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Montag, 30. April 2007

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Dr. Farroch erdet mich wieder. Er gibt keine Prognose ab, sondern schaut nach vorne. Die Lungenmetastasen verschlechtern die Prognose nicht. Die werden mit der Chemotherapie ja mitbehandelt. Ich nehme ihm das Versprechen ab, mir mitzuteilen, wenn es so weit ist, dass nichts mehr geht. Ich fühle mich damit ein wenig besser, und Rede mit Claudia darüber. Sie lacht schon wieder. In mir wird es warm.

Auf der Arbeit rede ich mit Thais. Ich schildere ihr den den Stand der Dinge, und muss weinen. Sie versucht mich zu trösten. Will den Freitag als weiteren Heimarbeitstag, und bekomme Verständnis von allen Seiten.

Ich rede mit Sifu David. Sage bis auf Weiteres alle Übungsleiter-Aktivitäten in Overath und Rösrath ab. Wenn er etwas für mich tun kann … ich bin fix und fertig. Meine Stimme zittert.

Im Marien-Krankenhaus dauert alles länger. Erst begeben wir uns ins Foyer. Wir wissen nicht, auf welche Station wir sollen. Dr. Anand hat ja alles geregelt. Der Empfang schickt uns zur Annahme, die schicken uns in die Innere Ambulanz. Während ich mit Aufnahmepapieren in die Aufnahme flitze, wird Claudia durchgecheckt. Die Blutabnahme über die Arme schlägt wieder einmal fehl – aua, zerstochene Arme. Der Port ist störrisch, aber letztlich bekommen Ärzte ihr Blut. Claudia lässt wie immer alles geduldig über sich ergehen. Um 11:15 Uhr muss ich gehen. Philipp kommt um 11:30 Uhr aus der Schule.

Ich spiele Fußball mit ihm. Dann gehen wir rein. Ich kläre ihn über die neue Situation auf. Er heult und stellt viele Fragen zur Krankheit. Als er einmal in der Schule erzählt hat, dass Mami Krebs hat, haben die anderen gelacht und »Gute Besserung« gesagt. Er heult, er weiß, dass Mami nie wieder gesund wird und sogar stirbt - irgendwann. Eine alte Mutter wird er nie erleben. Ich tröste ihn. Mami kämpft, Mami liebt ihn, Mami ist stolz auf ihn, ist immer bei ihm. In seinem Herzen und in seinem Kopf. Ich bin nervlich am Ende. Max kommt nachhause, gegen Viertel nach 12. Ich kläre ihn auch auf, erzähle alles noch einmal. Wir heulen zu dritt. Um 14:15 Uhr sitzen wir bei Oma und Opa. Die Kinder sind schon wieder ganz locker. Ich nicht. Gegen 15:15 Uhr geht es ab ins Krankenhaus.

Philipp witzelt herum, rechnet aus, dass Mama noch drei Jahre leben muss, um seinen Schulwechsel zu erleben. Er scheint die Tragweite der ganzen Geschichte nicht wirklich zu verstehen. Claudia strahlt wieder. Hat nur leichte Temperatur. Es werden Blutkulturen angelegt. Es gibt drei Möglichkeiten:

1 Der Port ist entzündet und muss verlegt werden

2 Virus im Blut, was eine Woche Behandlung mit Antibiotika bedeutet

3 Fieber aufgrund der Tumore in der Lunge, was auch eine Woche lang mit Antibiotika behandelt wird

Die Ergebnisse der Blutkulturen gibt es spätestens Donnerstag oder Freitag. Wir rechnen mit zwei Wochen Krankenhausaufenthalt. Claudia hat lediglich circa 1 kg abgenommen, mir kommt es aber mehr vor. Ich habe Angst. Die Lunge ist empfindlicher als die Leber. Jede Woche zählt, die Tumore in der Lunge wachsen. Claudia hustet. Ist das schon ein Signal der Lungentumore? Die Ärzte sagen nein, ich habe trotzdem ein ungutes Gefühl. Claudia regt an, dass ich Philipps Klassenlehrerin über die veränderte Situation informieren sollte. Am Bett sage ich Max und Philipp nochmal, dass dies alles ziemlich privat ist, und an die Adresse von Philipp, dass keine Scherze damit gemacht werden. Philipp schaut ernst, und wirkt betroffen. Das macht mich wiederum betroffen, denn ich weiß das er das nicht so meint.

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