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1. Einführende Präliminarien

1.1 Einleitung und Themenhinführung

Die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen an die Staaten sind weltweit drängender als je zuvor. Schlagworte wie: Demographischer Wandel, Staatsverschuldungskrisen, Urbanisierung, soziale Ungleichgewichte, Globalisierung, Digitalisierung, Klimawandel oder Pandemien sind nur einige wenige Entwicklungen, mit denen man sich nicht nur national, sondern auch international vermehrt auseinandersetzen muss (vgl. Petersen 2011: 11 ff.). Der Handlungsspielraum modernen Regierens hat gerade im Kontext zunehmend komplexer werdender internationaler Entscheidungsarenen schon ein Vielfaches an seinen exklusiven Hoheitsansprüchen verloren. Gleichzeitig wird in modernen Staaten immer weniger über hierarchische Strukturen regiert, als viel mehr über komplizierte Netzwerke zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren (vgl. Wegrich 2009: 6 ff.). Das liegt daran, weil auch die zivilgesellschaftlichen Beteiligungsformen für die Legitimation politischer Entscheidungen vermehrt an Bedeutung gewinnen und das Handeln der partizipierenden Akteure immer abhängiger von Wissen, Kommunikation und Information wird. Demzufolge erweist sich vor allem die nationale Politik hinsichtlich der Konzeptionierung und Implementierung überzeugender Antworten auf politisch gesellschaftliche Zukunftsfragen meist überlastet (vgl. Jarren o. J.: 1 ff.). Angespornt durch den medialen Druck entsteht häufig der Anschein, dass strategiefähiges Regieren von kurzfristigen und machtpolitisch motivierten Lösungsansätzen verdrängt wird. Denn das Hauptelement einer multilateralen Kooperation ist die eingeschränkte Steuerungs- und Leistungsfähigkeit der nationalstaatlichen Ebene in einer immer komplexeren Welt, in der immer mehr transnationale und interdependente Probleme in unterschiedlichen Bereichen auftreten (vgl. Scharpf 1993: 165; vgl. Pürer o. J.: 2 ff.). So sind es die zunehmende Komplexität der Strukturen und die geringe Bereitschaft schwierige Sachverhalte zu durchdringen und ursächlich zu hinterfragen, welche starke Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Institutionen bei wichtigen Stakeholdern haben. Fraglich bleibt, inwiefern die Führungskräfte in den Staatsregierungen es schaffen, trotz dieser veränderten Rahmenbedingungen handlungsfähig bleiben zu können?

Eine entscheidende Rolle werden diesbezüglich verschiedene strategische Steuerungsansätze spielen, welche einen ganz zentralen Beitrag zum politischen Erfolg einer Regierung leisten, indem sie wichtige Erkenntnisse zur langfristigen Justierung eines Staates zielorientiert in das aktuelle Tagesgeschäft einbringen. Strategien sind also Konzepte, die Organisationen/Regierungen in schwierigen Zeiten überleben lassen – wenn sie entsprechend umgesetzt, also von den Mitarbeitern mitgetragen werden und wenn sie von ihrem Ergebnis her überprüfbar erfolgreich sind (vgl. Proeller 2007: 7 ff.).

Falls Staaten oder Unternehmen zugrunde gehen, wird das in der Regel den nicht erfolgreichen Strategien der politischen Führung bzw. des Managements, ihrer nicht erfolgreichen Umsetzung oder ihrer mangelhaft erfolgten Überprüfung zugeschrieben. Das liegt meist daran, dass neben den gestiegenen Anforderungen an die Verwaltung vor allem auch das hohe Anspruchsdenken der Bürgerinnen und Bürger ein oftmals utopisches Ausmaß annimmt und leider nur ein geringfügiges Verständnis für das besondere Agitationsfeld der exekutiven Verwaltung vorhanden ist (vgl. Klausegger/Scharitzer 2000: 280 ff.). Dabei ist es in erster Linie problematisch, dass es so vielen Verwaltungseinheiten nicht im optimalen Ausmaß gelingt von seinen Kunden – den Bürgerinnen und Bürgern – wahrgenommen zu werden und sich so nach außen darzustellen, dass ein konkreter Handlungsnutzen auch als solcher erkannt wird. Dies kann für eine Vielzahl an Institutionen verheerende Folgen nach sich ziehen, wie beispielsweise den Verlust eines über Jahre aufgebauten guten Rufes, den Rückgang von Mitgliedern und Kunden oder aber auch in Form von finanziellen Einbußen (vgl. Ingenhoff 2004: 15). Vornehmlich lässt sich das auf die stets wandelnden Rahmenbedingungen in multidimensionalen interdependenten Mehrebenensystemen zurückführen, die sich für Institutionen als große adaptive Herausforderung erweisen. So müssen sich die beteiligten Akteure in einem Umfeld einer sich ausdifferenzierenden Medien- und Informationsgesellschaft ganz verstärkt auf ihr kommuniziertes Image konzentrieren (vgl. Eisenegger 2005: 35). Damit einher geht, dass sowohl die Öffentlichen als auch die privatwirtschaftlichen Organisationen nicht mehr nur eindimensional auf einem Arbeits-, Kapital- oder politischem Meinungsmarkt agieren, sondern im Zuge ihrer vielschichtig durchdringenden Aufgabenkompetenz auch am Markt der öffentlichen Meinungsbildung (vgl. Boyer 1997: 481; vgl. Sarcinelli 1998: 678; vgl. Thießen 2011: 15). Um diesen mannigfaltigen Problemkonstellationen einigermaßen Einhalt gebieten zu können, vor allem in Anbetracht der ausgeprägten Diversifikation an Stakeholdern, mit denen die Öffentliche Verwaltung kommuniziert, gelten u. a. die Maßnahmen der „integrierten Kommunikation“1 als möglicher Lösungsansatz (vgl. Bruhn 2006d: 489 ff.; vgl. Schedler/Henkel 2008: 46).

Ferner gilt zu beachten, dass nicht nur die produzierten Leistungen als Teil des (integrierten) Kommunikationsprozesses zu betrachten sind, sondern auch der zielfokussierte Outcome dieser öffentlichen Wertschöpfungskette. Außerdem gibt es einen signifikanten Unterschied in der öffentlichen Verwaltung, nämlich dass die relevanten Zielgrößen eben nicht wie in der Privatwirtschaft umsatz- oder gewinnorientiert sind, sondern auf die „Publicity“ und die „Legitimation“ des öffentlichen Dienstleistungsangebotes ausgerichtet sind (vgl. Snavely 1991: 311 ff.; vgl. Bruhn/Boenigk 2000: 65 ff.; vgl. Milakowitsch 2003: 61 ff.; vgl. Schedler/Proeller 2009: 43 ff.).

Gerade im politisch-ökonomischen Umfeld, in dem große institutionalisierte Verbunde aus mehreren Individuen interagieren, sollte eine funktionierende Kommunikation ein elementarer Kernbestandteil sein. Doch selbst hier lässt sich aufzeigen, in welch komplexen Strukturen die Kommunikation vonstattengeht und auf welche Grenzen sie stoßen kann. Dies gilt sowohl für privatwirtschaftliche Unternehmen und insbesondere auch für die Institutionen des öffentlichen Sektors. So sind es die genannten „public sector institutions“, welche ein sehr spezifisches Umfeld aufweisen und deshalb im Fokus der vorliegenden Doktorarbeit stehen. Dabei sind die besonderen Rahmenbedingungen der öffentlichen Institutionen im Vergleich zu den privatwirtschaftlichen Einrichtungen gekennzeichnet durch Interessen und Machtpositionen einzelner Anspruchsgruppen und dem steten politischen Wandel (vgl. Schedler/Henkel 2008: 46). Weil weniger die privaten Unternehmen als vielmehr die öffentliche Verwaltung mit Imageproblemen zu kämpfen hat, obwohl sie eigentlich im „benevolent-positiven“ Dienste der Allgemeinheit handelt, liegt es nahe hier entsprechende Defizite im Kommunikations-Management zu vermuten. Diese Tendenz bestätigt auch Koci (2005: 5, 38 f.) mit seiner These, dass viele Verwaltungsstellen nicht im gewünschten Ausmaß von ihren Kunden wahrgenommen werden und es ihnen oft nicht gelingt, sich gezielt so zu positionieren, dass ihr kommunizierter produzierter Nutzen auch als solcher wahrgenommen wird. Ebenso führen Schedler/Henkel (2008: 46) an:

„Um die verschiedenen Stakeholder politisch-strategisch anzusprechen, ist ein integriertes Kommunikationskonzept nötig. Dabei ist zu beachten, dass Kommunikation in der ÖV [hier: Öffentliche Verwaltung] andere funktionale Beitrage leisten muss als in der Privatwirtschaft. Folglich können Konzepte aus dem Privatsektor zwar als Vorlage für die ÖV dienen, aber nicht blind übernommen werden. […] Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich hier, vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Rahmenbedingung und Zielsysteme in der ÖV, sowohl für die Forschung als auch für die Praxis ein neuer Bereich eröffnet“.

Insbesondere für die Bundesrepublik Deutschland und die Rahmenbedingungen – die sich aus dem Grundgesetz ergeben – zeigen sich auch für die Verwaltung besondere historische Entwicklungslinien, die für das gesamte Management(-instrumentarium) von entscheidender Bedeutung sind. An diesem Punkt wird mit der vorliegenden Dissertation angeknüpft und ein Forschungsbeitrag für das Beispiel der (de-)zentralen Bundesverwaltung in Deutschland geleistet.

1.2 Historischer Entwicklungskontext und Betrachtung aus der Perspektive des „(New) Public Managements“ und des „New (Public) Governance“

Das Kommunikationsmanagement ist ein Fachbereich, der sich im Rahmen seines Entwicklungsprozesses als ein komplexes Feld herauskristallisiert hat, welches zunehmend an Wichtigkeit und Bedeutung gewinnt. Zu beobachten ist, dass gerade in Anbetracht der Internationalisierung, sich sowohl die wirtschaftlichen als auch die staatlichen Netzwerke immer enger miteinander verflechten. Je größer, je umfangreicher und je vernetzter eine privatwirtschaftliche oder eine öffentliche Institution ist, desto schwieriger und komplizierter wird es die Prozesse, Strukturen und organisatorischen Steuerungselemente sowohl intern als auch extern adäquat einzurichten. Dabei obliegt es dem Kommunikationsmanagement, dieses breite Aufgabenspektrum zu planen, zu koordinieren, umzusetzen und im Anschluss zu evaluieren. Zu den zentralen Kernkompetenzen, um diesem anspruchsvollen Aufgabenkatalog gerecht zu werden, gehören vor allem interdisziplinäre Qualitäten von technischer, rechtlicher, ökonomischer und politisch-strategischer Art. Selbstverständlich ist eine weitere wichtige Komponente auf der Kommunikationsebene, im Umgang mit Mitarbeitern und Kunden keinesfalls zu vergessen, nämlich eine ausgesprochen gut ausgeprägte Sensibilität in Form von sozialen „Soft-Skills“ und Menschlichkeit. Die Kommunikation deckt einen Bereich ab, der sowohl nach innen als auch nach außen gerichtet verschiedenste Abteilungen und Fachbereiche der jeweiligen Institution abdeckt und eine Schnittstellenfunktion aufweist. Von daher geht es aus der Managementperspektive vor allem darum, dass reibungslose Kommunikationsabläufe gewährleistet und so effizient und effektiv wie möglich ausgestaltet werden bzw. deren Synergieeffekte genutzt werden. Häufig muss das Kommunikationsmanagement auch aus den unterschiedlichen „Soloinstrumenten“ ein harmonisch zusammenspielendes „Orchester“ aus vielen aufeinander abgestimmten Managementtools formen, um die Arbeits- und Prozessabläufe besser feinjustieren zu können. Dabei müssen selbstverständlich die Entscheidungen der jeweiligen Institution an die Mitarbeiter kommuniziert und gleichzeitig die externen Kundenwünsche (Bürgerinnen und Bürger) in den Entwicklungsprozess mitintegriert werden. Sowohl aufgrund der immer komplexer und vernetzter werdenden Strukturen als auch der stets ansteigenden Geschwindigkeit von Wandlungsprozessen und innovativen Neuerungen, hat gerade das Kommunikationsmanagement die schiere Verpflichtung, eine ganz feine Sensorik zu entwickeln und vorherrschende Trends und Entwicklungen zu antizipieren. Um diesen modernen Anforderungen gerecht zu werden, bedarf es einer Methode, welche diesen Herausforderungen gerecht wird, weswegen von vielerlei Experten immer wieder der Ruf nach einem „integrierten Kommunikationsmanagement“ zu vernehmen ist. Die „integrierte Kommunikation“ ist ein neueres Konzept, das als Sinnbild einer „Good Corporate Communication“ gesehen werden kann, welches seit geraumer Zeit sowohl von der wissenschaftlichen Forschung als auch der beruflichen Praxis gefordert und stets neu vorangetrieben wird. Um die Entwicklungen des integrierten Kommunikationsmanagements in einen evolutionszyklischen Gesamtkontext einordnen zu können, gilt es zunächst einen kurzen historischen Abriss zentraler Verwaltungsreformen aufzuarbeiten, um adäquate Grundlagen zu schaffen. So kann der derzeitige und keineswegs abgeschlossene Reformprozess im öffentlichen Sektor als Wandel vom „Bürokratiemodell“ über das „(New) Public Management“ zu neuen „Public (Corporate) Governance“ Strukturen bezeichnet werden. Dabei steht „New Public Management“ nicht wie das „Bürokratiemodell“ für ein neues einheitliches Modell. Vielmehr ist „(New) Public Management“ ein Sammelbegriff für eine weltweite Reformbewegung von Staat und Verwaltung mit einem weiten Spektrum recht heterogener Ansätze, Schwerpunkte und Reforminstrumente. Diese liegen in einer generellen Hinwendung zu mehr Ökonomie, zu mehr marktorientierter Steuerung, Wettbewerb und Managementkonzepten. Staat und Verwaltung haben im Rahmen des skizzierten gesellschaftlichen Wandels ihr Anpassungsverhalten mit der Knappheit der verfügbaren Ressourcen in Einklang zu bringen. Eine beliebige Ressourcenerweiterung durch wachsende Verschuldung wird dabei als unverantwortlich und unzulässig angesehen. Neue Governance Strukturen beziehen sich hingegen auf eine Abkehr des Regierens nach dem „top-down-Prinzip“ (vgl. Budäus/Hilgers 2010: 10 ff.; vgl. Schedler 2007: 253 ff.).

Es geht allgemein um die Mitwirkung und Mitgestaltung derer, die von den politisch-administrativen Entscheidungen betroffenen sind. Ansätze von „Bürgerhaushalten“ und der Druck von Bürgern auf das politisch-administrative System, die Entscheidungen (meist kostenintensiv) zu korrigieren, sowie die wachsende Zahl von Bürgerinitiativen, sind nur beispielhaft als „Indikatoren“ zu nennen, die in diese Richtung weisen. Das Ressourcenproblem spielt hierbei, wenn überhaupt, nur eine nachgeordnete Rolle. Public Management zielt generell auf eine stärkere Einbeziehung ökonomischer Knappheit des öffentlichen Sektors ab, während die neuen Governance Strukturen eine Hinwendung zu multiplen Formen der Mitwirkung, Willensbildung und Kompetenzen im Sinne von Zivilgesellschaft bedeuten. Es handelt sich somit nicht um einen Gegensatz zum Public Management, sondern um eine notwendige Kombination der Institutionalisierung einer aus dem Knappheitsproblem entstandenen ökonomischen Rationalität mit der aus dem Bedarf der Bevölkerung resultierenden gesellschaftlichen/kollektiven Rationalität. Beide Rationalitäten stehen zwar in einem Spannungsverhältnis, aber keineswegs in einem Widerspruch, im Gegenteil – sie bedingen einander (vgl. Budäus 1982: 56 ff.; vgl. Schedler 2007: 253 ff.). Um auch die Begrifflichkeit des „Public (Corporate) Governance“ nochmals abzubilden, soll die Zusammenfassung von Papenfuß (2019: 1) einen genaueren Aufschluss darüber geben:

„Public Corporate Governance (PCG) befasst sich mit dem Ordnungsrahmen und der praktizierten Steuerung von Organisationen der öffentlichen Hand mit selbständiger Wirtschaftsführung. Empirische Studien zur Anzahl von Beschäftigten, Investitionssummen, Verschuldung sowie zu Defiziten bei der PCG verdeutlichen die Relevanz des Themas in der Diskussion um Verwaltungsreformen und Staatsmodernisierung.“

Die Grafik 01 zeigt die evolutionäre Entwicklung des „Bürokratiemodells“ über das „New Public Management“ bis hin zum „Public Corporate Governance-Ansatz“.


