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3.1 Bildrecht

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Das Bildrecht ist Teil des Medienrechtes, das das Presserecht, Rundfunkrecht und Multimediarecht einschließt. Medien in Demokratien vom Typ der Bundesrepublik Deutschland dienen der pluralistischen Meinungsbildung. Sie fungieren als Wirtschaftsfaktor und Kulturträger. Dabei übernehmen sie im Rahmen der so genannten Grundversorgung eine Bildungs-, Informations- und Unterhaltungsfunktion. Zu den Mediengrundrechten gehören u.a. die Meinungs-, Informations- und Kunstfreiheit sowie das Zensurverbot.

In Bezug auf das Eigentum von Texten, Grafiken sowie bewegten und unbewegten Bildern greift das Urheberrecht, das die Rahmenbedingungen der Besitzverhältnisse und Nutzungsrechte festlegt (vgl. Steckler 2004). Weiterhin existieren Gesetze zum Schutz gegen jugendgefährdende Medieninhalte in Wort und Bild (vgl. Fechner 2001).

Fotos als Lichtbildwerke sind urheberrechtlich geschützt, sofern eine gewisse Gestaltungshöhe in Form einer besonderen Perspektivenwahl oder Lichteinstellung vorgenommen worden ist. Dies gilt zusätzlich für Filme aus dem fiktiven und dokumentarischen Bereich. So stellt die bloße Aufzeichnung eines Sportereignisses kein schützenswertes Filmwerk dar. Gleichwohl können die Rechteinhaber der Veranstaltung entscheiden, welcher Medienanbieter zu welchem Umfang auf welchem Kanal z. B. ein Fußballbundesligaspiel übertragen darf (vgl. Kaessler 2007).

Grundsätzlich dürfen Bildnisse, zu denen Fotos, Film- und Fernsehaufnahmen, Fotomontagen und weitere Formen des künstlerischen Schaffens wie Zeichnungen und Gemälde gehören, nur mit der Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.

Es ist bei der juristischen Bewertung hinsichtlich einer angemessenen Verbreitung von Bildern aber zu differenzieren, ob es sich um relative und absolute Personen der Zeitgeschichte handelt. Als absolute Personen der Zeitgeschichte werden diejenigen Akteure klassifiziert, bei denen ein hohes öffentliches Interesse über deren Leben besteht. Dazu gehören unter anderem prominente Politiker, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, Erfinder, Künstler, Schauspieler und Sportler.

Relative Personen der Zeitgeschichte treten in der Regel mit Bezug auf ein bestimmtes Ereignis in den Blick der Öffentlichkeit. Dazu gehören zum Beispiel Vertreter der Judikative (Staatsanwälte, Richter, Rechtsanwälte), Legislative (Abgeordnete) oder Exekutive (Polizisten) und Begleiter von Prominenten, die als absolute Personen der Zeitgeschichte klassifiziert sind, aber auch Verbrecher (vgl. Leifert 2007). Sie genießen einen größeren Schutz am eigenen Bild, da ihre Aktivitäten kein derart großes Interesse umfassen wie die absoluten Personen der Zeitgeschichte, bei der das öffentliche Interesse stärker eingeschätzt wird.

Das Recht am eigenen Bild, das weitgehend im Kunst- und Urhebergesetz (KUG) geregelt ist, verbietet es anderen, entsprechende Aufnahmen ohne Einwilligung der Betroffenen zu verbreiten oder öffentlich zur Schau zu stellen (vgl. Petersen 2003, Sachsse 2003, Dörr/Schwartmann 2008, Isermann/Knieper 2010). Dies gilt weiterhin für Bilder von Prominenten. Hierbei hat das sogenannte Caroline-Urteil einen wichtigen Beitrag geleistet (vgl. Ladeur 2007, Ruchartz 2007, Rau 2008, Keller/Häger 2011). Es gelangte nach einer Klage der Prinzessin gegen Paparazzi-Fotografien aus ihrem Privatleben nach mehreren Prozessen u.a. beim Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht zu folgender Einschätzung:

„Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem bekannten Urteil vom Juni 2004 zur Zulässigkeit der Veröffentlichung von Fotos, die Caroline von Monaco am Strand, beim Skifahren, beim Einkaufen, auf dem Markt und auf dem Fahrrad zeigen, entschieden, dass eine Veröffentlichung von Bildern davon abhängig ist, ob diese einen ‚Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse leisten‘.“ (Fricke 2010, S. 200)

