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Innere Überzeugung

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Bei weitem die Hauptsache bei jeder Art von Rede ist die innere Überzeugung, die volle innere Einheit des Redners mit dem Worte, das er spricht.3 Wo der Vortragende etwas sagt, das er selbst nicht glaubt, oder von etwas redet, das er nicht recht weiß, sondern sich nur etwa zum Zwecke dieses Vortrags augenblicklich und künstlich angeeignet hat, da fehlt ihm die eigene innere Angeregtheit und gleichzeitige geistige Sicherheit und Freiheit, die zusammen wesentlich den Redner ausmachen. Innere Wahrheit, Überzeugung des Redners, eigene Ergriffenheit desselben ist das, was bei jeder Art von Reden den Eindruck hervorbringt und wofür selbst die ungelehrtesten der Zuhörer ein untrügliches Gefühl besitzen.4

Daher ist die erste Regel für Redner die: Man soll nur das sagen, was man glaubt oder weiß, was man mithin ohne alle eigene innere Unsicherheit, die stets bemerkt wird, aussprechen kann.5

Nicht ungewöhnlich wird sich mit einer solchen vollständigen Überzeugung auch das Bedürfnis verbinden, dieselbe auszusprechen. Der Mensch ist ein von Natur geselliges Geschöpf, auf Verkehr mit seinesgleichen und Austausch, nicht Verschluss seiner Gedanken und Gefühle angewiesen. – Was ihn innerlich recht bewegt, das muss er aussprechen, und dieses Müssen ist es, was ihm am allerehesten über die bei allen gutgearteten Menschen vorhandene natürliche Schüchternheit hinweghilft.6

Wer also nicht nötig hat, öffentlich zu reden, durch Amt und Beruf, und auch keinen inneren Drang dazu spürt, welcher auf der redlichen Überzeugung beruht, dass er etwas zu sagen habe, das einen gewissen Wert für die Umgebung besitzt, der hüte sich im ganzen vor öffentlichem Reden. Es würde ihn weit eher innerlich verderben als vorwärtsbringen.7

Wer aber diesen inneren Beruf hat, dem sehr häufig der äußere folgen wird, der hat die Hauptsache dessen, was zum Redner gehört, er bedarf bloß noch einiger Überlegung zunächst und sodann der Übung, um sich vollständig auszubilden. Mit solchen »prädestinierten« Rednern sprechen wir weiter.

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