Читать книгу Künstliche Intelligenz und Empathie. Vom Leben mit Emotionserkennung, Sexrobotern & Co - Catrin Misselhorn - Страница 9

Basale Emotionen

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Zu den wichtigsten und in der emotionalen KI einflussreichsten psychologischen Ansätzen gehört die Theorie der basalen Emotionen. Ihre Ursprünge reichen auf Darwin (1872) zurück, der beobachtete, dass Emotionen bei Menschen und Tieren eng mit gewissen Gesichtsausdrücken und Verhaltensweisen verknüpft sind. Die Theorie der basalen Emotionen besagt nun, dass es eine Reihe von basalen Emotionen gibt, die universell geteilt und in bestimmten neuronalen Strukturen des Gehirns verankert sind. Sie werden durch eine eng begrenzte Klasse von Reizen ausgelöst und haben die evolutionäre Funktion, schnelles und effizientes Verhalten im Umgang mit bestimmten Herausforderungen der Umwelt zu ermöglichen. Sie sind nicht rational kontrollierbar und laufen weitgehend automatisch ab. Man spricht deshalb auch von Affektprogrammen.

Besonders bedeutsam für die emotionale KI waren die Arbeiten des Psychologen Paul Ekman, der diesen Ansatz seit den 1960er Jahren fortentwickelt hat.8 Im Zentrum seiner Untersuchungen stand der enge Zusammenhang zwischen basalen Emotionen und bestimmten Gesichtsausdrücken, die kulturübergreifend erkannt werden. Nach Ekman lassen sich solche Emotionen sogar allein auf der Grundlage des Gesichtsausdrucks zuordnen. Seine ursprüngliche Liste enthält sechs basale Emotionen: Furcht, Freude, Ärger, Traurigkeit, Überraschung und Ekel. Allerdings hat Ekman diese Liste später selbst modifiziert und es wurden noch weitere, davon abweichende Aufzählungen basaler Emotionen erstellt.

Das Gegenstück zu den basalen Emotionen bilden nicht-basale oder komplexe Emotionen. Wie die rein negative Abgrenzung schon andeutet, lässt sich diese Art von Emotionen weit schwieriger unter einen einheitlichen Begriff fassen und es gibt unterschiedliche Ansätze zu ihrer Erklärung. Einige gehen davon aus, dass komplexe Emotionen sich aus basalen Emotionen zusammensetzen. Nostalgie ließe sich etwa als Mischung aus Freude und Traurigkeit beschreiben. Für andere entstehen komplexe Emotionen aus der Ausrichtung basaler Emotionen auf ein neues, zumeist spezifischeres Bezugsobjekt. So entstünde etwa Eifersucht, indem Ärger auf eine ganz bestimmte Form der Anstößigkeit als neues Objekt bezogen würde, nämlich auf Untreue in einer Liebesbeziehung. Schließlich kann man komplexe Emotionen auch als ganz und gar eigenständige Phänomene verstehen, so dass die Klasse der Emotionen in zwei distinkte Arten auseinanderfiele.

Die Frage ist allerdings, ob es tatsächlich eine so strikte Abgrenzung zwischen basalen und nicht-basalen Emotionen gibt oder ob der Übergang zwischen automatischen und universellen Emotionsformen und ihren kognitiv anspruchsvolleren, kontextabhängigen Gegenstücken nicht eher fließend ist. Ein Beispiel wäre die Furcht vor einem gefährlichen Raubtier, die in Form eines Affektprogramms abläuft und auch im Tierreich vorkommt, gegenüber der Furcht vor einem Börsencrash, die deutlich anspruchsvollere kognitive Ressourcen sowie bestimmte soziale Organisationsformen voraussetzt. Furcht in diesem nicht-basalen Sinn scheint auch nicht mit einem bestimmten Gesichtsausdruck oder den drei Grundverhaltensformen des Affektprogramms (Flucht, Erstarrung oder Kampf) verbunden zu sein.

Da komplexe Emotionen in der emotionalen KI nur eine untergeordnete Rolle spielen, werden die unterschiedlichen Erklärungsansätze und ihre Probleme nicht näher ausgeführt. Die Theorie der basalen Emotionen hingegen gewann großen Einfluss in diesem Bereich, denn die Unterscheidung von Emotionen auf der Grundlage von Gesichtsausdrücken eignet sich vorzüglich für die algorithmische Emotionserkennung. Das Internet bietet zudem eine gute Quelle, um an jene Daten zu kommen, die notwendig sind, um solche Programme zu entwickeln.

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