Читать книгу Weiter als der Ozean - Carrie Turansky - Страница 7
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Das kommt nicht infrage! Das erlaube ich nicht!“ George Frasier schlug mit der Faust auf den Schreibtisch in der Bibliothek. „Wie kannst du auch nur daran denken, so etwas zu tun? Du bist ein Gentleman, kein Anwalt der Mittelschicht, der Geld verdienen muss!“
Andrews Herz hämmerte, aber er schob das Kinn vor und hielt dem Blick seines Vaters stand. Dieses Mal würde er nicht nachgeben. „Henry Dowd hat mir die Stelle angeboten, und ich habe sie angenommen. Daran lässt sich nichts mehr ändern.“
„Selbstverständlich lässt sich das ändern. Du hast eine Verantwortung gegenüber deiner Familie und gegenüber Bolton. Das muss an erster Stelle kommen und steht über jeder unüberlegten Zusage, die du Dowd gegeben hast.“
„Ich sehe nicht, dass ich durch meine Stelle bei Henry Dowd meiner Verantwortung nicht gerecht werden würde.“ Andrew atmete tief ein, um seinen Puls zu beruhigen. „Die Leitung von Bolton liegt in deiner Hand. Außerdem hast du einen sehr fähigen Verwalter. Ich werde hier nicht gebraucht, und das wird sich auch in den nächsten Jahren nicht ändern.“
„Du hast keine Ahnung, wann du diese Aufgabe übernehmen musst. Das könnte schneller kommen, als du denkst. Du wirst dich sehr schwertun, die Leitung zu übernehmen, wenn du vorher keine Erfahrung sammelst.“
Was sollte das bedeuten? Hatte sein Vater gesundheitliche Probleme?
Sein Vater verzog die Mundwinkel nach unten. „Ich hätte gedacht, du wärest dankbar, weil du eines Tages das Anwesen deiner Familie erben wirst.“
Diese Worte rüttelten an seinem Gewissen und weckten starke Zweifel. Hatte sein Vater ernste gesundheitliche Probleme? War er durch seine Entscheidung ehrlich verletzt? Oder versuchte er nur, ihn zu manipulieren?
„Ich bin dankbar, Vater.“ Andrew mäßigte seine Stimme. „Und wenn der Zeitpunkt kommt, werde ich mich um die Familie und um Bolton kümmern. Aber bis dahin will ich meine Ausbildung als Anwalt sinnvoll einsetzen und meinen Mitmenschen helfen.“
Sein Vater verzog die Lippen, als hätte er in einen sauren Apfel gebissen. „Wie willst du deinen Mitmenschen damit helfen, dass du dich in einer Anwaltskanzlei abrackerst und für einen Mann arbeitest, der dir nicht ebenbürtig ist?“
Andrew kochte fast über. „Henry Dowd ist mein Mentor und Freund. Er hat einen makellosen Charakter und wird von allen, die ich kenne, sehr geachtet.“
„Ich dachte, wenn ich dich einige Monate bei diesem Mann in die Ausbildung gehen lasse, würdest du erkennen, wie anstrengend dieser Beruf ist, und wieder zur Vernunft kommen.“
„Ich habe erkannt, wie anstrengend dieser Beruf ist. Und ich finde ihn herausfordernd und erfüllend.“
„Andrew, du redest Unsinn!“
Andrew stand auf und trat ans Fenster. Warum konnte sein Vater nicht verstehen, dass andere Zeiten angebrochen waren? Er wollte sein Leben nicht auf dem Land verbringen und seine Tage mit Jagen, Reiten und Angeln vergeuden, während ihn wichtige Probleme beschäftigten, bei denen sein juristischer Beistand gefragt war.
„Sei doch vernünftig, Andrew, und gib diesen törichten Tagtraum auf!“
Andrew fuhr herum. „Als Anwalt zu arbeiten ist kein törichter Tagtraum! Ich bereite mich seit sechs Jahren auf diesen Beruf vor. Und ich habe die Absicht, ihn auch auszuüben.“
Sein Vater stand auf und hob einen zitternden Finger. „Wenn du an diesem eigensinnigen Verhalten festhältst, wirst du dem Ruf unserer Familie dauerhaft schaden.“
„Das ist lächerlich!“
„Nein, das ist nicht lächerlich! Wer wird dich respektieren, wenn du deine Rolle in Bolton aufgibst und eine Arbeit in der Stadt annimmst?“
„Jeder, der bei klarem Verstand ist und nicht im letzten Jahrhundert lebt!“
Seine Mutter betrat die Bibliothek. Ihr Gesichtsausdruck war besorgt. „Meine Güte, George! Warum wirst du denn so laut?“
„Ich bin nicht laut!“ Sein Vater räusperte sich und zupfte an seiner Weste. In etwas gemäßigterem Ton sprach er weiter. „Ich versuche nur, deinem Sohn klarzumachen, dass er seinen Standpunkt in Bezug auf eine sehr törichte Entscheidung überdenken muss.“
Ihr Blick verriet, dass sie verstand, worum es bei diesem Gespräch ging. Sie trat ein paar Schritte näher. „Ich schlage trotzdem vor, dass ihr eure Stimmen mäßigt, damit das Personal seiner Arbeit nachgehen kann.“ Sie zog vielsagend die Brauen hoch und deutete mit dem Kopf zur Tür, die in die große Halle führte.