Abb. 01: Historische Entwicklungslinie: Bürokratie, NPM, New Governance – Eigene Darstellung in Anlehnung an Budäus/Hilgers (2010: 11)

Auf Grundlage der Abbildung 01, lässt sich auch eine Parallele hinsichtlich des Entwicklungsprozesses der Kommunikation in diesen einzelnen Etappen identifizieren. Während von den 1950er bis in die 1970er Jahre von einer nachhaltigen Wachstumsphase in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg gesprochen werden kann, resultierten daraus aufgrund einer sich zunehmend aufblähenden Verwaltungsbürokratie verschiedene Steuerungsprobleme. Folglich kann diese Zeitspanne, sozusagen als „Relikt“ des obrigkeitsstaatlichen Gedankenguts bezeichnet werden. Auf theoretischer Grundlage des klassisch-weberianischen Bürokratiemodells (v. a. regelgebundene Amtsführung) konnte der damalige Staats- und Verwaltungsapparat als Rechts- und Ordnungsstaat angesehen werden, der auf strikter exekutiver Vollzugsarbeit der gesetzten Rechtsnormen beruhte (vgl. Budäus/Hilgers 2010: 10 ff.).

Zeitgleich lässt sich die Kommunikation in den 1950er Jahren noch als eher unsystematisch und wenig institutionalisiert bezeichnen, deren Spezifizierung sich dann allmählich in den 1960er Jahren auf die Produktkommunikation und in den 1970er Jahren auf die Zielgruppenkommunikation ausrichtet (vgl. Aerni/Bruhn 2008: 15 f.).

Diese Entwicklung bzw. der Fokus auf Produkte ist nicht verwunderlich, bedenkt man, dass mit steigendem Wirtschaftswachstum auch das Wohlstandsniveau der deutschen Bundesbürger ansteigt und das Konsumverhalten sich komplementär mit einer erfolgreichen Produktwerbung verhält und dem damaligen Zeitgeist Rechnung trägt. Demzufolge sind aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht, die 1980er und 1990er Jahre als Übergang von der Phase der Wettbewerbskommunikation zur Phase des Kommunikationswettbewerbs zu bezeichnen, geht doch diese Entwicklung mit den chronologischen Zielbestrebungen des New Public Managements (NPM) einher (vgl. Aerni/Bruhn 2008: 16). Vor allem durch das Problem der zunehmenden Ressourcenknappheit im öffentlichen Sektor und der steigenden Häufigkeit von Markt- und Staatsversagen, leitet das NPM eine neue „Ökonomisierungswelle“ in den Verwaltungen ein. Somit wurde das Bürokratiemodell zwar nicht wegrationalisiert, sondern ergänzt und progressiv weiterentwickelt, indem der Staat nun seine Rolle als „Gewährleister“ definierte. Mittels externer Strukturreformen und entsprechenden Modernisierungen der exekutiven Binnenstrukturen wurden eine Vielzahl von privatwirtschaftlichen Management- und Steuerungsinstrumenten (v. a. Controllinginstrumente wie die Kosten- und Leistungsrechnung) im öffentlichen Sektor implementiert (vgl. Budäus/Hilgers 2010: 10 ff.; vgl. Breuer 1998: 143 ff.). Daneben wurden zahlreiche Verwaltungseinheiten dezentral gegliedert und in manchen Bereichen ausgelagert und verselbständigt. Auch fand auf Personalebene neben dem Beamtentum das Kontraktwesen und die leistungsorientierte Bezahlung Einzug in den öffentlichen Dienst (vgl. ebd.: 10 ff.). Da im Rahmen dieses Reformpakets, der Staat und somit auch die öffentlichen Verwaltungseinrichtungen einem zunehmenden Grad der Wettbewerbsorientierung ausgesetzt wurden, musste sich auch die Strategie der Kommunikation entscheidend verändern. Während also zunächst durch gezielt gesteuerte Kommunikationspolitik der neu geschaffene „Wettbewerb“ öffentlich „beworben“ bzw. „kommuniziert“ werden musste, so war der nächste Schritt dann in den 1990er Jahren die logische Konsequenz. Nämlich, dass die sich nun im Konkurrenzverhältnis gegenüberstehenden Verwaltungseinheiten auch differenziert werden müssen, was durch die individualisierte Form des kommunikativen Wettbewerbs sowohl verwaltungsintern als auch extern mit den privatwirtschaftlichen Mitbewerbern vonstattengeht. Besonders interessant ist die aktuelle Entwicklungsperiode und die sich seit dem Jahr 2000 etablierende Phase der „Dialogkommunikation“, die vor allem zielgerichtet und individuell auf die jeweiligen Stakeholder der Verwaltungseinheit abgestimmt wird (vgl. Aerni/Bruhn 2008: 16; vgl. Plehwe 2006: 323 ff.). Auf Grundlage dieser Vielfalt an Individualinteressen im pluralistisch-demokratischen Kontext von mannigfaltigen frei wählbaren Lebensentwürfen, entwickelte sich sukzessive ein neuer gesellschaftlicher Trend, der unter die Begrifflichkeit „Public Corporate Governance“ subsumiert werden kann. Dabei werden Staat und Verwaltung nur mehr noch als Einzelakteure in einem projektorientierten netzwerkartigen Konstrukt wahrgenommen, die sich um „Marktanteile im freiheitlich-demokratischen Meinungsmarkt“ als Wettbewerber um Mehrheiten präsentieren (vgl. Rieckmann 2007: 819 ff.; vgl. von Blumenthal 2014: 95 ff.).

Der Komplexität geschuldet, welche sich durch die schnelllebige Globalisierung als auch das Regieren in intergouvernementalen „Mehrstaatengeflechten“ ergibt, können Staat und Verwaltung auf Krisensituationen nur noch reagieren. Denn wegen sich zunehmend verselbständigenden gesellschaftlichen Subsystemen ist es schwierig, dass man aktive und präventive Steuerungsmöglichkeiten einsetzen kann (vgl. Volkmann 2010: 105). Das Individuum, der Bürger hat somit eine stets wachsende Auswahl an individuell gestaltbaren Handlungs- und Gestaltungsoptionen zur Verfügung, die natürlich mit dem Anspruch auf politisch-ökonomische Selbstbestimmung einhergehen. Was bleibt einem dem Gemeinwohl verpflichteten Staat also noch anderes übrig als den Bürger an der politischen Entscheidungsfindung in Form von Bürgerinitiativen oder anderen Beteiligungsformen aktiv am System partizipieren zu lassen?

Aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass der Staat seine Obrigkeitsfunktion sukzessive eingebüßt hat und einen Wandel weg von seiner vormaligen „repressiven Bedarfskommunikation“, nun hin zu einer „moderierend-schlichtenden Dialogkommunikation“ vollziehen muss, die „crossmedial“ funktionieren soll. Weil mit dieser dem aktuellen Zeitgeist entsprungenen bürgerlichen Individualisierung und Ausdifferenzierung von Meinungen, Produkten und Dienstleistungen auch stets ein gewisses „Mehrangebot“ von staatlicher und administrativer Seite gewährleistet werden muss, sind damit konsequenterweise auch Mehrkosten und die Anzahl geschalteter Werbe- bzw. Marketing und Kommunikationsausgaben entsprechend angestiegen. Multimedia & Co., wie beispielsweise Google, Facebook, Twitter und Youtube tragen ihren weiteren Teil dazu bei, dass für gewöhnlich ein gewisser Sättigungsgrad an verschiedenen Meinungen und ein „Information-Overflow“ die Bürgerinnen und Bürger tendenziell überfordert als dass dadurch ein ausschließlicher Nutzen generiert werden würde, was dann zu einer immer geringeren Wirkung einzelner Kommunikationsmaßnahmen führt. Dabei soll gemäß der aktuell vorherrschenden wissenschaftlich geführten Lehrmeinung, das Konzept der integrierten Kommunikation Abhilfe schaffen, um diesen Problemen, durch die Abstimmung einzelner Kommunikationsmaßnahmen Herr werden zu können, indem Synergieeffekte genutzt und die Effizienz und Effektivität der Kommunikation gesteigert werden (vgl. von Lucke et al. 2012: 52; vgl. Schreier 2010: 24; vgl. Bruhn 2006c: V)2. Trotz der Ökonomisierung und Wettbewerbsorientierung ist das Bemühen von Begriffen wie „Neoliberalismus“ oder globaler „Kapitalismus“ zur Erfassung – und Wertung – dieser Reformtendenzen zu plakativ und zu einfach. Wir befinden uns am Anfang einer neuen Epoche gesellschaftlicher Entwicklungen, die mit einfachen historischen Erklärungsmustern den Zugang zu Problemlösungsansätzen eher verstellt, statt diesen erschließt. Die realen Zusammenhänge sind wesentlich komplexer, vielschichtiger, schnelllebiger und intransparenter. So resultieren aus den gesellschaftlichen Veränderungs- und Entwicklungstreibern gerade für den öffentlichen Sektor auch neue Risiken in einer bisher nicht gekannten Art, Größenordnung und Eintrittswahrscheinlichkeit (vgl. Budäus/Hilgers 2010: 10 ff.).

Da das „Bürokratiemodell“, das „(New) Public Management“ und das „Public (Corporate) Governance“ sich in einem evolutorisch-komplementären Entwicklungsprozess befinden und das Eine jeweils auf den Errungenschaften des vorausgehenden aufbaut, wäre eine dreigliedrige Gegenüberstellung der Kriterien gar nicht möglich.

Es geht hier also um eine differenzierte und interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem Managementspektrum von und innerhalb öffentlicher Institutionen, die mithilfe der analytischen Grundlage eines integrierten Kommunikationsmanagements und mithilfe des „4-Kreise-Modells“ typisiert werden. Das besondere bei diesem Ansatz ist die Möglichkeit einer entwicklungshistorischen Abhandlung und die Zusammenführung verschiedener Fachbereiche, wie der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre als auch der Politik-, Verwaltungs- und Rechtswissenschaften. Anders als die Lehre der „Public Administration“ konzentriert sich das „Public Management“ nicht auf die technische Ausgestaltung der Verwaltungstätigkeit, sondern auf die strategische Leitungsfunktion der Verwaltungsführung. Die frühen Anfänge dieser Management-Forschungsrichtung lassen sich auf die 1970er Jahre zurückführen und zielten vornehmlich darauf ab, den öffentlichen Sektor kostengünstiger, effizienter und effektiver zu gestalten. In den 1980er Jahren entwickelte sich dann das „New Public Management (NPM)“, welches vor allem im angelsächsischen Raum seine Erfolgsphilosophie fand. Abgewandelte aber durchaus verwandte Modelle wurden in den Niederlanden mit dem sogenannten „Tilburger Modell“ generiert, während in Deutschland das Modell unter dem Namen „Neues Steuerungsmodell (NSM)“ bekannt ist. In der Schweiz spricht man von „Wirkungsorientierter Verwaltungsführung (WoV)“, die namentlich auf die Berner und St. Galler Schule zurückzuführen sind. Ein entscheidendes Erkennungsmerkmal solcher „Public Management-Modelle“ ist die „Output-/Outcome- bzw. Wirkungsorientierung“ der Verwaltung, die eben nicht wie in klassisch-bürokratischen Strukturen „Inputorientiert“ vollzogen wird. Ebenso charakteristisch ist das Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget, welche eine spezielle Anreizsetzung auf Effizienz- und Qualitätskriterien zu setzen vermögen. Ferner existieren auch einige Kritiker dieser Modellauffassung, die mit dem einhergehenden größeren Handlungsspielraum der Verwaltung nicht konform gehen und in erster Linie bedenken bei der Gewährleistung des Schutzes durch die Grundrechte äußern, aber insbesondere auch demokratisch-legitimatorische Defizite des Staatshandelns bemängeln. Entgegen argumentieren die NPM-Verfechter, dass jede Wirkungsorientierung der Verwaltung auf einem Fundament aus Rechtsstaatlichkeit und konsolidierter Demokratie basiert. Da bei Kommunikationsmodellen im öffentlichen Sektor ein wesentlich komplexerer Umstand und differenzierte Rahmenbedingungen zu beachten sind, gilt es die Analyse der vorhandenen Problemfeldkonstellationen aus den verschiedenen „Rationalitäten“ heraus zu betrachten. Die Öffentliche Verwaltung ist stets als ein nationales Konstrukt „sui generis“ zu betrachten, weil auch sie im Kontext des politischen Systems, den exekutiven Stab des Staates abbildet, durch den der Staat erst handlungsfähig wird. Und zwar deshalb, weil die Verwaltung die auf Legislativ-Ebene beschlossenen politischen Entscheidungen vollzieht. Essentiell dabei sind der „Gesetzesvorbehalt“ und der „Gesetzesvorrang“ an die jede Verwaltungseinheit gebunden ist. Glaubt man den zahlreichen Diskursen aus der wissenschaftlichen Literatur, so erwiesen sich die verschiedenen Instrumente und Verfahren der öffentlichen Verwaltung hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit als zunehmend an seine Grenzen stoßend. Genannt werden dahingehend stets fundamentale gesellschaftliche Veränderungen hin zur Informations- und Kommunikationsgesellschaft und ein damit verbundener immer schnellerer Wandel des Status quo. All das, lässt das traditionell-klassische Verwaltungsbild und sein strikt hierarchisches Dienstwegprinzip als nicht mehr zeitgemäß erscheinen. Die stete kontinuierliche historische Entwicklung der staatlichen Steuerungsmodelle und der allgemeinen Sichtweise des Staates als Ganzes von damals bis heute, stellt einen wichtigen Grundbestandteil dar, je nachdem aus welcher Sichtweise man den Staat im Kontext seiner Rahmenbedingungen betrachtet. Ging man ursprünglich von einem regelgebundenen klassischen Bürokratiemodell aus, welches vor allem für die 1970-80er Jahre von zentraler Bedeutung war, wird dies offensichtlich. Dazumal wurde der Staat in seiner hoheitlichen Funktion anerkannt, welcher auf formalem Wege durch Gesetze für Recht und Ordnung zu sorgen hat, um dabei dem Gemeinwohl seiner Bürger gerecht zu werden. Dies war sozusagen eine Reaktion des Staates auf die damaligen Umstände der Zeit, die einherging mit zunehmenden Steuerungsproblemen aufgrund des schnellen Wachstums von Wirtschaft und Wohlstand der Bevölkerung. Vor allem die finanziell-staatlichen Krisen in einer Vielzahl an europäischen Ländern gegen Ende der 80er Jahre und zu Beginn der 90er Jahre, die vornehmlich durch explodierende Staatshaushalte verursacht wurden, können als Initialzündung angesehen werden, welche die nationalen Regierungen der einzelnen Länder zu einem Kurswechsel bewegte. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass eine streng verlaufende Trennungsdichotomie von Politik und Administration nicht gegeben ist, sondern eine enge Verflechtung und interdependente Beeinflussung, was eine meist intransparente und häufig nicht genau zu definierende Kompetenzverteilung der jeweiligen Aufgabenbereiche zur Folge hatte (vgl. Budäus 1995: 11 ff. vgl. Rädler 2003: 3; vgl. Buschor 1993: 40; vgl. Hughes 1998: 44; 52 ff.). Auch die sukzessiv politisch vorangetriebene Symbiose bzw. das Zusammenwachsen der Märkte von nationalen zu internationalen Konstrukten oder globalen und regionalen Wirtschaftsräumen führen zu einem hohen Maß an kompetitiven Wettbewerbsdruck. Vor allem die Staaten und die öffentlichen Verwaltungen sind von diesen Umbrüchen und Veränderungen hinsichtlich des stets wachsenden Standortwettbewerbs betroffen. Schnelle und effiziente Verwaltungsbehörden werden demnach in diesem Kontext eher als Wettbewerbsvorteil betrachtet, während lange dauernde Behördengänge als Nachteilig gelten. Deshalb ist es umso wichtiger, die gesamte Administration als Dienstleistungsunternehmen anzusehen.

