Читать книгу Aufwachen - Christian Meyer - Страница 9
Gefühle verbrennen – Stille ist das Ergebnis
ОглавлениеF: Ich würde gerne wissen, wie ich mit Gefühlen umgehe, die auftauchen.
C: Was geschieht, wenn du in der Mitte des Gefühls bist?
F: Das Gefühl vergeht nach einer Zeit, es bleibt still.
C: Während das Gefühl vergeht, was passiert dabei mit dir?
F: Ich bin stärker zentriert, es intensiviert sich.
C: Was geschieht jetzt, während du das Gefühl fühlst?
F: Immer wieder dasselbe. Das Gefühl vergeht und es taucht ein anderes auf, immer wieder neue Gefühle.
C: Ja, nachdem es vergangen ist, taucht ein anderes Gefühl auf. Was macht das Gefühl mit dir?
F: Ich weiß es nicht, eigentlich nichts.
C: Genau, und du brauchst nichts zu machen. Du bist in der Mitte des Gefühls und du brauchst nichts zu tun. Dann geschieht etwas mit dir. Das Gefühl zerreißt dich, es quält dich, es brennt in dir, es lässt dich nach Luft ringen, es lässt Tränen auftauchen, alles Mögliche geschieht dabei.
F: Ja.
C: Und was ist die Folge davon?
F: Ich verliere die Beziehung zu diesem Gefühl.
C: Ja, während es verbrennt, hört die Beziehung auf. Es ist von vorne herein keine persönliche Beziehung. Das, was du eben schon sagtest, stimmt. Wenn du auf diese Weise das Gefühl verbrennen lässt und in der Mitte des Gefühls bist als derjenige, der dieses Gefühl fühlt und erfährt, dann kommst du tiefer, wirst du stiller, dann wirst du zentrierter. Dann wirst du auch lebendiger und klarer. So wie die Luft nach dem Gewitter plötzlich klar ist. Alles Schwüle und Bedrückende hat sich aufgelöst. Du bleibst bei dem Gefühl und lässt dich tiefer in dieses Gefühl hineinfallen. Die Stille brauchst du nicht zu suchen, sie ist das Ergebnis, das, was von alleine auftaucht. Bleibe dabei, diese Fähigkeit zu entwickeln, dich in das Gefühl hinein sinken zu lassen.
F: In die Stille?
C: Nicht in die Stille, sondern in das, was du gerade erfährst. Die Stille sorgt für sich selbst. Wenn du etwas tust, um in die Stille zu kommen, dann schiebst du immer Gefühle beiseite. Zentriere dich auf das, was im Augenblick geschieht, als ein Geschenk. Jede Stille, die man gesucht hat – sei es durch autogenes Training oder durch andere innere Methoden – bleibt sehr fade, sehr unlebendig und sehr wenig tief. Deswegen ist es deine Aufgabe, das zu suchen, was gerade an Erfahrung da ist, was als Gefühl gerade präsent ist und damit eins zu werden, da hinein zu sinken.