Читать книгу Das Blutsiegel von Isfadah (Teil 2) - Carola Schierz - Страница 3

Sina

Оглавление

Sina saß in ihren Räumlichkeiten und prüfte die Bevorratungslisten des Tempels. Vergeblich versuchte sie, sich auf die vielen Zahlen vor ihren Augen zu konzentrieren. Sie konnte es wie immer kaum abwarten, endlich ihren abendlichen Gang zur Kontrolle des Blutsiegels anzutreten. Zu groß war ihre Sorge um das Befinden von Finea, dem kleinen Ammon und Lord Arko. Obwohl Farid jegliche Verbindung zum Tempel gelöst hatte, gingen die Wächterinnen weiterhin ihrer wichtigsten Bestimmung nach: Sie wachten über das Wohl der königlichen Familie. Dabei gab es jedoch seit jeher feste Abläufe. Außer Sina waren noch zwei andere Wächterinnen dazu autorisiert, diesen ehrenvollen Gang zu absolvieren, und sie wechselten sich dabei ab. Sina war demzufolge nur jeden dritten Tag an der Reihe. Ihr fiel es unsagbar schwer, nicht häufiger nachzusehen, doch um unnötiges Aufsehen zu vermeiden, hielt sie sich zurück. Heute war es endlich wieder so weit.

Als die Zeit gekommen war, musste sie an sich halten, um nicht zu rennen. Mit klopfendem Herzen trat sie schließlich an das Heiligtum heran. Angespannt nahm sie das erste Fläschchen aus dem Versteck. Mit Ammon war alles in Ordnung. Aufatmend legte sie es zurück und griff nach dem nächsten. Sie zog die Stirn in Falten, als sie sich Fineas Probe ansah. Sie war ziemlich trüb, aber das musste noch nichts Schlimmes bedeuten. Vielleicht war sie einfach nur erkrankt. Sina versuchte zunächst, vom Besten auszugehen.

Doch als sie schließlich Lord Arkos pechschwarze Probe in der Hand hielt, wusste sie, dass etwas Schreckliches passiert war. Der Raum um sie herum begann sich zu drehen und ihr wurde speiübel. Sie musste sich setzen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Sie hatte Arko kaum gekannt. Darum war ihre Sorge um Finea und den Jungen weitaus größer als ihre Trauer um den Toten.

Sina wurde fast verrückt dabei, alle Varianten durchzugehen, die zu diesem Ergebnis geführt haben konnten. Was war passiert? War Arko vielleicht den Folgen eines Unfalls erlegen? Dann wäre Finea jetzt ganz auf sich gestellt und müsste sich allein um den Jungen kümmern. Dass es ihr dabei nicht besonders gut gehen mochte, wäre nachvollziehbar. Zumindest schien diese Erklärung sehr viel wahrscheinlicher als die schlimmste Version: Ihre Enttarnung. Oder war hier doch eher der Wunsch der Vater des Gedankens?

Irgendwie musste Sina Genaueres herausfinden. Dazu würde sie das Blutsiegel ab sofort doch täglich aufsuchen müssen, um häufiger nach den Proben sehen zu können. Wenn sie weiterhin stabil blieben, bestand die berechtigte Hoffnung, dass zumindest Finea und der Junge wohlauf waren.

Oder sollte sie ihr doch lieber einen Raben senden? Dann könnte ihn Finea mit einer Antwort zu ihr zurückschicken. Doch was, wenn Sinas Nachricht in falsche Hände geriet und sie damit ihre Schützlinge erst recht in Gefahr brachte? Sie hatten damals schließlich nicht ohne Grund vereinbart, dass Sina nur Kontakt zu Arko und Finea aufnehmen durfte, wenn sie die beiden vor einer ernsthaften Bedrohung warnen müsste.

Sie war wohl oder übel gezwungen abzuwarten, und Finea, ihrem klügsten und treuesten Zögling, zu vertrauen. Sie glaubte fest daran, dass die junge Frau durchaus in der Lage war, sich auch allein um Ammons Wohl zu kümmern. Inzwischen war er ja schon sechs Jahre alt und sollte aus dem Gröbsten heraus sein.

Wenn sich das Ergebnis allerdings weiter ins Negative verändern würde, musste sie sich dringend etwas einfallen lassen, um die beiden zu finden. Im Moment hoffte sie nur inständig, dass es nicht schlimmer wurde, als es bereits schon war. Ihre Gedanken kamen nicht zur Ruhe. Immer neue Szenarien tauchten vor Sinas innerem Auge auf. Keines war befriedigend. Egal, was auch immer geschehen sein mochte, eines stand fest: Die arme Finea musste sich sehr hilflos vorkommen, ohne Lord Arkos männliche Unterstützung.

Die Großpriesterin hoffte, dass die junge Wächterin im Ernstfall selbst einen Weg finden würde, um ihrerseits Kontakt zu ihr aufzunehmen.

Routinemäßig kontrollierte sie noch alle anderen 'offiziellen' Proben. Dabei musste sie sich zum wiederholten Male eingestehen, dass sie bei der von Farid insgeheim auf eine Schwarzfärbung hoffte. Das entsprach absolut nicht ihrem Naturell, doch dieser Mensch schaffte es, auch in ihr dunkle Seiten zu erwecken. Erwartungsgemäß waren jedoch alle in einem tadellosen Zustand. Den Kopf voller Sorgen verließ Sina den geheiligten Ort und begab sich zurück in ihre Gemächer.

Das Blutsiegel von Isfadah (Teil 2)

Подняться наверх