Erst in den 1990er Jahren, als das stete Wirtschaftswachstum an seine Grenzen geriet und nicht zuletzt auch aufgrund der Knappheit öffentlicher Ressourcen zunehmende Markt- und Staatsversagen die Regel wurden, reagierte man mit Neuanpassungen der staatlichen Strukturen. Gerade in Zeiten von Knappheit und wirtschaftlicher Stagnation traf das New Public Management genau den Zeitgeist dieser Epoche, indem es Schlagworte wie die Effizienz und Effektivität staatlichen Handelns ins Zentrum rückte. Der Staat wurde von nun an als Gewährleistungsstaat betrachtet, welcher durch das Erstellen von Dienstleistungen die Bedürfnisse seiner Bürger entsprechend gewährleistet. Um dies sicherzustellen, versuchte man sich dem Vorbild der Privatwirtschaft anzunähern und implementierte in die Staatsverwaltung neue Organisationsstrukturen (Dezentralisierung, Auslagerung, etc.), ein neues Personalmanagement (leistungsorientierte Bezahlung, Kontrakte) und neue Steuerungsinstrumente (Globalbudgets, Rechnungswesen, etc.). Zu Recht führen Klenk/Nullmeier (2004: 9 f.) an, dass es auch strukturelle Defizite des NPM/NSM gibt und die eigentlich proklamierten Reformziele damit allein nicht vollumfänglich erreicht werden können. Gemeint sind hierbei aber keinesfalls Schwächen des „NPM/NSM-Instrumentariums“, sondern vielmehr der strukturelle Aufbau, der sich nicht optimal orchestrieren lässt. Es wurde schon angedeutet, dass sich das NPM/NSM-Modell ganz grundlegend aus zwei Dimensionen zusammenfügt. Die erste Ebene bezieht sich dabei auf eine Erneuerung des Aufgabenbestands im politisch-administrativen System. Fokussiert wird sich auf die „Leistungstiefe“, welche sich nach dem Leitbild des „Gewährleistungsstaats“ (enabling state) orientieren soll. Gemeint sind bei dieser externen Betrachtung, die bekannte Implementierung von Markt- und Wettbewerbsmechanismen im öffentlichen Sektor, die Aufgabenübertragung an die Zivilgesellschaft sowie ein „Mehr“ an Kunden- und Bürgerorientierung. Das interaktive Beziehungsmuster zwischen staatlichen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren soll in dieser Konsequenz als neue „Netzwerkstruktur“ etabliert werden (vgl. ebd.).

Die zweite Ebene ist die interne Binnenmodernisierung, bei der es ganz klassisch um die Neugestaltung der Aufbau- und Ablaufstruktur geht. Im Fokus dieser Dimension steht im Grunde genommen das, was auch in der vorliegenden Dissertationsschrift analysiert werden soll. Nämlich die Schaffung von dezentralen Verwaltungseinheiten als (teil-)autonome Institutionen des öffentlichen Sektors. Auf dieser Reformebene sollte eine ergebnisorientierte Steuerung realisiert werden, bei der es zu einer strikten Dichotomie von Politik (Strategie-Verantwortung) und Verwaltung (Operativ-Verantwortung) kommen sollte. Außerdem konzentriert sich die Innendimension des NPM/NSM-Reformpakets auf Verbesserungen im Rechnungswesen, im Finanz- und Personalwesen, aber auch auf innovative Informations- und Kommunikationstechnologien (vgl. Reichard 2001: 15; vgl. Klenk/Nullmeier 2004: 10).

Darüber hinaus formuliert bereits Reichard (2001: 25 f.), dass die Reformvorhaben des NPM/NSM-Modells in Deutschland einen anderen Verlauf nahmen wie international üblich. Denn in Deutschland war man sich offenbar über die wichtige Tragweite der externen Außendimension des Reformmodells nicht ganz im Klaren und verstand die Bewegung primär als reine „Binnenmodernisierung“ der Staats- und Verwaltungsebene. Zwar wurde in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1999 ein Regierungsprogramm mit dem Namen „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ verabschiedet, jedoch nicht unbedingt mit aller Konsequenz verfolgt und umgesetzt.

Als Schwachpunkt der deutschen NPM/NSM-Reformbemühungen erkannte eine Vielzahl an Kritikern das eher kümmerliche Begreifen der Markt- und Wettbewerbsorientierung, der Bürger- und Kundenorientierung, aber auch der Auslotung und Errichtung eines (politischen) strategischen Managements. Aus diesem Grund musste zu einem späteren Zeitpunkt auch nochmal „nachgesteuert“ werden, weshalb die Hochkonjunktur eines neuen wissenschaftlichen Schlagworts sehr willkommen war, um neue Reformen einzuleiten – Das „New (Public) Governance“3.

Peters/Pierre (2000: 12) formulierten: „Governance has become a popular if not trendy concept in much of the contemporary political and academic debate“.

Mit Beginn des 21. Jahrhunderts sehen wir uns also wiederum (gerade in Europa) vor neue zeitlich bedingte Herausforderungen (z. B. Wirtschafts- und Finanzkrise, Klima- und Energiewandel, etc.) gestellt. So wurden die Staaten sozusagen in einen protektionistischen und zugleich nur solidarisch lösbaren Krisen(re-)aktionismus hineinmanövriert. Gerade in dieser Zeit des steten und immer schneller werdenden Wandels stößt der Staat an seine Grenzen der Kapazität und muss somit auch zunehmend private Akteure bei der Lösung anstehender Probleme beteiligen. Genau an diesem Punkt kommen die neue Auffassung und das neue Staatsverständnis des „New (Public) Governance“ zum Ausdruck. So wird auch der Staat nur mehr noch als einzelner Akteur in einer pluralistisch agierenden Gesellschaft betrachtet, welcher lediglich ein Teil der Zivilgesellschaft ist und rein instrumentell betrachtet, die pluralistischen und mehrheitsfähigen bürgerlichen Projektinteressen (z. B. Bürgerinitiativen) artikuliert und final umsetzt. Vollkommen klar in jedem Fall ist:

Die Anforderungen an die Führung in der Politik werden immer größer. Sowohl die Komplexität der Problemstellungen, die Menge der zu verarbeitenden Informationen als auch die Vernetzung der betroffenen Personen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Bürgertum sind hier zu nennen. Dies ist in erster Linie dem gesellschaftlichen Transformationsprozess geschuldet. Also dem Wandel von der Industriegesellschaft zur Informationsgesellschaft und aktuell zur Wissensgesellschaft, die gerade durch die globalisierten Märkte und der raschen Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik nahezu torpediert wird. Als zentralen Teil des Staates treffen diese Anforderungen insbesondere auch die Öffentliche Verwaltung. So steht diese stets vor der Herausforderung die zunehmend technisch getriebenen Entwicklungen im Rahmen der Informations- und Kommunikationstechnologie entsprechend umzusetzen. Ferner wird auch die Verwaltung in naher Zukunft die Wirkungen des demografischen Wandels stark zu spüren bekommen und mit der Überalterung der Gesellschaft und dem Rückgang der Bevölkerung zu kämpfen haben. So führt dies vor allem zu weniger Steuereinnahmen, was auch die Handlungsfähigkeit des Staates einschränkt und somit zu einem Anstieg der Verwaltungskosten pro Einwohner führen wird.

Ebenso wird sich durch den Bevölkerungsrückgang vermehrt die Frage nach dem Bedarf an Dienstleistungen durch die Verwaltung stellen und wird zu einem Rückgang der Verwaltungsversorgung führen. Nicht zu vergessen bleibt an dieser Stelle auch noch die damit verbundene Notwendigkeit, das geltende Recht den sich ständig ändernden Rahmenbedingungen neu anzupassen. Somit gibt es auch hier einen Trend zu beobachten, bei dem die Zuständigkeiten immer mehr vernetzt und auch international angeglichen und vereinheitlicht werden. Selbstverständlich muss auch dies immer mit dem richtigen Augenmaß vollzogen werden, damit auch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet bleibt. Es gilt also sowohl für den Staat, die Verwaltung und die Wirtschaft die Empfehlung auszusprechen, auch weiterhin auf vermehrte Prozessorientierung und Transparenz zu setzen. In diesem Fall eben auf eine bessere Koppelung von Prozessen, Leistungen und Wirkungen, aber auch ein professionelles Wissensmanagement und Kundentransparenz. Effektivität und Effizienz können demnach nur über das Weglassen von Aufgaben, durch organisatorische Vereinfachungen oder durch technischen Support erreicht werden. So gilt es auch weiterhin und gerade in Anbetracht der heutigen Entwicklungen im Rahmen staatlicher Verschuldungskrisen auf Modernisierung, Transparenz, Effektivität und Effizienz aber vor allem auch auf nachhaltig ausgerichtete solidarische Menschlichkeit zu setzen. So wäre es zu empfehlen, weiterhin das Verfahrens- und Organisationsrecht zu modernisieren, um es den heutigen gesellschaftlichen und technologischen Ansprüchen gerecht zu machen. Konkret heißt dies: Eine transparente Ausarbeitung von möglichen Krisen-Szenarien und zugehöriger Handlungsoptionen, das Starten von Pilotprojekten um das Hervorbringen von bewährten „best practices“ zu gewährleisten, da die zugrundeliegende Idee der verschiedenen NPM-Modellannahmen, die Implementierung privatwirtschaftlicher Managementkonzepte in die öffentliche Verwaltung ist – um allgemein gesprochen deren Effizienz, Effektivität und Transparenz zu steigern (vgl. Schedler/Proeller 2000: 31). Um nun nochmals auf die aus dem NPM/NSM-Paket resultierenden Defizite zurückzukommen und eine Brücke zum „New (Public) Governance“ zu schlagen, sei nochmals explizit darauf hingewiesen, dass das NPG auf den Reformbestrebungen des NPM/NSM aufbaut und deshalb auch nicht getrennt, sondern als kontinuierlich-zyklische Symbiose betrachtet werden muss (vgl. Klenk/Nullmeier 2004: 12 f.; vgl. Reichhard/Röber 2001: 371 ff.).

Die wesentlichen Reformziele und Umsetzungspläne des „New (Public) Governance“ orientieren sich primär am „Good Governance“, also einer Reaktion auf die aktuellen Umwälzungsprozesse für die eine zentral organisierte Aussteuerung nicht mehr ausreichend ist. Deshalb versucht das Konzept eine Gesamtsteuerung zu erreichen, bei der die Probleme der Gesellschaftsentwicklung gemeinsam durch die Kooperation von Politik, Wirtschaft, Verbänden, NGO’s und dem Bürger gelöst werden sollen. Zuerst fand das „Good Governance-Konzept“ in der Entwicklungshilfepolitik Anwendung und wurde vor allem mit einem Paradigmenwechsel in der Kreditvergabepolitik der Weltbank in Verbindung gebracht. Wohingegen sich die Förderpolitik in erster Linie auf die „Policy-Ebene“ (hier: Gesundheit, Bildung, Infrastruktur, etc.) konzentrierte, so verlagerte man sich später auf die „Polity-Ebene“ und spezialisierte sich auf die systemischen politisch-administrativen Gesamtstrukturen bzw. -ordnungen (vgl. Weltbank 1989: 60; vgl. Theobald 2000: 83 ff., PCG-Kodex des Bundes).

Um das Ziel des „Good Governance“ zu erreichen, brauchte es eine Leitkultur, in deren Rahmen auch vier „Reform-Sektoren“ definiert wurden (vgl. Adam 2000: 274):

1. Public Sector Management (Ziel: Leistungssteigerungen und Steuerungsoptimierungen)

2. Accountability (Ziel: Festlegung von Zuständigkeiten und Rechenschaftspflichten)

3. Rule of Law (Ziel: Klar definierte rechtliche Rahmenbedingungen setzen)

4. Transparency (Ziel: Freier Zugang zu Informationen und Gewährleistungsverlässlichkeit)

Vollständigkeitshalber muss aber auch für diese Begriffsterminologie – gerade für Deutschland – nochmals eine Präzisierung angemerkt werden, weil man sich meist dem „Governance-Begriff“ nicht von seiner akademischen Bedeutung her widmet, sondern vielmehr die Bezeichnung „Corporate Governance“ nomenklatorischen Einzug fand. Es geht dabei um ein betriebswirtschaftliches Modell, das sich vordergründig mit der Steuerung und Kontrolle von Unternehmen auseinandersetzt. Allerdings existieren mittlerweile auch schon modifizierte Varianten für den öffentlichen Sektor.

Hauptsächlich geht es dabei um die „[…] rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für das Zusammenwirken von Leitungsorganen, Überwachungsorganen und Interessengruppen“ (Werder/Minuth 2000: 1). In der Literatur gibt es mittlerweile eine Vielzahl an konkret formulierten „Guidelines, Codes oder Reports“, die eine gute Unternehmensführung („Good Corporate Governance“) gewährleisten sollen. Dabei befassen sich die jeweiligen Konzeptionen mit einem Grundsatzprogramm für eine transparente und effiziente Führung, aber auch mit deren Kontrolle bei einer in der Regel freiwilligen unternehmerischen Selbstverpflichtung. Im Rahmen der staatlich-administrativen Reformdebatten spricht man (abgeleitet von „Corporate Governance-Konzept“) allerdings vom „Public Governance“ und unterscheidet hauptsächlich zwei Ebenen:

Die Management-Ebene und die demokratisch-partizipatorische Ebene. Darüber hinaus gibt es aber auch noch Konzepte die sich unter anderem mit der Implementierung von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien beschäftigen (vgl. Gill 2001: 7 ff.; vgl. Klenk/Nullmeier 2004: 12; vgl. PCG-Kodex des Bundes).

