Читать книгу Clé de l'amour - Christel Siemen - Страница 10
7. Kapitel
ОглавлениеNach dem Abendessen, das Eve zusammen mit der Comtesse eingenommen hatte, ging Eve zum Cottage hinüber. Die Comtesse saß vor dem Fernseher und benötigte ihre Hilfe erst wieder, wenn sie zu Bett gehen wollte. Sie nahm den Weg durch den weitläufigen Park, der es ihr so sehr angetan hatte. Es war eine Wohltat, die frische Abendluft einzuatmen und die Natur auf sich wirken zu lassen. Nach einem kräftigen Regen kam am Abend die Sonne noch einmal hervor und tauchte die Umgebung in einem herrlichen Licht. Der Weg führte sie über den Gutshof. Es trennte sie nur noch eine halbhohe Wallhecke von ihrem Ziel. Aus dem kleinen vorgelagerten Garten des Hauses drang fröhliches und ausgelassenes Lachen an ihr Ohr. Intuitiv bliebe Eve stehen. Durch die Zweige der Sträucher bot sich ihr der Anblick eines fröhlichen Familienidylls. Eine junge hübsche brünette Frau stand an einem Grill. Der köstliche Duft von würzigem Fleisch drang zu ihrer Nase vor. Der Graf spielte mit seinem Sohn Federball. Das wollte nicht so recht klappen. Der Federball befand sich mehr am Boden als in der Luft. Die Frau feuerte die Spieler ordentlich an. „Hey, Jungs, erst wenn ihr den Ball drei Schläge lang in der Luft haltet, gibt es Würstchen. Komm, Luc, zeig es deinem Vater.“ Doch Philippe ließ sich fallen und streckte auf dem Rasen alle viere von sich. „Ich ergebe mich. Gegen dich habe ich keine Chance.“ Luc stürmte auf seinen Vater zu und setzte sich auf seinen Bauch und fing an, ihn zu kitzeln. „Wehe, du gibst jetzt schon auf!“ Eine muntere Rangelei war im Gange.
Eve war überrascht, den ihr gegenüber reservierten Grafen so lebhaft und fröhlich zu sehen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Kleine Fältchen bildeten sich um seine Augenwinkel. Sein dunkles Haar war vom Spiel zerzaust. Das machte ihn gleich viel sympathischer. Seine Haut war von der Sonne gebräunt. Man sah ihm an, dass er viel draußen war. Es stand ihm gut. Eve musste schmunzeln. Der Graf war ein sehr attraktiver Mann. Ganz in ihre Gedanken versunken, gab es ihr aber auch einen Stich. Einen Moment versuchte Eve sich vorzustellen, wie es wäre, wenn François da mit seinem Sohn herumtollen würde. Aber ihr wollte kein rechtes Bild vor ihrem Auge gelingen. Dabei hatte sie jahrelang davon geträumt: Vater, Mutter, Kind. Irgendwie passte François nicht mehr in dieses Bild. Hatte sie sich da immer etwas vorgemacht?