Aufnahmen von privaten Feiern der Prominenten dürfen ohne Einwilligung der Beteiligten demnach nicht mehr publiziert werden. Es geht hierbei demzufolge um das Spannungsfeld des öffentlichen Interesses einerseits und den Schutz der Privatsphäre andererseits. Letztere wird als Bedeutungsraum klassifiziert. Grimm und Krah (2016, S. 178) zufolge handelt es sich dabei um den Bereich,

„[…] in dem je nach System verschiedene Handlungen, Situationen, Zustände mentaler oder körperlicher Art des oder der Subjekte stattfinden, die in historisch oder sozial variablem Ausmaß der Kontrolle des Außenraums entzogen werden“.

Gleichwohl existieren Einschränkungen derartiger Beschränkungen, die einige Bereiche umfassen. Dazu gehören Bilder, bei denen die Personen nur als Beiwerk im Rahmen einer Landschaft oder einer anderen Örtlichkeit abgebildet sind, Bilder von offiziellen Veranstaltungen, Versammlungen und Demonstrationen, an denen die abgebildeten Personen teilgenommen haben, sowie Bilder, die im Sinne eines höheren Interesses der Kunst dienen (vgl. Gruber 2006, Leifert 2007). Insofern handelt es sich stets um eine Abwägungsentscheidung nach spezifischen Kriterien, ob Bilder veröffentlicht werden dürfen oder nicht. Relevant ist also, ob es sich um eine öffentliche Veranstaltung mit Prominenten handelt, in der z. B. Repräsentationspflichten vollzogen werden oder um privates Agieren im öffentlichen oder privaten Raum. Die Privat- und Intimsphäre von Prominenten und Nicht-Prominenten ist aber stets zu schützen.

„Tabu sind Aufnahmen aus der Intimsphäre, und bei Bildern aus der Privatsphäre kommt es darauf an, ob der Öffentlichkeitswert das Interesse an der Privatheit überwiegt.“ (Gerhardt/Steffen/Tillmanns 2015, S. 206)

Diese Grenze lässt sich anhand des folgenden Beispiels verdeutlichen. Trotz des angeblich großen öffentlichen Interesses an den Aufnahmen von Kate Middleton, der Ehefrau des englischen Prinzen William, die in ihrem Strandurlaub mit nacktem Oberkörper fotografiert worden ist, wurde nach erstem Abdrucken durch eine italienische Illustrierte die Weiterverbreitung dieser Bilder juristisch untersagt (vgl. Lamprecht 2013).

Offizielle Auftritte in sozialen Zusammenhängen z. B. von Amtsträgern dürfen hingegen durch Bilder stets dokumentiert und publiziert werden (vgl. Mast 2004).

Bei nicht prominenten Personen dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung der Abgebildeten verbreitet und ausgestellt werden. Dabei handelt es sich um Fotos, Film- und Fernsehaufnahmen, aber auch um Zeichnungen und Gemälde. Die Privat- und Intimsphäre sind hier besonders geschützt. Dazu gehören öffentlich zugängliche Räumlichkeiten wie Toiletten, Umkleidekabinen und ärztliche Behandlungszimmer. Der leichtfertige und unreflektierte Umgang mit Bildern im Alltag kann also justiziabel sein. Schließlich war es noch nie so einfach und kostengünstig, Aufnahmen mit dem Smartphone zu machen und zu verbreiten. So werden Bilder von Opfern bei Verkehrsunfällen regelmäßig gefilmt und ins Internet gestellt. Was harmlos als das Teilen von Informationen klassifiziert wird, ist faktisch eine Form von Voyeurismus und Sensationsgier, bei der unsensible Hobbyfotografen das Schicksal von Verletzten zum Zwecke der eigenen Aufmerksamkeits­stei­ge­rung und Sensationsgier instrumentalisieren. Der Beobachter mit dem Handy wird zum Täter, indem er das Grauen dokumentiert und weiterverbreitet. Durch dieses Verhalten werden Persönlichkeitsrechte der Opfer ebenso verletzt wie die Gefühle deren Angehörigen. Dies gilt zusätzlich für so genannte Spannerbilder, bei denen Menschen ihre Opfer z. B. heimlich in Umkleidekabinen und Waschräumen ablichten und diese Bilder dann ins Netz stellen. Das heimliche Fotografieren und Filmen unter den Rock (Upskirting) oder in den Ausschnitt von Frauen ist ebenso eine Straftat wie das Aufnehmen von Unfalltoten. Seit Mitte 2020 droht in Deutschland bei einem derartigen Verhalten eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren (vgl. o.V. 2020).

