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A. Bedeutung der Umsatzsteuer
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Die Umsatzsteuer (USt) ist eine der aufkommensstärksten Steuern in Deutschland. In der geltenden Form hat sie ihren Ursprung in der Finanznot des ersten Weltkrieges: Das 1916 erlassene „Gesetz über einen Warenumsatzstempel“ führte eine Abgabe von 0,1% ein, die zunächst (nur) alle Lieferungen von gewerblichen Betrieben erfasste.[1] Von diesen bescheidenen Anfängen hat sich die Umsatzsteuer heute weit entfernt. Von den gesamten Steuereinnahmen des Jahres 2015 von € 673,3 Mrd. entfiel mit einem Betrag von € 209,9 Mrd. fast ein Drittel auf die Umsatzsteuer.[2]
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Die Umsatzsteuer ist damit für die Finanzierung der öffentlichen Hand von großer Bedeutung. Dem steht ihre Relevanz in der Praxis der Unternehmer (s. heißt das Steuersubjekt der Umsatzsteuer, § 2 UStG) und ihrer Berater nicht nach. Die Umsatzsteuer ist für viele Unternehmer eine laufend zu erledigende Verwaltungsaufgabe. Zugleich fordert sie dem Unternehmer immer wieder schwierige Entscheidungen im Einzelfall ab.
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Was zunächst die Umsatzsteuer als Dauer-Verwaltungsaufgabe betrifft, ist insbesondere die Verpflichtung angesprochen, (zumeist monatlich) USt-Voranmeldungen abzugeben und USt-Vorauszahlungen an das Finanzamt zu leisten (§ 18 Abs. 1 UStG). Eine USt-Jahreserklärung kommt hinzu (§ 18 Abs. 3 UStG).
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Die anspruchsvollen Einzelfragen, die den Unternehmer im Bereich der Umsatzsteuer beschäftigen können, sind vielfältig. Dabei kann es etwa um die grundlegenden Fragen gehen, ob überhaupt ein Steuertatbestand erfüllt ist (s. dazu im Überblick § 1 UStG und in diesem Buch Rn 70 ff), oder ob eine Steuerbefreiung (§§ 4 ff UStG) zu beachten ist. Weiter kann etwa die richtige Berechnung der Bemessungsgrundlage (§ 10 UStG) oder die Wahl des zutreffenden Steuersatzes (§ 12 UStG) Schwierigkeiten bereiten. Im Einzelfall kann auch zweifelhaft sein, ob der Leistende oder der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet (§ 13b UStG).
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Die genannten und weitere Fragen muss der Unternehmer u. a. beantworten, wenn er Angebote verschickt, Rechnungen stellt, und wenn er USt-Voranmeldungen und -Jahreserklärungen beim Finanzamt einreicht. Bereits im Vorfeld ist in vielen Fällen Unternehmenssoftware (etwa ein ERP-System[3]) so zu konfigurieren, dass alle Umsätze steuerlich richtig erfasst werden. Liegt der Unternehmer mit seinen Entscheidungen falsch, drohen Rechtsrisiken. Die möglichen Konsequenzen reichen von Auseinandersetzungen mit dem Vertragspartner (zum Anspruch auf eine – richtige – Rechnung s. § 14 Abs. 2 S. 1 UStG) über eine Inanspruchnahme durch das Finanzamt wegen unrichtig ausgewiesener Umsatzsteuer (§ 14c UStG) bis hin zu den Schreckensszenarien einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung (§§ 370, 378 AO) oder auch nur des Verdachts einer solchen Tat.
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Vor besondere Herausforderungen stellt die Umsatzsteuer die wachsende Zahl derjenigen Unternehmer, die Lieferungen und Dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten. In diesem Bereich besteht ein eng geknüpftes Netz von Vorschriften, die eine Mehrfachbesteuerung verhindern sollen. Eine solche wäre ein Hemmnis für den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr. Die Vermeidung einer Mehrfachbesteuerung ist damit volkswirtschaftlich sinnvoll und für die Unternehmer von Vorteil (s. dazu noch Rn 59 ff). Die Wohltat kommt allerdings nicht kostenlos: Gerade im Geschäftsverkehr mit dem Ausland ist die umsatzsteuerrechtliche „Compliance“ eine Herausforderung. Grenzüberschreitende Lieferungen und sonstige Leistungen sind für Zwecke der Umsatzsteuer häufig nicht zweifelsfrei einzuordnen. Sie lösen außerdem spezielle Verfahrensobliegenheiten und -pflichten aus. Pars pro toto seien die Regelungen zum Beleg- und Buchnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen und Ausfuhrlieferungen genannt (§§ 8-17c UStDV). Außerdem sei auf die Pflicht hingewiesen, innergemeinschaftliche Lieferungen und sonstige Leistungen in Zusammenfassenden Meldungen an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu berichten (§ 18a UStG).
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Selbst wer als Kleinunternehmer (§ 19 UStG) wegen geringer Umsätze von der Umsatzsteuer befreit ist, kann das Thema übrigens nicht ganz vernachlässigen. Nicht nur muss auch der Kleinunternehmer USt-Jahreserklärungen abgeben.[4] Er sollte auch im Auge behalten, dass die Kleinunternehmer-Regelung auch mit Nachteilen verbunden ist. Wer auf sie verzichtet, also „freiwillig Umsatzsteuer zahlt“ (das ist nach § 19 Abs. 2 UStG möglich), eröffnet sich dadurch insbesondere den sonst verschlossenen Weg zum Vorsteuerabzug (§ 15 sowie § 19 Abs. 1 S. 4 UStG).
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Eine besondere Herausforderung bei der Beschäftigung mit der Umsatzsteuer liegt darin, dass das Rechtsgebiet – wie das Steuerrecht insgesamt – nicht stillsteht. In jüngerer Zeit hat vor allem die Rechtsprechung des EuGH wichtige Impulse für die Rechtsentwicklung in Deutschland gegeben. Die Zuständigkeit des EuGH ergibt sich daraus, dass das Umsatzsteuerrecht in der EU durch (sehr detaillierte) Richtlinien harmonisiert ist. Das deutsche UStG setzt dieses Richtlinienrecht um, ist daran zu messen und in dessen Lichte zu interpretieren (zu den Einzelheiten s. Rn 37 ff).
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Das Umsatzsteuerrecht ist also ein Rechtsgebiet in Bewegung, dessen Bedeutung für die Unternehmer zudem ständig wächst. Das macht die Beschäftigung mit der Umsatzsteuer in gleichem Maße spannend wie lohnenswert.
§ 1 Einleitung › B. Technik der Umsatzsteuer