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Kapitel 6

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alea iacta est

Als ich am folgenden Montag Mittag meine Spätschicht im Krankenhaus antrat hatte ich bereits meine zur Verfügung stehenden Möglichkeiten überdacht.

Erstens: Zur Tagesordnung übergehen, abwarten und sehen was passiert und währenddessen halb wahnsinnig oder panisch oder gar paranoid werden.

Zweitens: So zu tun als ob ich zur Tagesordnung über ging und währenddessen einen Schlachtplan erstellen.

Aber wie kann man eine Schlacht gewinnen, wenn man den Gegner nicht kennt? Und nichts war mir unbekannter als das. Dennoch vollendete ich ohne besondere Vorkommnisse meine Schicht und kam sogar überpünktlich in den Feierabend.

Über den Hinterhof brachte ich mein Fahrrad in den Keller und spurtete die Stufen zur Eingangsebene hinauf. Ich sehnte mich nach ein bisschen Ruhe um meine Gedanken zu sortieren, manchmal half da auch joggen oder rennen. Kaum etwas anderes macht den Kopf vergleichbar klar. Ich nahm zwei, manchmal drei Stufen auf einmal, als mir urplötzlich ein schwarzer Blitz durch die Beine und rannte wie von der Tarantel gestochen die Stufen nach unten, in den Keller flitze. Der Blitz ähnelte einer Katze und mein Blick fiel beiläufig auf die Briefkastenreihe. Diese quollen gern mal über, weil ignorante Schüler sie trotz KEINE WERBUNG Aufkleber stets mit selbigen voll stopften. Dort stand aber kein Schüler, sonder ein groß gewachsener, schlaksiger Typ, mit abgewetzten Jeans und Schlabbermütze. Er hatte seine Hand in den dritten Briefkasten von rechts gequetscht, unseren Briefkasten. Als wir uns gegenseitig bemerkten erstarrten wir beide. Sekundenlang herrschte Bewegungslosigkeit und Stille. Dem Typ quollen beinahe die Augen aus den Höhlen und ich war perplex wie angeklebt.

«Hey!», entwich mir schließlich empört.

Der schlaksige Typ riss mit einem Ruck seine Hand aus dem Schlitz und somit fast vier Briefkästen aus der Wand. In langen, schnellen Schritten war er aus der Tür, eh ich mich bewegen konnte. Endlich kam ich in Gang, rannte noch zur Tür und erreichte sie, eh sie zu fiel, doch als ich auf die Straße trat, war der Kerl verschwunden.

Mir blieb nur, die Briefkästen anzustarren und den Kopf zu schütteln. Bei einem weiteren Blick auf die Straße tauchte der Typ natürlich trotzdem nicht noch mal auf. Also zog ich die Tür hinter mir ins Schloss und zog meinen Schlüsselbund aus der Hosentasche. Mir gelang es gerade noch unseren Briefkasten zu leeren eh er scheppernd mit einem weiteren zu Boden fiel.

Es war kaum Post drin. Das meiste war Werbung, die ich oben in der WG sofort aussortierte. Zwei Briefe für Thomas, zwei für Rajan und einer für mich. Bei dessen Anblick bekam ich sofort feuchte Hände und mein Puls schnellte in die Höhe. Der Absender war ein Notar.

Ohne zu zögern riss ich ihn auf und ließ mich am Tisch in der großzügigen Küche nieder. Der Brief war kurz. Der Notar forderte mich auf, persönlich den Nachlass meiner Großmutter abzuholen. Einen Briefumschlag, den sie bei ihm hinterlegt hatte. Da saß ich und starrte den Brief an. Die Rückseite war leer. Das überprüfte ich mehrfach und schwankte zwischen Neugier, Entsetzen und Enttäuschung. Andere erbten Immobilien, Autos oder zumindest ein paar Antiquitäten, doch mir war nur ein Brief vergönnt. Und das unheilvolle Kästchen was zwischen Aktenordnern im Keller der Uniklinik wartete. Und worauf?

Der Notar war in Köln in der Innenstadt, doch an diesem Tag, war es zu spät.

Ich tippte Pit eine SMS über den Brief und erhielt im selben Augenblick eine von Sam.

Lieber Linus, am nächsten Wochenende wollen wir alle gemeinsam ausgehen. Würde mich freuen wenn Du auch mitkommst. LG Sam

Ich wollte später antworten. Es war erst Montag und der Samstag noch sehr weit entfernt.

