Читать книгу Clé de l'amour - Christel Siemen - Страница 8
5. Kapitel
Оглавление„Was machen wir nur mit Luc?“, fragte Philippe seine Begleiterin, nachdem sie von der Grabstätte zurück zu seinem kleinen Cottage gegangen waren. „Ich werde nach ihm sehen“, versprach Maxime. „Er hat den Tod seiner Mutter immer noch nicht verkraftet. Hab Geduld mit ihm. Ich kann dir das nur immer wieder raten“, sagte sie. Philippe strebte an, direkt wieder in die Weinberge zu gehen. Er schnappte sich seine Stiefel und verschwand.
„Gut, dass der Junge dich hat“, sagte der ältere Herr, der bisher die ganze Zeit geschwiegen hatte. Es war der Gutsverwalter Frederic und der Vater von Maxime. „Es liegt mal wieder an mir, dass er geflüchtet ist. Er gibt mir immer noch die Schuld an dem Tod seiner Mutter.“ Zitternd strich er sich mit seinen Fingern über die Stirn. „Er redet seit damals nicht mehr mit mir. Sobald ich in seiner Nähe bin, verstummt er oder er rennt weg. Ich komme einfach nicht mehr an ihn heran.“ „Aber Vater, begreife endlich, es war ein Unfall. Du konntest nichts dafür, dass ihr damals verunglückt seid“, beschwichtigte Maxime ihren Vater mal wieder. Sie wusste, dass er darüber sehr traurig war und das Geschehene nur schwer überwinden konnte. Das Thema beschäftigte ihn seit damals. Ganz selten, so wie jetzt, sprach er darüber. Er war ein sehr verschlossener Mann, der sich gerne zurückzog. Er lebte alleine in einer kleinen Wohnung über der Remise. Seine Frau war bereits vor vielen Jahren verstorben und seine Tochter wohnte im Cottage bei Philippe und Luc. Frederic hatte den Wagen gesteuert, der ihn und die junge Comtesse, in dieser stürmischen Nacht nach Hause bringen sollte. Erst im Krankenhaus war er wieder zu sich gekommen. An den schrecklichen Unfall konnte er sich nicht erinnern. Er wusste nur noch, wie ihm plötzlich übel geworden war und dass er einen stechenden Schmerz in der Brust verspürt hatte. Es war natürlich ein riesiger Schock gewesen, als man ihm eröffnete, dass er mit gerade mal Anfang sechzig einen Herzinfarkt erlitten hatte. Der Wagen war dabei von der Fahrbahn abgekommen und unglücklicherweise mit der Beifahrerseite gegen einen dicken Baum geprallt. Für die junge Comtesse kam damals jede Hilfe zu spät. Nur ganz behutsam konnte man ihn über den Autounfall und den Tod der Gräfin aufklären. Als Graf Philippe und sein Sohn, ihren Verwalter Frederic am Krankenbett besuchten, war der damals siebenjährige Luc auf ihn zugestürmt und hatte mit seinen kleinen Fäusten wütend auf sein Bett getrommelt und hysterisch geschrien: „Du hast meine Maman in den Tod gefahren. Du bist schuld, dass sie jetzt nicht mehr da ist!“ Maxime, die damals auch im Krankenzimmer bei ihrem Vater weilte, hatte sich des kleinen Jungen angenommen. Seitdem kümmerte sie sich rührend um ihn. Von einem Tag auf den anderen hatte sie ihr Studium ganz selbstlos abgebrochen und war zurück aufs Gut zu Luc und seinem Vater gezogen. Frederic selbst wurde körperlich wieder gesund und kam seinen Aufgaben gewissenhaft auf dem Schloss- und Weingelände nach. Was sich aber in seinem Seelenleben abspielte, blieb den anderen Schlossbewohnern weitgehend verborgen. Der Tod der jungen Gräfin und die Zurückweisung des kleinen Jungen belasteten ihn noch immer sehr. Deshalb war er auch so froh, dass seine Tochter Maxime das Vertrauen von Luc besaß. Trotz allem wuchs das Kind mittlerweile zu einem fröhlichen und unternehmungslustigen Jungen heran. An ihm konnten sie beobachten, dass die Zeit anfing, die Wunden zu heilen. Emotionsgeladene Momente wie heute wurden immer seltener. Maxime war mit ihren Gedanken ganz bei dem Jungen, so sah sie auch nicht wie ihr Vater tief gebeugt davonging. Er blieb sich selbst überlassen. Wie so oft.
„Luc? Luc, wo steckst du?“, rief Maxime, als sie das Haus betrat. Sie ging die Treppe hinauf zu den Schlafzimmern. Wie vermutet, lag der Junge auf seinem Bett und spielte mit seinem Handy. „Hier bist du. Ich möchte mir einen heißen Kakao machen. Wie ist es? Magst du auch einen?“ Sie setzte sich auf die Bettkante und strich dem Jungen über den Rücken. „Mhm“, war die einsilbige Antwort. Maxime wusste, dass sie ihn nicht drängen durfte. Wenn er an die verstorbene Mutter erinnert wurde, brauchte er immer etwas Zeit. „Du vermisst sie noch sehr?“ Luc drehte sich langsam um. „Ich wünschte, sie wäre noch hier. Manchmal weiß ich gar nicht mehr, wie sie aussah.“ „Ich weiß, mein Schatz. Du warst damals noch so klein. Das ist normal, dass man sich nicht so gut erinnern kann. Mach dir keine Sorgen. Gut, dass wir viele Fotos von deiner Maman haben.“ Sie griff zu einem Bilderrahmen, der auf dem Nachttisch stand. „Du hast ganz ihre Augen. Und schau, das Grübchen in ihrer Wange, deins ist an der gleichen Stelle.“ Dabei kitzelte sie ihn genau dort in seinem Gesicht. Da musste auch Luc wieder lachen. Das Eis war gebrochen.