Читать книгу Im Auftrag Ihrer Möwlichkeit - Carmen Immel - Страница 10

Nr.17

Оглавление

Währenddessen lief im Delfinarium ein Mann am Beckenrand entlang. Er war anders als das Publikum, welches Sam, der Delfin, sonst kannte. Der Mann sprach Sam an. Da gerade eine Show zu Ende ging, nutzte der Fremde die Gelegenheit.

»Hey Junge, wir haben Deine Post bekommen. Da gibt es Leute, die können Dir helfen, hier raus zu kommen. Die schick´ ich Dir vorbei und ein Anwalt nimmt Kontakt mit dir auf. Die Kosten werden übernommen «

»Echt jetzt?«, fragte Sam und schwamm neugierig an den Beckenrand.

»Ja!«, flüstert der Fremde, der sich vorsichtig umschaute, ihm zu.

»Neulich war einer unterwegs. Einer von der Dingens-Organisation «

»Dingens … Was?«

»Dingens-Organisation, Junge … äh Delfin. Die fahren überall rum, mit noch ganz vielen anderen Kollegen und kümmern sich um Euch Delfine und Wale «

»Eye super!«, sagt Sam.

»Ich brauch ´ne neue Bleibe und hab´ echt keinen Bock mehr, mich hier zum Affen zu machen «

»Ok, ich wünsche Dir alles Gute und warte, bis der Anwalt sich bei dir meldet«

»Der Witz war gut! Was bleibt mir wohl anderes übrig, als zu warten«, scherzte Sam.

***

-- Einige Zeit später, irgendwo in einem Delfinarium --

»Guten Tag Herr Anwalt, ich freue mich, Sie hier in dieser Anlage begrüßen zu dürfen «

»Guten Tag Herr Tümmler oder darf ich Sie "Sam " nennen?«

»Sam? Ach so ja, so werde ich liebevoll genannt, wenn die Zuschauer auf den Rängen sitzen. Ansonsten bin ich Nr. 17«

»Nr. 17?«

»Ja, ich bin einer von 17 überlebenden Delfinen «

»Worum geht es Nr.17?«

»Also ich würde mich jetzt echt freuen, wenn Sie mich Sam nennen würden «

»Ok, Sam. Worum geht es? Ich habe sehr ungewöhnliche Post bekommen und will lieber nicht näher darauf eingehen«, schmunzelte Thomas.

»Das ist ganz einfach. Ich bin überarbeitet. Ich habe einen mindestens 8-Stunden-Tag, die Mahlzeiten sind sehr karg und werden fast nur bei der Show verabreicht und mein Zuhause ist zu klein. Ich werde nicht bezahlt, dafür ausgelacht «

»Was müssen Sie während Ihrer Arbeit tun?«

»Ich muss - nicht immer, aber oft - ein Schlauchboot durchs Wasser schieben. Die schwarzen Gummimenschen stellen sich dann auf mich oder meine Schnauze und ich muss sie durchs Wasser schieben. Ich muss auf Kommando in die Luft springen und keiner fragt, ob ich das will.

Und wenn ich meine Arbeit gut mache, bekomme ich einen Fisch. Wenn ich einen Salto schlage und die Wasserwelle die Menschen trifft, dann werde ich wieder mit Fisch belohnt. Danach wollen fremde Leute auch mit mir schmusen und ich muss ständig gute Miene zum für mich blöden Spiel machen. Schmusen Sie auch manchmal mit wildfremden Menschen?«, fragte Sam den Anwalt.

»Nein, wie käme ich dazu?«, fragte der Anwalt Sam.

»Ach? Aber ich muss das tun. Ich werde als Delfin vorgestellt, der alle lieb hat. Ob ich will oder nicht «

»Wie sieht Ihr Heim aus?«

»Es ist dieses Becken hier, was Sie sehen «

»Dieses Betonbecken hier?«

»Ja!«

»Sind Sie alleine?«

»Heute schon, weil meine Kollegin ein Kind bekommt und Ruhe benötigt. Sie war irgendwo auf Reisen und wurde befruchtet «

»Sind Sie auch Vater?«, fragte der Anwalt.

