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I. Der Zeitgeist

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Staatskunst im Dritten Reich

Hitlers Sekretär Martin Bormann wurde einmal von seinem Sohn gefragt: „Papa, was ist eigentlich Nationalsozialismus?“ Bormann antwortete: „Nationalsozialismus ist der Wille des Führers!“ Das Parteiprogramm der Nazis war reine Makulatur – Hitlers Meinung war das Gesetz des Dritten Reiches. Das galt auch für die Kunst, denn darin fühlte sich Hitler als Experte.

Correggios fast schon pornographisches Gemälde „Leda und der Schwan“ zählte zu Hitlers Lieblingsbildern. Ihn interessiere vor allem „das Farben- und Schattenspiel im Hintergrund“, versuchte Hitler seine Begeisterung für das erotische Motiv zu rechtfertigen, wie Ernst Hanfstaengl, Pressechef der NSDAP, nicht ohne Häme berichtet.

Besonders schwärmte der verhinderte Maler Hitler für die klassische Antike. Das Menschenbild der alten Griechen erschien ihm als Ideal des edlen Menschen schlechthin. Kein Wunder, dass es in der Nazi-Ära nur so vor Gemälden und Plastiken wimmelte, die muskulöse, makellose und vor allem – nackte Körper zeigten.

Im Haus der Deutschen Kunst in München begegnete der sinnenfrohe Volksgenosse hinter jeder Ecke einer nackten Dame – in Bronze, Stein oder Öl. Die Bildhauer Breker und Thorak schufen barbusige Amazonen zuhauf. Wegen seiner detaillierten Darstellung nackter Körper bekam der Präsident der Akademie der bildenden Künste, Adolf Ziegler, im Volksmund den Spitznamen „Reichsschamhaarmaler“. Postkartendrucke von Bildern wie „Bäuerliche Venus“ (die sich vor dem Zubettgehen auszieht) fanden reißenden Absatz. Auch die SS-eigene Porzellan-Manufaktur Allach bot in ihrem Katalog neben Schäferhund-Nippesfiguren eine größere Auswahl nackter Körperdarstellungen. Die Fülle der Aktskulpturen war Anlass vieler Witze unter den Volksgenossen.


Hitler war in seiner Verehrung für die Antike „hingerissen in der Bewunderung alles Starken und Schönen und damit des Gesunden und Lebensfähigen!“ Teilweise trieb diese Bewunderung skurrile Blüten: Zu den Eröffnungsumzügen der Großen Münchner Ausstellungen im Haus der Deutschen Kunst zogen bis zu fünftausend Männer und Frauen in Togas auf historischen Motivwagen durch die Stadt. Zur Sensation wurde 1938 ein besonderes Spektakel im Nymphenburger Schloßpark:

In „Leiber-Bildern“ stellten nackte Darstellerinnen die mythologische Götterhochzeit dar. Im ganzen Reich war diese „Nacht der Amazonen“ tagelang Gesprächsthema. Nur Fotos suchte man in den Zeitungen zum allgemeinen Bedauern vergeblich – die hatten die Machthaber dann doch lieber zensiert...

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