sie ein wenig überrascht, wie leergefegt der Platz sich darstellte. Lediglich zwei Taxen standen in den provisorischen Parkbuchten, während die Fahrer beider Wagen rauchten und sich unterhielten. Colin und Opal Gamma gingen zielstrebig auf die Taxifahrer zu. Die Beiden ließen sich bei ihrem Gespräch allerdings nicht stören und ignorierten sie einfach. Erst als Opa Gamma den Kofferraum einer der Taxen öffnete, wandte sich einer der Fahrer ihnen zu.

-„He, Sie!“, rief er. „Sie können doch nicht einfach in ein Taxi steigen, das gar nicht fahrbereit ist.“ Die Stimme des Fahrers klang verärgert.

-„Warum nicht?“, fragte Opal Gamma selbstsicher.

-„Na sehen Sie denn nicht, dass ich gerade Pause mache?“ Die Empörung war deutlich im Gesicht des kleinen Mannes zu erkennen. Seine Pause zu stören, schien für ihn einem Verbrechen gleichzukommen.

-„Ja natürlich habe ich das gesehen.“ Nun klang auch Opal Gamma verärgert. „Ich habe dann aber beschlossen diese nun zu beenden. Einmal zum Quay Grand Suites Sydney. Und ein bisschen zügig, wenn ich bitten darf!“

Widerwillig verabschiedete sich der Taxifahrer von seinem Kollegen und setzte sich in Bewegung. Als er versuchte das Gepäck in den kleinen Hyundai zu verfrachten, bemerkte er erst, wie viele Koffer Opal Gamma dabei hatte.

-„Sie sollten vielleicht lieber einen Bus mieten. Hier passt Ihr Gepäck jedenfalls nicht rein“, spöttelte er.

Opal Gamma fühlte sich langsam genervt von diesem widerwilligen Taxifahrer.

-„Ach quatschen Sie doch nicht blöd hier rum. Es passt alles rein. Sehen Sie doch!“

Noch während Opal Gamma das aussprach, verfrachtete er die Koffer geschickt in den Kofferraum des Wagens. Aus dem obersten Koffer nahm er vorsichtig, peinlichst genau darauf achtend, dass nichts Anderes aus dem Koffer fiel, einen selbstentwickelten Universalschlüssel, den er Colin vorführen wollte.

-„Passen Sie mal auf“, sagte Opal Gamma in einem vertraulichen Tonfall zu Colin. „Das hier habe ich vorgestern noch in Konstanz entwickelt. Jeder Einbrecher würde alles für diesen Schlüssel geben.“

Opal Gamma drückte auf einen Knopf in der Mitte des Schlüsselkopfs. Die Klappe des Stauraums senkte sich langsam und geschmeidig und verschloss schließlich den Kofferraum, in dem nun alle Koffer von Opal Gamma und Colin Platz gefunden hatten. Colin war sichtlich beeindruckt. Den Taxifahrer verwunderte dieses kleine Spielzeug so sehr, dass er wortlos in seinen Wagen stieg und bis zum Ende der Fahrt schwieg. Opal Gamma grinste. Er würde diesem widerspenstigen Taxifahrer garantiert nicht erklären, was das Geheimnis seiner Erfindung war. Endlich war er ruhiggestellt.

Das kleine Taxi bewegte sich schnell über den Highway und durch die Straßenschluchten von Sydney, und so war der lange Weg vom Flughafen in die Stadt sehr schnell geschafft.

Als das Taxi kurz vor dem Erreichen des Hotels an einer Ampel halten musste, hatte Colin Zeit sich umzusehen. Er ließ seinen Blick über die Häuserfassaden schweifen. Direkt neben der Ampel befand sich ein Coffeeshop, in dem sich etwas regte, das Colins Aufmerksamkeit auf sich zog. Sein Herz schlug plötzlich schneller. Opal Gamma bemerkte sofort, dass Colin unruhig wurde.

-„Was haben Sie denn?“, fragte er.