»Das weiß ich leider nicht. Ich kenne nur die Kollegen hier und die wechseln ständig «

»Warum?«

»Sie stellen Fragen! Weil einige krank wurden. Sind dann über Nacht einfach verschwunden und werden hurtig durch neue ersetzt«, flüsterte Sam leise.

»Wie alt sind Sie?«

»Das weiß ich nicht «

»Sind Sie hier geboren?«

»Nein, ich bin gefangen worden «

»Wo haben Sie vorher gelebt?«

»In einem großen Schwarm mit meiner Familie. Wir wurden irgendwann in eine Bucht getrieben. Ich verlor dabei meine Eltern. Ob sie noch leben, kann ich nicht sagen «

»Wie lange ist das her?«

»Keine Ahnung «

»Warum gefällt Ihnen die Arbeit hier nicht?«

»Weil ich Nonstop arbeiten muss. Die einzige Ruhephase, die ich habe, ist in der Nacht, wenn nicht auch am Abend noch Shows stattfinden. Manchmal mit lauter Musik und johlenden Menschen «

»Was glauben Sie, was diese Menschen hier von Ihnen wollen, Sam?«

»Na, sie lachen und klatschen, wenn wir aus dem Wasser springen «

»Was ist daran so schlimm? Jeder hätte gerne einen guten Job «

»Wollen Sie meinen Job mal übernehmen? Wollen Sie mal hier einige Zeit wohnen?«

»Wie groß war Ihre Wohnung vorher?«

»Unendlich!«

»Spielen Sie in Ihrer Freizeit?«

»Spielen? Wie kommen Sie auf den Gedanken? Für mich ist das Springen und Lächeln auf Kommando nur Arbeit und für Freizeit nach meinem Geschmack bleibt keine Zeit mehr. Ich bin abends nach den Shows völlig geschafft. Man sagt mir immer, dass ich nicht an der Show teilnehmen muss, aber was glauben Sie, was los ist, wenn wir uns weigern?«

»Was denn?«

»Schiebetür auf und raus geht´s. Manchmal schlagen sie ohrenbetäubend auf Stahl. Das ist nicht zum Aushalten, da flüchtet man freiwillig in die Show«

»Aber Sie erfreuen doch Familien und deren Kinder?«

»Kinder? Sie wissen es nicht besser. Ihre Eltern erzählen Ihnen, dass wir ein Dauerabo aufs Grinsen haben. Ihre Kinder sehen uns nur springen und lieb lächelnd und manchmal dürfen sie auch an den Beckenrand kommen und einige von ihnen schlagen mir dann auf die Schnauze. Sie meinen das nicht böse, aber wie Sie wissen, haben Kleinkinder oft kein Feingefühl. Und lassen Sie sich doch mal betatschen. Schlimmer noch sind diese keifenden Weibchen, die schreiend ein Bild von mir und sich selbst machen lassen wollen «

»Das sind schon heftige Anschuldigungen! Was kann ich nun für Sie tun, Sam?«

»Würden Sie dasselbe von einem Menschen hören, würden Sie dies Sklaverei und Misshandlung nennen?«

»Eigentlich schon!«

»Gegen den Willen gefangen, obwohl keine Straftat vorliegt? Unser Trainer erzählt den Besuchern mittels Filmen, wie man uns versucht, zu schützen. Wenn wir nicht geschützt würden, kämen wir alle in der großen Ölpest um. Was ist eigentlich da draußen im Ozean los? Alles kaputt und verseucht?«

»Wie kommen Sie darauf?«

«Weil hier alle davon reden. Ich kann ja von Glück sagen, das man mich aus der Gefahr gerettet hat, aber ich will umziehen. Ich halte es hier nicht mehr aus. Hier und da muss ich mit meinen Kollegen auf den Beckenrand springen und eine Zeit da liegen bleiben und mein Gewicht erdrückt mich fast. Dann flackert das Licht wie wild und es tut in den Augen weh. Diese kreischenden Laute sind unerträglich «

