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Weidgerechtigkeit und Jagdethik – keine leeren Worte

Verantwortungsvolles Tun, Respekt vor der Schöpfung, der Natur und den Mitmenschen – das macht weidgerechtes Handeln aus.

Weidgerechtes Handeln muss in alle Bereiche jagdlichen Tuns hineinwirken, das gilt beim Umgang mit der Waffe genauso wie beim Miteinander von Jägern und Nichtjägern oder Jagenden untereinander. Und es hat auch etwas mit Jagdethik zu tun, die sogar im Ausbildungs- und Prüfungsfach Jagdrecht, Tierschutzrecht, Natur- und Landschaftspflegerecht behandelt wird.

In Knaurs Großem Jagdlexikon (1984) wird die Jagdethik folgendermaßen definiert: »… die Bezeichnung für das sittliche Wollen und Handeln in Normen und Regeln bei der Jagdausübung«. Zugrunde gelegt wird dabei die Verantwortung und Verpflichtung gegenüber dem Wild.

Verstöße von Jägerinnen und Jägern gegen geschriebene und ungeschriebene Gesetze dringen deshalb geradezu wie Sargnägel in die Freiheit der Jagdausübung ein. Je größer der öffentliche Aufschrei der Empörung und der Ruf nach schärferen Gesetzen, desto schneller und massiver kommt es zu Einschränkungen für Jäger und Waffenbesitzer. Aus diesem Grund ist die Weidgerechtigkeit ein unbestimmter Rechtsbegriff. Er muss also ausgelegt werden durch Anstand und Sitte, Werte und Normen, Billigkeit und Gerechtigkeit. Dies unterliegt selbstverständlich auch dem Zeitgeist und so sind alle Jäger gefordert, sich nicht nur an die Vorschriften zu halten, sondern auch an das, was die Gesellschaft von ihnen verlangt, ohne dass es niedergeschrieben wäre.


Halten wir Jäger uns nicht daran, wird uns die Gesellschaft durch den Gesetzgeber weitere Einschränkungen vorsetzen. Es ist also unser aller Aufgabe, wirklich alle Jäger mitzunehmen, wenn es um anständige und damit weidgerechte Jagd geht. Jeder grobe Verstoß, aber auch eine Reihe geringerer Verstöße, kann dazu führen, dass alle Jäger weitere Einschränkungen hinnehmen müssen.

Jagd und Glauben

Die Jagd ist in Europa seit Jahrhunderten auch mit dem christlichen Glauben verbunden. Seit dem Mittelalter ist die Legende vom heiligen Hubertus, der bis zur Erscheinung eines Hirsches mit Kreuz im Geweih wenig Rücksicht auf die Mitgeschöpfe genommen hatte, ein zentrales Thema der Weidgerechtigkeit. Nach dieser Begegnung war der heilige Hubertus nämlich geläutert und wird seither als Schutzpatron der Jäger und der Jagd verehrt.


JAGDWISSEN

Weidgerechte Jagd ist nicht nur Auftrag und Verpflichtung, sondern liegt im ureigensten Interesse aller Jäger, denn wer will schon Zustände wie im Schweizer Kanton Genf, der die Jagd 1974 für Freizeitjäger verboten hat?

Jedes Jahr am 3. November wird ihm an seinem Namenstag gedacht und besonders stimmungsvolle Gottesdienste als Hubertusmessen gefeiert. Für die feierliche musikalische Gestaltung sorgen Jagdhornbläser, Jägerinnen und Jäger. Sie schmücken und verzieren das Gotteshaus, halten inne, gedenken der Natur und besinnen sich ihrer Verantwortung für sie. Auch das ist Weidgerechtigkeit und Teil des Brauchtums. Für angehende Jäger, aber auch solche, die um Kontakt bemüht sind, sind solche Feiern großartige Gelegenheiten, sich einzubringen und neue jagdliche Kontakte zu knüpfen. Diese Art der Öffentlichkeitsarbeit für die Kirche, die Jagd und die Gemeinde bringt nicht nur Jäger zueinander, sondern fördert auch die Akzeptanz der Jagd und derer, die sich ihr widmen. Wer es mit der Kirche nicht so am (Jäger-) Hut hat, möge sich des Sprichworts erinnern: »Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andren zu.« Das bedeutet in jagdlicher Auslegung eben auch den toleranten Umgang mit anderen, also auch anderen Jägern, anderen Naturnutzern und vor allem anderen Lebewesen, die in den Jagdgesetzen als jagdbare Arten genannt werden.