Andrew folgte ihrem Blick, und sein Gesicht begann zu glühen. Sterling und einige andere Bedienstete hatten offenbar ihren ganzen Streit verfolgt. Das ließ sich jetzt nicht mehr ändern.
Sein Vater deutete mit dem Finger auf ihn. „Andrew will in London leben und für diesen Dowd arbeiten, statt hier auf Bolton Verantwortung zu übernehmen.“
Andrew verdrehte die Augen. Wollte sein Vater jetzt das ganze Gespräch für seine Mutter wiederholen?
Sie legte die Hände vor der Brust zusammen. „Ich weiß von seiner Entscheidung.“
Die Augen seines Vaters funkelten. „Du weißt Bescheid?“
„Ja. Ich weiß schon seit einer ganzen Weile, was er vorhat.“
„Und du stimmst ihm zu?“
Ihre Miene blieb ruhig. „Ich glaube, dass Andrew alt genug ist, um selbst über seine Zukunft zu entscheiden. Wenn er sich berufen fühlt, als Anwalt in London zu arbeiten, sollten wir seine Entscheidung unterstützen.“
„Ha! Das sieht dir ähnlich. Du bist Amerikanerin.“
„Also wirklich, George! Ich lebe seit über dreißig Jahren in England. Und mir ist sehr wohl bewusst, welche Unterschiede es zwischen England und Amerika gibt, was die Kultur und die familiären Verpflichtungen angeht.“
„Dann solltest du wissen, dass es nicht akzeptabel ist, dass Andrew einen Beruf ergreift und in London lebt, wenn sein Familiensitz in Hertfordshire liegt. Er ist ein Gentleman, der Sohn eines Gentlemans und der künftige Erbe von Bolton. Aber offensichtlich genügt ihm das nicht!“
Seine Mutter warf Andrew einen flehenden Blick zu. Er sollte versuchen, die Situation zu entspannen, und sich darum bemühen, dass wieder etwas Ruhe einkehrte.
Andrew atmete tief ein und war fest entschlossen, noch einen weiteren Versuch zu unternehmen. „Vater, mir ist bewusst, dass du möchtest, dass ich in deine Fußstapfen trete und auf Bolton bleibe, anstatt in London als Anwalt zu arbeiten. Aber ich bitte dich, die Dinge aus meiner Sicht zu sehen. Ich achte dich und Mutter sehr. Und ich bin stolz auf unser Zuhause und unser Erbe. Aber das Leben eines Gutsherrn auf dem Land füllt mich nicht aus. Ich möchte meine Tage lieber in einer Anwaltskanzlei oder in einem Gerichtssaal verbringen. Ich möchte meine Kraft dafür einsetzen, Menschen zu verteidigen, die zu Unrecht angeklagt wurden, und dafür zu sorgen, dass Recht geschieht. Das sind lohnenswerte Ziele. Und ich kann mir nicht vorstellen, wie ich meine Gaben und meine Ausbildung besser nutzen könnte.“
„Das ist nicht der Lebensstil, den ich für meinen Sohn will!“
So viel zu seinen Bemühungen, seinem Vater seine Sicht begreiflich zu machen! Nun, er würde sich nicht länger den Mund fusselig reden, um ihn von seiner Meinung abzubringen. Andrew straffte die Schultern und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Ich werde als Anwalt arbeiten, Vater, und eines Tages werde ich hoffentlich Henry Dowds Partner sein.“
„Das sind also deine Pläne?“ Sein Vater warf die Hände in die Luft. „Du flüchtest nach London, führst ein flottes Leben und lässt dich auf Bolton nie wieder blicken?“
„Das habe ich weder gesagt noch gemeint.“ Er brauchte einen Moment, um seine Stimme zu beherrschen. „Ich werde den Großteil der Zeit in London arbeiten und leben, aber ich werde so oft wie möglich nach Hause kommen, um dich und Mutter zu besuchen. Und wenn die Zeit kommt, dass ich hier auf Bolton gebraucht werde, werde ich meine Pflicht erfüllen.“
Sein Vater verschränkte die Arme, und der Blick, mit dem er Andrew bedachte, war finster. Seine steife Körperhaltung verriet, dass er keinen Millimeter von seiner Position abweichen würde.
Andrew warf seiner Mutter einen Blick zu, in dem die Bitte lag, sie möge seine Sichtweise unterstützen.