»Was haben Sie da vorne an der Schnauze und an der Seite?«

»Meine Mutter hat früher die Region mit ihrem Sonar angepeilt und das habe ich übernommen. So konnte ich erkennen, wo ein Hindernis war. Leider ist das hier ausgefallen und ich bin oft sehr verwirrt. Ich bin anfangs gegen die Beckenwände geschlagen oder hab´ die Abstände zum Beckenrand verpeilt. Hier und da holen sie mich aus dem Wasser und dann liege ich lange in einer Tasche. Sie nennen dann laut Zahlen, das schlimmste aber war, als man mir einen Stab in den Bauch schob. Irgendwas machen die hier und dann schreiben sie was auf «

»Wie steht es um Ihre Gesundheit?«

»Tja, abgesehen von meinem kaputten Sonar, bin ich eigentlich nur noch müde und ich hab´ keine Lust mehr, hier im Kreis zu schwimmen. Ich fühle mich so einsam. Ich kann keine Freundschaften schließen, weil immer neue Kollegen kommen. Hören Sie … kommen Sie mal näher ran, das muss von denen keiner mitkriegen!«

»Ja, was denn Nr. 17?«

»Sam bitte! Ich habe in den letzten Jahren gesehen, wie Kollegen in der Nacht zur Seite kippten. Dann kamen am Morgen Leute und haben die Toten oder noch zappelnden Kollegen weggebracht. Damit das nicht auffällt und der schreibende Mensch da am Beckenrand nichts in seinen Protokollen vermerkt, wird die Show schnell geändert. Einige Zeit später tut man so, als wären alle noch da. Aber ich weiß es besser«

»Ich bekomme hier und da schon mal ein paar Kapseln. Mir ging es auch mal nicht so gut. Es gibt hier nur eine Möglichkeit. Entweder du machst mit oder du gibst auf. Mit mir macht man Werbung. Ich höre das immer wieder. Ich soll ein Vorbild sein, das Vorzeigeschild für gute Haltung. Was auch immer das bedeutet. Sollen die Leute sich doch mal fangen lassen und auf ewig in dieser Badewanne abhängen. Die können nach Hause gehen, in ihre artgerechte Haltung oder wie Sie das nennen. Ich muss hier bleiben. Aber Herr Anwalt, ich habe gehört, dass es da draußen gute Leute gibt. Leute, die mir helfen wollen. Deshalb habe ich Sie gebeten, sich meine Lage mal anzuschauen. Welche Rechte habe ich?«

»Rechte? Tja, wie soll ich Ihnen das erklären, Sam? Es gibt einen Tierschutz. Aber es gibt Unterschiede. Neulich sprach ich mit einem Hund aus einer Familie. Der bat mich um ein Gespräch. Schon an der Haustüre hörte ich ein Jaulen. Als die Tür aufging, stand eine qualmende, keifende Frau vor mir, die mir und den Leuten vom Tierschutz den Weg erst versperren wollte. Wir durften aber rein und die - ich glaube es waren drei - Hunde retten. Die Frau hatte ihre Hunde auf engstem Raum gehalten und diese wirklich gequält. Nannte sich Züchterin. Also bei so einem Fall ist das eine ganz klare Sache. Aber bei Ihnen? Wer ist denn hier für solche Dinge zuständig?«

»Hier brauchen Sie keinen zu fragen. Das sage ich Ihnen! Nach denen geht es mir gut und ich bin kerngesund. Solange ich springe und Salto schlage, zeige ich mich von der besten Seite und ein kranker Delfin springt nicht mit Freude. Wenn die Leute wüssten, wie ich wirklich denke. Wir zählen oft an den Bällen, wie lange es noch dauert. Manche Leute werfen auch kleine runde Metallsachen hier ins Becken. Ein Kollege hatte dann welche verschluckt, weil wir immer etwas hungrig sind. Der hat vielleicht gerasselt, als man ihn hier raus holte«

»Die Leute werfen Geld ins Becken?«

»Was weiß ich, was das ist, aber es ist nicht gut für uns. Die nennen das Magie oder Aberglaube. Ich nenne das Idiotie. Übrigens bin ich sehr gebildet, ich kenne mich im Wortschatz der Menschen sehr gut aus. Können Sie mir nun helfen?«

»Dazu muss ich jemanden hier rein holen, der sich mit Delfinarien auskennt!«

»Können Sie das für mich machen? Ich kann so schlecht hier raus «

»Können Sie mich bezahlen?«, fragte Thomas belustigt.

