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Rückkehr nach Hause

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Die Zeit ihrer Ausbildung ging langsam dem Ende entgegen. Als Tana eröffnete, dass sie Laniki bald zurück zu ihrer Familie bringen würde, war deren Freude groß. Doch je näher der ersehnte Tag heranrückte, um so größer wurde auch die Furcht vor der Aufgabe, die sie erwartete.

Eines Abends, als sie mit ihren täglichen Übungen fertig waren, erzählte das Mädchen ihrer Lehrerin von ihren Sorgen. „Ich weiß nicht, wie ich das ohne dich schaffen kann. Ich weiß nicht mal, wann und wo ich mit der Suche nach Eras Amphore beginnen soll.“

Tana legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter und sagte: „Hab keine Angst! Angst ist ein schlechter Ratgeber. Du wirst nicht allein sein auf deinem Weg. Nicht nur Era wird dich unterstützen. Auch andere Götter haben sich unserem Kampf gegen das Böse angeschlossen und einige Menschenkinder mit ihren Gaben ausgestattet. Du wirst sie zu deinen Gefährten machen und sie werden dich mit Kräften unterstützen. Folge deinen Instinkten, dann wirst du auf den rechten Weg geführt werden.“

In einer sternenklaren Nacht kamen sie zum Dorf des Mädchens zurück. Alles schien friedlich und ruhig. Laniki hatte das Gefühl, ihr Herz würde so laut schlagen, dass es jeden seiner Bewohner aus dem Schlaf rufen musste. Doch nichts geschah.

Tana blieb plötzlich stehen. „Hier trennen sich unsere Wege. Lass uns Abschied nehmen“, sagte sie mit einem schwermütigen Lächeln.

„Jetzt schon?“, fragte Laniki verwundert. „Warum kommst du nicht mit ins Haus. Du kannst die Nacht bei uns verbringen und morgen zurückkehren“, versuchte sie ihre geliebte Lehrerin aufzuhalten. Tana war inzwischen wie eine zweite Mutter für sie und sie wollte sie am liebsten nicht gehen lassen.

Doch diese schüttelte nur langsam den Kopf. „Nein. Was würde das bringen? Es würde uns den Abschied nur schwerer machen. Ich werde immer in deinem Herzen sein, also direkt bei dir.“ Dann griff sie zwischen ihre Rockfalten und holte ein Medaillon hervor. „Trage es immer bei dir! In der größten Not wird es sich öffnen und ich werde dir beistehen. Bis dahin achte auf die kleinen Signale, die es dir gibt. Du wirst schon sehen.“ Mit diesen Worten legte sie es Laniki um den Hals und küsste ihr zum Abschied die Stirn. Dann drehte sie sich um und war alsbald in der Dunkelheit verschwunden.

Mit einem Gefühlschaos aus Abschiedsschmerz von Tana und Vorfreude auf das Wiedersehen mit den Ihren, machte sich das Mädchen auf den Weg zur Hütte ihrer Eltern. Voller Aufregung klopfte Laniki an die Tür. Zunächst geschah nichts, doch dann hörte sie Geräusche.

„Wer ist da? Mitten in der Nacht!“, rief es verschlafen von drinnen.

„Ich bin es, Vater!“, antwortete sie mit zittriger Stimme. Sie hörte Schritte und das Schaben des Riegels. Dann wurde die Tür geöffnet und eine Laterne vor ihr Gesicht gehalten.

„Bei allen Göttern! Uma, sie ist es wirklich!“, ertönte der fassungslose Ausruf ihres Vaters. Er ließ die Laterne sinken und schloss Laniki fest in seine Arme. Über seine Schulter hinweg sah sie in die vor Freude weit aufgerissenen Augen ihrer Mutter. Ganz langsam löste sie sich von Bahan und umarmte Uma voller Inbrunst.

Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte, saßen sie sich am Tisch gegenüber und die Eltern musterten aufmerksam ihre so lang entbehrte Tochter.

„Du bist erwachsen geworden. Und so wunderschön“, sagte Bahan voller Stolz.

Laniki war inzwischen einundzwanzig Jahre alt und zu voller Weiblichkeit erblüht. Sie errötete ein wenig und lenkte das Gespräch schnell in eine andere Richtung. „Wie ist es euch hier ergangen, seit ich wegging. Wo ist Luka? Schläft er?“

Die Eltern warfen sich einen verunsicherten Blick zu. „Uns erging es nicht schlecht. Era hat bis heute ihre schützende Hand über uns gehalten und das Treiben des Krieges ist auf wundersame Weise von uns ferngeblieben. Doch ...“

Laniki wurde unruhig. „Was ist? Ist Luka etwas zugestoßen?“ Panik stieg in ihr auf.

„Nein, es geht ihm gut. Er dient in Sauls Heer und hat sich dort schon einen großen Namen gemacht.“

Laniki sprang vor Entsetzen auf. Luka ein Handlanger des Krieges? Das durfte nicht sein. Sie hatte ihm doch immer gesagt er solle, sobald man ihn mit fünfzehn auf seine Kampfqualitäten prüfe, so tun, als ob er dazu keine Gabe hätte.