Jagd und Pacht

Mit Abschluss des Jagdpachtvertrages erwerben die Jäger das Recht, die Jagd auf fremden Flächen auszuüben, sie dürfen also dem Wild nachstellen, es erlegen und sich aneignen. Es bedeutet aber mitnichten, dass man berechtigter Besitzer der gepachteten Flächen wäre oder gar eine eigentümerähnliche Stellung innehätte. Der Jagdpächter darf sich auf fremden Flächen aufhalten und jagen. Die Belange der Eigentümer, die in ihrer Gesamtheit als Jagdgenossenschaft auch Inhaber des in der Regel verpachteten Jagdrechts sind, sind dabei selbstverständlich ebenso zu berücksichtigen wie die Interessen anderer Menschen in der Natur, die die Jäger eben nicht aussperren dürfen.

VERHALTENSREGELN

Jäger sind gut beraten, wenn sie Jagdrecht nicht als Besitzrecht an ihrem Revier verstehen und sich schon gar nicht als Umweltpolizei oder Ranger aufführen. Der Jäger ist einer unter gleichen Nutzern der Natur und muss sich mit allen anderen arrangieren.

Jägerinnen und Jäger müssen aber auch gemeinsam zum Wohle der Natur, der Verantwortung dem Wild gegenüber und dem Erhalt der Jagd als solche agieren. Dieses Arrangement schließt den despektierlichen Umgang mit den anderen aus; auch wenn der Landwirt wegen der vielen Sauen um sein Getreide bangt, der Jagdnachbar den kapitalen Zukunftsbock an der Grenze erlegt, die Joggerin noch in der Dämmerung am Einstand vorbeiläuft oder der Hund auch zur Brut- und Setzzeit nicht an der Leine geführt wird.

Todsünde Jagdneid

Der Charakter des Mitjägers offenbart sich im Erfolg des anderen. Deshalb ist es dringend geboten, dem Erlegten und dem Erleger aufrichtiges »Weidmannsheil« auszusprechen. (Nur) in diesem Fall lautet die korrekte Erwiderung »Weidmannsdank«. Der Erfolg des anderen sollte statt Neid auszulösen, Ansporn sein, seine jagdlichen Fähigkeiten und Schießfertigkeiten zu optimieren. Mit dem Jagdglück klappt es sicher. Irgendwann.


Jäger als Naturschützer

Nicht nur, weil die Jagdverbände als Naturschutzverbände anerkannt sind, sondern weil jeder einzelne Jäger dieser Anerkennung gerecht werden muss, gilt es, dieser auch Taten folgen zu lassen. Sei es die Anlage von Blühstreifen, Streuobstwiesen oder Schonungen, das Aufhängen von Nistkästen oder Rettung von Gelegen oder Kitzen vor dem Mähen, es gibt jede Menge zu tun!

Auch andere Naturschutzverbände dürfen das in Feld und Wald und damit auch in Jagdrevieren. Anstatt sich als Konkurrenz und voller Argwohn zu betrachten, sollte dringend der Dialog gesucht und der Konsens oder zumindest der Kompromiss gefunden werden. Wer nicht kommuniziert, wird nie feststellen, ob es eine Einigung gegeben hätte.

Auf gute Nachbarschaft!

Was für Wohnungsnachbarn gilt, gilt erst recht für Jagdnachbarn: Wer neu ist, stellt sich seinen Nachbarn vor, denn spätestens bei der Wildfolge gilt es, sich abzustimmen. Aber auch für die Frage nach revierübergreifender Drückjagd oder der Nutzung des Jägernotweges sollte die Abstimmung mit dem Nachbarn umgehend erfolgen. Dadurch werden Irritationen vermieden. Bei Drückjagden gilt: Alle stimmen sich ab und treffen sich idealerweise anschließend zum gemeinsamen Streckelegen und Schüsseltreiben. Wer sich ausschließt und sich stattdessen an die Reviergrenze setzt, um abzustauben, handelt nicht nur unsolidarisch, sondern auch nicht weidgerecht!


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