»Nein, das kann ich nicht, aber man hat mir gesagt, dass sie mir ganz bestimmt helfen würden. So ehrenamtlich, oder wie Ihr Menschen dazu sagt«, erwiderte Sam vorsichtig. Ich kenne Leute, die machen das ehrenamtlich, und sobald man Hilfe ruft, kommen die. Hab´ ich gehört … Gerüchte?«

»Ach übrigens, diese Stange da vorne hat oben drauf harte spitze Noppen. Bitte kommen Sie nicht dagegen. Ich hab´ mir schon mal den Hals aufgekratzt. Man darf hier auf keinen Fall zu neugierig sein. Die Freude am Spielen habe ich hier schnell verlernt, denn früher als Kind hab´ ich sehr viel gespielt. Ich war mit Mama und Papa und den Tanten und Onkels da draußen manchmal komplett ausgerastet. Hunderte von Kilometer waren wir geschwommen. Ab und zu kam ein Boot vorbei und wir haben uns einen Spaß daraus gemacht, die Leute auf dem Boot zu erschrecken. Anschleichen und dann schnell aus dem Wasser schießen. Das war ein Spaß. Bis die Netze kamen «

»Meinen Sie die Treibnetze?«

»Nein, das war etwas anderes. So ein Treibnetz hab´ ich nie gesehen. Dieses war ganz plötzlich da und es wurde jeden Tag enger. Bis wir eines Tages ins Meeresbecken kamen. Wir wurden getrennt. Mama und Papa kamen ganz woanders hin. Ich habe tagelang geweint. Hat ja keiner gesehen unter Wasser. Ich war unter vielen Fremden. Mein Herz schlug wie wild und dann kamen Leute. Einige von uns wurden aus den Becken raus getrieben. Manchmal, ich darf nicht dran denken … manchmal wurden sie sehr brutal, ach ich will lieber nicht mehr daran denken. Ich hoffe nur, sie haben Mama und Papa am Leben gelassen. Was ist denn jetzt? Können Sie mir helfen? Was ist mit dieser Elise?« Thomas hob die Augenbrauen vor Verwunderung.

»Was Sie mir hier erzählen, ist ja mehr als grausam. Ich muss erst mal prüfen, wie schlimm es hier nun wirklich ist. Ob ich Ihnen eine größere oder bessere Behausung bieten kann, weiß ich nicht. Aber da gibt es Organisationen, an die werde ich mich wenden. Und natürlich habe ich mit dieser Elise Kontakt, aber ich muss da noch einiges klären. Sie hören dann von mir«

***

--Ein paar Tage später--

»Hallo Nr. 17, sorry Sam!«

»Hallo Anwalt. Was haben Sie herausgefunden?«

»Hallo Sam, Du darfst Thomas zu mir sagen. Also in Deutschland gehen die Leute auf die Straße und vor die Zoos, in denen noch Delfine leben. Die Leute haben damit Erfolg. Es scheint so, als wachten die Menschen doch auf und Du scheinst Recht zu haben mit Deinen Annahmen. Was hast Du da an der Seite?«

»Das juckt vielleicht, frag mich besser nicht. Ich kratze mich an der rauen Beckenwand, damit das Jucken aufhört. Einen Sonnenbrand hatte ich auch schon wieder. Zurück zum Thema, was ist da draußen los?«

»Kennst Du das Internet?«

»Häh? Nie von gehört. Ich kenne nur die Filme mit den Öltankern und dem Ölschlamm, wo meine Kollegen drin schwimmen. Dann noch die Bilder mit den ölverschmierten Vögeln am Strand und den Kollegen der Orcaleute, die am Strand die Ohren zu hielten, weil sie diesen Krach im Meer nicht mehr ertragen konnten «