Eve wollte sich schon auf dem Absatz umdrehen. Irgendwie fühlte sie sich hier fehl am Platz. Sie würde ein anderes Mal nach der Kleidung fragen. Doch Maxime hatte den Schatten hinter der Hecke bemerkt und kam zu ihr. „Entschuldigung, kann ich Ihnen helfen? Wollen Sie zu uns?“ Eve blickte auf. „Ja, eigentlich schon“, druckste sie herum. „Ich komme ungelegen, ich will nicht stören.“ „Ach was, Sie stören uns nicht. Kommen Sie.“ Einladend wies sie ihr den Weg auf die Terrasse. „Wollen Sie zu mir oder zu Graf Philippe?“ „Zu Ihnen wollte ich. Ich habe heute Morgen Ihren Vater, den Gutsverwalter, kennengelernt.“ „Ich bitte vielmals um Entschuldigung, ich muss euch erst einmal vorstellen“ mischte sich der Graf ein, der nun auch nähergetreten war. „Das ist Eve, sie vertritt Olga bei Maman, weil diese zu ihren Eltern nach Südfrankreich musste. Eve, darf ich Ihnen Maxime vorstellen?“ Die Frauen nickten sich freundlich zu. Wer genauer hingesehen hätte, der hätte vermutlich das feine Zucken um den Mundwinkel von Maxime bemerkt. Wegen Corona gaben sie sich nicht die Hand. „Ich will wirklich nicht stören, sie wollen sicherlich gleich essen. Ihr Vater bot mir an, dass ich bei Ihnen fragen dürfte, ob Sie mir mit einigen Kleidungsstücken aushelfen könnten. Ich bin als Radtouristin unterwegs. Da kam mir die Corona-Pandemie und das unverhoffte Stellenangebot, die Comtesse zu betreuen, dazwischen. Verlegen blickte sie auf ihre Sportkleidung herab. „Sie sehen ja selbst, ich habe einfach nicht das Richtige dabei.“
Maxime, die von ihrem Vater bereits erfahren hatte, was Eve begehrte, antwortete: „Natürlich helfe ich Ihnen gerne aus. Bitte warten Sie einen Moment. Ich habe Ihnen bereits eine kleine Tasche mit dem Nötigsten gepackt.“ Sie drückte Philippe die Grillzange in die Hand. „Und du, mein Lieber, sieh zu, dass das Fleisch nicht anbrennt. Ich bin gleich zurück.“
Luc, auch neugierig geworden, gesellte sich zu den Erwachsenen. „Können Sie Federball?“ Forderte er sie keck heraus. „Ja, das kann ich. Als Kind bin ich quasi mit Federball Spielen groß geworden“, lächelte sie ihn freundlich an. „Mit meinen Geschwistern und den Kindern aus dem Dorf haben wir so manches Turnier ausgefochten.“ Freudestrahlend blickte Luc sie an. „Bitte, dann spielen Sie mit mir!“ „Es tut mir leid, aber das geht jetzt nicht. Ich möchte nur kurz etwas abholen“, tröstete ihn Eve. „Och, bitte Papa, sie kann doch bleiben? Sag ihr, dass sie bleiben darf.“ Philippe musste schmunzeln. Er strich seinem Sohn durch das Haar. „Nicht so vorwitzig mein Kleiner.“ An Eve gewandt, sprach er: „Mögen Sie? Sie sind herzlich eingeladen.“ Einladend wies er ihr den Essenstisch. Luc jubelte. Freute er sich, dass sein Vater ihn unterstützte. Maxime war wieder zurückgekehrt und reichte Eve eine Tasche. Vermutlich hatte sie die letzten Worte des Grafen gehört. Ein offensichtlich misstrauischer Blick ging von Eve zu Philippe hinüber. „Probieren Sie die Sachen in Ruhe an, ob Sie Ihnen passen.“ „Ich bin Ihnen sehr dankbar. Sie helfen mir wirklich aus der Patsche. Sobald es geht, werde ich mir Kleidung aus dem Internet bestellen“, bedankte sich Eve. „Schon gut, ich helfe gerne.“ Demonstrativ hakte sie sich bei Philippe unter. So ungefähr, um zu zeigen: „Finger weg! Dieser Mann gehört zu mir.“ Sie waren alle etwas befangen. Eve fühlte instinktiv, dass sie hier störte. Deshalb verabschiedete sie sich rasch. Luc schmollte. Eve streichelte ihm über den Rücken. „Hey, mein Lieber. Sei nicht traurig. Das holen wir nach. Frag deine Eltern, wann du Zeit hast. Ich wohne drüben bei deiner Großmutter.“ Sie wandte sich wieder den Erwachsenen zu. „Vielen Dank! Ich hoffe, ich kann mich revanchieren. Einen schönen Abend noch.“ Sie grüßte höflich und machte sich auf den Heimweg.