Besonders sensibel und reflektiert sollte der Umgang mit Kinderbildern sein. Schließlich gilt:

„Rechtlich bedarf es bei jedem veröffentlichtem Bild der Einwilligung der abgebildeten Personen. Das Recht am eigenen Bild gemäß § 22 Satz 1 KunstUrhG sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz kann nur von Erwachsenen beansprucht werden, bei minderjährigen Kindern sind die gesetzlichen Vertreter – meist die Eltern – für die Wahrung ihrer Rechte verantwortlich. Wichtig ist also, bei den Eltern eine Einsicht in die Risiken ihres Handelns zu schaffen in der Hoffnung, einen bewussten und ethisch vertretbaren Umgang mit Bildern von Kindern im Internet zu erreichen.“ (Pubantz 2021)

Insofern sollte vor der Veröffentlichung von Kinderbildern das Einverständnis der Betroffenen vorhanden sein. Die Privat- und Intimsphäre darf hierbei grundsätzlich nicht verletzt werden.

Es ist weiterhin untersagt, Bilder von Menschen zu publizieren, für die eine Fotoveröffentlichung eine Gefährdung für das Leben, die Gesundheit, die Freiheit oder das Eigentum bedeuten würden. Folgendes Beispiel nach einem Urteil des Oberlandesgerichtes Frankfurt fällt in diesen Bereich:

„Das Porträtfoto des Vorstandvorsitzenden eines Chemiekonzerns darf nicht steckbriefartig auf einem Plakat mit dem Slogan ‚Alle reden vom Klima – wir ruinieren es – wiedergegeben werden.“ (Fricke 2010, S. 226)

Das Urteil resultiert aus der Befürchtung, dass die Veröffentlichung dieses sogenannten Steckbriefes einen Gewaltakt gegen den Firmenchef zur Folge hätte haben können. Fahndungsfotos dürfen ohnehin nur von Behörden herausgegeben werden. Nur dann dürfen sie über die Medien verbreitet werden.

Gesetzliche Fotografierverbote gelten insgesamt unter folgenden Umständen (vgl. Fricke 2010):

 Werbung ohne Einwilligung des Betroffenen,

 Diskreditierung durch Herabsetzung, Zurschaustellung, Verächtlichmachung und Anprangerung,

 Personengefährdung bei Polizisten, Geheimagenten, Detektiven und Sicherheitskräften,

 Verfolgungs- und Belagerungssituationen bei der Observation

 und bei Kriegsgefangenen, sofern die Gesichter identifiziert werden können.

Während laufender Gerichtsverfahren darf in Deutschland nicht gefilmt werden. Notizen und Zeichnungen sind jedoch gestattet. Gesetzliche Fotografierverbote betreffen das Ablichten militärischer Anlagen und das Fotografieren aus dem Flugzeug und mit Drohnen, sofern es sich nicht um das eigene Grundstück handelt (vgl. Fricke 2010).

Juristisch relevant können weiterhin staatliche Eingriffe sein, die Bürgerrechte missachten. Das Recht auf Privatheit sowie der Datenschutz und die Datensicherheit werden negativ tangiert, wenn Fotos von Geheimdiensten mit einer Gesichtserkennungssoftware überprüft werden, und dadurch Überwachung ermöglichen (vgl. Grimm/Keber/Zöllner 2019).

Der Tod führt nicht automatisch dazu, dass Persönlichkeitsrechte enden. Aufgrund von postmortalen Persönlichkeitsrechten dürfen Bilder von Verstorbenen nur mit Einwilligung ihrer Angehörigen veröffentlicht werden. Ausnahmen kann es bei Personen der Zeitgeschichte aufgrund des öffentlichen Interesses geben. Identifizierbare Aufnahmen von Trauernden dürfen ebenfalls nur mit dem Einverständnis der Betroffenen publiziert werden. Es besteht aber auch die Möglichkeit, die Aufnahmen zu verpixeln, um eine Erkennbarkeit zu verhindern (vgl. Gulden 2020).

Im Gegensatz zur Bildethik, auf die nachfolgend eingegangen wird, werden rechtliche Normen im Bildrecht politisch in Kraft gesetzt und bei Missachtung mit Strafen durch die Justiz sanktioniert.

Bildethik

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