„Er hat sehr unter deinem Weggang gelitten“, begann Uma zu erzählen. „Er trieb sich mit den anderen Jungs herum, ließ sich von ihnen beeinflussen und machte schließlich die Tosmaner für alles verantwortlich. Er meinte, sie seien Schuld daran, dass überhaupt Krieg sei. Er hat doch an die Geschichte geglaubt, die wir damals für alle anderen erfunden haben, um sein Auftauchen zu rechtfertigen. Er meinte, wegen dieses Krieges sei sein Vater gestorben und du hast weggehen müssen. Er hat immer auf deine Rückkehr gewartet. Sein Kummer wurde schließlich zu Hass und wir konnten nichts dagegen tun. Es war zu spät. Wir hätten ihm nicht mehr sagen können, dass er selbst zu den Menschen gehört, denen er jeden Funken Liebe aberkennt und die er für Tiere hält. Das wäre zu viel für ihn gewesen. Als er dann mit König Sauls Männern ging, konnten wir schon erahnen was kam. Er gab sein Bestes an der Heeresschule und man erkannte in ihm ein wahres Ausnahmetalent der Kampfkunst. Er ist kürzlich zum Legionsführer ernannt worden. Zum wohl jüngsten aller Zeiten. In zwei Schlachten hat er ruhmreich gekämpft. Luka ist König Saul zutiefst ergeben.“

Laniki starrte ins Leere und Tränen rollten über ihre Wangen. „Aber das ist ja furchtbar! Wir müssen ihn da wegholen. Sie töten sein Herz!“

Bahan trat hinter sie und strich ihr übers Haar. „Das wird nicht möglich sein. Er will es so. Er ist jetzt ein Mann und trifft seine eigenen Entscheidungen.“

Lanikis Miene gab zu erkennen, dass sie ganz anderer Meinung war. Die Gedanken überschlugen sich in ihrem Kopf.

„Erzähl uns doch erst einmal, wie es dir so ergangen ist“, bat Uma jetzt schnell, um das Thema vorerst zu beenden.

Laniki kam ihrer Bitte zögerlich nach und erzählte in groben Zügen das, was Tana ihr zu erzählen erlaubt hatte. Niemand sollte das ganze Ausmaß von ihren Kräften kennen.

Nach zwei Stunden voller gegenseitiger Fragen und Antworten, begannen Lanikis Augen schwer zu werden.

„Bei den Göttern! Du musst ja völlig müde sein von der langen Reise und wir lassen dir keine Zeit, dich auszuruhen. Leg dich jetzt schlafen! Wir können morgen weitersprechen.“ Mit diesen Worten schob Uma sie zum Bett und das Mädchen ließ es sich gern gefallen. Ihre letzten Gedanken bevor sie einschlief, kreisten um Luka und wie sie ihn wieder auf den rechten Weg bringen sollte. Sie konnte ihn doch unmöglich in den Fängen dieser Kriegstreiber lassen. Sollte er sich so verändert haben? Laniki beschloss, sich am nächsten Tag weiter darüber Sorgen zu machen. Jetzt konnte sie es ja doch nicht ändern.

In dieser Nacht hatte sie wieder diesen Traum. Heftiger als je zuvor durchfuhr sie die Angst und sie schreckte hoch. Es war inzwischen hell und ihre Mutter stand am Feuer und bereitete den Haferbrei fürs Frühstück zu. Laniki atmete den Duft ihrer Kindheit ein und fühlte sich sofort besser

„Guten Morgen, Liebes! Hast du gut geschlafen?“

Laniki sammelte sich kurz und erhob sich dann mit einem herzhaften Gähnen. „Danke! Und ihr?“ Freundlich lächelnd ging sie auf ihre Mutter zu und ließ sich in deren schützende Arme schließen.

„Oh, so gut wie lange nicht mehr“, antwortete Bahan, der kurz zuvor zur Tür hereingekommen war. Gemeinsam nahmen sie das Frühstück ein und alle hatten das Gefühl, dass noch nie ein Haferbrei so gut geschmeckt hatte.

Am folgenden Abend wurde im Dorf Lanikis Rückkehr gefeiert. Man schlachtete ein Schwein und traf sich am Feuer. Sie hatte Mühe, die ganzen Fragen zu beantworten und fühlte sich schlecht dabei, die alten Freunde zu belügen. Denn jede ihrer Aussagen war frei erfunden, genau wie die Anstellung als Magd in der Ferne. Alle gaben ihrer Verwunderung Ausdruck, dass ein so schönes Mädchen in der langen Zeit noch keinen Mann gefunden hatte. Laniki schaffte es aber schnell, das Gespräch auf andere Dinge zu lenken, indem sie ihr Leben in der Ferne sehr eintönig und uninteressant schilderte. Bald erzählten alle bunt durcheinander und sie konnte sich entspannen. Interessiert ließ sie den Blick durch die Runde gleiten. Ihre Freunde aus der Kindheit waren inzwischen ebenfalls erwachsen geworden. Einige hatten schon Familien gegründet. Doch viele der Jungen von einst fehlten. Sie hatten den gleichen Weg gewählt wie Luka. Bei dem Gedanken an den Bruder zog sich Lanikis Herz erneut schmerzlich zusammen. Nach ein paar Tagen hatte sich die größte Aufregung gelegt und der normale Alltag kehrte ein.

Die Legende von Assan

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