Als Konsequenz dieser Modernisierungsentwicklungen lässt sich eine Veränderung der Arbeitsweise im administrativen Bereich konstatieren. Im Grunde genommen muss ein Wandlungsprozess durchgeführt werden, der von der ursprünglichen Vollzugsverwaltung den Schritt zur Gewährleistungsverwaltung durchläuft, um sicherzustellen, dass die Einhaltung der freiheitlich-demokratischen Aufgabenerfüllung in seinen normiert-legitimen Aufgaben- und Prozessausgestaltungen vollzogen werden. Um diesen mannigfaltigen und komplexen Rahmenbedingungen Einhalt gebieten zu können, ist zweifelsohne ein fachkompetentes interdisziplinäres Expertenwissen nötig. Speziell das Know-how von Betriebswirten, welche die Implementierung der privatwirtschaftlichen Managementsysteme umzusetzen haben, aber insbesondere auch die Juristen, die das ganze Konstrukt in den rechtlich legitimen staatlichen Kompetenz- und Handlungskanon einzubetten haben. Ebenso müssen politik- und verwaltungswissenschaftliche und volkswirtschaftliche Aspekte in Form einer nachhaltig gesamtökonomischen und gemeinwohlorientiert-gesellschaftlichen Betrachtungsperspektive beleuchtet werden, um auch den Spielregeln einer adäquaten und systemkonformen demokratisch-pluralen Interessenkonkurrenz gerecht werden zu können.

Als Konsequenz dieser Komplexität bleiben nur die Aspekte des „(New) Public Managements“ und des „Public (Corporate) Governance“ als evolutorische und multiperspektivische Betrachtungsweisen bestehen, die als analytischer Rahmen für die Beantwortung der zugrundeliegenden Forschungsfragen gewählt werden müssen.

Wie sich methodisch dieser Zielsetzung angenähert wird und welche Schrittfolgen für die empirische Datenerhebung nötig sind, zeigt der nun folgende Abschnitt.

1.3 Anlage des Forschungsablaufs

Der nun folgende Abschnitt beschreibt den Ablauf und die Herangehensweise an das vorliegende Dissertationsprojekt in Bezug auf die Zielsetzung und das Erkenntnisinteresse, den aktuellen Forschungsstand und die vorhandene Literatur, aber auch die Methodik und den Aufbau des Untersuchungsdesigns bzw. dessen Eingrenzung.

1.3.1 Zielsetzungen und Erkenntnisinteresse

Die expliziten Kernanliegen dieser Dissertationsschrift sind das Schließen einer Forschungslücke und zugleich das Generieren neuer Anregungen und Reflexionsansätze. So wird aus der Perspektive der Kommunikationswissenschaft eine erstmalige Verknüpfung von Theorie und Empirie durchgeführt, die im Rahmen der (integrierten) Kommunikation für den Sonderfall im öffentlichen Sektor eine grundlegende Basis für weitere Analysen legen kann. Zusätzlich soll eine Forschungslücke – mit konkret generierten Befunden zu praxisorientierten Problemfeldern im Rahmen der Steuerbarkeit bzw. der Umsetzung des Kommunikationsmanagements – geschlossen werden.

Bereits in der Einleitung wurde aufgezeigt, dass viele Verwaltungsstellen bzw. Institutionen des öffentlichen Sektors anscheinend nicht imstande sind von ihren Kunden (Bürgerinnen und Bürgern) ausreichend wahrgenommen zu werden und es ihnen oftmals nicht gelingt, sich gezielt so zu positionieren, dass ihr kommunizierter produzierter Nutzen auch als solcher erkannt wird. Entsprechende „Andersartigkeiten“ oder gar „Defizite“ im Kommunikationsmanagement sind daher anzunehmen. Gerade die unterschiedlichen Rahmenbedingungen der „Öffentlichen Verwaltung“ und allgemein des öffentlichen Sektors im Vergleich zur „Privatwirtschaft“ sind hier von besonderem Interesse, weshalb eine Differenzierung in eine „zentrale“ und eine „dezentrale“ Verwaltung nötig ist. Als Ansatzpunkt soll hierfür das „4-Kreise-Modell“ (siehe Abb. 02) der Schweizer Bundesverwaltung und seine minimal differenzierte Abwandlung auf die Verhältnisse in Deutschland Anwendung finden (vgl. Evaluationsbericht FLAG; 02.028, vom 19. Dezember 2001). In neueren Veröffentlichungen werden die „4 Kreise“ durch „4 Aufgabentypen“ ersetzt – den Kreisen werden also spezifische Arten von Aufgaben zugeordnet, die Orientierung für verschiedene Entscheidungen (Rechtsform, Art der Steuerung, Autonomie, Entsendung von Verwaltungsvertretern in Gremien usw.) geben. Explizit verwiesen werden soll bei diesem Modell auf die Ausführungen aus dem Online-Verwaltungslexikon OLEV4, um eine Abgrenzung für die Verhältnisse in Deutschland besser gewährleisten und sie als Definitionsersatz und modellierte Typologie für die statistische Datenerhebung verwenden zu können.5

Das „4-Kreise-Modell“ dient in dieser Untersuchung in erster Linie als Kategorisierung für die Institutionen der deutschen Bundesverwaltung und ihrer Beteilungen. Es soll als analytische Referenz dafür gelten, welche Probleme im Kommunikationsmanagement sich für jeden Verwaltungskreis unter Berücksichtigung der besonderen Rahmenbedingungen typisieren lassen:


Abb. 02: Schweizerische Bundeskanzlei: Bürgernah und wirksam: Regierungs- und Verwaltungsreform. Okt. 2000, S. 7. – Eigene Darstellung

Konkret werden die vom „4-Kreise-Modell“ erfassten Institutionen folgendermaßen differenziert und charakteristisch beschrieben:

Der 1. Kreis wird als Typus der „Ministerialaufgaben“ bezeichnet. Diese umfassen Tätigkeiten der politischen Koordination und Steuerung sowie der Politikvorbereitung. Sie umfassen Dienstleistungen mit stark hoheitlichem Charakter. Oft ist ihre Erfüllung mit Eingriffen in die Grundrechte verbunden (z. B. innere und äußere Sicherheit). Sie weisen einen hohen politischen Steuerungs- und Legitimationsbedarf sowie einen ausgeprägten Koordinationsbedarf mit anderen Aufgaben des Bundes auf. Sie werden über die Gesetzgebung und durch andere Vorgaben des Parlaments geführt (Beispiele: Außenpolitik, Aufgaben im Bereich Ordnung und öffentliche Sicherheit).

Der 2. Kreis beschreibt den Typus für Institutionen, welche „Dienstleistungen mit Monopolcharakter“ erbringen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Erbringung weitgehend durch internationale, technische oder wissenschaftliche Vorgaben bestimmt sind, so dass wenig Raum für eine politische Steuerung und ein geringer Bedarf nach verwaltungsinterner Koordination besteht. Der Erfolg dieser teilweise marktnah zu erbringenden Dienstleistungen hängt stark von der Reputation ab, über welche die beauftragte Organisationseinheit verfügt. Nicht selten sind solche Dienstleistungen auch attraktiv für Mäzene und Sponsoren, wie etwa in den Bereichen Bildung, Forschung und Kultur. Sie bedürfen einer engeren politischen Steuerung als die Aufgaben der beiden folgenden Aufgabentypen, da die Gesetzgebung in der Regel erheblichen Ermessensspielraum belässt und die Mehrheit dieser Aufgaben nicht ohne öffentliche Gelder zu bewältigen ist.

Der 3. Kreis ist wieder etwas autonomer als der 2. Kreis und bezieht sich auf Institutionen, die eine „Wirtschafts- und Sicherheitsaufsicht“ erbringen. Die Aufgaben der Wirtschafts- und der Sicherheitsaufsicht sind – ähnlich wie die Rechtsprechung – ohne politische Einflussnahme im Einzelfall auszuführen (Beispiele: Finanzmarktaufsicht, Aufsicht über Kernanlagen). Die Unabhängigkeit der Leistungserbringung von der zentralen Bundesverwaltung ist somit wichtig.

Der 4. Kreis kategorisiert die Institutionen für „Dienstleistungen am Markt“, welche überwiegend durch Angebot und Nachfrage gesteuert werden, wobei ein Mindestversorgungsgrad gesetzlich garantiert ist (Beispiele: Fernmelde- oder Postdienstleistungen). Ihr Erbringer muss über eine weitgehende Eigenständigkeit verfügen, um sich erfolgreich am Markt positionieren zu können.

Dieses „4-Kreise-Modell“ ist grundsätzlich auch auf deutsche Verhältnisse übertragbar, jedoch sei ein Aspekt als Unterschied anzumerken. Nach dem Sprachgebrauch dieses Schweizer Konzepts gehören die „Agenturen“ zum 3. Kreis, der „dezentralen Bundesverwaltung“, die in deutscher Terminologie nur der Rechtsaufsicht untersteht. Das Agentur-Konzept, wie es für Deutschland diskutiert wird, umfasst aber auch Einrichtungen mit einer „Steuerung auf Abstand“ durch Zielvereinbarungen und Globalbudgets, also auch einer fachlichen Steuerung, wenn auch „neuer Art“ (Krems 2012, in OLEV). Wie diese komplexe modellhafte Differenzierung der Institutionen des öffentlichen Sektors zweifelsfrei belegt, hat jeder dieser vier Kreise seine eigenen spezifischen Rahmenbedingungen, die sein Umfeld und auch das Handeln der Akteure sehr maßgebend prägen. Grundsätzlich sind die inneren beiden Kreise abhängiger und politiknäher, während die äußeren beiden Kreise eher autonomer und marktnäher sind.

Insofern ist es naheliegend, dass angepasst an diese gesonderten Rahmenkonstellationen auch eigene Kommunikationsstrategien realisiert werden müssten. Diese andersartigen „Umweltbedingungen“ in jedem Kreis und damit einhergehende mögliche Problemfelder, die bei der Implementation eines privatwirtschaftlichen „(integrierten) Kommunikationsmodells“ im öffentlichen Sektor zu berücksichtigen sind, gilt es herauszuarbeiten. Auf Basis einer anschaulichen Vorarbeit der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) können im Rahmen des „4-Kreise-Modells“, die vier klassischen Aufgabentypen in Form von charakterbildenden Kriterien grafisch dargestellt werden.

Auch diese offensichtlich wesensunterschiedlichen Merkmale einzelner Verwaltungseinheiten, gaben mitunter Anlass für dieses Dissertationsprojekt und legten die These nahe, dass deshalb auch signifikante Unterschiede und Problemfeldkonstellationen im Kommunikationsmanagement vorhanden sein könnten. Insbesondere im Kontext der aktuellen Entwicklungen im Rahmen der Debatten rund um die „Public Corporate Governance“ im öffentlichen Sektor, scheint an dieser Stelle ein akuter Forschungsbedarf vorhanden zu sein, den Papenfuß (2019: 12) wie folgt formuliert:

„Für die Forschung und die Praxis ist in der nächsten Zeit bedeutend, den empirischen Erkenntnisstand zur PCG [= Public Corporate Governance] weiter zu verbessern. Für privatwirtschaftliche Unternehmen liegen zahlreiche empirische Analysen zur Corporate Governance vor. Bei öffentlichen Unternehmen besteht weiter eine gravierende empirische Forschungslücke. Auch im Vergleich zur Kernverwaltung zeigt sich für öffentliche Unternehmen im nationalen und internationalen Bereich eine deutlich unterproportionale Anzahl von empirischen Studien zu öffentlichen Unternehmen.“

Demnach soll es in dieser Dissertation um das Aufzeigen von Problemfeldern gehen, die in öffentlichen Institutionen zu differenzieren sind. Ferner findet eine erstmalige interdisziplinäre Verknüpfung von Theorie und Empirie im Rahmen der (integrierten) Kommunikation für den Sonderfall im öffentlichen Sektor statt.

Folgende Forschungsfragen dienen somit als Grundlage für die schrittweise stattfindende Abhandlung und die Herausarbeitung konkreter Befunde zu Problemfeldkonstellationen, die im Rahmen der Steuerbarkeit bzw. der Umsetzung des Kommunikationsmanagements berücksichtigt werden sollten:

• Wie autonom sind die Institutionen der deutschen Bundesverwaltung in den zentralen Managementfunktionen (Finanz-, Organisations-, Führungs- und Fachebene)?

• Welche Probleme im Kommunikationsmanagement lassen sich für jeden Verwaltungskreis (4-Kreise-Modell) unter Berücksichtigung der besonderen Rahmenbedingungen typisieren?

• Wie hängen die Probleme im Kommunikationsmanagement der einzelnen Verwaltungstypen (z. B. Ministerium, Amt, Stiftung, Körperschaft, etc.) mit dem Autonomiegrad zusammen?

Um diese Ziele und Forschungsfragen zu beantworten und empirisch zu prüfen, sollen im folgenden Unterabschnitt der Forschungsstand und der Aufbau näher erläutert werden.

1.3.2 Forschungsstand und Analyseaufbau

Aufgrund dieses noch relativ jungen Forschungsfeldes ist der Erkenntnisstand hinsichtlich der Implementierung von „(integrierten) Kommunikationsmodellen“ sehr gering und gerade für den „Öffentlichen Sektor“ nur wenig ausdifferenziert. Jedoch können die konkreten Problemfelder und der zukünftige Forschungsbedarf in gewissen Teilen auch genannt werden, wie dies Lasotta (2007: 277) aufzeigt:


Abb. 03: Forschungsbedarf im Bereich „integrierte Kommunikation“ (Lasotta 2007: 277)

Wie bereits dargestellt wurde, beschreiben auch Schedler/Henkel, dass gerade hinsichtlich der Rahmenbedingungen und der Ausdifferenzierung der einzelnen Stakeholder im öffentlichen Sektor noch Forschungsbedarf besteht, weshalb hier im Rahmen des geplanten Dissertationsvorhabens an dieser Stelle angeknüpft werden soll. Demzufolge soll auf der Basis eines soliden theoretischen Fundaments eine Praxisanalyse stattfinden, welche genaue Charakteristika für den öffentlichen Sektor innerhalb des bereits dargestellten „4-Kreise-Modells“ aufzeigen soll. Hierbei sollen neben qualitativen Methoden (Inhalts- bzw. Dokumentanalysen, etc.) auch empirische Daten erhoben werden, welche es sodann mit der Theorie und der Praxis zu vernetzen gilt. Ebenso werden die Daten des Fragebogens einer quantitativen Analyse unterzogen, die statistisch dargestellt werden.

Im Anschluss gilt es ausfindig zu machen, auf welche möglichen Problemfeldkonstellationen beim Einsatz des Kommunikationsmanagements geachtet werden sollte. Zunächst sollen die Probleme innerhalb des „4-Kreise-Modells“ identifiziert werden, bevor in einem nächsten Schritt die charakteristischen Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet werden. Zum einen für die gesamte Anlage der Arbeit und insbesondere des Fragebogens gilt es auf Etienne Huber (2012) zu verweisen mit dem Titel „Autonomie von Agencies auf Bundesebene in der Schweiz“. Für die Thematik rund um das Kommunikationsmanagement waren vornehmlich Bruhn und Aerni mit mehreren Werken von zentraler Bedeutung, die eine maßgebliche Rolle hinsichtlich der Idee und Entstehung der vorliegenden Dissertation spielten.

Die vorliegende komparative Fallstudie (Vergleich der Problemfeldkonstellationen der Institutionen im Rahmen des 4-Kreise-Modells) wird auf einer qualitativen Inhaltsanalyse beruhen, bei der quantitativ-statistische Elemente eine zentrale Rolle spielen.