-„Dieser Mann da, in dem Coffeeshop…“, er deutete auf den großen Mann mit der Narbe auf der rechten Wange. „Sehen Sie ihn?“

-„Welchen? Den mit der Narbe, direkt am Fenster?“

-„Genau der!“, bestätigte Colin aufgeregt. „Er ist der Mörder vom Flughafen. Dieser Mann saß mit diesem Brown an dem Tisch hinter mir in der Flughafenbar. Meinen Sie nicht, ich sollte ihn lieber beobachten?“ Opal Gamma nickte zustimmend. „Dann werde ich hier aussteigen. Sie können ja schon mal zum Hotel fahren und einchecken.“

-„Einverstanden.“ Opal Gamma klopfte Colin auf die Schulter. „Also, viel Glück und bis später. Ich habe hier übrigens noch etwas für Sie, dass Ihnen vielleicht helfen wird.“ Er reichte Colin eine Brille, die an den Außenseiten der Gläser eingebaute Spiegel hatte, mit denen man problemlos seinen Hintermann beobachten konnte ohne dabei bemerkt zu werden.

Dankend nahm er die Brille entgegen und stieg aus. Opal Gamma winkte noch einmal ermutigend aus dem Taxi und da fuhr es auch schon weiter in Richtung Quay Grand Suites Sydney. Colin würde sich zunächst einmal aufs Beobachten konzentrieren.

Er wollte mehr über diesen Kerl und seinen Gesprächspartner vom Flughafen, Mister Brown, erfahren. Der Mann stellte eine akute Bedrohung dar und schien von einer höheren Stelle beauftragt zu sein. Ein engagierter Killer - oder war er mehr als das? Colin würde es herausfinden. Außerdem war da jetzt noch ein anderer Mann aufgetaucht, der sich angeregt mit dem großen Osteuropäer unterhielt. Vielleicht der erste Schritt, eine Verbindung herzustellen.

Colin betrat den Coffeeshop. Ein schöner, heller Raum mit vielen Sitzmöglichkeiten und einer großen Theke, hinter der eine gelangweilte, Kaugummi kauende Frau saß. Der Coffeeshop war gut gefüllt und Colin fiel sofort dieser angenehme Kaffeeduft auf, der im gesamten Café herrschte. Er setzte sich vorsichtig an einen Tisch, nahe dem der beiden Männer und bestellte einen Kaffee Royal.

Während Colin langsam seinen Kaffee trank, lauschte er angespannt dem Gespräch der beiden Gestalten, die er durch seine Spiegelbrille beobachten konnte. Irgendwie kam es Colin so vor, als ob der Gesprächspartner versuchte, den Mann mit der Narbe von etwas zu überzeugen, denn er redete argumentierend auf diesen ein. Die Überzeugungskraft schien allerdings nicht besonders groß zu sein, denn schließlich legte der Colin noch Unbekannte einen Scheck auf den Tisch. Er konnte die Zahl 1.000.000 lesen. Die Angelegenheit mutete sehr wichtig an, wenn es schon um solche Summen ging. Allerdings konnte sich Colin auch in der Anzahl der Nullen getäuscht haben. So einfach waren diese nicht auf die Schnelle zu entziffern. Der Mann mit der Narbe lehnte aber selbst diesen Scheck ab. Die Diskussion schien beendet, denn sein Gegenüber schüttelte resignierend den Kopf und der Osteuropäer verließ den Coffeeshop.

Nach einer Weile stand auch der Unbekannte auf und verschwand. Colin hielt es für besser ihn zu verfolgen, um herauszufinden, was er mit der ganzen Geschichte zu tun hatte. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, den Osteuropäer davon kommen zu lassen, aber nun war es zu spät diesen Fehler zu korrigieren. Wenigstens die Identität des Gesprächspartners wollte er herausfinden.