Die Haustür ging und Rajan stand in der Küchentür. Er hatte die Augen weit aufgerissen.

«Die Briefkasten ist getrampelt.» Seine Entsetzen klang auch in seiner Stimme mit.

«Ja ich weiß, irgend ein Spinner hat irgendwas darin gesucht,...» setzte ich erklärend an, doch das schien Rajan nur noch nervöser zu machen. Doch er sagte nichts mehr sondern verschwand in seinem Zimmer.

«...und die Werbung war es bestimmt nicht», setze ich hinzu, als ich sicher war, dass Rajan mich nicht mehr hören konnte.

An einem normalen Tag, oder auch noch voran gegangene Woche, hätte ich den Abend in meine Zimmer über Büchern gelernt und gelegentlich Facebook befragt. An jenem Abend surfte ich auch auf Facebook und änderte mein Profilfoto. Statt meines Portraits wählte ich eine schwarz-weiß Aufnahme einer Detailansicht des Sciroccos, welche ich im Sommer gemacht hatte um meine Geburtstagsgeschenk, eine digitale Spiegelreflex, auszuprobieren. Ungewollte schweifte mein Blick zu der schwarzen Fototasche die auf dem Boden neben dem Schreibtisch stand. In dem gestrigen Chaos hatte sie unmittelbar vor dem Schrank gelegen, aus der sie herausgerissen worden war. Aber die Kamera war noch da und immerhin war sie unversehrt geblieben. Ich hob die Tasche auf, nahm die Kamera heraus und öffnete wie ferngesteuert die seitliche Klappe hinter der sich die SD Karte verbarg. Sie war weg.

Mich überkam das Gefühl, das der Einbrecher oder sein Auftraggeber der Meinung sein musste, ich sei schon einige Schritte weiter, obwohl ich doch noch immer auf der Stelle trat.

Die 32 GB und volle Speicherkarte bot allerdings keinen Hinweis auf den Verbleib des Kästchens. Die Enttäuschung des Einbrechers muss nach stundenlanger Sichtung des Materials entsprechend ausgefallen sein und das stimmte mich schadenfroh. Und dann ließ man mir die Kamera in der Hoffnung ich würde noch ein paar Erinnerungsfotos aus der Vergangenheit mitbringen? Ich musste schmunzeln. Es war zu absurd und anscheinend hielt man mich nicht nur für nachlässig, sondern auch für dumm.

Dabei konnte ich nicht einmal davon ausgehen, dass mein Widersacher und der Einbrecher ein und die Selbe Person waren. Ich nahm es nicht an.

So oder so, wollte ich zunächst keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen und mich so normal wie möglich verhalten.

Daraufhin rief ich Pit an. Es klingelte eine Weile und mir kamen Zweifel ob eine Handyverbindung die sicherste Art der Kommunikation war, aber das ging mir dann doch einen Schritt zu weit.

«Hi», meldete sich Pit.

«Na, was macht ihr?»,murmelte ich und konnte mich immer noch nicht ganz von der Idee einer neuen Handynummer trennen. Doch ich verwarf den Gedanken.

«Haben eben die Backstube fertig gemacht. Muss gleich den Teig für Morgen ansetzen, dann wird es ein ruhiger Abend.»

Ich schwieg einen Augenblick, der Pit zu lange dauerte.

«Es lässt Dir keine Ruhe, was?», seufzte Pit.

«Kein Stück.»

«Hübsches Profilbild. Denkst du das ändert etwas?»

«Naja...», begann ich.

«Och komm schon», stöhnte Pit. «Jetzt hör aber mal auf! Sag mir lieber mal, was das für ein Brief sein soll. Kein Hinweis darauf was drin steht?

«Nein. Immerhin ein Brief.»

«Vielleicht liegen ja 1000 Mark Scheine drin», witzelte Pit.

«Wohl kaum», brummte ich. «Vermutlich ebenso wenig wie in unserem Briefkasten. Und trotzdem habe ich heute einen komischen Vogel dabei erwischt, wie der dreist mit der Hand in unserem Briefkasten geangelt hat.»

«Hattest den schon mal gesehen?», fragte Pit.

«Noch nie!»

«Kein Nachbar?»