Sie nickte leicht, dann wandte sie sich an seinen Vater. „George, ich finde, wir sollten seine Entscheidung akzeptieren und nach vorn blicken.“ Sie trat näher zu ihrem Mann, ihre Miene spiegelte große Geduld und viel Verständnis. „Ich weiß, dass das schwer ist. Aber wenn wir in unserer Familie Frieden und Liebe bewahren wollen, müssen wir Andrews Entscheidung unterstützen.“
Das Ticken der Uhr hallte in dem angespannten Schweigen zwischen Vater, Mutter und Sohn wider. Andrew richtete sich schweigend auf und blickte seinen Vater an. Dieser atmete hörbar aus und sagte schließlich: „Ich warne dich: Falls du durch deine Arbeit mit irgendeinem Skandal in Berührung kommst und der Name unserer Familie beschmutzt wird, wirst du sofort nach Hause kommen. Verstanden?“
„Ich verstehe deine Sorge, aber ich bezweifle, dass ein solcher Fall eintreten wird.“
„Versprich mir, dass du alles in deiner Macht Stehende tust, um den Ruf deiner Familie zu schützen.“
„Natürlich werde ich für den Ruf unserer Familie einstehen, mit all meiner Kraft. Das versteht sich von selbst.“ Andrew wartete in der Hoffnung, dass sein Vater ihm, wenn auch zähneknirschend, seine Unterstützung anbieten würde.
Seine Mutter zog die Brauen hoch. „George?“
„Also gut. Du kannst gehen. Aber erwarte nicht, dass ich deine Entscheidung bejuble. Das kann ich nicht. Ich denke, dass du sie bereuen wirst. Aber dann wird es zu spät sein, um den angerichteten Schaden wiedergutzumachen.“ Und damit drehte George Frasier sich um und marschierte aus der Bibliothek.
Seine Frau sah ihrem Mann nach, bevor sie sich mit einem besänftigenden Blick an Andrew wandte. „Es tut mir leid, mein Sohn. Deinem Vater ist die Tradition sehr wichtig, und er kann sich keinen anderen Weg vorstellen. Ich hoffe, du kannst ihm verzeihen.“
Andrews Kehle war so zugeschnürt, dass er Mühe hatte, ihr zu antworten. „Ich wünschte, er würde versuchen, mich zu verstehen. Er will einfach nicht akzeptieren, dass ich mir ein anderes Leben wünsche und in einem anderen Leben einen Sinn sehe.“
„Ich weiß. Das würde ich mir auch wünschen. Aber wenigstens habt ihr euch jetzt ausgesprochen, und die Geheimnistuerei hat ein Ende.“
„Ich hatte nicht die Absicht, dieses Thema heute auf den Tisch zu bringen.“
Sie nickte. „Danke, dass du so lange gewartet hast. Ich hätte mir nur gewünscht, euer Gespräch hätte nach Ostern stattgefunden.“ Sie hatte ihn gebeten, es bis nach den Feiertagen hinauszuschieben, aber das war nicht möglich gewesen.
„Es tut mir leid, Mutter. Als er mich direkt nach meinen Plänen fragte, blieb mir nichts anderes übrig, als ihm die Wahrheit zu sagen.“
„Ist schon gut.“ Sie strich ihm über den Arm. „Wir bekommen das hin. Ich hoffe nur, er beruhigt sich, bevor Tante Eloise und Onkel Bertram eintreffen.“
Andrew nickte. Bei der Vorstellung, dass die Schwester seines Vaters und ihr Mann mit ihrer spießigen Art die bereits brodelnde Stimmung noch mehr aufheizen würden, hätte er am liebsten laut gestöhnt.
„Das dürfte interessant werden.“
Seine Mutter bedachte ihn mit einem verständnisvollen Lächeln. „Wir sollten einfach versuchen, den Frieden zu bewahren, und nach Möglichkeit nicht über deine Londonpläne sprechen, solange sie hier sind.“
Andrew nickte. „Ich werde mich bemühen.“
Sie lächelte ihn liebevoll an. „Danke, Andrew. Und egal, was dein Vater sagt: Ich bin stolz auf dich. Ich weiß, dass du ein guter Anwalt sein wirst.“
Sein Vater billigte seine Entscheidung vielleicht nicht, aber Andrew hatte wenigstens die Unterstützung seiner Mutter. Sie hatten schon immer eine besondere Beziehung gehabt. Sie hörte ihm zu, sie verstand ihn. Und dafür war er sehr dankbar.
Der alte Mann, der am Eingang des Krankenhauses saß, blickte von seinem Schreibtisch auf und schaute Laura durch seine beschlagenen Brillengläser an. „Es tut mir leid, Miss. Ich verstehe, dass Sie Ihre Mutter besuchen wollen, aber die Besuchszeit war um sechzehn Uhr zu Ende. Sie müssen morgen wiederkommen.“
Laura umklammerte den Griff ihres Koffers und hatte Mühe, die Panik, die sich in ihrer Brust ausbreitete, zu verdrängen. „Ich habe erst heute erfahren, dass meine Mutter krank ist, und bin den ganzen Weg von St. Albans mit dem Zug hergekommen.“ Sie legte die Hand auf seinen Schreibtisch und beugte sich vor. „Bitte, Sir. Ich muss sie sehen.“
Die Miene des alten Mannes wurde weicher. Er räusperte sich, rückte seine Brille zurecht und senkte den Blick auf die Papiere auf seinem Schreibtisch.