Der Mann schlenderte in Richtung Hafencity. Er schien nicht mit einem Verfolger zu rechnen, denn er drehte sich auf dem ganzen Weg kein einziges Mal um. Anfänglich war es für Colin nicht schwer dranzubleiben, doch mittlerweile wurden die Straßen von Sydney zusehends voller. Das Nachtleben hatte begonnen und die Menschen drängelten sich auf den Bürgersteigen. Immer wieder kamen ihm Paare oder kleinere Menschengruppen in die Quere, die sich gar nicht um die anderen Passanten kümmerten und die gesamte Breite des Gehwegs einnahmen. Colin schaffte es dennoch dem Mann auf den Fersen zu bleiben und sah, wie dieser eine Bar betrat. Durch das Gewühl von Menschen vor dem Eingang, die rauchten, sich unterhielten oder nach Anderen Ausschau hielten, drängelte er sich ebenfalls in die Bar. Drinnen blieb er einen Moment stehen, um sich zu orientieren.

Nicht weit vom Eingang befand sich eine Tanzfläche, auf der einige Frauen und Männer zu rhythmischen Klängen tanzten. Der restliche Raum, den man vom Eingang aus überblicken konnte, war durch die indirekte Beleuchtung elegant und einladend gehalten, wobei das Inventar die Eleganz noch verstärkte. Colin warf einen Blick Richtung Bar, um den Mann aus dem Coffeeshop ausfindig zu machen. Und tatsächlich entdeckte er ihn am Tresen, wie er gerade etwas bestellte. Colin schlenderte zum anderen Ende der Bar und setzte sich auf einen Barhocker, von dem aus er den ganzen Raum im Blick hatte. Er bestellte eine Margarita, natürlich klassisch, mit Limettensaft; nicht eine der modernen Varianten mit Erdbeersirup oder etwas Ähnlichem. Der Mann hatte eine Flasche Bier bestellt und trank diese bereits.

Colin wusste gar nicht, worauf er eigentlich wartete. Dass der Mörder vom Flughafen hier auftauchen würde? Oder dass noch jemand Anderes mit diesem Typen, den er verfolgt hatte, in Kontakt treten würde? Er konnte es beim besten Willen nicht sagen. Er nippte an seinem Drink. Irgendetwas musste er über diesen Kerl doch herausfinden können. Wenn der sich allerdings wirklich mit jemandem treffen würde, war es besser, vorerst abzuwarten.

Und das tat Colin. Eine ganze Weile saß er da, trank seine Margarita, beobachtete den Eingang und den Mann, wippte mit dem Bein zur Musik und bestellte eine zweite Margarita. Aber es passierte nichts.

Colin wandte sich zum Barkeeper, um ein paar Informationen über den Mann, den er nun seit geraumer Zeit beobachtete, zu erfragen.

-„Sagen Sie mal, den Mann am anderen Ende des Tresens - kennen Sie den?“

Der Barkeeper schüttelte den Kopf, während er ein Glas abtrocknete.

-„Von den Gästen hier kenne ich normalerweise keinen genauer. Das ist ein reines Kommen und Gehen jeden Abend. Kein Stammpublikum. Wen genau meinen Sie denn überhaupt?“

Colin wies mit dem Kopf nach links. Als der Platz des Mannes gerade wieder in sein Blickfeld rückte, erschrak er. Der Mann war verschwunden.

-„Das… das kann doch nicht sein“, stammelte er. Plötzlich legte sich eine Hand auf seine Schulter und eine eindringliche, sonore Stimme sagte: „Suchen Sie jemanden?“ Colin fuhr herum. Die Stimme gehörte einem ihm unbekannten Mann mittleren Alters.

-„Entschuldigung, aber ich hatte so das Gefühl, dass Sie jemanden aus den Augen verloren haben.“

-„Nein“, sagte Colin etwas nervös, „alles in bester Ordnung.“

-„Sind Sie Engländer?“, fragte der Mann.

Colin wurde langsam nervös. Worauf wollte der Mann hinaus? Das konnte doch kein simpler Smalltalk sein.

-„Nein, Deutscher. Wie kommen Sie darauf?“

-„Ach, es hat mich einfach interessiert.“ Er lächelte. Nicht einmal ein unsympathisches Lächeln. „Deutscher, sagten Sie? Ach, so ist das. Ja ja, die Deutschen. Seit dem Zweiten Weltkrieg werden sie unterschätzt. Der BND ist sicher nicht so ein unbedeutender Nachrichtendienst, als der er sich selbst darstellt.“

Nun war es also raus. Der Mann näherte sich dem Thema. Er sprach von Geheimdiensten. Aber was genau er wollte, war immer noch nicht richtig klar geworden.