«Ganz sicher nicht.»

«Und jetzt? Ich meine... meinst das gehört alles irgendwie zusammen?»

Anstatt direkt zu antworten, holte ich tief Luft. Auf die Frage konnte ich weder mit Ja, noch mit Nein antworten.

«Morgen rufe ich zuerst bei dem Notar an und hol den Brief. Vielleicht bin ich dann schlauer. Aber wirklich daran glauben tu ich nicht.»

«Willst das noch der Polizei melden? Also die Briefkastennummer.»

«Nein, würde nichts bringen und alle hier nur noch mehr verunsichern.»

«Ist die Vase gut versteckt?» Seine Frage überraschte mich etwas, doch insgeheim hatte ich mir die Selbe gestellt.

«Ja, ich hoffe es.»

«Ok...», Pit holte tief Luft und ich hörte wie er umher lief. «Ich werd das jetzt nur einmal fragen und ich hoffe ich bereue es nicht sofort.»

«Frag!», sagte ich schnell

«Welches Jahr?», stöhnte Pit.

«1619.»

«Fuck!» Ich ließ Pit einen Augenblick um es zu verdauen.

«Ja. Schwierig», stimmte ich ihm zu.

«Die Armbänder?»

«Die römischen Ziffern? Ein Datum wie es aussieht.»

«Und als es weg war, waren wir zurück.»

«So war es.»

«Ich glaube mir wir wieder übel. Alter, ich leg auf. Ruf an, wenn Du den Brief hast.»

«Mach ich.»

Wir legten beide auf und ich wusste, dass ich einen Gefährten wider Willen hatte. Vielleicht wusste es Pit noch nicht, doch er würde zusehen müssen, wie ich trotz besseren Wissens in ein mögliches Unheil rannte. Das Mindeste was er konnte, war mit rennen. Und wenn er nur auf das Kästchen aufpasste.

***

Der Notar hatte keine Sekretärin. Als ich gleich am nächsten Morgen anrief, konnte ich sofort kommen. Der Mann am anderen Ende der Leitung war wortkarg und schien es eilig zu haben.

Die Hausnummer 117 in der Nähe des Ebertplatzes war ein typischer Altbau. Die Fassade blätterte und die Fenster waren noch einfach verglast. Ein rechteckiges Messingschild wies auf den Sitz des Notars hin:

Martin Anton

Notar

Termine nur Nach Vereinbarung

Das Kanzlei befand sich im fünften Stock, ohne Aufzug. Jede einzelne Stufe auf meinem Weg nach oben war abgetreten und schien in der Mitte durchzuhängen. Weiter unten noch wesentlich extremer als oben. Es roch zudem muffig, abgestandene Luft, ohne die typischen Gerüche eines bewohntes Hauses, obwohl Flur und Treppenhaus sauber waren.

Im fünften Stock angekommen gab es keine Klingel an der massiven Holztür. Immerhin hing wiederum ein Messingschild mit Antons Namen daran. Also klopfte ich kräftig. Es dauerte eine Weile eh ich große, oder sehr langsame Schritte hörte, welche sich der Tür nährten. Umso überraschter war ich, als diese mit Schwung aufgerissen wurde und ein dicklicher, kleiner Mann mit Halbglatze und einem Thunfischsandwich in der Hand, mich fragend anglotzte.

«Ähm... Harris. Linus Harris. Wir hatten eben telefoniert!?», sagte ich auffordernd.

«Harris, was?», knurrte er mürrisch, doch sein Gesichtsausdruck ließ keine genaue Deutung zu. Anton winkte mich hinein und mir fiel die Remoulade in seinen Mundwinkeln auf. Er schien meinen Blick bemerkt zu haben und wischte sich darauf kurz und hektisch durchs Gesicht. Leider erwischte er den linken Mundwinkel nicht so ganz. Aber ich beließ es dabei.