Eine empirische Inhaltsanalyse richtet sich nach Mayring (1983/85) vornehmlich, wie viele andere Verfahren der empirischen Sozialwissenschaften auch, nach einer alltäglichen Vorgehensweise aus und ist im Grunde nichts weiter als deren Systematisierung. Die Inhaltsanalyse muss aber gemäß den Kriterien einer intersubjektiven Nachprüfbarkeit und gewissen Regeln der Informationsverarbeitung (Trennung von Subjektivität und Objektivität) durchgeführt werden. Die empirische Inhaltsanalyse ist nach einer weit gefassten Definition nach Kromrey (2009: 319) wie folgt zu beschreiben:

„[…] eine Forschungstechnik, mit der man aus jeder Art von Bedeutungsträgern durch systematische und objektive Identifizierung ihrer Elemente Schlüsse ziehen kann, die über das einzelne analysierte Dokument hinaus verallgemeinerbar sein sollen.“

Diese Definition zeigt, dass das Verfahren der Inhaltsanalyse zum einen nicht auf die Verarbeitung sprachlicher Mitteilungen beschränkt ist und zum anderen, dass die Begriffsbestimmung nicht nur von Daten über Textteile (oder andere Dokumente) Rückschlüsse gezogen, sondern dass die relevanten Informationen genutzt werden können, um Aussagen über die soziale Realität auch außerhalb der Dokumente zu erzielen (siehe auch die ausführliche Literatur von Mayring 2002/03).

Die Komplexität des Untersuchungsgegenstandes und die mannigfaltigen Auslegungsmöglichkeiten des Explanandums haben eine methodische Aufgliederung in drei separate Teilabschnitte notwendig gemacht, welche erst in einer Schlussbetrachtung zu einem harmonischen Kanon zusammengeführt werden können.

Teil A des vorliegenden Bandes dient der Herleitung relevanter Arbeitsthesen für den empirischen Untersuchungsgegenstand. Demzufolge gilt es – der Komplexität des öffentlichen Sektors geschuldet – auch anhand eines breit angelegten theoretischen Fundaments eine solide Erklärungsgrundlage für in der Praxis auftretende Problemfeldkonstellationen zu legen, die im Kontext des Kommunikationsmanagements in der „Öffentlichen Verwaltung“ zwingend zu beachten sind. Zuerst werden in einer Einleitung die Ziele und das Erkenntnisinteresse aufgezeigt, während danach auf den aktuellen Forschungsstand und den analytischen Aufbau der Untersuchung eingegangen wird. Das entscheidende dabei ist, dass unter Berücksichtigung des dargestellten „4-Kreise-Modells“ der Schweizer Bundesverwaltung eine Symbiose geschaffen werden soll, die es ermöglicht eine präzise Kategorisierung für die Verhältnisse in Deutschland zu schaffen. Zudem gilt es stets im Auge zu behalten, auch die konkreten Unterschiede der „Öffentlichen Verwaltung“ im Vergleich zur Privatwirtschaft zu zeigen und dahingehend vor allem zu analysieren, welche Auswirkungen diese „signifikante Andersartigkeit“ für das Kommunikationsmanagement hat und welche Rolle dabei der „Autonomie-Begriff“ spielt. Zuerst wird aber eine methodische Anlage aufgearbeitet, welche die Vorgehensweise und den Aufbau der Dissertation klären soll. Deshalb folgt vorab noch eine Abhandlung der verwendeten Erhebungsmethoden, die für die statistische Aufbereitung genutzt wurden. Im Anschluss folgt die Einordnung in einen historischen Entwicklungskontext und eine Erklärung, warum eine Betrachtung aus den Perspektiven des „(New) Public Managements“ und des „New (Public) Governance“ nötig ist. Während im nächsten Abschnitt das Modell einer „integrierten Kommunikation“ dargestellt wird, so werden anschließend die mannigfaltigen Teiltheorien aufgearbeitet und Hypothesen abgeleitet. Zudem gilt es auf zugrundeliegende Analysemodelle einzugehen, die anwendungsbezogen auf das methodische Vorgehen im Rahmen der vorliegenden Schrift einer exakten Erklärung bedürfen.

Teil B arbeitet in einer quantitativen Analyse der „4-Kreise“ des Öffentlichen Sektors anhand unterschiedlicher Methoden der deskriptiven Statistik ein differenziertes Bild der jeweils charakteristischen Merkmale und Problemfeldkonstellationen für die (de-)zentrale deutsche Bundesverwaltung auf. Anhand eines speziell entwickelten Fragebogens (siehe Anhang 1), werden sämtliche Verwaltungseinheiten von der zentralen Ministerialverwaltung (1. Kreis) angefangen, bis zum nahezu privatwirtschaftlichen Unternehmen mit mehrheitlicher Bundesbeteiligung (4. Kreis) befragt. Dabei liegt der Fokus der Befragung auf den möglichen Problemkonstellationen der „Öffentlichen Verwaltung“ hinsichtlich des Kommunikationsmanagements. Einzeln über alle Kreise hinweg, werden neben Häufigkeitsanalysen auch Korrelationsanalysen durchgeführt, in denen sämtliche Zusammenhangsvarianten über mehrere Ebenen und Konstellationsmöglichkeiten hinweg analysiert und auch erstmals theoriegeleitet interpretiert werden.

Teil C beinhaltet nun die Herausforderung alle gewonnenen Erkenntnisse darzustellen und zugleich eine Ausarbeitung für die spezifischen Problemfeldkonstellationen im Kommunikationsmanagement zu schaffen. Dabei werden die Arbeitsthesen beantwortet und eine Einordnung in einen Gesamtkontext entwickelt. Ferner gilt es ein abschließendes Fazit zu formulieren und eine Einordnung in einen Gesamtkontext zu ermöglichen, welcher sodann in einen Ausblick auf die Zukunft münden soll.

Im nächsten Abschnitt werden nun die Methoden der Datenerhebung näher erläutert bzw. wie im Rahmen der Fragebogenerstellung vorgegangen wurde.

1.4 Methoden des Erhebungsverfahrens

In diesem Abschnitt sollen separat zu den allgemeinen Herangehensweisen, die konkreten Forschungspraktiken dargestellt werden. Abgehandelt wird neben der schrittweisen Vorgehensweise auch die Anwendung verschiedener Softwareprogramme, wie die in der Wissenschaft gängigen Tools von SoSci Survey und „R“. Während mit ersterem sehr benutzerfreundlich und mithilfe marginaler Kenntnisse von HTML auf äußerst facettenreiche Art und Weise ein repräsentativer Online-Fragebogen hergestellt werden kann, so dient das zweite Softwareprogramm mit Namen R der statistischen Auswertung der erhobenen Daten.

Im Folgenden wird aufgezeigt, in welchen Arbeitsschritten bei der Erstellung und Umsetzung des „Online-Fragebogens“ und dem statistisch-methodischen Erhebungsverfahren vorgegangen wurde.

1.4.1 Vorgehensweise und explorative Schrittfolgen

Der erste Schritt der Dissertation besteht in der Herleitung einer wissenschaftlichen Fragestellung, welche sich im Rahmen einer adäquaten Einarbeitungszeit in die Fachliteratur zu einem bestimmten Interessen- bzw. Themenbereich ergeben hat, um eine vorliegende Forschungslücke zu schließen. Da es für den bundesdeutschen Raum in diesem fachlichen Umfeld lediglich Studien für die Privatwirtschaft gibt, aber keine Erhebungen für den öffentlichen Sektor, ist dies ein besonderer Fokus. Somit erfolgt zuerst eine Sortierung der gängigen Literatur und verschiedener Publikationen, welche eine Ideenfindung möglicher Analysen bzw. Forschungsanknüpfungen zulässt.

Es folgt nun die Entwicklung einer konkreten Fragestellung und die Titulierung des Forschungsprojekts. Schließlich ergibt sich das Design der Untersuchung aus den Arbeitshypothesen, dem Erkenntnisinteresse und den Forschungszielen. Es stellt sich ferner heraus, dass für die vorliegende Dissertation in erster Linie eine Korrelationsuntersuchung (zeitgleiche Erfassung von mindestens zwei Merkmalen) zur Überprüfung einer Zusammenhangshypothese, nötig ist. Der zweite Schritt besteht in der Operationalisierung und Gliederung, d. h. in der Zuordnung empirisch messbarer Größen zu den relevanten theoretischen Konstrukten. Die Operationalisierung erfolgt durch die Selektion tauglicher Messinstrumente, welche die einzelnen Indikatoren auf die genannten Konstrukte erfassen. Dabei wird der Faktor „Zeit“ vornehmlich durch die Anzahl verwendeter Messinstrumente definiert, die wiederum abhängig von der Komplexität der Fragestellung sind. Schritt Drei ist die Datenerhebung, bei der die vorher selektierten Messinstrumente getestet werden (hier: Pretest). Dieser gilt der Prüfung des Messinstrumentariums und der Erfahrungssammlung für die Haupterhebung, um aus möglichen Fehlern noch rechtzeitig zu lernen.

Der vierte Schritt, dient der Eingabe der Daten anhand unterschiedlicher Software, die im vorliegenden Fall auf das Umfrage-Portal „Sosci Survey“, das Textverarbeitungsprogramm „Word“, das Tabellenkalkulationsprogramm „Excel“ und die Statistiksoftware „R“ zu beschränken sind.

Für die anschließende Datenauswertung richtet sich in dieser Etappe der Arbeitsaufwand nach der Anzahl und dem Format der eingesetzten Messinstrumente sowie nach der Größenordnung des „Testobjekts“. Dementsprechend wird mithilfe dieser Vielzahl an statistischen Möglichkeiten mit unterschiedlichen statistischen Methoden und Modellen ein Skript programmiert, das auch als Grundlage für weitere Auswertungen des erhobenen Datensatzes verwendet werden kann.

Der Schritt Nummer Fünf besteht in der Datenauswertung. In Abhängigkeit vom Stand der methodischen Ausbildung erfolgt die Auswertung mit Unterstützung der Statistiksoftware und verschiedenen Lehrbüchern, um die Daten bzw. den Output richtig interpretieren zu können bzw. mit den vorformulierten Arbeitshypothesen abzugleichen. Da nun eine kurze Darstellung der konkreten Vorgehensweise dieses Forschungsprojekts aufgezeigt wurde, sollen die nun folgenden Kapitelunterabschnitte nochmals genauer verdeutlichen, wie bei der Datenerhebung genau vorgegangen, wie die einzelnen Kooperationspartner ausgewählt und die verschiedenen Messinstrumente zum Einsatz gebracht wurden.

1.4.2 Fragebogen, Adressaten und Pretest-Phase

Als erste Maßnahme bei der Erstellung eines Fragebogens, gilt es sich ausgiebig in die geplante Materie einzulesen und Recherchearbeit zu leisten. Zu Beginn sollte eine übersichtlich strukturierte Mindmap angefertigt werden, mit deren Hilfe man die eigentlichen Forschungsziele und Kerninhalte des Projekts herausfiltern kann. Während vertiefter Literaturrecherchen ist es möglich festzustellen, dass bereits ähnliche Umfragen oder Fragebögen schon einmal in wissenschaftlichen Studien in Bezug auf vergleichbare Analysen durchgeführt wurden. Derartige Studien können neben einschlägigen Lehrbüchern zur korrekten Erstellung von Fragebögen eine große Hilfe darstellen, weil in den meisten Abhandlungen exakte Beschreibungen über die Vorgehensweise bei der Datenerhebung und über zu beachtende Probleme während des Studienverlaufs, nachzulesen sind. Außerdem soll an dieser Stelle nochmal die Methodik eines qualitativen Leitfadeninterviews erläutert werden.

Im Rahmen des persönlichen Gesprächstermins wurde der Fragebogen in Form eines „qualitativen Interviews“ durchgeführt. Dies war unter den Adressaten teilweise erwünscht, damit Rückfragen direkt beantwortet und erklärt werden können. Ferner konnten dabei „Zusatzerkenntnisse“ gewonnen werden, die neben den theoretischen Problemfeldkonstellationen auch die Praxiserfahrungen einschlägiger Kommunikationsexperten des öffentlichen Sektors mit zu berücksichtigen erlaubte.

Unter einem Leitfadeninterview versteht man eine Befragungstechnik der qualitativen empirischen Sozialforschung. Diese Art der Befragung wird in der wissenschaftlichen Methodenlehre oftmals auch synonym für ein Experteninterview verwendet. Hierbei werden ausgewiesene Sachexperten zu einem Themenbereich befragt, um sich die Professionalität, den Erfahrungsschatz und das Know-how des Sachverständigen zu nutzen zu machen (vgl. Behnke et al. 2010: 244 ff.). Dabei werden vorher festgelegte Fragen gestellt, die jedoch sehr offen beantwortet werden können. Demnach kann die damit einhergehende Vorgehensweise als weniger streng wie in den meisten anderen Befragungsmethoden der empirischen Sozialwissenschaft betrachtet werden. So werden in einem Leitfadeninterview keine Antwortmöglichkeiten gegeben, was den interviewten Personen ermöglicht frei zu berichten, zu kommentieren und zu erklären. Darin liegt der entscheidende Vorteil dieser Methode, weil der Interviewer mittels seines vorher angefertigten Fragenkatalogs zwar konkrete und ausgewählte Fragen stellt, die interviewte Person aber offen antworten und das Gespräch auch auf neue Gesichtspunkte lenken kann, welche gegebenenfalls das gesamte Interview erweitern. Der Interviewer hat also die Aufgabe, das Interview durch den Leitfaden zu steuern, die Reihenfolge der Fragestellung ist aber nicht zwingend einzuhalten (vgl. Ring 1992: 20–41). Darüber hinaus lernt man über bereits durchgeführte Forschungsprojekte die vielen formalen Grundlagen und den allgemeinen Anforderungshorizont kennen.

So sind für die vorliegende Dissertationsschrift zwei Studien bzw. deren Fragebögen von besonderer Bedeutung, weil sie ein inhaltliches Untersuchungsfeld abdecken, das diesem Dissertationsprojekt in manchen Teilen ähnelt. Dabei handelt es sich einerseits um den Fragebogen von Dr. Etienne Huber, der an der Universität Bern über die „Autonomie von Agencies“ in der Schweizer Bundesverwaltung forschte und um einen Fragebogen von Prof. Dr. Manfred Bruhn, welcher im Bereich der „Integrierten Kommunikation“ an der Universität Basel forscht und lehrt. Nach den Recherchearbeiten, den ersten Entwurfsskizzen und Zielsetzungen gilt es eine Sortierung vorzunehmen und sich anhand verschiedener Operationalisierungen und sinnvollen Verknüpfungen mit den „Muster-Fragebögen“ aus anderen Studien einen ersten Katalog an möglichen Fragen für das eigene Projekt anzufertigen. Stets im Hinterkopf zu behalten ist das eigene Forschungsziel und welche Ergebnisse man sich daraus erwartet bzw. mit welchem (mathematisch-statistischen) Modell man den Fragebogen hinterlegt, um später eine sinnvolle Auswertung der Daten durchführen zu können. Nachdem alle Fragen zusammengesetzt wurden, müssen diese gegliedert werden, damit der Fragebogen in verschiedene Teilabschnitte und Sinnespassagen mit unterschiedlichen Überschriften eingeteilt werden kann. Nach einigen Recherchen fiel die Wahl auf das Softwareangebot von SoSci Survey, mit deren Angebot technisch versierte Projektleiter und Wissenschaftler optimal arbeiten können. Einfach zu erstellende Fragebögen sind mit dieser Plattform schnell zu gestalten und für maximale Flexibilität oder individuelles Design, stehen sämtliche Möglichkeiten der Programmierung mit PHP und HTML offen.

SoSci Survey läuft direkt im Internet ohne Installationserfordernisse und bedarf lediglich der Registrierung als Nutzer, um direkt damit zu arbeiten. Mittels komfortabler und übersichtlicher Benutzeroberflächen kann sofort ein Fragenkatalog erstellt und aus den Fragen der Fragebogen zusammengestellt werden. Soll der Pretest ebenfalls online durchgeführt werden, so bietet SoSci Survey den Probanden gesonderte Kommentarfelder an, um gleich während der Befragung zu kommentieren.