-„Als Deutscher haben Sie einen erstaunlich englischen Akzent. Ich schätze, Ihr Aufenthalt in Cambridge und Oxford hat maßgeblich dazu beigetragen. Wo wir schon mal dabei sind, was genau hat Sie dazu gebracht, den Mann zu verfolgen, der gerade noch dort drüben an der Bar saß? War irgendetwas in dem Coffeeshop? Wenn Joachim Bergmann nicht in dem Taxi gesessen hätte, aus dem Sie vorhin ausstiegen, wären Sie nun vermutlich in einer deutlich prekäreren Lage.“

Rumms. Der Groschen fiel allmählich. Nichts war diesem Mann verborgen geblieben, es war kein Zufall, dass sie miteinander sprachen. Der Mann war hinter ihm gewesen, während er den anderen Kerl verfolgt hatte. Wie versteinert saß er da. War das hier schon eine der Trainingsaufgaben des ESS? Möglich. Aber doch eher unwahrscheinlich.

-„Ich schlage vor, wir trinken etwas. Was darf es für Sie sein, Mister Fox?“

-„Noch mal das Gleiche“, stammelte er, als der Barkeeper ihn fragend anblickte. Alles war so verworren. Colin hasste es, nicht zu wissen, was los war.

-„Sie scheinen verwirrt. Verständlich. Da Sie nun bemerkt haben, dass ich Sie kenne, sollte ich mich vielleicht vorstellen. Mein Name ist Jeffrey Farrar.“

Aber woher wusste der Fremde von Opal Gamma? Kurzerhand beschloss Colin, einen Versuch zu wagen. Die Antwort würde vielleicht ein wenig Licht ins Dunkel bringen.

-„Sie sagen, Sie haben Joachim Bergmann gesehen. Woher kennen Sie ihn? Arbeiten Sie für das gleiche Unternehmen?“

Der Mann lachte. Ein freundliches Lachen.

-„Nicht direkt. Aber ich glaube, so langsam sind wir auf dem richtigen Weg. Ich denke, Bergmann hat Ihnen unser Organisationssystem noch nicht erklärt. Von der WSIO haben Sie ja sicher gehört, jetzt da Sie beim ESS sind.“ Colin nickte vorsichtig. „Also, diese WSIO ist nicht nur Verwalter des ESS, sondern auch einiger weiterer Geheimdienste. Alles noch relativ neu, aber nachdem die Vereinten Nationen der CIA in Sachen Anti-Terror-Programm nicht länger trauten, brauchten sie nicht nur einen allgemeinen Weltgeheimdienst, sondern auch einen weiteren kontinentalen Ableger. Für den Bereich Kanada, USA und Mexiko gibt es den North American Intelligence, kurz NAI. Dieser Behörde gehöre ich an.“ Colins Blick blieb skeptisch, aber seine Mimik hellte sich auf. „Wenn Sie mir nicht glauben, rufen Sie Bergmann an.“ Farrar hielt Colin ein Handy hin.


Nach zwei weiteren Trink-Runden, in denen Farrar auf Single-Malt umstieg, während Colin bei seiner Margarita blieb und Farrar ihm das Du angeboten hatte, kamen sie erneut auf ihre Arbeitgeber zu sprechen.

-„Woher wusstest Du eigentlich so Vieles über mich? Also beispielsweise das mit Oxford und Cambridge?“

-„Seit ich vor einem halben Jahr hier stationiert worden bin, arbeite ich laufend mit Opal Gamma zusammen. Und da er natürlich alle wichtigen Informationen über Dich bekommen hat, inklusive Biographie und Fakten rund um Deine Anstellung, habe ich ein wenig über Dich erfahren. Ich konnte nicht wissen, dass Du es bist, aber da Opal Gamma mit Dir im selben Taxi saß, lag die Vermutung nahe. An Deiner Verfolgungstechnik solltest Du übrigens arbeiten, es war eigentlich nicht zu übersehen, dass Du den Kerl beschattest.“

Colin lachte.