Laura hielt den Atem an und wartete. Würde er ihr verraten, wo sie ihre Mutter finden konnte, oder würde er darauf bestehen, dass sie das Krankenhaus verließ? Sie sah sich in der Eingangshalle um und wünschte, hier wäre noch jemand, an den sie sich wenden könnte. Aber auf den drei wackeligen Holzstühlen hinter ihr saß niemand, und die zwei Gänge, die von der Eingangshalle abgingen, waren ebenfalls leer.
Sie atmete tief ein. Der Geruch von abgestandenem Kaffee und starken Desinfektionsmitteln stieg ihr in die Nase. Wie konnte man in einem so übel riechenden Gebäude gesund werden?
Schließlich blickte der Mann auf. Er warf einen Blick nach links und dann nach rechts und schob ihr einige Blätter auf seinem Schreibtisch hin. Mit hochgezogenen Brauen deutete er auf die Überschrift oben auf der Seite. Patientenliste.
Laura fasste neue Hoffnung.
„Es tut mir leid, aber ich kann Ihnen nicht helfen, Miss“, sagte er mit übertrieben lauter Stimme. „Ich muss ein paar Minuten weggehen und etwas erledigen.“ Dann zwinkerte er ihr zu und flüsterte: „Die Treppe am Ende dieses Gangs. Alle Frauenstationen befinden sich im zweiten Stock.“
Sie nickte und sagte stumm Danke.
Er nickte ebenfalls. Dann stand er auf, ging den Gang entlang und verschwand hinter einer Tür.
Laura überflog schnell die Liste und entdeckte den Namen ihrer Mutter auf der ersten Seite ziemlich weit unten. Sie fuhr mit dem Finger darüber und las: Station D, Bett Sechs. Ihr Puls schlug höher.
Sie schob die Liste wieder auf dem Schreibtisch zurück, dann huschte sie leise durch den rechten Gang. Am Ende des Flurs öffnete sie die schwere Tür und schaute in das schwach beleuchtete Treppenhaus. Ein düsteres Licht fiel durchs Fenster und warf lange Schatten. Ihr Magen zog sich zusammen.
Was würde sie auf Station D vorfinden? Würde ihre Mutter sie erkennen und mit ihr sprechen können?
Mit dem schweren Koffer in der Hand stieg sie die Treppe hinauf. Sie durfte der Angst und den sorgenvollen Gedanken keinen Raum geben. Sie wollte an der Hoffnung festhalten und an etwas Positives denken: Millies Umarmung und ihr Versprechen, für sie zu beten, Andrew Frasiers Geschenk und seine Freundlichkeit, und dass sie es geschafft hatte, ohne Zwischenfälle nach London zu kommen.
Als sie im ersten Stockwerk ankam, öffnete sie die Tür und warf einen Blick in den Flur. Eine Krankenschwester in einer grauen Schwesterntracht mit weißer Schürze und Kopftuch war in die andere Richtung unterwegs und verschwand durch eine Tür auf einer der Stationen. Sonst war niemand zu sehen.
Laura huschte leise durch den Flur und las die Schilder über den Türen, bis sie das Schild fand, auf dem Station D stand. Sie trat ein und ließ ihren Blick über die Patienten schweifen, die in zwei Reihen lagen. Dann schlich sie geräuschlos durch den Mittelgang zwischen den Betten. Als sie beim sechsten Bett ankam, blieb sie stehen und traute ihren Augen kaum. War diese blasse, hagere Frau wirklich ihre Mutter?
Silberne Fäden durchzogen ihr dunkelblondes Haar, und graue Schatten lagen unter ihren geschlossenen Augen. Sie lag regungslos und still unter einer grauen Decke, die ihrer Hautfarbe viel zu ähnlich war.
Laura trat näher und legte ihrer Mutter die Hand auf die Schulter. „Mama, schläfst du?“
Die Augenlider ihrer Mutter zuckten, doch dann schlug sie die Augen weit auf. „Laura, bist du das?“ Ihre Stimme war schwach und heiser, und ihre blaugrauen Augen sahen glasig aus.