Danach bräuchte man nur noch einen speziellen Link zur Projektbefragung generieren bzw. die vorgesehenen E-Mails an die jeweiligen Adressaten versenden, und die Befragung ist freigeschaltet und im Feld. Das Vorteilhafte an SoSci Survey ist die weitläufige Kompatibilität bzw. die Möglichkeit der unmittelbaren Datenweiterverarbeitung, weil alle Antworten automatisch gespeichert und z. B. in Excel, GNU R oder SPSS heruntergeladen werden können.

Die Hauptschritte bei der Fragebogenerstellung für die Online-Umfrage setzen sich aus vier Komponenten zusammen:

1. Anlegen des Fragenkatalogs (Erstellen von Fragen, ggf. Texten, Bildern, etc.)

2. Zusammenstellen der Fragen zu einem Fragebogen

3. Start der Befragung (Test des Fragebogens und Einladen von Teilnehmern)

4. Herunterladen /Auswerten der Daten (letzteres außerhalb von SoSci Survey)

Die nächstfolgende Etappe war es nun, die passenden und mit der deutschen Bundesverwaltung vergleichbaren Adressaten für die „Pretest-Phase“ zu finden. Da wie bereits erwähnt, für die vorliegende Dissertation lediglich die Kategorisierung in das sogenannte „4-Kreise-Modell6“ relevant ist, war schnell klar, dass es für die Testphase des Online-Fragebogens ausreicht, wenn dieses Grundmodell der „4-Kreise“ anwendbar ist, was auf adäquate Weise auch für die Kommunen gilt. Demnach kann eine städtische Kommunalverwaltung mit seinen Institutionen auf die gleiche Art in das „4-Kreise-Modell“ eingeordnet werden, weil es sowohl zentrale Ämter (z. B. Kulturamt, usw.), zentral geführte Ämter mit Leistungsaufträgen und Globalbudgets (z. B. Städtisches Museum), Körperschaften und Stiftungen (z. B. Zentrale Abfallwirtschaft – ZAW, Tiergesundheitsdienst, etc.) zu 100 % im städtischen Eigentum, oder eben auch privatrechtliche bzw. spezialgesetzliche Unternehmen mit alleinigem oder mehrheitlichem Eigentum der Stadt, unterhält. Es kommen somit alle Verwaltungstypen des „4-Kreise-Modells“, welche auf Ebene der bundesdeutschen Verwaltung vorkommen, auch in den Kommunen vor. Die Wahl als „Projektpartner“ für den Pretest fiel demnach auf die niederbayerische Große Kreisstadt Deggendorf, mit seinen knapp 32.000 Einwohnern. Da von Seiten der Stadtführung ihren Ämtern und Beteiligungen freigestellt wurde, ob sie sich bei der Online-Umfrage beteiligen möchten oder nicht, konnte dies im Rahmen der persönlichen Kontaktaufnahme eruiert werden. Die Online-Datenerhebung, konnte in Summe wie geplant, am 01.06.2015 starten und war bis zum 10.07.2015, also 6 Wochen zur Beantwortung freigeschaltet.

In einem letzten Schritt, wurden die Pretest-Ergebnisse mithilfe des Statistikprogramms „R“ ausgewertet und aus Resultaten bzw. möglichen Fehlerquellen, einige Verbesserungen für die Haupterhebung am Beispiel der deutschen Bundesverwaltung durchgeführt. Wie bereits erwähnt, findet bei den folgenden Analysen das „4-Kreise-Modell“ seine Anwendung aus dem in unterschiedlichen Dimensionen mal mehr mal weniger autonome Handlungs- und Entscheidungskompetenzen innerhalb der Managementfunktionen staatlicher Verwaltungseinheiten relevant sind, das abgeleitet aus den rechtlichen Trägern und der zugrundeliegenden Rechtsform als zu differenzierendes Kategorienmodell verwendet wird. Aus diesem Grund werden die Unterabschnitte nicht mehr weiter als Interpretationsebenen aufgegriffen, sondern stellen lediglich als Grundlage für den Fragebogen explorative Anhaltspunkte für das Generieren einzelner Fragestellungen und Items, die als Datensatz erhoben wurden. Was die Auswahl der Adressaten betrifft, müssen zu den einzelnen Zielgruppen noch Erklärungen und Probleme dargelegt werden, bevor darauf eingegangen wird, unter welchen Gesichtspunkten die letztendliche Auswahl stattfand.

In einem ersten Schritt wurde ein Kontakt zur Verwaltung des Deutschen Bundestags hergestellt und das Gesuch unterbreitet, ob es eine zuständige Stelle gibt, die eine Gesamtliste aller Institutionen des öffentlichen Sektors mit Bundesbeteiligung aushändigen könnte. Inkludiert sind demnach alle Einrichtungen des Bundes, ausgehend von der klassischen Kernverwaltung bis zu privatrechtlich organisierten Institutionen an denen der Bund nur noch monetär beteiligt ist. Explizit soll auch an dieser Stelle nochmals darauf verwiesen werden, dass auch diejenigen Institutionen für die Datenerhebung berücksichtigt wurden, bei denen Mischfinanzierungen vorlagen (z. B. Finanzierung durch Bund, Länder oder eigene Einnahmequellen).

Einzig ausschlaggebend für die Adressatenauswahl war eine wie auch immer geartete Beteiligung des Bundes. Eine Berücksichtigung der Rahmenbedingungen in Bezug auf die Bundesländer wurde nicht durchgeführt, weil bei 16 Bundesländern sonst auf alle unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen eingegangen hätte werden müssen. Das wäre einerseits vom Forschungsumfang nicht möglich gewesen und andererseits beschreibt bereits das Dissertationsthema den Fokus auf die „Institutionen des Bundes“. Zu Beginn der Forschungsarbeiten wurde versucht, eine umfassende Liste aller potenziellen Adressaten zu bekommen, weshalb diesbezüglich eine Anfrage in der Verwaltung des Deutschen Bundestags gestellt wurde. Weil der Deutsche Bundestag allerdings keine direkte Gesamtliste aller Institutionentypen vorlegen konnte, hatte ein Mitarbeiter auf die offizielle Internetpräsenz der deutschen Bundesverwaltung7 verwiesen. In Summe werden auf dieser Internetseite exakt 921 Institutionen angezeigt und je nach Typus entsprechend ausdifferenziert: Oberste/Obere/Mittlere/Untere Bundesbehörden, Bundesbeauftragte, Körperschaften/Stiftungen/rechts- und nicht rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts.

Darüber hinaus auch noch privatrechtliche Stiftungen, (Gemeinnützige) Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Eingetragene Vereine und Genossenschaften, Beliehene, Verfassungsorgane und Bundesgerichte. Zusätzlich gibt es auch noch eine Kategorie die mit „Sonstige“ katalogisiert wird. Da bei einigen Forschungsgesellschaften oftmals nur die „Gemeinschaft“ bzw. der Dachverband aufgelistet wurde und bei einzelnen Bundeseinrichtungen oft unmittelbar zugehörige (Dienst-)Leistungszentren vernachlässigt wurden, mussten für die endgültige Adressatenliste noch einige Zielgruppen bzw. Institutionen hinzugefügt werden. Brutto kann man demnach von einer Gesamtzahl potenzieller Befragungskandidaten bzw. aller relevanten Institutionen des Bundes (inklusive monetärer Beteiligungen) von 1364 Teilnehmern sprechen.

Trotzdem wurde eine Nettobereinigung nötig, weil bei dieser genannten Gesamtzahl stellenweise auch Nebenstandorte und kleine Dienststellen der Institutionen einzeln gelistet wurden, die kein eigenes Kommunikationsmanagement pflegen, jedoch eine Hauptverwaltung haben, welche mit dem Kommunikationsmanagement (zentral) betraut ist. Häufig waren die Zuständigkeiten in einer ersten Betrachtung nicht eindeutig nachvollziehbar und eine exakte Einordnung war erst nach direktem Telefonkontakt mit den betreffenden Institutionen möglich.

Besonders sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass ein hoher Anteil der Institutionen aus dem Verwaltungsapparat der Bundeswehr hervorgeht. Nach Anfrage beim Bundesministerium der Verteidigung bezüglich der Teilnahme an dem Forschungsprojekt bzw. dem Fragebogen wurde eine Prüfung durch die Abteilung BMVg – FüSK II 4 für „Innere Führung“ durchgeführt.

Nach einschlägiger Begutachtung kam die FüSK II 4 zum Entschluss, dass

„[…] das Kommunikationsmanagement einen sensiblen Bereich der Bundeswehr darstellt und deshalb aus Gründen der militärischen Sicherheit eine Teilnahme an dem Forschungsprojekt nicht möglich ist. Ferner beteiligt sich die Bundeswehr ohnehin ausschließlich nur an Forschungsprojekten bei denen ein militärischer Bezug und ein unmittelbares Interesse bzw. Nutzen für die Bundeswehr vorliegen […].“

Enttäuschend waren die kollektiven Absagen aller Bundesgerichte inklusive des Bundesverfassungsgerichts, die unisono geäußert hatten, dass „[…] die Gerichte einen besonderen Status besitzen und demnach eine eigene Art der Kommunikation betreiben.“

Aus eigener Einschätzung wären gerade deshalb die Bundesgerichte ein interessantes Untersuchungsobjekt gewesen. Einzig die unmittelbar auf einzelne Personen zentrierten Stellenbezeichnungen, wie die Bundesbeauftragten und die Ämter des Bundeskanzlers (nicht Bundeskanzleramt, sondern der Bundeskanzler) und des Bundespräsidenten als Verfassungsorgan wurden ebenfalls weggelassen, weil diesen personenbezogenen Ämtern ein eigener Kommunikationsstab im erforderlichen Ausmaß dieser Studie fehlt, der zwar vorhanden ist, aber jeweils dem Bundeskanzleramt und dem Bundespräsidialamt zugeordnet ist. Auch das Organ „Bundesregierung“ kann als Teilnehmer gestrichen werden, weil die Bundesregierung über das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA) kommuniziert oder direkt über die Kabinettsmitglieder bzw. die Ministerien.

Aus diesem Grund verringert sich auch die Gesamtanzahl der Adressaten von 1364 auf bereinigt 987 potenzielle Teilnehmer. Dabei kann von einem realistischen Rücklauf von circa 10 % ausgegangen werden, da in der Fachliteratur bei Rücklaufquoten von mehr als 15 % von „ungewöhnlich hoch“ gesprochen wird. Weil den am Projekt teilnehmenden Institutionen eine vollumfängliche Anonymisierung und ein vertrauensvoller Umgang mit den Daten zugesichert wurde soll auch an dieser Stelle nochmals an die Gesamtliste aller potenziellen Teilnehmer verwiesen werden, aus der auch die Kategorisierung der einzelnen Institutionen in Bezug auf das „4-Kreise-Modell des Bundes“ hervorgeht.

Da es in Summe nicht einfach war, die Vielzahl an Befragungs-Teilnehmern zu erreichen, wurde auf individuelle Wünsche der Institutionen eingegangen, sodass der Fragebogen auf unterschiedliche Weise zur Beantwortung zur Verfügung gestellt wurde und demnach vier Befragungsarten zur Anwendung kamen:

1. Online-Fragebogen

2. E-Mail mit PDF-Fragebogen zur postalischen Retournierung

3. Telefoninterview

4. Persönlicher Gesprächstermin vor Ort

Bei dem „Online-Fragebogen“ handelt es sich um dieselbe Fassung, die bei manchen Befragungsteilnehmern entweder als Vorlage im „Face-to-Face-Interview“ verwendet oder als „PDF-File“ an die betreffenden Institutionen per E-Mail zugestellt wurde. In Einzelfällen wurde auch ein Telefoninterview durchgeführt oder telefonische Rückfragen bei Unklarheiten mit dem Fragebogen besprochen. Einige Fragebögen basierten auch auf Interviews, die als Vor-Ort-Termin im Gespräch durchgeführt wurden.

Hervorzuheben gilt es an dieser Stelle, dass der vorliegende Fragebogen (siehe Anhang 1) maßgeblich auf einem Forschungsprojekt von Prof. Dr. Manfred Bruhn basiert. Dabei befragten Bruhn et al. (1999: 4) allerdings nur privatwirtschaftliche Unternehmen in Deutschland und formulieren dazu wie folgt:

„Auf der Grundlage der Befragung aus dem Jahr 1991 wurde ein aktualisierter Fragebogen entwickelt und an 800 Unternehmen in Deutschland versandt […].

Im Rahmen der empirischen Untersuchung nahmen insgesamt 82 Unternehmen […] Stellung. Dies entspricht einer Rücklaufquote in Höhe von 10,25 Prozent.“

Insofern wurde mit insgesamt 126 ausgefüllten und retournierten Teilnehmerfragebögen – von insgesamt 987 potenziellen Adressaten – eine bemerkenswert hohe Rücklaufquote von fast 13 % erreicht. Im nächsten Block geht es nun um das konkrete analytische Verfahren mit dem die Daten operationalisiert wurden und um die Methoden und Herangehensweisen, mit denen die Daten statistisch ausgewertet wurden.

1.4.3 Deskriptive Verfahren

Unter „Häufigkeit“ versteht man zweierlei Begrifflichkeiten, die gemeinsam betrachtet werden müssen. Einerseits ist die „absolute Häufigkeit“ Hn(x) eines Ereignisses x die Prüfung, wie oft x innerhalb einer Stichprobe mit dem Umfang n vorkommt. Andererseits ergibt sich die „relative Häufigkeit“ hn(x), indem man die „absolute Häufigkeit“ Hn(x) durch die Anzahl der Versuche n dividiert. Die „absolute Häufigkeit“ gibt also an, wie oft das jeweilige Ereignis als Zahlenwert vorkommt. Zählt man die „relativen Häufigkeiten“ zusammen, kommt man in der Summe auf 1.

Möchte man den Zahlenwert in Prozent angeben, werden die Werte entsprechend mit 100 multipliziert. Wenn man Objekte aus einer Grundgesamtheit zufällig auswählt, werden deren Merkmalsausprägungen in der Statistik als Zufallsereignisse bezeichnet. Deshalb wird die Anzahl zufällig ausgewählter Objekte mit gleicher Merkmalsausprägung in der Statistik ebenfalls als „Häufigkeit“ bezeichnet (vgl. Zöfel 1992: 23; vgl. Uhlemann 2015: 174; vgl. Assenmacher 1996: Kap. 2). Gemäß Fahrmeir (2007: 31) soll im Kontext von Verteilungen und ihren Darstellungen von einer Erhebung bzw. Stichprobe des Umfangs n ausgegangen werden, bei der an „[…] den n Untersuchungseinheiten die Werte x1, . . . , xn eines Merkmals X beobachtet oder gemessen wurden“. Die dabei entstandenen Werte werden als Urliste bzw. Roh- oder Primärdatensatz bezeichnet. Um die Übersichtlichkeit bei kleinem und mittlerem Stichproben-Umfang und insbesondere bei Anwendungen mit großem n-Wert zu bewahren ist eine Aggregation zwingend notwendig. Für diese Zusammenfassung muss der benannte Datensatz anhand der verschiedenen vorkommenden Zahlenwerte bzw. Ausprägungen analysiert werden (vgl. Fahrmeir 2007: 32). Bezeichnet werden kann diese Zahlenmenge mit a1, a2, …, ak, k ≤ n. Der Einfachheit halber soll die Annahme gelten, dass die Werte aufsteigend nach Größe (hier: a1 < a2 < … < ak) geordnet sind, wobei in Bezug auf eine Nominalskala keine inhaltliche Relevanz abgeleitet werden kann. Bei den kategorialen Merkmalen ist k gleich der Anzahl der Kategorien und damit meist erheblich kleiner als n. Bei den metrischen Merkmalen sind meist nur wenige Werte des Rohdatensatzes identisch, so dass k fast oder gleich groß wie n ist (vgl. Fahrmeir 2007: 32; vgl. Kuckartz et al. 2010: 33 ff.; vgl. Bortz 2005: 15 ff.). Die Definition von Fahrmeir (2007: 32) ist für fast jedes Skalenniveau sinnvoll: Als „absolute“ bzw. „relative Häufigkeit“ einer Ausprägung aj, j = 1, … , k, bezeichnet man die Anzahl bzw. den Anteil von Werten des Rohdatensatzes, die mit aj übereinstimmen.


h(aj) = hj absolute Häufigkeit der Ausprägung aj,

d. h. Anzahl der xi aus x1, … xn mit xi = aj

f(aj) = fj = hj/n relative Häufigkeit von aj

h1, … , hk absolute Häufigkeitsverteilung

f1, … , fk relative Häufigkeitsverteilung


Hingewiesen sei an dieser Stelle darauf, dass bei einem nicht allzu großen Umfang n und eines kleinen k, also zum Beispiel für ein kategoriales Merkmal mit k Kategorien, die Häufigkeiten auch manuell durch Abzählen und führen einer Strichliste erhoben werden könnten. Die Häufigkeiten h1, … , hk bzw. f1, … , fk werden nach Abschluss in einer Häufigkeitstabelle zusammengefasst, während die Ausprägungen a1, … , ak und die Häufigkeiten als Häufigkeitsdaten bezeichnet werden. Die graphischen Abbildungen erfolgen vornehmlich als Stab-, Kreis-, Säulen oder Balkendiagramme (vgl. ebd. 32 und 35 ff., vgl. Kuckartz 2010: 38 ff.; vgl. Behr 2017: 16).