-„Muss wohl ziemlich dumm ausgesehen haben, obwohl ich ehrlich gesagt auch nicht besonders achtgegeben habe.“ Er blickte auf sein fast leeres Glas hinunter. „Nehmen wir noch einen?“

-„Aber sicher“, bestätigte Farrar.

Colin bestellte eine weitere Margarita und Jeffrey Farrar bestellte einen doppelten Single-Malt. Es sollte nicht die letzte von einigen weiteren Runden werden, in denen sie immer wieder das Gleiche bestellten.

Während sie sich unterhielten, betrachtete Colin den Amerikaner genauer. Die kurzen, braunen Haare, das laute, aber nicht unangenehme Lachen und das einem Teddybären ähnelnde Gesicht, erinnerten ihn an einen alten Schulfreund. Colin schluckte. Freunde. Dieses Wort ließ ihn nachdenklich werden. Seit seinem erfolgreichen Abiturabschluss hatte er sich lediglich auf das Vorbereiten einer großen Karriere in Wirtschaft, Medien oder Politik konzentriert. Der einzige Mensch aus seinem großen Freundeskreis in Deutschland, zu dem er seit seinem Studienbeginn in Oxford noch Kontakt gehabt hatte, war Lavinia. Und auch der Kontakt mit ihr wäre mit großer Wahrscheinlichkeit abgerissen, hätte ihn seine unendliche Liebe zu ihr nicht früher oder später dazu gebracht, sie anzurufen und ein Treffen mit ihr zu vereinbaren. In England hatte er neue Freunde gefunden. Aber diese flüchtigen Freundschaften waren nun mal etwas Anderes als solche mit Menschen, die einen die komplette Jugend über begleitet haben. Trotz des Altersunterschiedes von etwa fünfzehn Jahren, verstand er sich bereits jetzt gut mit dem Amerikaner, aber konnte er ein so guter Freund werden, wie seine alten Schulfreunde? Was mochten diese alten Freunde wohl in diesem Moment machen? Die ausgelassene Stimme von Jeffrey Farrar riss ihn jäh aus seinen Gedanken. -„Warum genau schickt Dich der ESS eigentlich her?“, fragte er. „Ich weiß von Opal Gamma nur, dass Du hier ein Training absolvieren sollst.“

Colin ergriff die Möglichkeit, seinen sentimentalen Gedanken zu entfliehen und wandte sich Farrar zu.

-„Eigentlich bin ich nur hier, um für weitere Einsätze ausgebildet zu werden“, erklärte er. „Opal Gamma meint, es wäre gut, wenn ich seine selbst entwickelten Trainingssimulatoren nutze. Mir fehlen auf bestimmten Gebieten ja auch einfach das Training und die Erfahrung. Das letzte Mal, dass ich eine Pistole in der Hand hatte, war beim Tag der offenen Tür von Walther vor vier Jahren. Ein paar Schießübungen können also nicht schaden.“ Colin lachte.

-„Und wieso bist Du außerdem noch hier?“, fragte Farrar. „Du sagtest, dass Du nur eigentlich deshalb hier bist. Also scheint es ja noch einen zweiten Grund zu geben.“

-„Gut kombiniert“, scherzte Colin. „Der zweite Grund ist mir gerade erst mitgeteilt worden.“ Er wurde ernst. „Am Flughafen habe ich zufällig ein Gespräch zwischen zwei Männern mit angehört. Ein anderer Mann, der ebenfalls das Gespräch der Beiden belauscht hat, wurde kurz darauf von einem dieser Männer, einem großen Osteuropäer, brutal ermordet. Dieser große Osteuropäer saß vorhin mit einem weiteren Unbekannten in einem Coffeeshop. Und wie ich vor wenigen Stunden von Opal Gamma erfahren habe, soll ich diesen Fall übernehmen. Deshalb habe ich diesen dritten Mann verfolgt, um herauszufinden, was seine Rolle in dieser Geschichte sein könnte. Leider habe ich ihn hier aus den Augen verloren. Es geht jedenfalls bei der ganzen Sache um einen größenwahnsinnigen Großindustriellen, dessen Name bisher nicht bekannt ist, soweit ich weiß. Er will die Vereinten Nationen in irgendeiner Form unter Druck setzen. Aber wie gesagt, Genaues weiß ich noch nicht“, schloss er seinen kurzen Bericht.

