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Fallstricke vor und nach der Jagdausbildung

Mit dem Jagdschein erwirbt man, insbesondere nach einem Schnellkurs, nur das Grundgerüst. Die eigentliche Arbeit an sich selbst beginnt erst mit Aushändigung des Jägerbriefes.

War die Sache mit der Jagdausbildung früher klar geregelt, ist heute das Angebot so vielfältig, dass man sich kaum entscheiden kann. Die klassische Jungjägerausbildung fand bei den örtlichen Kreisjägerschaften statt; man begann im August/September und war pünktlich zur Bockjagd, damals noch ab dem 16. Mai, bereit, das Weidwerk auszuüben. Heute gibt es ungezählte Jagdschulen und Onlineangebote, sodass die Ausbildung 24/7 stattfinden kann. Festgeschriebene Qualitätsstandards dieser Ausbildung gibt es jedoch kaum und ein Jagdschein genügt sogar schon zur Gründung einer Jagdschule. Gebüffelt wird dann »quick and dirty« mit den für die Prüfung relevanten Fragestellungen; das, was links und rechts des Weges zu bestaunen ist und einen echten Jäger ausmacht, kommt aber leider viel zu kurz.

Man hat schon mal von der Weidgerechtigkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 des Bundesjagdgesetzes gehört, aber wie man diesen unbestimmten Rechtsbegriff mit Leben erfüllt, kann man sich als Jagdscheinanwärter wohl kaum vorstellen. Sobald der Jagdschein ausgestellt ist, erwarten jedoch nicht nur Mitjäger, sondern auch die Öffentlichkeit, dass man sich strikt an die geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze hält. Prüfungsinhalt sind diese in der Regel jedoch (leider noch) nicht.


Jagd früher und heute

Es ist mitunter erschreckend, dass sich eine Kultur entwickelt hat, die mit dem althergebrachten Verständnis von Brauchtum und Tradition nur noch wenig zu tun hat. Jagd bedeutet nämlich nicht nur schießen, sondern auch sich im Wald und in der Natur zu bewegen. Die Natur zu achten. Die Jagd hat den Anspruch, eben nicht auf Konsum ausgelegt zu sein, sondern auf Achtung und Rücksichtnahme hinsichtlich der Natur. Das war zumindest in früheren Jahren so. Erst wenn das alles passte und der Jungjäger diese Grundsätze verinnerlicht hatte, durfte er auch schießen.

Es gab und gibt noch immer viele Jungjäger, die von alten, erfahrenen Jägern auf ihren ersten Bock geführt werden. Das bedeutet mitunter, 30- bis über 60-mal anzusitzen. Heute ist es zum Teil ganz normal, dass nach dem fünften Ansitz irgendein Bock liegt, Hauptsache, er hat was zwischen den Lauschern.

Die Sache mit dem Jagdfieber

Wie in einem Beruf bedarf es der Ausbildung, der Fertigkeit, des Fleißes, der Kreativität und der Erfahrung, um erfolgreich zu sein. Um nach der Jagdausbildung die Fertigkeiten zu erlernen und zu festigen, bedarf es weiteren Studiums der Vorschriften, der Natur und des Wildes. Aber auch regelmäßiges Üben mit der Waffe, ob im Schießkino oder auf dem Schießstand, macht erst den geübten Schützen aus, den es braucht, um einen wirklich weidgerechten Schuss anzutragen. Schließlich sind die Bedingungen auf dem Schießstand mit in etwa nach Wild aussehenden Scheiben andere als die in der Natur mit Lebewesen, deren Leben man ihnen nehmen will.

Da sind nicht nur die Bedingungen, die Waffe aufzulegen andere, sondern auch das erste Mal im Leben das Gefühl von Jagdfieber, dieses Zittern am ganzen Leibe vor und nach dem Schuss, das zu Beginn so stark sein kann, dass der ganze Hochsitz gefährlich ins Wanken gerät. Für viele ist es auch gerade dieses Gefühl, was eine Art Sucht auslöst, die Jäger gerne als Passion beschreiben. Dieses Jagdfieber gehört wohl mit Abstand zu den stärksten Gefühlsausbrüchen, die ein Mensch erleben kann. Um dabei jedoch einen sicheren Schuss abgeben zu können, bedarf es der Sicherheit, die nur durch ungezählte Wiederholungen erlangt werden kann. Schließlich wird durch das Jagdfieber der Schuss längst nicht so präzise ausgeführt werden können wie auf dem Schießstand. Sind die Ergebnisse auf diesem bereits grenzwertig, können sie unter den besonderen jagdlichen Bedingungen nie so gut sein, wie es die Weidgerechtigkeit erfordert.

