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Das Geschenk des offenen Herzens
ОглавлениеDem äußeren Weglegen von Beanspruchungen und Ablenkungen entspricht ein inneres Weglegen von Erwartungen. Wir sind eingeladen, die nutzbringenden Aspekte unseres Lebens eine Weile außer Acht zu lassen, diese Aspekte, etwas Gutes, Richtiges, Helfendes zu tun, um dies oder jenes zu erreichen.
Wenn wir mit einer freigehaltenen Zeit des Übens beginnen, haben wir Wünsche, die uns zu solchen Zeiten eingeladen haben. Wir spüren, dass wir vor einem Lebensproblem nicht mehr weglaufen wollen, sei es in einer Beziehung, der Trauer um einen Menschen, einem Problem im Beruf. Wir wollen aus einem nur rational oder funktional bestimmten Leben aussteigen hin zu einem spontane Impulse wahrnehmenden und von inneren Sehnsüchten geleiteten Leben.
Je mehr wir uns öffnen, desto mehr nehmen wir wahr, was wir im Alltag übersehen. Wir stehen wieder als kindlich Unwissende vor der Wirklichkeit und suchen neu Kraft und Klarheit. Die Neugierde ist eine wichtige Antriebskraft für unser Suchen. Aber ein Vorwissen, dessen Bestätigung wir neugierig erwarten, kann zur Blockade werden. Keine Angst, das Wissen geht nicht verloren, wenn wir achtsam auf die Themen werden, die sich in den Exerzitien zeigen wollen. Sie waren vielleicht lange verschüttet oder einfach noch nicht dran. Bei Exerzitien ist es wichtig, sich in diese ungelenkte Aufmerksamkeit, also in eine kontemplative Erwartung, einladen zu lassen. Sie ist nicht gegenständlich und äußert sich doch symbolisch durch eine besondere Beziehung zu Gegenständen, Naturereignissen, in Begegnungen. Es sind innere Einladungen zu einer vorurteilsfreien Haltung. Dabei ist die Zeit der Exerzitien eine Hilfe, diese neuen Erfahrungen wahrzunehmen und mit dieser gereinigten Wahrnehmung auch in den Alltag zurückzukehren.
In der jüdischen Tradition, dem Wurzelgrund christlicher Lebensimpulse, darf der Name Gottes nicht ausgesprochen werden. Ihn zu nennen gilt als besitzergreifend dem Geheimnis des Lebens gegenüber. Der Verzicht auf das Aussprechen eines Namens für Gott weist auf das Geheimnisvolle hin, das auch in jeder anderen Liebesbeziehung erfahrbar ist. Welche inneren Vorstellungen müssen wir beiseitelegen, um uns für diese verborgene Wirklichkeit mitten in unserem Leben zu öffnen?