Lauras Herz schlug schneller, und sie beugte sich vor. „Ja, Mama, ich bin hier.“
„Ich habe Mrs Graham gebeten, dir zu schreiben, aber ich wusste nicht, ob du kommst.“
„Ich habe ihren Brief erst heute bekommen.“
„Erst heute?“ Ihre Mutter runzelte die Stirn. „Was … was für ein Tag ist heute? Wie lang liege ich schon hier?“
„Heute ist Donnerstag, der achte April.“
Verwirrung trat in die Augen ihrer Mutter. „Ich freue mich, dass du gekommen bist. Aber was ist mit deiner Arbeit in Bolton?“
„Das ist kein Problem. Die Frasiers sind sehr freundlich. Sie haben mir erlaubt zu kommen.“
Mama schob ihre Hand unter der Decke heraus, aber ihr schien die Kraft zu fehlen, sie zu heben.
Laura ergriff die kalten Finger ihrer Mutter, ihre Kehle war wie zugeschnürt. „Alles wird wieder gut werden.“
„Ja.“ Mama schloss die Augen und atmete langsam und stockend ein.
„Hast du heute mit dem Arzt gesprochen?“
„Er sagt, dass ich auf dem Weg der Besserung bin.“ Mama lächelte schwach, aber es war nicht überzeugend.
„Das freut mich.“ Laura wollte fragen, wie lange sie wohl noch im Krankenhaus bleiben müsste, aber auch ohne zu fragen konnte sie erkennen, dass es nicht danach aussah, als könnte Mama schon bald nach Hause gehen. Sie beschloss, ihre Mutter nicht unnötig aufzuregen, und unterließ diese Frage.
„Hast du die Kinder gesehen?“ Mamas Griff um Lauras Hand verstärkte sich. „Ich mache mir so große Sorgen um sie. Mrs Graham hat berichtet, dass sie in ein Kinderheim gebracht wurden.“
„Ja, das hat sie mir in ihrem Brief auch geschrieben.“ Hatte Mrs Graham Mama auch erzählt, dass Garth beim Versuch, ein Brot zu stehlen, erwischt worden war? Laura wollte Mama nicht noch mehr Sorgen machen, deshalb erwähnte sie das lieber nicht. „Weißt du, wie das Heim heißt?“
Mamas Blick wanderte zum Fenster. „Ich glaube, es ist das Grangeford-Kinderheim. Ich weiß aber weder die Straße noch die Hausnummer.“
„Das macht nichts. Ich finde die Adresse heraus und gehe morgen hin.“
Mama nickte und schloss die Augen. „Danke. Sag der Heimleitung, dass ich die Kinder hole, sobald ich kann. Ich habe Mrs Graham gebeten, das weiterzugeben, aber ich habe sie seit mehreren Tagen nicht mehr gesehen. Ich weiß nicht, ob sie meine Nachricht ausgerichtet hat oder nicht.“
„Mach dir keine Sorgen. Ich werde das bei der Heimleitung klarstellen.“
Mit einem müden Seufzen schloss Mama wieder die Augen. „Bitte sag den Kindern, dass es mir schon besser geht. Das alles ist für sie bestimmt sehr verwirrend und eine große Belastung.“
„Sie werden sich schon zurechtfinden.“ Laura zwang sich, zuversichtlich zu klingen, aber die Geschichten, die sie über Kinderheime gehört hatte, weckten beunruhigende Fragen.
Hinter ihr näherten sich Schritte, und Laura warf einen Blick über ihre Schulter.
Eine Krankenschwester kam durch den Mittelgang auf sie zu, die Augenbrauen missbilligend hochgezogen. „Tut mir leid. Die Besuchszeit ist längst vorbei. Sie müssen gehen.“ Allerdings sah sie überhaupt nicht so aus, als täte es ihr leid.
„Das ist meine Tochter Laura. Sie ist den weiten Weg aus St. Albans gekommen, um mich zu besuchen. Für Familienangehörige können Sie doch sicher eine Ausnahme machen.“
„Die Regeln gelten auch für Familienangehörige.“ Die Schwester richtete ihren strengen Blick auf Laura. „Ihre Mutter braucht Ruhe. Sie können sie morgen zwischen eins und vier besuchen. Nur in diesen drei Stunden ist Besuchszeit.“
Laura beugte sich hinunter und küsste Mama auf die Stirn. „Schlaf gut, Mama. Ich besuche morgen Garth, Katie und Grace. Danach komme ich direkt hierher.“
„Danke, Liebes.“ Mama fielen die Augenlider zu.
Laura fasste neuen Mut. Ihr Besuch war zwar kurz gewesen, aber ihr Versprechen, die Kinder zu besuchen, hatte Mama neue Hoffnung gegeben. Das musste für den Moment genügen.
Eine Stunde später stapfte Laura durch die Larchmont Street. Ihr Arm schmerzte, weil sie schon den ganzen Nachmittag ihren Koffer mit sich herumschleppte. Das Tageslicht wurde bereits schwächer, und hinter den Fenstern der Häuser und Geschäfte, an denen sie vorbeiging, brannten Gaslampen. Sie nahm ihren Koffer in die andere Hand und bog in die Gasse hinter der Schneiderei. Haufen von kaputten und unbrauchbaren Möbeln und Müllberge lagen hier herum. Sie hielt sich Mund und Nase zu, um den säuerlichen Gestank von verdorbenem Essen weniger stark zu riechen.