Ohne Fleiß keinen Preis …

Dieser Spruch ist so abgegriffen wie eingängig und treffend. Nur dem fleißigen Jäger wird es in seinem eigenen Revier gelingen, ordentlich Strecke zu machen. Ordentlich kann in diesem Zusammenhang jedoch nicht meinen, was man in Videos und in den sozialen Netzwerken auf Erlegerfotos bestaunen mag. Wer glaubt, er könne in kürzester Zeit blaublütigen Drückjagdstars Konkurrenz machen, irrt nicht nur, sondern verfolgt falsche Ideale. Er irrt deshalb, weil es in freier Natur und in den deutschen Bundesländern kaum diese zusammengeschnittenen und vermutlich in Gattern aufgenommenen Szenen mit Hunderten von Wildschweinen geben kann.


VERHALTENSREGELN

Bei der Jagd geht es nicht darum, möglichst viele Kreaturen totzuschießen, sondern durch sein nachhaltiges Tun die Natur zu erleben, ihr dabei zu helfen, ins Gleichgewicht zu kommen oder darin zu bleiben, und dabei sogar noch wertvolles Wildbret zu gewinnen.

Der Fleiß ist nicht nur in der Anzahl der Stunden auf dem Hochsitz zu bemessen, sondern vielmehr im Kennenlernen und der Ausstattung des Reviers:

— Nur wer weiß, wo die Hirsche wechseln, wird sie auch erlegen können.

— Nur wer sein Revier mit sicheren und dem Wildvorkommen und dem vorherrschenden Wind entsprechenden Ansitzen ausstattet und genügend »Sitzfleisch« mitbringt, wird Erfolg haben.

— Wer hingegen glaubt, das Jagen sei so einfach, man müsse sich nur ein Basecap eines internationalen Optikherstellers umgedreht auf den Kopf setzen und das Wild anpirschen, wird krachend scheitern. Er scheitert nicht nur an seinen selbst gesetzten Zielen, er scheitert auch vor denen, die ihm die ersten Jagdmöglichkeiten eröffnen, denn die Wirklichkeit ist eben anders als im Film.

Richtig ansprechen

Eine essenzielle Anforderung an jeden Jäger und jede Jägerin ist das gekonnte Ansprechen von Schalenwild vor dem Schuss. Wild ansprechen bedeutet, ganz genau zu wissen, worauf man zielt und was man erlegt. Das unterscheidet die Jagd diametral vom Angeln, mit dem einige Jungjäger schon vor der Jägerprüfung reichlich Erfahrung sammeln. Richtiges Ansprechen ist die Grundlage korrekter Selektion, welche wiederum zur Schaffung oder dem Erhalt einer gesunden Altersstruktur der Wildpopulation unentbehrlich ist.

VERHALTENSREGELN

Immer wieder engagieren sich fachkundige Jäger, Jungjäger ihre ersten Erfahrungen im Revier machen zu lassen. Dabei resignieren jedoch einige Grünröcke, wenn sie erleben, dass das Wertegerüst, innerhalb dessen sie die Jagd ausüben, bei dem frischgebackenen Jungjäger noch gar nicht veranlagt oder ausgeprägt ist.

Gerade bei der Jagd auf den ersten Rehbock sollte allergrößte Sorgfalt auf die Auswahl gelegt werden, denn dieses Jagderlebnis wird einen den Rest seines Jägerlebens begleiten. So ist es keine Seltenheit, dass junge Jäger, die es den Alten recht machen wollen, häufig bis zu 50 Mal ansitzen, um den richtigen Bock als ihren ersten zu erlegen.

Wer großes Glück hat, findet einen erfahrenen Jäger, auch Jagdprinz genannt, der den Jungjäger nicht nur an die Hand, sondern auch mit auf den Hochsitz nimmt und ihn so auf seine ersten Stücke führt, ihm die Entscheidung abnimmt, die Selektion an seiner statt durchführt. Es gilt, viele Merkmale eines Wildes zu berücksichtigen, denn nur so kann die Gefahr, das falsche Stück zu erlegen, auf ein Minimum reduziert werden.

Die richtigen Fragen stellen und Wissen parat haben:

— Um welche Wildart handelt es sich?

— Ist das Stück weiblich oder männlich?

— In welche Altersklasse kann das Tier eingeordnet werden?

— Niederwildjagd: Bestimmung von Wildart und Geschlecht.

— Schalenwildjagd: Bestimmung von Wildart, Geschlecht; das ungefähre Alter des Stückes muss klar erkennbar sein.

— Beim Abschuss weiblichen Wildes darf kein führendes Stück erlegt werden. Es gilt »jung vor alt, klein vor groß«. Erlegt wird immer zuerst der Nachwuchs.

Vorsicht ist geboten!

Beim Schalenwild muss besonders gut angesprochen werden, weil es hier eine genaue Abschussplanung in den Revieren gibt, außerdem teilweise unterschiedliche Schonzeiten für verschiedene Alters-, Geschlechts- und Güteklassen der Trophäenträger (z. B. bei Rotwild).


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