Er deute auf einen braunen Plastikstuhl und ich setzte mich. Er musterte mich mit prüfendem Blick, während er seinen gigantischen und gigantisch chaotischen Schreibtisch umrundete. Die Tischplatte war nicht mehr zu erkennen vor lauter Akten, einzelner Blätter und einer ganzen Flut von Post-Its. Der Rest des Raumes war spärlich möbliert und jene Möbel hatten die besten Zeiten auch längst hinter sich gebracht. Außer seinem Schreibtisch und meinem Plastikstuhl gab es nur noch einige Aktenschränke und ein beinahe leeres Regal. Bloß eine angestaubte leere Vase stand darin. Eine echte Vase. Da war ich mir sicher. Des Weiteren keine Pflanzen und keinen Teppich. Die alten Holzbohlen hätten zudem längst abgeschliffen werden müssen. Vermutlich war das Haus ein Rohdiamant, den man mit etwas Geld und dem Geschmack zu einer lohnenden Geldanlage hätte sanieren können.

Anton zog sein achtziger Jahre Jacket von seiner Stuhllehne, schlüpfte wenig galant hinein und begann geschäftsmäßig einige Blätter von A nach B zu schieben, eh er seine Hände faltete und auf dem Tisch ablegte.

«Kann ich Ihren Personalausweis sehen.» raunte er, so dass es kaum mehr eine Frage war, sondern mehr ein Befehl. «Sonst kann ja jeder kommen. Sie wissen schon.»

Nein, wusste ich nicht. Zumindest nicht so richtig. Trotzdem fischte ich meinen Ausweis aus meinem Portemonnaie und reichte ihm ihn über den Schreibtisch. Anton grapschte danach als habe er es erneut eilig. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete er abwechseln meine Bild und mich selbst.

«Also Herr... Harris», setzte er an. «Zunächst darf ich Ihnen mein Beileid aussprechen.» Eh ich antworten konnte, sprach er einfach weiter und hielt meinen Ausweis fest in seinen wurstigen Fingern.

«Ich muss ehrlich gestehen, dass ich schon ein bisschen neugierig auf Sie gewesen bin. Und ich bin umso neugieriger ob Sie auch meine Frage beantworten können.» Skeptisch schaute ich ihn an.

«Welche Frage?», wollte ich wissen.

«Die, die ich Ihnen gleich stellen werde und die richtige Beantwortung Bedingung zur Herausgabe Ihres Erbes ist», sagte Anton so selbstsicher, weil er genau wusste, dass ich von einer Frage keine Ahnung hatte.

«Also, sind Sie bereit?» Nein, war ich nicht, aber ich hatte ja keine Wahl, also nickte ich.

«Herr Harris, ich muss von Ihnen wissen, wie viele Jahre vergangen sind? Und glauben Sie mir, ich bin gespannt wie ein Flitzebogen.» Er grinste schmierig.

«Wie viele Jahre vergangen sind?», echote ich.

Anton blickte mich nur neugierig und erwartungsvoll an. In meinem Kopf rotierte es. Wie viele Jahre was? Jahre? Wie viele vergangen sind? Präsens. Meine Gedanken flipperten hin und her, zwischen meiner Oma, der Vase und diesem schmierigen Notar und meinem Umschlag, den ich unbedingt haben wollte.

Wie alt meine Oma geworden war? Das wäre zu einfach, das stand in der Todesanzeige. Und es war Vergangenheit. Vielleicht ein Ereignis aus meiner Kindheit wovon nur ich wusste?

Das nur ich davon wusste, davon konnte ich wohl ausgehen, schließlich hatte ich alleine dort gesessen und Anton erwartete sonst niemanden mehr.

«Nun?», drängelte er.

Etwas was nur ich wusste! Wie viele Jahre vergangen sind?

Es konnten nicht allen Ernstes die 1619 Jahre sein, welche die römischen Ziffern mir angezeigt hatten. Unmöglich konnte ich ihm diese Jahreszahl einfach so nennen. Doch von 2011 bis 1619? Das sind Jahre. Es sind 392.

Anton begann mit seinen Fingerspitzen auf den darunter liegenden Blättern herum zu trommeln.

Ich hatte keine Wahl, oder?

«392», schoss es aus mir heraus.

Nun war es an dem Anwalt die Augen aufzureißen und seine Miene verfinstere sich wieder. Er wuchtete sich aus seinem Stuhl und ging zu einer der Aktenschränke.

«Dass ich das noch erlebe»,murmelte er.

In dem Aktenschrank befand sich ein Tresor, an dessen Schloss er sich zu schaffen machte. Den Inhalt konnte ich jedoch nicht sehen, weil er mir den Rücken zudrehte. Mir Schwung fiel zuerst der Tresor und dann der Aktenschrank ins Schloss.

