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Galway im Sommertrubel

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Galway an einem Samstagnachmittag zur Hauptferienzeit brummt wie ein Bienenstock. Auf dem Eyre Square drängen sich Gruppen Jugendlicher, auf den Platten flitzen die Skater, auf seinem unteren Teil, der Grünfläche des Kennedy-Parks, spazieren und lagern Jung und Alt. Im nahen Tourist Board suchen die letzten Neuankömmlinge noch nach einer Unterkunft. Verzweifelten Unangemeldeten werden schon Quartiere weit außerhalb ohne Gütegarantie vermittelt. Ich brauche mir – Gott sei Dank – nur den Weg zur Heiligen Maria erklären zu lassen. Denn das St. Mary’s College der Uni hat mir per Fax ein Unterkommen zugesagt.

Irland ist ein frommes katholisches Land. Und so heißt das Universitätskolleg nicht nur so, sondern im Eingangsbereich wird der Reisende von der Mutter Gottes auch persönlich begrüßt, eine weiße Statue, zu deren Füßen immer ein paar Kerzen brennen. Vom turmartigen Aufsatz über dem Portal des breiten vierstöckigen Gebäudeklotzes blickt dem Gast zudem ein Marien-Mosaik entgegen, wenn er über die weite Rasenfläche dem Hort des Wissens naht. In Kombination mit einigen Gläsern Porter oder Whiskey sollte dieser gute Geist mir Abend für Abend meines Aufenthalts einen tiefen Schlaf bescheren.

Auf dem Weg zur Universität kreuzt der Fußgänger die Salmon Weir Bridge, die nördlichste der drei Galwayer Brücken. Hier am unteren Ende des Lough Corrib, des größten Sees der Republik, sollen sich die Lachse sammeln, um über das Wehr flussaufwärts zu springen. Aber offenbar hatten sich auch die Salme einen gemütlichen Samstagnachmittag gemacht. Dafür bot sich wenige Schritte weiter in einem Seitenkanal des River Corrib ein anderes außergewöhnliches Wasserspektakel.

Ein Dutzend Kanu-Ritter, behelmt und mit heruntergeklapptem Gitter-Gesichtsschutz, außerdem ausstaffiert mit dickgefütterten Schaumstoffleibchen, auf deren Vor- und Rückseite die Spielernummer prangt, lieferten sich ein erbittertes Gefecht. Ihre „Verpackung“ ist allerdings für unbeabsichtigte Körperattacken gedacht. Primär schlagen sie mit ihren Paddeln ins Wasser und versuchen sie mit diesen Schaufeln einen gelben Plastikball hoch zu hebeln. Dieser sportliche Wettstreit namens Irish Waterpolo nimmt nämlich gewisse Anleihen beim Basketball. Die gelbe Kugel muss im Korb der gegnerischen Mannschaft landen, der an einem Gestänge aufgehängt ist, das mit den Kanalmauern straff vertäut ist. Das Paddel des Abwehrenden reicht gerade bis zur Einwurf-Öffnung. In der Tat gelingt es ihm, den Ball des Angreifers vom Korbrand zu wischen.

Am Abend geht es weniger auf dem Wasser, dafür umso mehr in den engen Gassen der Innenstadt hoch her. Der Kampf um Plätze in einem der besseren (Fisch-)Restaurants der Quay Street zerrt an den Nerven und der Geduld, wird aber durch frische Meeresköstlichkeiten entlohnt. Nach dem Nachtmahl sind die Straßen noch voller als vorher. Die Pubs quellen über. Parallel zum Ausschank an der nur noch schwerlich zu erreichenden Bar strömen Guinness und Lager an den Extra-Theken für die Passanten.

Aus den zahlreichen music pubs tönt Pop, Rock, Irish Folk und Jazz verschiedener Livebands. Aber das wahre Leben spielt sich an diesem lauen Sommerabend unter freiem Himmel ab. An der Ecke Quay Street / Cross Street schlägt das musikalische Herz der Stadt. Ein irisches Gesangs- und Gitarrenduo treibt ein vielhundertköpfiges Publikum über Höhen und Tiefen der Popkultur. Von aktuellen Oasis-Hits bis zurück zu Stones, Beatles, Dylan und retour haben sie alles im Repertoire, gewürzt mit einigen irischen Folksongs.

Das Publikum geht begeistert mit und stimmt ein – soweit es textkundig ist. Bei heimatlichen Standards sind die Iren natürlich unter sich, aber Lennon/McCartney-Songs kennt man in Mailand, Brüssel und Berlin genauso gut. „Wo man singt, da lass Dich ruhig nieder“ – und wenn es die Bordsteinkante ist. Jedenfalls wird die Menge am Cross Street-Eck immer größer.

Da die eifrigsten Sänger auch einmal pausieren müssen, kommen die Reisenden aus verschiedensten Ecken Europas und Amerikas ins Gespräch. Welche Touren habt Ihr schon gemacht? Und was habt Ihr sonst noch vor? Morgen geht’s nach Connemara! So sei’s! Schließlich singen die Passanten ihre eigenen Lieder. Wieder einmal sind die in Großgruppen auftretenden Italiener an guter Laune und Sangeskunst nicht zu übertreffen. Allora, domani a Connemara!

Eire wem Eire gebührt

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