Was für ein grauenhafter Ort! Sie musste eine geeignetere Wohnung für ihre Familie finden. Aber wie sollten sie sich das leisten können? Besonders jetzt, da ihre Mutter aufgrund ihrer Krankheit so lange nicht arbeiten konnte?
Laura erreichte den Eingang zur Wohnung ihrer Familie, stellte den Koffer ab und wollte die Tür öffnen, aber diese war abgeschlossen. Sie schaute sich um und suchte eine Stelle, an der Mama einen Schlüssel versteckt haben könnte, fuhr mit der Hand oben über den Türrahmen und sah unter der Mülltonne nach, fand aber nichts. Was sollte sie jetzt machen?
Sie rieb sich die brennenden Augen und versuchte, die Hoffnungslosigkeit, die in ihr aufstieg, zu verdrängen. Am liebsten hätte sie sich auf die Treppenstufen gesetzt und ihrem Kummer Luft gemacht. Aber Weinen half ihr nicht weiter. Es war für ihre Familie wichtig, dass sie stark blieb und einen klaren Kopf behielt.
Sie atmete tief ein und versuchte, ihre wild durcheinanderpurzelnden Gedanken zu ordnen. Mrs Palmer, die Witwe, der die Schneiderei gehörte, hatte bestimmt einen Wohnungsschlüssel. Vielleicht war sie noch im Laden.
Laura kehrte in die Gasse zurück und bog um die Ecke. Viele Geschäfte waren schon dunkel und hatten geschlossen, aber in Mrs Palmers Schneiderei brannte noch Licht. Sie spähte durchs Schaufenster an den zwei Schaufensterpuppen vorbei. Mrs Palmer stand auf einer Trittleiter hinter der Verkaufstheke und stellte eine Schachtel in ein oberes Regalfach.
Laura nahm ihren ganzen Mut zusammen und schob die Ladentür auf. Die Glocke über der Tür klingelte. Mrs Palmer drehte sich um, und ihre Miene wurde hart.
„Guten Abend, Madam.“ Laura zwang sich zu einem fröhlichen Tonfall, da sie hoffte, dadurch den eisigen Empfang der Schneiderin abmildern zu können.
Mrs Palmer stieg von der Trittleiter. Ihre Miene blieb unverändert. „Was machst du hier?“
„Ich bin nach London gekommen, um meine Mutter zu besuchen.“
„Hast du sie schon gesehen?“
„Ja, Madam. Ich komme gerade aus dem Krankenhaus.“
„Wie geht es ihr?“ Der Tonfall der Frau enthielt nicht das geringste Mitgefühl.
„Ihr Zustand bessert sich. Aber sie braucht trotzdem noch Zeit, um wieder zu Kräften zu kommen.“ Laura blickte sich im Laden um und wünschte, Anna und Liza, Mrs Palmers Töchter, wären hier. Wenn sich Mrs Palmer erinnerte, dass sie und Laura Freundinnen waren, wäre sie vielleicht eher bereit, ihr zu helfen. „Ich habe versucht, in unsere Wohnung zu kommen, aber die Tür zum Treppenhaus ist abgesperrt, und ich habe keinen Schlüssel.“
Mrs Palmers Blick wurde zornig und der Zug um ihre Lippen noch härter.
„Ich bin einige Tage in London und ich brauche einen Platz, an dem ich wohnen kann.“
„Du kannst nicht in der Wohnung bleiben, es sei denn, du hast vor, die ausstehende Miete zu zahlen.“
Lauras Magen zog sich zusammen. „Die Miete wurde nicht gezahlt?“
„Seit Anfang April nicht mehr. Wenn deine Mutter die Miete nicht bald zahlt und wieder zur Arbeit kommt, lasse ich die Wohnung räumen und ihre Sachen auf die Straße werfen.“
„Oh nein! Bitte tun Sie das nicht! Ich kann die Miete zahlen.“ Laura griff in ihre Tasche, holte eine Fünf-Pfund-Note, drei Ein-Pfund-Noten und einige Münzen heraus und hielt sie der Frau hin. Das war fast alles, was von dem Geld, das ihr Andrew Frasier heute gegeben hatte, noch übrig war.
