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II. Mehrwertsteuer

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Die Umsatzsteuer wird im täglichen Sprachgebrauch oft „Mehrwertsteuer“ genannt. Das EU-Recht benutzt auch offiziell diesen Begriff (Mehrwertsteuersystemrichtlinie, MwStSystRL[9]). Die Bezeichnung als Mehrwertsteuer hat den Hintergrund, dass sich die USt-Zahllast regelmäßig nach dem Mehrwert richtet, den ein Steuerpflichtiger auf seiner Wirtschaftsstufe geschaffen hat (abgebildet im erzielten Mehrerlös). Dies beruht auf dem Vorsteuerabzug für die Umsatzsteuer auf Eingangsleistungen (§ 15 UStG, s. dazu Rn 695 ff).

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Dass als Ergebnis eines Vorsteuerabzugs nur ein Mehrwert effektiv besteuert wird, zeigt sich an unserem Einführungsfall (Rn 10 ff). Die Steuerzahllast[10] der Steuerschuldner H, G und E richtet sich dort jeweils nicht nach dem vollen erzielten Entgelt, sondern nach der vom jeweiligen Steuerschuldner erzielten Wertschöpfung (dem Mehrwert):

H zahlt € 19 USt, weil er als Hersteller einen Wert von € 100 schafft (hier wird zur Vereinfachung unterstellt, dass H keinerlei steuerpflichtige Eingangsleistungen bezogen hat).
Die Wertschöpfung auf der zweiten Stufe beläuft sich ebenfalls auf € 100, weil G für € 100 netto kauft und für € 200 netto verkauft. Seine USt-Zahllast beträgt zutreffend ebenfalls € 19 (€ 38 USt-Schuld aus dem Verkauf an E abzüglich des Vorsteuerabzugs von € 19 aus dem Ankauf von H).
Auf der Stufe des E ist die Wertschöpfung doppelt so groß, nämlich (€ 400 – € 200 =) € 200. Folgerichtig beträgt die USt-Zahllast des E € 38 (€ 76 USt-Schuld aus dem Verkauf an V abzüglich des Vorsteuerabzugs von € 38 für den Ankauf von G).

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Der Begriff der Mehrwertsteuer darf nicht zu Missverständnissen verleiten. Jeder Unternehmer hat den vollen Nettowert der von ihm erbrachten Leistung zu versteuern. Erst der Vorsteuerabzug führt zu einer Zahllast nur in Höhe des geschaffenen Mehrwertes. Ein Vorsteuerabzug ist regelmäßig möglich, aber nicht immer (vorausgesetzt ist etwa eine ordnungsgemäße Rechnung, s. dazu Rn 739 ff). Der Begriff „Mehrwertsteuer“ bezeichnet damit, wenn man den Vorsteuerabzug berücksichtigt, die typische Wirkung der Umsatzsteuer.[11]

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Indem bei jedem Steuerpflichtigen im Ergebnis nur der von diesem geschaffene Mehrwert besteuert wird, wird die Umsatzsteuer fraktioniert erhoben: Jeder Unternehmer zahlt an das Finanzamt nur den USt-Betrag, der der Wertschöpfung auf seiner Stufe in der Leistungskette entspricht. Die Addition der Teilbeträge (im Einführungsfall: € 19 + € 19 + € 38) ergibt die Gesamtbelastung (im Einführungsfall: € 76), die der Konsument – indirekt als Teil des Kaufpreises – trägt.

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Die Erhebung der Umsatzsteuer als Allphasen-Steuer und die damit verbundene Fraktionierung der Umsatzsteuer bedeutet eine Erschwernis für die Unternehmer. Eine Einphasen-Steuer, der nur Umsätze an private Verbraucher unterliegen („Einzelhandelssteuer“), würde Umsätze in der Unternehmerkette von der Umsatzsteuer befreien und damit einen erheblichen Verwaltungsaufwand beseitigen. Andererseits würde sie die Unternehmer dazu zwingen, sich über die Frage zu informieren, in welcher Eigenschaft ein Leistungsempfänger auftritt und entsprechend Umsatzsteuer auf den Verkaufspreis aufzuschlagen oder davon abzusehen. Außerdem kann die fraktionierte Erhebung der USt Steuerhinterziehungen vermeiden oder die Schäden daraus reduzieren.[12] Will etwa im Ausgangsfall der Einzelhändler E die USt auf seinen Ausgangsumsatz hinterziehen, wird er kaum den Vorsteuerabzug auf den Eingangsumsatz geltend machen, um Nachfragen des Finanzamtes nach dem Verbleib des Fahrrades zu vermeiden. Beim Fiskus kommt damit immerhin ein Teil der geschuldeten USt an (die nicht zum Abzug gebrachte Vorsteuer des E).

§ 1 Einleitung › C. Charakteristika der Umsatzsteuer › III. Allgemeine Verbrauchsteuer

Umsatzsteuerrecht

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