-„Dann bearbeiten wir also den gleichen Fall, wie es aussieht“, bemerkte Farrar. „Und da wir das Glück haben, bei regierungsunabhängigen Geheimdiensten zu arbeiten, die auch noch einer gemeinsamen Oberorganisation unterstehen, müssen wir den ganzen Fall nicht mit verschiedenen Interessen angehen. Es geht schließlich nicht um Deutschland und Amerika, sondern um die ganze Welt.

Bislang habe ich so ziemlich die gleichen Informationen wie Du.“ Er machte eine kurze Pause. „Eigentlich könnten wir uns auch gleich als Team einteilen lassen, was meinst Du dazu?“ Farrar blickte Colin fragend an.

-„Klar, mit dem größten Vergnügen“, schmunzelte der.

-„Wir müssen also nur noch das OK von Michael Hemingway und Rebecca Lavoir abwarten. So heißt doch deine Vorgesetzte?“, erkundigte sich der Amerikaner. Nach dem zustimmenden Nicken von Colin fuhr er fort. „Sehr gut, mein Gedächtnis ist also doch noch intakt. Wir können daher morgen schon anfangen mit unseren Ermittlungen. Du steckst zwar in Deiner Ausbildung, aber ich werde Dir schon die nötigen Tipps geben, die Du brauchst, um als Agent am Leben zu bleiben.“ Farrar klopfte Colin auf die Schulter. „Wir werden ein Klasse-Team, verlass dich drauf‘.“

Colin bereute es in keinem Fall, diesem Vorschlag zugestimmt zu haben. Nachdem er nun sowieso das OK für ihre Zusammenarbeit bei Opal Alpha einholen würde, brauchte er sich gar nicht mehr gesondert erkundigen, ob dieser North American Intelligence tatsächlich existierte. Er hatte Jeffrey Farrar ohnehin von Anfang an geglaubt.

Colin Fox konnte sich also nun getrost seinem Job widmen, da die Gefahr, er könnte hier in eine große Falle getappt sein, nicht mehr zu existieren schien. Er beobachtete Farrar, wie der genüsslich seinen siebten Single Malt schlürfte.

-„Ihr Amerikaner habt wirklich zu viel Geld, wie?“, lachte er.

-„Ich würde das Ganze noch präzisieren und sagen: Wir in Oregon haben zu viel Geld. Aber Du hast natürlich recht, wenn Du denkst, dass wir in Amerika keine Probleme haben irgendwelche Budgets zu bekommen. Auch die Spesen sind nicht schlecht.“ Farrar blickte vergnügt auf seinen Single Malt. Er hatte verstanden, was sein neuer Freund aus Deutschland meinte.

In den nächsten Stunden kamen sie noch auf allerhand weitere Dinge zu sprechen, die zum Teil von der Weltpolitik und anderen Ereignissen handelten, aber auch auf persönliche Angelegenheiten, wie Colins „Problem“ mit Lavinia. Farrar ermunterte ihn, „das mit den Frauen“ nicht zu eng zu sehen. Er habe sich früher auch zu sehr auf ein Mädchen konzentriert und sei nun froh, sich in diesem Punkt treiben lassen zu können. Colin wollte auf diesen Vorschlag nicht recht eingehen und so bestellten sie noch eine Runde und noch eine und noch eine…

Alles in allem wurde es ein fröhlicher Abend und Colin freute sich, dass er einen neuen Freund gefunden hatte, der, wie sich herausstellte, sogar im selben Hotel wohnte. Als er gegen drei Uhr nachts in sein weiches Hotelbett fiel, schlief er sofort ein.

Fahrschein zum Tod

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