Mrs Palmer hob schnaubend das Kinn. „Die Miete beträgt zwölf Pfund.“
Lauras Kinnlade klappte herunter. „Zwölf Pfund!“
„So ist es. Ich habe von deiner Mutter nur sechs verlangt, aber diesen Nachlass kann ich ihr erst wieder gewähren, wenn sie zurückkommt und ihre Arbeit wieder aufnimmt.“
„Das wird sie bestimmt so bald wie möglich tun.“
„Und wann ist das?“
„Ich … ich weiß es nicht.“
„Ich kann ihre Stelle nicht ewig frei halten. Wir arbeiten uns die Finger wund, weil wir jetzt alle Näharbeiten selbst erledigen müssen.“ Sie kniff die Augen zusammen. „Wenn deine Mutter nicht bis zum Ende des Monats wieder zur Arbeit kommt, muss ich eine andere Frau einstellen, die ihre Arbeit übernimmt.“
Der Druck auf Lauras Brust verstärkte sich. Sie bekam kaum noch Luft. Es musste doch eine Möglichkeit geben, vernünftig mit dieser Frau zu sprechen und sie zu überreden, ihnen mehr Zeit zu lassen. „Meine Mutter ist eine ausgezeichnete Näherin. Eine so gute Näherin werden Sie kaum finden.“
„Das mag sein, aber ich habe genug eigene Sorgen. Ich kann mich nicht auch noch um die Sorgen deiner Mutter kümmern.“
Lauras Gesicht begann zu glühen. Sie biss die Zähne zusammen. Wie konnte Mrs Palmer so gefühllos sein?
„Du brauchst mich nicht so böse anzusehen. Ich werde meine Meinung nicht ändern. Ich habe ein Geschäft, das laufen muss. Und ich muss an mich und meine Töchter denken.“
„Ihre Töchter würden unsere Notlage bestimmt verstehen und helfen wollen.“
Mrs Palmer schnaubte. „Du kannst von mir nicht erwarten, dass ich meinen eigenen Kindern das Essen wegnehme, um es dir und deiner Familie zu geben!“
„Das verlange ich doch gar nicht. Meine Mutter ist krank. Wahrscheinlich aufgrund der vielen Arbeitsstunden und der ungesunden Arbeitsbedingungen hier.“
Die Miene der Frau wurde jetzt bedrohlich. „Gib mir nicht die Schuld für die Krankheit deiner Mutter! Sie hat sich schon immer jede Krankheit eingefangen.“
„Meine Mutter ist eine loyale, fleißige Witwe, die ihr Möglichstes tut, um ihre Kinder zu versorgen. Ich dachte, gerade Sie würden ihre Situation verstehen und hätten ein wenig mehr Mitgefühl. Aber ich habe mich offenbar getäuscht.“
„Du bist ein unhöfliches, undankbares Mädchen! Ich höre mir dein unsinniges Gerede nicht länger an.“ Mrs Palmer nahm ihren Hut und Mantel vom Haken an der Wand. „Geh jetzt! Du wirst heute Nacht nicht in der Wohnung schlafen!“
„Bitte, Mrs Palmer. Ich weiß nicht, wohin ich sonst gehen soll!“
„Das ist nicht mein Problem.“ Sie fuchtelte mit der Hand. „Jetzt verlass meinen Laden, bevor ich es mir anders überlege und euch nicht bis zum Monatsende Zeit gebe, die Miete aufzubringen.“
Laura fuhr auf dem Absatz herum, schritt aus dem Laden und schlug erbost die Tür zu, die klirrend ins Schloss fiel. Diese Frau hatte kein Recht, sie so zu behandeln. Sie dachte an die Worte, die sie Mrs Palmer gern an den Kopf geworfen hätte. Aber als sie zwanzig Schritte gegangen war, war ihr Ärger verraucht. Ein eigensinniger Kloß bildete sich in ihrer Kehle, und ihr schossen Tränen in die Augen.
Wohin sollte sie jetzt gehen? Seit ihr Vater gestorben war und sie in diesen Stadtteil gezogen waren, hatten sie den Kontakt zu fast allen ihrer alten Freunden verloren. Sie hatte nur wenige Monate hier gewohnt, bevor sie die Stelle als Dienstbotin angenommen hatte. Wer würde ihr helfen?
Andrew Frasier kam ihr in den Sinn, aber der war auf Bolton und würde erst Anfang nächster Woche nach London zurückkehren. Wenn sie eine Lösung finden wollte, musste sie ihre rasenden Gedanken beruhigen und logisch nachdenken. Es gab doch sicher jemanden, der Mitleid mit ihr hatte und sie bei sich schlafen ließ, während sie ihrer Mutter und ihren Geschwistern half.
Mrs Grahams Brief kam ihr in den Sinn. Vielleicht hatte die Freundin ihrer Mutter mehr Mitgefühl als Mrs Palmer. Laura brach in die Richtung auf, in der die Grahams wohnten. Aber bei jedem Schritt musste sie gegen ihre Verzweiflung ankämpfen.
Fünf Minuten später klopfte sie an die Tür der Grahams und hielt den Atem an. Wenn Mrs Graham sie wegschickte, müsste sie auf den Stufen vor der Kirche oder auf einer Parkbank schlafen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und sie strich unbehaglich über ihre Mantelärmel.