»Meine Güte, was erzählt man Dir denn für schreckliche Geschichten?«

»Das erzählt man hier. Die Welt da draußen sei zerstört und ohne diese Becken hier, gibt es für uns keine Chance mehr. Ist es denn nicht so? - Übrigens das Baby von meiner Kollegin ist kurz nach der Geburt gestorben. Sie haben sie wieder zur Befruchtung weggebracht «

»Also noch mal zu den Leuten in Deutschland. Sie halten Demonstrationen ab - das sind Versammlungen mit Schildern und Transparenten, auf denen gezeigt wird, wie z. B. Du hier lebst. Diese Bilder und Informationen verärgern die Leute und einige sagen schon: "Das hab´ ich nicht gewusst. Ich besuche keine Delfinarien mehr "«

»Schön für die Leute in Deutschland. Was ist mit mir?«

»Hör´ mir jetzt gut zu und hab´ noch ein wenig Geduld. Ich muss erst noch Einiges klären - auch mit dieser Tierschutzrechtlerin Elise. Es wird etwas für Dich vorbereitet, alles auf Kommando von einer Elise. Das nennt sich Auswilderung « Thomas dachte still für sich: "In welchem Film bin ich hier eigentlich? Ich spreche mit einem Delfin und werde zuvor von diesem komischen Vogel angeschrieben."

»Dass ich nicht lache. Man will mich wildes Tier auswildern? Ich war doch schon da draußen, was soll daran auswildern sein?«

»Viele Delfine wurden aber in Delfinarien geboren und haben nicht gelernt Fische zu jagen «

»Ach so, die ja. Aber das geht doch ruckzuck. Man lässt mich hier raus, ich zeig´ es jedem. Wenn ich nach zwei Tagen einen Ball durch die Gegend schießen kann, werde ich wohl Fische jagen können «

»Nein, das hast Du verlernt und musst es wieder lernen!«

»Echt?«

»Ja, echt!«

»Ich würde alles dafür tun, wenn ich nur die Bude wechseln könnte oder mal Ruhe haben dürfte «

»Ok, bitte bleib ruhig, ich kümmere mich «

»Wie steht´s mit Deiner Bezahlung?«

»Meine Bezahlung? Ich habe mit Dir einen Pakt geschlossen, mein Freund! Ich hole Dich hier raus! Außerdem gibt es da -wie schon gesagt - noch eine Elise … und eine Sandra«, sagte er leise vor sich hin.

»Darf ich vor Freude einen Luftsprung machen?«

»Natürlich. Schaffst Du das, ohne mich nass zu machen?«

»Aber klar doch!«, grinste Sam.

»Du wartest jetzt bitte bis, … also Mann, musst Du mir die Frisur versauen?«

»Sorry, aber ich bin so aufgeregt und ich habe es bisher noch nicht geschafft, trockenes Wasser über die Leute zu verteilen «

»Scherzkeks! Na wenigstens hast Du Deinen Humor nicht verloren. Also pass´ auf: In der nächsten Zeit wird da draußen in der sauberen See etwas für Dich hergerichtet. Ein Meeresschwimmbecken von für Dich ungeahnter Größe. Dort lernst Du erst mal begrenzt in freier Wildbahn zu schwimmen, ohne dass Shows stattfinden. Du wirst Kollegen bekommen, die bei dem Projekt mitmachen. Du musst dann lernen, lebende Fische zu fressen. Sollte das Projekt scheitern, müssen wir Dich wieder in Gefangenschaft zurückbringen, aber natürlich zu besseren Bedingungen «

»Das hört sich Klasse an. Darf ich noch einen Luftsprung machen?«

»Nein, lass das jetzt bitte. Meine Akten sind schon völlig durchgeweicht «

»Ok, dann eben nicht, obwohl es mir schwerfällt «

»Also, du wirst mit Lehrern üben, wie du in freier Wildbahn selbstständig Fische fängst. Du wirst wieder in Freiheit entlassen, wenn du alles erlernt hast. Danach wirst Du Dir selbst überlassen sein. Wir werden Dir vorsorglich einen Peilsender anlegen, damit wir stets wissen, wo Du bist und wie es Dir geht. Da Delfine intelligent sind, wirst du bestimmt schnell lernen. Ich hab´ da keine Bedenken. Es kann aber auch schief gehen! - Übrigens unter uns! Was man Dir da vorgaukelt mit der Ölpest stimmt nur bedingt. Der Ozean ist unendlich groß und natürlich gibt es die Umweltverschmutzung. Aber glaube mir, da wo wir Dich hinbringen, musst Du keine Bedenken haben. Es gibt noch Paradiese auf der Welt «