Zusammengefasst nach den Ausführungen von Lois (2015: 4-10) und Bankhofer/Vogel (2008: 8 ff.; 27 ff.) sei im Kontext des Skalenniveaus auf das jeweilige Messniveau hingewiesen, welches für die resultierenden Darstellungsweisen der Daten durchaus relevant ist. Das Messniveau einer Variablen ist von wesentlicher Bedeutung dafür, welche statistischen Auswertungsverfahren für diese Variable zulässig sind.

In erster Line lässt sich zwischen kategorialen Variablen (Nominalskala, Ordinalskala) und metrischen Variablen (Intervallskala, Verhältnisskala) differenzieren. Es gibt demnach drei Möglichkeiten der Erfassung von Zufriedenheit: a) Nominal: 0 = unzufrieden 1 = zufrieden – b) Ordinal: 1 = sehr unzufrieden, 2 = unzufrieden, 3 = zufrieden, 4 = sehr zufrieden – c) Metrisch: 0 = sehr unzufrieden bis 10 = sehr zufrieden.

Bei einer Nominalskala handelt es sich um einen Satz rangmäßig nicht geordneter Kategorien, wie beispielsweise das Geschlecht, der Beruf oder der Familienstand.

Die Ordinalskala als eine zusätzliche Eigenschaft, dass die Ausprägungen der Variablen lassen sich sinnvoll in eine Ordnungsrelation bringen (z. B. Schulnoten: Sehr gut > Gut > Befriedigend > Ausreichend > Mangelhaft > Ungenügend).

Ein ordinales Messen informiert jedoch nicht über die Größe der Differenzen zwischen den Ausprägungen einer Variablen. Zum Beispiel ist nicht bekannt, ob der Abstand zwischen „Sehr gut“ und „Gut“ größer oder kleiner ist als der Abstand zwischen „Gut“ und „Befriedigend“.

Bei der Intervallskala müssen darüber hinaus die Abstände zwischen den einzelnen Ausprägungen einer Variablen gleich sein (= Äquidistanz der Intervalle).

Anknüpfend an die deskriptive Erhebung von Häufigkeiten, die für lediglich eine Variable ihre Anwendung finden, gilt es auch noch auf die Lage- und Streuungsmaße einzugehen. Dabei dienen die Maßzahlen der Lagebeschreibung eines Verteilungszentrums anhand eines numerischen Werts. Abhängig davon, wie sich der Datenkontext und das zugrundeliegende Skalenniveau ausgestalten, wird das Lagemaß entsprechend seiner Sinnhaftigkeit abgeleitet.

Das meist verwendete und abgebildete Lagemaß ist das arithmetische Mittel bzw. der Mittelwert, welcher alle beobachteten Werte aufsummiert und deren Summe durch die Anzahl der Beobachtungen dividiert, abbildet.

Das arithmetische Mittel wird aus der Rohdatenliste wie folgt berechnet:


Neben dem arithmetischen Mittel sei an dieser Stelle noch der Median erwähnt. Dieser stellt als Zentralwert einen Mittelwert in der Statistik und ein Lageparameter dar.

Der Median einer Auflistung von Zahlenwerten ist der Wert, der sich an der mittleren, also der zentralen Stelle befindet, wenn man die Werte der Größe nach aufsteigend sortiert. Generell bezieht sich der Median auf einen Datensatz, eine Stichprobe oder eine Verteilung und teilt diese in zwei gleich große Hälften, sodass die Werte in der einen Hälfte nicht größer und in der anderen nicht kleiner als der Medianwert sind. Dabei ist es eine wichtige Eigenschaft des Medianwerts, dass er eine Robustheit gegenüber Ausreißern aufweist. Auf den Punkt gebracht entspricht der Median genau dem Wert, welcher größer oder gleich 50 % aller anderen Werte ist (vgl. Fahrmeir 2007: 53 f.; vgl. Kuckartz 2010: 57 ff.; vgl. Bleymüller 2012: 13 ff.). Genauso wie das arithmetische Mittel zählt der Median zu den Lagemaßen, das wie folgt berechnet wird und bei dessen Formel das n für die jeweilige Anzahl der Beobachtungswerte steht:


Zusätzlich sind auch noch der Modus und der Median als Werte unter den Lageparametern zu erwähnen. Der Modus gibt Aufschluss über die größte Häufigkeit, der Median über die mittlere Position, während sich wie bereits erwähnt das arithmetische Mittel über die Zentralität der Werte ergibt. Das Ziel dabei ist, dass große Datenmengen auf einige wenige Maßzahlen reduziert werden, um komplexe Sachverhalte übersichtlicher darzustellen. Eine dieser Maßzahlen ist eben der Modus, welcher die zentrale Lage einer Verteilung beschreibt und wobei es sich ebenso um nichts anderes handelt als um einen Mittelwert. Wenn es mehrere Beobachtungswerte mit derselben maximalen Häufigkeit gibt, dann existiert kein Modus, was dazu führen würde, dass in diesem Fall ein anderer Mittelwert gebildet werden muss:

Modus = Häufigster Beobachtungswert

Einfach ausgedrückt, werden alle vorkommenden Werte abgezählt und entsprechend ihrer Häufigkeit abgebildet, wobei der häufigste Beobachtungswert zählt (vgl. Fahrmeir 2007: 55 ff.; vgl. Bleymüller 2012: 13 ff.; vgl. Kohn/Öztürk 2011: 25 ff.).

Zusätzlich soll nun auf die Streuungsmaße eingegangen werden. Die Rede ist dabei von der Varianz und der Standardabweichung. Die Standardabweichung beschreibt ein Maß für die Breite der Streuung sämtlicher Werte eines Merkmals rund um dessen arithmetisches Mittel. Sie stellt also die durchschnittliche Entfernung aller gemessenen Ausprägungen eines Merkmals ausgehend vom Durchschnittswert dar und hat immer die gleiche Maßeinheit wie das zu untersuchende Merkmal. Eine eher kleinere Standardabweichung gibt an, dass die gemessenen Ausprägungen eines Merkmals eher enger um den Mittelwert liegen, während eine größere Standardabweichung eine stärkere Streuung anzeigt. In diesem Kontext lässt sich für normalverteilte Merkmale konstatieren, dass innerhalb der Entfernung einer Standardabweichung nach oben und unten ausgehend vom Mittelwert circa 68 % aller Antwortwerte verortet sind. Im Umkreis von zwei Standardabweichungen handelt es sich um circa 95 % aller Werte. Wenn die Abweichungen noch größer sind, dann bezeichnet man die zugrundeliegenden Beobachtungen oft als Ausreißer (vgl. Fahrmeir 2007: 55 ff.; vgl. Kuckartz 2010: 67 ff.; vgl. Kohn/Öztürk 2011: 59 ff.).

Die Varianz ist ein Synonym für die Streuung und ein Maß für die Streuung der Wahrscheinlichkeitsdichte. Aus mathematischer Perspektive beschreibt die Varianz das zentrale Moment zweiter Ordnung einer Zufallsvariable. Die bekannteste Maßzahl für die Streuung einer Verteilung ist die Standardabweichung, deren Quadrat, die Varianz darstellt. Mit dieser misst man die Streuung der Daten um ihr Mittel x̅ und ist deshalb nur für metrische Merkmale zusammen mit x̅ sinnvoll einsetzbar.

In Worten definiert man sie als die mittlere quadratische Abweichung einer reellen Zufallsvariable von ihrem Erwartungswert und steht wie bereits erwähnt für das Quadrat der Standardabweichung, dem wichtigsten Streuungsmaß in der Stochastik.

Die Varianz ist niemals negativ und ändert sich auch nicht bei Verschiebung der Verteilung. Außerdem ist die Varianz einer Summe von unkorrelierenden Zufallsvariablen gleich mit der Summe ihrer Varianzen (vgl. Fahrmeir 2007: 69 ff., vgl. Kuckartz 2010: 67 ff., vgl. Bleymüller 2012: 13 ff.).

Anders als bei der Standardabweichung ist es in der Anwendungspraxis der Varianz nicht ganz optimal, dass sie eine andere Einheit als die Zufallsvariable aufweist. Dies liegt daran, weil sie für stetige Variablen über ein Integral definiert wird und aus diesem Grund nicht für alle Verteilungen gilt. Erwähnenswert ist noch, dass Varianz, die Variabilität der betrachteten Zufallsvariable misst, wohingegen die Kovarianz ein Maß für die gemeinsame Variabilität zweier betrachteter Zufallsvariablen darstellt. Die Kovarianz einer Zufallsvariable mit sich selbst entspricht dabei der Varianz dieser Zufallsvariablen. Wenn demnach der Fall eines reellen Zufallsvektors auftritt, kann man die Varianz auch allgemein als „Varianz-Kovarianz-Matrix“ darstellen (vgl. Fahrmeir 2007: 349 f., vgl. Kuckartz 2010: 192 ff., vgl. Behr 2017: 137 ff.).

Bei manchen Analysen ist man nicht nur an einem einzigen, sondern an vielen erhobenen Merkmalen interessiert, was zum Beispiel bedeuten kann, dass zu einer Person mehrere Werte (x, y, z, . . . ) als sogenannte mehrdimensionale Daten erhoben werden. Die Fallbeispiele können zwei- oder manchmal auch mehrdimensional sein.

Aber auch dafür gibt es grafische Abbildungsmöglichkeiten und Maße, die den Zusammenhang zwischen den jeweiligen Merkmalen erfassen können. Exemplarisch sollen nun Methoden für diskrete bzw. diskretisierte Merkmale betrachtet und auf Verfahren für metrisch skalierte Merkmale eingegangen (vgl. Fahrmeir 2007: 109).

Bei zwei diskreten Merkmalen, die nur relativ wenige Ausprägungen aufweisen, könnte es sich demnach um kategoriale qualitative Merkmale handeln wie zum Beispiel das Geschlecht oder Lieblingsfarbe, die nur auf Nominalskalenniveau gemessen werden.

Möglicherweise kommen aber auch metrische Merkmale in Betracht, die durch Gruppierungen kategorial werden (z. B. in der vorliegenden Dissertation die Eingruppierung von einzelnen Institutionen in das kategoriale „4-Kreise-Modell“ der Bundesverwaltung). Darüber hinaus lässt sich in Anlehnung an Fahrmeir (2007: 110 f.) weiter ausführen: Dass sich metrisches Datenmaterial auch ordinal abbilden lässt, indem beispielsweise „Fernsehstunden pro Tag“ einfach in die folgenden Kategorien aufgeteilt werden. a) „Weniger wie 2 Stunden“ oder b) „Zwischen 2 und 4 Stunden“ oder c) „Zwischen 4 und 6 Stunden“ oder d) „Mehr wie 6 Stunden“.

Für diese Dissertation wurde mithilfe des Statistikprogramms R, eine sogenannte Korrelationsanalyse durchgeführt, welche die wichtigste Methode dieser Studie darstellt und entsprechend etwas ausführlicher erklärt werden soll.

Während bei dem Fragebogen zunächst eine Verortung der einzelnen Institutionen der deutschen Bundesverwaltung stattfindet, soll im Anschluss überprüft werden, ob denn ein Zusammenhang besteht zwischen den charakteristischen Merkmalen eines jeden Kreises im „4-Kreise-Modell“, mit den erhobenen Problemen und/oder deren genannten Ursachen für diese. Das heißt konkret, es werden Korrelationen hergestellt, die Aussagen und Schlussfolgerungen über einen Zusammenhang erlauben, der zwischen einzelnen Variablen besteht. Zu bestimmen gilt es aber nicht den Abhängigkeitsgrad derer, sondern den linearen Zusammenhang. Wenn auf die Verteilung von zwei Variablen geblickt wird, so lässt sich oftmals konstatieren, dass das Verändern der einen Variablen eine unmittelbare Veränderung der anderen Variablen bewirken kann. Zu erheben gilt es demnach einen „Korrelationskoeffizienten“, mit dem ein numerisches Maß als Gradmesser der tatsächlichen Beeinflussung generiert werden kann und innerhalb der Werte von -1.0 bis +1.0 variiert, weshalb damit zweierlei Dinge dargestellt werden können. Die Stärke des Zusammenhangs und die Richtung des Zusammenhangs, die unterschiedlich dargestellt werden können (vgl. Behr 2017: 140 ff.; vgl. Fahrmeir 2007: 138 f.). Außerdem ist wichtig, dass noch Ausführungen über den Rangkorrelationskoeffizienten (hier: Spearman) gemacht werden. Dem entsprechend ist der Rangkorrelationskoeffizient ein parameterfreies Maß für Korrelationen. Gemessen wird demnach, wie gut eine beliebige monotone Funktion den Zusammenhang zwischen zwei Variablen beschreiben kann, ohne Annahmen über die Verteilung der Wahrscheinlichkeit bei den jeweiligen Variablen zu machen. Hinzu kommt eine solide Robustheit gegenüber Ausreißern und eine zwangsläufige lineare Variablenbeziehung. Mit der eben genannten „Spearman-Korrelation“ misst man wie bei Pearson, den Zusammenhang zwischen zwei Variablen. Dieser nimmt genauso entsprechende Werte von -1 (perfekte negative Korrelation) bis +1 (perfekte positive Korrelation) an und nimmt einen Wert nahe 0 ein, sobald keine Korrelation vorliegt. Demnach wird der „Spearman-Korrelationskoeffizient“ rSp auch als „Rangkorrelationskoeffizient“ bezeichnet, weil es nur einen kleinen, aber entscheidenden Unterschied zum „Pearson-Korrelationskoeffizienten“ r gibt: Und zwar wird die Korrelation nicht zwischen den Datenpunkten selbst, sondern zwischen ihren Rängen berechnet. Die Formel für die „Spearman-Korrelation“ ist vollumfänglich identisch wie die der „Pearson-Korrelation“, lediglich die Daten xi und yi werden mit ihren jeweiligen Rängen substituiert:


Die „Spearman-Korrelation“ misst demnach den monotonen Zusammenhang, während die „Pearson-Korrelation“ den linearen Zusammenhang misst.