Die Tür ging auf, und Jacob Graham stand vor ihr. Seine braunen Augen wurden groß, und ein Lächeln trat in sein Gesicht. „Laura! Was für eine Überraschung! Komm herein.“ Er trat zurück und zog die Tür weiter auf. „Gib mir deinen Koffer.“
„Danke.“ Sie gab ihm den Koffer, und er stellte ihn gleich neben der Tür auf den Boden. „Ist deine Mutter zu Hause?“
„Ja, sie ist in der Küche und kocht das Abendessen.“ Er betrachtete sie mit einem bewundernden Blick. „Es ist so schön, dich wiederzusehen, Laura.“
„Danke. Es ist auch schön, dich wiederzusehen.“ Sie betrachtete Jacob als Freund, aber bevor sie weggegangen war und ihre Arbeitsstelle angetreten hatte, hatte sie das Gefühl gehabt, dass er sich mehr erhoffte. Diesen Gedanken verdrängte sie schnell. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um sich über Jacobs Gefühle oder seine Absichten den Kopf zu zerbrechen. „Ich habe den Brief von deiner Mutter erhalten und bin so schnell wie möglich hergekommen. Ich war gerade im Krankenhaus.“
„Wie geht es deiner Mutter?“
„Sie sieht so blass und dünn aus, dass ich sie kaum erkannt habe. Aber sie hat nicht gehustet. Und sie sagt, dass sich ihr Zustand bessert.“
„Das hat meine Mutter nach ihrem letzten Besuch auch gesagt. Es tut mir so leid, dass deine Mutter krank ist. Wir beten alle für sie.“
„Danke. Das ist sehr nett von euch. Kann ich mit deiner Mutter sprechen?“
„Natürlich. Komm mit.“ Er deutete auf den Gang hinter sich. „Sie ist gleich hier.“ Er führte Laura in die warme, dampfende Küche, in der seine Mutter am Herd stand und in einem großen Topf rührte.
Mrs Graham drehte sich um, als Laura eintrat. „Laura, ich bin so froh, dass du gekommen bist!“ Sie wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab, dann trat sie vor und umarmte Laura. Ihre Kleidung strömte den tröstenden Duft von Äpfeln und Zimt aus. Die Anspannung in Lauras Innerem löste sich ein wenig.
Die liebevolle Umarmung und die herzliche Begrüßung schnürten Laura vor Rührung die Kehle zu.
Mrs Graham trat zurück. „Warst du schon im Krankenhaus?“
„Ja. Ich bin hineingekommen, obwohl die Besuchszeit vorbei war.“ Laura schilderte ihren Besuch bei ihrer Mutter und erklärte dann, was passiert war, als sie in die Schneiderei gegangen war und mit Mrs Palmer gesprochen hatte.
Jacobs Gesicht rötete sich vor Zorn. „Wie konnte sie dich nur so herzlos behandeln?“
Mrs Graham stieß ein leises Seufzen aus. „Ethel Palmer hat sich immer noch nicht vom Tod ihres Mannes und ihres kleinen Sohnes erholt. Sie ist wütend wegen der Vergangenheit und hat Angst vor der Zukunft. Deshalb sagt und tut sie leider manchmal Dinge, die lieblos und verletzend sind.“
Jacob gab einen knurrenden Ton von sich. „Das ist keine Entschuldigung dafür, dass sie Laura aus der Wohnung ihrer Familie aussperrt.“
„Nein, natürlich nicht. Aber wir wollen davon nicht unser Wiedersehen trüben lassen.“ Mrs Graham wandte sich an Laura. „Du kannst gern bei uns wohnen, wenn es dir nichts ausmacht, dir mit Sarah ein Bett zu teilen.“
Eine große Erleichterung erfasste Laura. „Das macht mir überhaupt nichts aus. Vielen Dank.“
„Das ist das Mindeste, was ich für die Tochter einer so lieben Freundin tun kann.“ Mrs Graham warf einen Blick hinter sich. „Wusstest du, dass sie mir diese Vorhänge genäht hat? Sind sie nicht hübsch? Sie hat mich nicht mal den Stoff zahlen lassen.“
Laura betrachtete die zartgelben Vorhänge mit der Rüschenschabracke am Küchenfenster. Das sah ihrer Mutter ähnlich. Sie war so freundlich und großzügig und überlegte immer, wie sie ihre Gaben einsetzen konnte, um andere zu segnen, obwohl sie selbst so wenig hatte. Sie verdiente ein so viel besseres Leben als das, was sie tatsächlich hatte. Laura war entschlossen, einen Weg zu finden, um ihrer Mutter und ihren Geschwistern in Zukunft das Leben zu erleichtern.
Jacob trat einen Schritt näher auf Laura zu. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Wir kümmern uns um dich, Laura.“ In seinem Blick lag mehr als nur nachbarschaftliche Freundlichkeit.
Ihr stieg die Hitze in die Wangen, und sie lächelte flüchtig. Sie brauchte die Hilfe der Grahams, aber sie wollte Jacob keine falschen Hoffnungen machen. Er war ein netter junger Mann, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie je mehr als Freundschaft für ihn empfinden würde.