»Was ist mit meiner Mutter? Hast Du was von Ihr gehört?«

»Tut mir leid, aber so weit reicht mein Einfluss leider nicht. Ich kann Dir nur eine neue Freiheit bieten und das wird schon schwer genug. Bist Du einverstanden?«

»Das fragst Du noch?«

»Ok, wenn es so weit ist, geht´s auf eine große Reise «

»Wow … äh, eine Frage hab´ ich noch?«

»Ja?«

»Sehen wir uns wieder?«

Thomas überlegte nicht lange und nickte Sam, Nr. 17, bejahend zu. Eine innere Stimme sagte Thomas, dass er Sam bald wiedersehen würde.

»Ich werde Dich auf Deiner Reise begleiten, soweit es mir möglich ist «

»Ok, bis bald«, erwiderte Sam.

»Ein Schäufelchen Wasser zum Abschied?«

»Nein, Du Scherzkeks. Musst Du für alles ständig Faxen machen?«

»Ja, das ist mein Job. Aber das wäre echt freiwillig, weil ich mich so freue «

»Junge, ich kann das ja verstehen «

»Guck´ mal hier rein. Blauer Beton, jeden Tag dasselbe. Setz´ Dich mal in Deine Badewanne und …«

»Hör´ auf. Das ist vorbei. Und tu´ mir bitte noch einen Gefallen, wenn Du da draußen bist?«

»Ja, was denn?«

»Wenn Du Boote siehst, dann sieh zu, dass Du Land gewinnst «

»Ich soll Land gewinnen?«

»Quatsch, Du sollst die Biege machen. Das ist eine Redewendung! Halte Dich von den Booten fern! Ab durch die Mitte. Nur weg von den Booten. Da draußen will man Dich auch begutachten. Solltest Du Deine Familie wieder finden oder eine andere ausfindig machen, dann mach´ nicht mehr denselben Fehler wie damals «

»Anwalt, Thomas, ich bin ein Delfin, ich schwimme immer im Schwarm und wir lassen uns nicht gegenseitig im Stich «

»Verflixt noch mal, ich will Dich hier aber nicht mehr sehen «

»Danke Anwalt «

»Mach es gut, Sam «

»Ich würde Dich ja gerne zur Tür begleiten … ähm … hier noch ein Wassergrüßchen …«

»Nein, verflixt …!«, rief Thomas.

»Ach, das habe ich vergessen. Es gibt Delfintouren für Touristen. Könnte sein, dass Du denen mal begegnest. Das sind die Guten. Die wollen nur beobachten und Fotos machen. Manchmal kommen sie zu nah ran, aber eigentlich halten sich alle an die Regeln. Aber da gibt es die mit den Netzen. Gehe denen aus dem Weg und folge Deinen Freunden nie wieder, wenn da jemand ruft oder klopft. Hau ab!«

»Thomas?«

»Ja?«

»Ich hab´ das doch schon mal erlebt«

»Eben drum «

»Anwalt? Möchtest Du ein Küsschen, als Dankeschön? ... so ein ganz freiwilliges?«

»Du machst mich nicht nass?«

»Ich grinse von Natur aus, wie Du siehst«

»Ich drehe mich jetzt um und Du darfst ein Wassergrüßchen machen und danach machst Du bitte nie mehr Faxen für Menschen, ist das klar?«

»Klar wie Thunfischbrei!«

»Tschüss «

»Tschüss «

Eine warme Welle traf Thomas von hinten.

»Verflixt noch mal!!«, brüllte der lachende Anwalt.

Im Auftrag Ihrer Möwlichkeit

Подняться наверх