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ОглавлениеNoch mehr Höhenmeter
Tag 16: Montag, 20. Mai 2019, 24 km (461 km)
Zuhause konnte ich einer Bekannten ihre reich illustrierten Donauradführer ausleihen. Die 920 km lange Fahrradroute zwischen Donaueschingen und Wien wird in diesen zwei dünnen Büchlein ausführlich beschrieben. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten werden erwähnt und auch ein Streckenprofil gehört zum Inhalt. Und dieses sieht für heute einige zackige Linien vor, fast wie der Börsenkurs an einem unruhigen Handelstag. Ich bin um 6 Uhr schon unterwegs. Ein gutes Stück schlängelt sich der Weg auf dem Damm der Donau entlang. Doch schnell ist fertig mit lustig. Auf einer Länge von mehreren Kilometern wird ein neuer Schutzwall gebaut. Wegen dieser Grossbaustelle wird der Radweg umgeleitet und deshalb kommt der eine oder andere Zusatzkilometer hinzu. Und dann beginnen die Steigungen. Zuerst nur kurze Strecken, doch ich komme gewaltig ins Schnaufen und Schwitzen. Ruppige Rampen durch den Wald werden durch den Kiesbelag, der sich wie Rollsplitt anfühlt, zusätzlich erschwert. Auf dieser Unterlage ist die Bodenhaftung nicht mehr allzu gut und ich mühe mich Stunde für Stunde durch die Gegend. Natürlich geht es zwischendurch auch wieder hinunter. Manchmal steiler, wie es hinauf ging und wie ihr wisst, ist das noch viel mühsamer. Die abschüssigsten Abfahrten bewältige ich sogar rückwärts, was zumindest meine Knie schont. Um Abwechslung in den knüppelharten Höhenkrampf zu bringen, fotografiere ich immer wieder hübsche Blumen am Wegrand. Auf diese Weise bringe ich den Puls behutsam in den grünen Bereich zurück.
Noch vor dem Mittag erreiche ich die attraktive Stadt Neuburg. Meine Wasserflaschen sind leer und einen Bärenhunger verspüre ich auch. Schnurstracks steure ich «Toniz Pizza» an und bestelle mir eine italienische Mafiatorte mit Thunfisch und Krevetten, dazu eine Cola. Nach der Schlemmerei fühle ich mich halbwegs menschlich und entschliesse mich spontan, hierzubleiben. Für den Moment soll es genug sein. Ich bolzte in den letzten Tagen ziemlich viele Kilometer und deshalb gönne ich mir eine Nacht auf dem hiesigen Campingplatz. Kaum ist die Behausung aufgestellt, setzt der Regen ein. Nach der heissen Dusche wasche ich Unterwäsche, Socken und T-Shirt im Lavabo von Hand aus und hänge das feuchte Zeug auf eine Wäscheleine, die unter dem Dach aufgespannt ist. Nach Maniküre und Pediküre packe ich die Wertsachen in den Fotorucksack. Der Rest meiner Habseligkeiten platziere ich wie gewohnt in der abschliessbaren Molly.
Der Regenschirm leistet mir beim Stadtbummel gute Dienste. Leider ist die eindrückliche Altstadt bei dem Schmuddelwetter nicht gerade einladend und ich finde rasch Unterschlupf im warmen Café der Bäckerei Göbel. Bei Cappuccino und Kuchen lasse ich es mir gut gehen und kann meine Seele baumeln lassen.
Zurück auf dem Campingplatz treffe ich den Radler Felix, der sich hier vor dem Regen auch in Sicherheit gebracht hat. Er ist nicht gerade wasserdicht ausgerüstet und so geniesst er den trockenen Unterstand umso mehr. Sein Plan sieht vor, von seinem Wohnort in der Nähe von München bis nach Nordspanien zu pedalen. Mein persönlicher Plan für heute Abend ist schnell gefasst: Noch mehr Kalorien in meinen Körper pumpen! Felix hat keine Lust, mitzukommen uns deshalb lasse ich mich im «Hula», einem Tex-Mex-Schuppen, allein nieder. Die Speisekarte strotzt vor fetttriefendem Junkfood; genau das Richtige für mich! Das trendige Restaurant scheint auf Burger spezialisiert zu sein. Soll es der «Burger Hawaii» sein? Oder gar der «Hula Tower» mit 3 x 200 Gramm Rindfleisch? Das wäre aber selbst für mich, als immer hungrigen Wandersmann, ein bisschen zu viel. Ich entscheide mich für den «Alpen Max» mit einer Schicht Rösti, Käse, gebratenen Zwiebeln und Sour Cream. Das wunderbar saftige Stück Rindfleisch, das laut Speisekarte vom lokalen Metzger stammt, darf ich an dieser Stelle auch nicht vergessen zu erwähnen. Eine prächtige Portion Pommes rundet das Festmahl ab.