Abhängig vom jeweiligen Messniveau, das durch die inkludierten Variablensätze entsteht, werden also die genannten Korrelationskoeffizienten differenziert. Vom Grundsatz her ist jedoch zu bedenken, dass bei der Anwendung von Korrelationsanalysen nicht sofort gleich ein kausaler Zusammenhang erwirkt werden kann und man zunächst nur von einer Verbindung gedanklicher Verknüpfungsmuster ausgeht, wenngleich es aber zu bedenken gilt, dass ein kausaler Zusammenhang jedoch immer mit einer hohen Korrelation einhergeht (vgl. Behr 2017: 140 ff.; vgl. Fahrmeir 2007: 135 ff.). Gesamthaft ist die Korrelationsanalyse ein investigatives Modell, welches die Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei oder mehreren Variablen betrachtet und einen richtungsspezifischen Analyseansatz bietet, ob eine gleichgerichtete oder entgegengesetzte Zusammenhangskausalität gegeben ist. Je nachdem, wie hoch die Anzahl der zu untersuchenden Variablen ist, kann man eine „einfache“ oder eine „multiple“ Korrelationsanalyse anwenden. So ist es beispielsweise bei der multiplen Korrelationsanalyse möglich, dass in Abhängigkeit vom jeweiligen Blickwinkel in diesem Fall partielle oder multiple Korrelationskoeffizienten herausgefunden werden können.

Während ein partieller Korrelationskoeffizient wiederum die Stärke des Zusammenhangs zweier Variablen fokussiert, währenddessen angenommen wird, dass die anderen Variablen konstant gehalten werden. Bei der multiplen Variante können sodann Angaben über die parallele bzw. simultane Korrelation zwischen einer Variablen und allen anderen gemacht werden. In Abhängigkeit vom sogenannten Messniveau der Variablen besteht die Möglichkeit, verschiedene Bestimmungsverfahrensweisen der Korrelationsanalyse voneinander abzugrenzen. Für die metrisch-skalierten Variablen findet in der am häufigsten vorkommenden Form, der „Produkt-Moment-Korrelation“, als Ergebnis der Analyse findet der bereits genannte Korrelationskoeffizient nach Bravais und Pearson innerhalb der Intervallskala von [-1, +1| seine Verwertbarkeit (vgl. Hammann/Erichson 2000: 195 ff.; vgl. Fahrmeir 2007: 139; vgl. Cleff 2008: 106).

Wichtig zu wissen für die Interpretation dabei ist, dass der Höchstwert von +1 auch die maximal ausgeprägte Art der Beziehung zwischen den Variablen zum Ausdruck bringt. Für den Fall, dass der Wert 0 als Ergebnis vorliegt, kann man von einer Abstinenz jeglicher Korrelation der Variablen ausgehen. Ergibt sich bei der Analyse die Wertigkeit -1, so ist die Abhängigkeit der Variablen gegenläufig. Allerdings lässt sich auch für diese Anwendung keinerlei Aussage hinsichtlich der Kausalität machen. Dennoch bleibt anzumerken, dass die Korrelationsanalyse ein durchaus geläufiges Verfahren aus dem Spektrum der multivariaten Analysen darstellt, das eine genaue Untersuchung unterschiedlicher Zusammenhänge zwischen zwei oder mehreren statistischen Merkmalsvariablen ermöglicht. Anders als bei der Regressionsanalyse, sind bei dieser Analyseform keine Mutmaßungen in Bezug auf die Richtung des kausalen Zusammenhangs der betrachteten Variablen nötig. Wie bereits angesprochen wurde, findet bei der Korrelationsanalyse im Grunde genommen der „Produkt-Moment-Korrelations-Koeffizient“ nach Bravais und Pearson seine Anwendung, mit dessen Hilfe der Stärkegrad des linearen Zusammenhangs zweier metrisch skalierter Variablen x und y als Skala angibt (vgl. Raab et al. 2009: 227; vgl. Bortz/Schuster 2010: 156 ff.).

Um auch dafür nochmals eine breitere Veranschaulichung über die Grundlagen der hier in Anwendung gebrachten statistischen Verfahrensweisen aufzuzeigen, sollen noch ein paar mathematische Darstellungsweisen und Definitionen in diesem Zusammenhang für ein besseres Verständnis sorgen. So soll zuerst der Korrelationskoeffizient für Zufallsvariablen angeführt werden. In dieser Fallkonstellation heißt das für zwei quadratisch integrierbare Zufallsvariablen x und y mit einer jeweiligen positiven Standardabweichung σ und der Kovarianz Cov(x, y) ist der „Pearson’sche Maßkorrelationskoeffizient“ folgendermaßen definiert:


Zwar ist es möglich, dass dann ein nicht-linearer statistischer Merkmalszusammenhang vorliegen könnte, aber im Umkehrschluss trotzdem zur Geltung kommt, dass der Korrelationskoeffizient immer gleich Null ist, sofern die Merkmale von statistischer Unabhängigkeit sind. Konsequenterweise ist der Korrelationskoeffizient kein Hinweis darauf, dass die zwei Merkmalszusammenhänge kausal sind, was also heißt, wenn ein statistischer Zusammenhang vorliegt, muss noch lange keine kausale Korrelation vorhanden sein. Demzufolge kann der Korrelationskoeffizient nicht gleich unmittelbar die Richtung eines Zusammenhangs bestimmen, da Korrelationen nicht nur einseitig gelten, sondern sich eventuell auch beiderseitig und gegenseitig beeinflussen könnten.

In Abhängigkeit von dem betrachteten Datensatz, gilt es einen gemessenen Korrelationskoeffizienten als „groß“ oder „klein“ zu interpretieren.

Da nun die Grundlagen der in der Dissertation angewendeten Methoden zur deskriptiven Statistik erklärt wurden, soll nun im folgenden Unterabschnitt auf einen weiteren analytischen Relevanzbereich eingegangen werden, die „Schätzung“ und „Inferenz“.

1.4.4 Schätzung und Inferenz

Nachdem im Punkt 1.4.3 auf „ungerichtete“ Zusammenhänge eingegangen wurde, soll in diesem Abschnitt auf „gerichtete“ Zusammenhänge fokussiert werden.

Zuerst gilt es im Allgemeinen eine Darstellung über verschiedene relevante Begrifflichkeiten und Tests bezüglich der Abhängigkeitsstrukturen zu erläutern.

Grundsätzlich ist die Eingruppierung von multivariaten Verfahren nach verschiedenen Gesichtspunkten möglich, wie beispielsweise einer Klassifizierung nach der Zahl oder nach der Art bzw. dem Skalenniveau der inkludierten Merkmale (hier: Bivariate, Trivariate oder Multivariate Analysen für Nominalskalierte, Ordinalskalierte oder Intervallskalierte Merkmale bzw. Merkmale mit gemischtem Skalenniveau. Prinzipiell ist die Abstufung von einem Skalenniveau höherer Ordnung auf ein Skalenniveau niedrigerer Ordnung gestattet, jedoch könnte dabei ein Informationsverlust auftreten (z. B. durch die Klassifikation selbst, aber auch durch das Zerlegen von intervallskalierten Variablen auf Basis der kumulierten Werteverteilung, wie dem Median oder den Quartilen). Diese erzeugen ordinalskalierte Merkmale, die selbstverständlich auch als nominalskalierte Merkmale analysiert werden können (vgl. Holtmann 2010: 1; vgl. Fahrmeir 2007: 109 ff.; vgl. Klandt/Heidenreich 2017: 168; vgl. Backhaus 2016: 611 ff.).

Darüber hinaus ist auch die Art der Erhebung von essentieller Bedeutung, wie dies auf der einen Seite an verschiedenen Objekten erhobene „unabhängige Stichproben“ sein können, oder „abhängige Stichproben“ bei denen das selbe Merkmal möglicherweise an gleichen Objekten zu unterschiedlichen Zeiten als Panelanalyse erhoben wird. Multivariate Analyseverfahren haben ganz grundsätzlich die Untersuchung von gemeinsamen Verteilungen jeweils inkludierter Merkmale, mit dem Zielfokus die Abhängigkeitsstrukturen aufzudecken. Umso mehr Merkmale analytisch mitintegriert werden, desto weniger sind mögliche Merkmalskombinationen besetzt (vgl. Sensch 1987: 9 ff.; vgl. Handl 2002: 3 ff.; vgl. Stocker/Steinke 2017: 105 ff.). Allerdings lassen sich viele Fragestellungen bezüglich der Abhängigkeitsstrukturen dann entweder nicht oder tendenziell beantworten, weil kein Signifikanznachweis mehr möglich ist. Werden Abhängigkeiten untersucht, so können Verfahren für „symmetrische“ oder für „asymmetrische“ Abhängigkeitsstrukturen unterschieden werden. Bei asymmetrischen Abhängigkeitsstrukturen gilt, dass Merkmale in Einflussgrößen (X1, X2, …, Xk) und abhängige Größen (Y1, …, Yl) unterteilt werden können. Damit soll die Modellierbarkeit von funktionellen Zusammenhängen zwischen „unabhängigen Einflussgrößen“ und „abhängigen Zielgrößen“ erreicht werden, die gegebenenfalls durch potenzielle Messfehler nicht gleich identifizierbar waren. Im Anschluss an diese Modellschätzung können Signifikanztests angesetzt und die Residuen analysiert werden, was darüber hinaus noch durch verschiedene Tests wie beispielsweise multiple bzw. multivariate lineare und nichtlineare Regressionen, logistische Regressionen, Zeitreihen- oder Diskriminanzanalysen geschehen könnte (vgl. Holtmann 2010: 3 ff.; vgl. Schäfer 2016: 157 ff.; vgl. Müller 2005: 26–41, 67 ff., vgl. Löbker 2017: 2 ff).

Anders ist es bei symmetrischen Abhängigkeitsstrukturen, die gegeben sind, wenn die wechselseitige Abhängigkeit von Merkmalen (X1, X2, …, Xk) analysiert werden soll, weil dies eben nicht in „abhängige“ bzw. „unabhängige“ Größen untergliedert werden können. Auch hier gilt das Modellierungsziel, die wechselseitigen Zusammenhänge zwischen den beteiligten Größen aufzuzeigen, welche bei möglichen Messfehlern mit den Datensätzen entstanden sind. Bei dieser Variante können nach der Modellschätzung ebenfalls Signifikanztests durchgeführt und die Residuen untersucht werden, was im konkreten Fall mithilfe von Kreuztabellen, Korrelationsanalysen, Clusteranalysen, usw., realisiert werden kann (vgl. Holtmann 2010: 3 ff.; vgl. Stein et al. 2011: 13–73).

Grundsätzlich versteht man unter der Inferenzstatistik, die auch als „schließende oder induktive Statistik“ bezeichnet wird, den daraus abgeleiteten Schluss von der Stichprobe eines erhobenen Datensatzes auf die Werte in der Grundgesamtheit. Dabei beziehen sich die gewonnenen Erkenntnisse der deskriptiven Statistik jedoch nur auf eine bestimmte Stichprobe. Fraglich ist dabei, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Stichprobenergebnisse auch in der Grundgesamtheit gültig sind. Entscheidend ist dabei, dass eine richtige Auswahl getroffen wird, also zum Beispiel ob dies in Form einer Zufallsauswahl, einer systematischen Auswahl, einer geschichteten Auswahl, o. ä. stattfindet. Insofern kann die Inferenzstatistik Verfahrensweisen bieten, die eine richtige Auswahl aus der Gesamtmasse zu treffen erleichtert bzw. liefert sie ein Regelwerk hinsichtlich der Verallgemeinerung der erhobenen Werte aus den Stichprobenergebnissen (vgl. Lutter 2004: 4; vgl. Bankhofer/Vogel 2008: 91; vgl. Bortz 1999: 49–132; vgl. Sibbertsen/Lehne 2015: 327 ff.). Nachdem nun ein Überblick aller in der Dissertation verwendeten statistischen Verfahren abgehandelt wurde, bleibt als Fazit zu konstatieren, dass grundsätzlich von wesentlicher Bedeutung ist, die Methodik im Kontext des ausgearbeiteten Untersuchungsdesigns und die statistische Auswertung aufeinander abzustimmen. Als erstes soll es darum gehen, die aus der Theorie abgeleiteten Hypothesen aufzustellen, welche sodann beispielsweise mittels deskriptiver Statistik, der Berechnung von Mittelwert, Modus, Streuungswerten, etc. überprüft werden. Zweitens geht es aber ganz grundlegend auch darum, die Versuche sauber durchzuplanen, was zum Beispiel durch Pretests, Ableitung des Stichprobenumfangs oder der Ermittlung von Effektstärke und zufälligem Fehler geschehen kann.

Drittens ist es wie bereits angedeutet wichtig, die Hypothesen im Anschluss zu prüfen, was mithilfe der Inferenzstatistik bzw. verschiedener klassischer Tests (z. B. Korrelationen, etc.) vollzogen wird. Insofern geht es bei der deskriptiven Forschung primär um Beobachtungen, mit denen Zusammenhänge bzw. Korrelationen aufgedeckt werden sollen ohne dabei das zu untersuchende Objekt zu manipulieren. Bei der experimentellen Forschung hingegen gilt es zu prüfen, ob sich vermutete Effekte gegebenenfalls reproduzieren lassen. Also mit dem Fokus auf mögliche Manipulationen vereinzelter Randbedingungen, dem Ausblenden von Störfaktoren durch konstante Annahmen oder gar dem Bestreben eines möglichst praktikablen Versuchsansatzes. Insofern haben beide Ansätze ihre Wichtigkeit, weshalb auch mit beiden Herangehensweise gearbeitet wird, die symbiotisch harmonisiert werden sollen (vgl. Petzold 2016: 3).

1.4.5 Interpretationshilfe


1 Integrierte Kommunikation bezeichnet im Bereich der Kommunikationspolitik den Prozess der allumfassenden und vernetzten, strategischen und damit zielgerichteten Kommunikation. Sie umfasst Analyse, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle (Management) der gesamten internen und externen Kommunikation von Unternehmen, Organisationen oder Personen mit dem Ziel, eine konsistente und aufeinander abgestimmte Unternehmenskommunikation zu gewährleisten (Definition nach Bruhn).

2 Indirekt zitiert aus dem Vorwort (Bruhn 2006c: V)

3 Maßgeblich für diese Ausführungen ist der „Public Corporate Governance Kodex des Bundes“ (siehe Quellen- und Literaturverzeichnis)

4 URL: http://www.olev.de/a/agentur.htm (Datum: 31.08.2017).

5 URL: http://www.efv.admin.ch (Datum: 09.09.2013).

6 Der 1. Kreis besteht aus Zentral- oder Ministerialverwaltung, die v.a. politische Steuerungs- u. Koordinationsaufgaben erfüllt. Im 2. Kreis befinden sich Verwaltungseinheiten, die mit Leistungsauftrag u. Globalbudget geführt werden und trotz Abstand relativ „politiknah“ arbeiten. Der 3. Kreis umfasst Anstalten und Betriebe, die zu 100 % im Besitz des Bundes sind und über eigene gesetzliche Grundlagen sowie i. d. R. über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen. Zum 4. Kreis gehören schließlich die privat- oder öfftl.-rechtl. Unternehmungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die öffentliche Aufgaben erfüllen und an deren Kapital der Bund i. d. R. maßgeblich beteiligt ist.

7 Liste der Bundesverwaltung: http://www.bund.de/Content/DE/Behoerden/Suche/Formular.html;jsessionid=58CAA9CCEDEDE026ABE1CE78C736CEC7.1_cid358?view=processForm&nn=4642046/ (Datum: 12.04.2014).

Kommunikationsmanagement im öffentlichen Sektor

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