Schließlich nahm ich einen vergilbten Umschlag und meinen Ausweis in Empfang.

«Bitte hier quittieren!», verlangte Anton und legte Papier und Stift vor mich auf den Tisch.

«Darf ich fragen in welcher Beziehung Sie zu der Verstorbenen standen?» Auch diese Frage überraschte mich, allerdings sollte ich mich allmählich an Überraschungen gewöhnt haben. Trotzdem war ich unschlüssig, ob ich lügen oder die Wahrheit sagen sollte. Ich war leider sogar unschlüssig wie eine Lüge hatte aussehen sollen.

«Vielen Dank dafür», sagte ich stattdessen. Unterschrieb auf dem Zettel, dass ich mein Erbe erhalten habe und verließ die Kanzlei. Verließ den muffigen Rohdiamanten und fuhr mit dem Rad Richtung Rudolfplatz.

In dem kleinen Starbucks auf der Ecke, bestellte ich mir einen Kaffee und zog mich auf einen der Sessel zurück.

Der Umschlag war dünn und alt. Ich öffnete ihn und was zum Vorschein kaum überraschte mich nicht – zu meinem Bedauern.

Mein lieber Linus,

nun ist es endlich an der Zeit.

Wenn Du diesen Brief erhalten hast, dann habe ich diese Welt verlassen und ich weiß nicht, ob ich noch mit Dir sprechen konnte. Glaube mir, nichts macht mir das Herz schwerer, als Dich im Unklaren gelassen zu haben. Du hast den Brief in der Hand und ich gehe nun davon aus, daß Du es annimmst. Niemand anders, schien mir würdiger zu sein, als Du es bist.

Du hast auch das Paket bereits erhalten und ich hoffe Du begreifst schneller als ich es damals tat. Es wird Dir helfen, auch wenn es nicht so scheint. Wenn Dir diese Hilfe nicht reicht, dann wähle Eric zu Deiner Hilfe. Er ist sehr loyal und ich schätze ihn sehr, als Deinen treuen Freund, doch berichte ihm nur das Nötigste.

Bitte benutze Dein Herz und Deinen Verstand, Linus! Laß Dich nicht in die Irre führen und glaube an Dich.

Finde Aenlin! Einen besseren Rat, kann ich Dir hier nicht mehr geben.

Du bist die letzte Chance!

Deine Oma,

Ludovika Harris

Es hing also alles zusammen. Der Brief war der Beweis und das schwarz auf weiß. Und ich hing bereits mittendrin. Jeden Zweifel den ich gehegt und gepflegt hatte, war nun ohne jede Daseinsberechtigung.

Meine Pause am Nachmittag wollte ich also im Keller der Uniklinik verbringen. Im Keller, oder in der Vergangenheit? Doch ich fragte mich, ob ich nochmal einen unvorbereiteten Trip riskieren sollte oder lieber einige Vorkehrungen traf. Ich schnappte nach Luft und mir wurde leicht schwindelig. Es stand außer Frage, dass ich es noch einmal tun musste. Es schien mein Erbe zu sein auch wenn ich es noch immer nicht begriffen hatte, wie ich, Linus, die letzte Chance für irgend jemanden sein konnte. Meine Oma hatte mich für irgend etwas eingeplant, womöglich schon, eh ich überhaupt laufen konnte. Hatte ich also noch überhaupt eine Chance aus der Nummer wieder heraus zu kommen? Wurde ich irgendwann einmal gefragt ob ich tun wollte, was ich höchstwahrscheinlich tun musste oder hatte ich das schlichtweg verpasst? Sie hatte mir nur vage Hinweise geschickt, doch ich wusste sie nicht zu deuten und ich wusste nicht, was sich hinter Aenlin verbarg. Dieser Name war bereits gefallen, als meine Großmutter mich auf der Terrasse meiner Eltern eindringlichst angesehen und die absurdesten Sachen gesagt hatte. Ich war absolut nicht sicher ob ich Aenlin jemals finden würde, doch ich spürte etwas, was Ehrgeiz ähnelte. Ich war angespornt und neugierig zu wissen, was es mit all dem auf sich hatte. Es schwang auch ein Hauch Angst, Respekt und Unsicherheit mit. Dabei war schon eines sicher, dass ich keinen Schimmer hatte, was mich erwartete.

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