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Schöne Aussicht

Tag 14: Samstag, 18. Mai 2019, 38 km (402 km)

In der Nacht regnete es ausgiebig und die Wettervorhersage prognostizierte weitere Niederschläge. Früh morgens krieche ich aus dem Schlafsack und werde überrascht. Es scheint aufgeklart zu haben, nur ein paar Nebelschwaden ziehen durch den halbdunklen Wald. Als ich die Bäume hinter mir lasse, komme ich durch weite landwirtschaftliche Flächen. Der Raps leuchtet knallgelb und der Nebel bildet im Hintergrund einen bezaubernden Kontrast. Ich erkenne die Gelegenheit, meine Drohne aufsteigen zu lassen. Ich programmiere das Fluggerät so, dass es mich in einer definierten Distanz selbstständig verfolgt. So entstehen sehr dynamische Videosequenzen. Anschliessend lasse ich den Kopter hoch aufsteigen und schiesse von der lieblichen Gegend ein paar Fotos. Das Livebild wird mir direkt auf das Smartphone geliefert, das an die Fernbedienung gekoppelt ist. Solche Tätigkeiten bedeuten auch immer eine gewisse Abwechslung. Während des Filmens und Fotografierens kann ich mich gut erholen.

Der Weg führt mich durch einige malerische Ortschaften. Das Städtchen Lauingen gefällt mir am besten. Auf dem Bürgersteig in der Ortsmitte lege ich vor einem Blumengeschäft einen Fotostopp ein. Und da blockiere ich den Eingang für eine fröhliche Dame, die ihre bestellte Ware abholen möchte. Wir kommen ins Gespräch und nachdem ich ihr meine Geschichte in Kurzversion erzählt habe, ist sie an der Reihe. «Sie müssen unbedingt den Schimmelturm besteigen, da können sie eine famose Aussicht über Lauingen und die Umgebung geniessen! Es ist einer der wenigen Türme an der Donau, die man besteigen kann.» Sie erklärt mir auch umständlich, wo ich den Schlüssel für das historische Bauwerk organisieren kann. Beim Hotel um die Ecke ergattere ich mir, gegen Deponie eines Ausweises und der Abgabe von zwei Euro, den Schlüssel. Molly kette ich an ein Baugerüst und mache mich auf, den 54 Meter hohen Turm zu erklimmen. Auf der ersten Hälfte führt mich eine steile, steinerne Wendeltreppe in die Höhe. Den Rest bewältige ich über eine knarrende Holzkonstruktion bis auf die Aussichtsplattform. Der Blick über die Stadt und die Donau ist atemberaubend. Das Wahrzeichen der Stadt, dessen Fresken und uralte Sagen von einem gewaltigen weissen Ross, einem tapferen Lauinger Krieger und dem «schönsten und grössten Weibsbild in ganz Europa» erzählen, beeindruckt Besucher seit über 600 Jahren. So steht es auf alle Fälle in der Tourismusbroschüre, die mir zusammen mit dem Schlüssel ausgehändigt wurde.

Auch Dillingen ist ein Besuch wert. Hier trotte ich aber nur gemütlich durch die Altstadt. Der Weg führt anschliessend auf einem kiesigen Belag direkt der Donau entlang. Es ist richtig warm geworden und ich kann mich zum ersten Mal im T-Shirt fortbewegen. Auf dem Marktplatz von Höchstädt lasse ich mich für eine halbe Stunde bei der Eisdiele nieder. Genüsslich schlecke ich zwei Kugeln Eis, und zwar in den Geschmacksrichtungen Mango und Kirsch-Sahne.

Nun treffe ich im regelmässigen Zwei-Kilometer-Rhythmus auf kleine Ortschaften. Bei Gremheim quert der Weg die Donau. Ich bin ziemlich geschafft und die Blase am linken Fussballen spüre ich wieder heftig. 38 km sind für heute genug und deshalb schlage ich mich am Ufer eines Weihers in die Büsche. Nachdem ich eingerichtet bin, beschäftige ich mich wie jeden Abend mit der Fusspflege. Die Fersen bereiten mir immer weniger Sorgen. Da hat sich in den letzten Tagen einige Hornhaut gebildet. Die schmerzende Blase stach ich bereits gestern auf und so drücke ich jetzt einfach auf die wunde Stelle. Im hohen Bogen spritzt plötzlich die Flüssigkeit aus dem prallen Ding. Ich beisse die Zähne zusammen und drücke bis die Sosse restlos draussen ist. Anschliessend kriegt die Stelle zum Desinfizieren eine kräftige Dusche mit dem Antiseptikum «Merfen» ab.

Wanderfieber

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