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ОглавлениеGrenzüberschreitung
Tag 13: Freitag, 17. Mai 2019, 34 km (364 km)
Um 6: 15 Uhr bin ich bereits auf der Piste. Die ersten Sonnenstrahlen kämpfen sich durch den grauen Nebel und tauchen das Münster mit der Altstadt auf der gegenüberliegenden Seite in ein mystisches Licht. Eine Ente sitzt entspannt auf der Mauer und scheint dieses Schauspiel, wie ich, zu geniessen. Wenige Kilometer hinter Ulm passiere ich eine weitere Landesgrenze. Ein Schild steht einsam an der Strasse und dieses teilt mir mit, dass ich mich nun im Freistaat Bayern befinde. Ulm gehört zu Baden-Württemberg und ab jetzt halte ich mich im Land des Biers, der Weisswürste und Brezel auf. Bis 9 Uhr hält sich der Nebel hartnäckig, doch langsam drückt die Sonne immer stärker durch. Der kalte Wind ist nicht mehr so intensiv, wie während der letzten Tage. Der meistens ungeteerte Weg führt durch ausgedehnte Wälder. Wie mit dem Lineal gezogene Kieswege verlaufen über Kilometer durch einen saftig grünen Tunnel. Normalerweise befinde ich mich bis 9: 30 Uhr ziemlich allein auf der Donau-Veloroute. Die meisten Radler sind nämlich mit leichtem Gepäck unterwegs. Das bedeutet, dass diese Freizeitsportler allesamt in Hotels und Gasthöfen übernachten. Auch für den Transport ihres Gepäcks zur nächsten Übernachtungsstätte wird gesorgt. Ausschlafen bis 8 Uhr, in aller Ruhe duschen und dann ab ans Frühstücksbuffet. Von solchen Annehmlichkeiten kann ich nur träumen! Bis die Luxusfahrradfahrer gepackt haben und ihre Bikes einsatzbereit sind, geniesse ich die Ruhe. Nicht aber heute Morgen. Die Ulmer scheinen begeisterte Radler zu sein, denn Heerscharen pendeln zu früher Stunde mit dem Drahtesel zur Arbeit.
Leipheim und Günzburg lasse ich rechts liegen und marschiere auf dem Deich Richtung Osten. Hier steht ein Stauwerk und aus diesem Grund ist der Fluss an dieser Stelle beachtlich breit. Ich beobachte Schwäne, Gänse und Enten, die sich durch meine Anwesenheit nicht stören lassen. Am Wegrand erspähe ich wunderschöne Orchideen. Dem rosaroten Knabenkraut scheint es auf diesen mageren Böden sehr zu gefallen.
Wie jeden Tag darf ich verschiedene Male über mein Abenteuer Auskunft geben und auch für die obligaten Selfies posieren. Nicht weit vom Ort Offingen fühlt es sich wie Feierabend an und ich spüre einen hübschen Platz im Wald auf. Ich stosse Molly 100 Meter in einen überwucherten Weg und platziere das Zelt inmitten herrlich duftenden Bärlauchs. Der Magen knurrt und deshalb warte ich nicht lange mit dem Kochen. Ich brutzle mir eine doppelte Teigwarensuppe, die ich mit einer Büchse Thunfisch aufpeppe. Und natürlich pflücke ich eine Handvoll frischer Blätter Bärlauch, um mein Mahl mit schmackhaften Vitaminen zu verfeinern.