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Walhalla

Tag 21: Samstag, 25. Mai 2019, 42 km (617 km)

Von meinem Übernachtungsplatz sind es nur drei Kilometer flussabwärts bis zur stolzen Walhalla. Im Auftrag des bayerischen König Ludwig I wurde diese Gedenkstätte im dorischen Stil auf dem Bräuberg nahe dem Ort Donaustauf erbaut. Die Bauzeit dauerte von 1830-42. Schon als 20-jähriger Kronprinz hegte Ludwig den ambitiösen Plan, «rühmlich ausgezeichnete Teutsche» in einem Ehrentempel zu vereinen. Als die Walhalla endlich eröffnet wurde, fanden 162 Berühmtheiten darin Platz. Ich zeichne mich nur damit aus, dass ich die unzähligen Treppenstufen, die vom Fluss bis auf den Hügel führen, ohne Halt meistern kann. Das Lauftraining zeigt seine Wirkung, stelle ich zufrieden fest. Der Tempel ist imposant. Riesige Säulen umlaufen das Gebäude. Leider ist die Tür um 7 Uhr verriegelt. Im Innern sollen Büsten und Gedenktafeln stehen, die an die Verstorbenen erinnern. Jedermann kann übrigens eine zu ehrende Persönlichkeit aus der germanischen Sprachfamilie frühestens 20 Jahre nach deren Tod vorschlagen und trägt dann gegebenenfalls die Kosten für die Anfertigung und Aufstellung der Büste. Über die Neuaufnahmen entscheidet der Bayerische Ministerrat. Mir fällt niemand ein, den ich hier in Stein gemeisselt besuchen möchte und deshalb erfreue ich mich einfach an der Aussicht. Mein Blick schweift über das Donautal und so früh am Morgen geniesse ich das Panorama ohne weitere Touristen.

Die Strecke verläuft topfeben und ist vorwiegend asphaltiert. Ich kann einen schönen Rhythmus gehen. Ich wechsle regelmässig die Handposition am Lenker: Mal ganz klassisch gerade an der Stange, dann wieder mehr seitlich. Auch das Schieben mit den Ellbogen sorgt für Abwechslung. Mit dieser Methode kann ich Rücken, Nacken und Schultern entlasten. Die Sonne brennt auch heute wolkenlos vom Himmel. Ja das Wetter, zuerst war es arschkalt, dann kam die Sintflut und nun wandere ich direkt in den Sommer. Ich bin mir Temperaturen über 20 Grad nicht gewohnt und deshalb schwitze ich wie ein Bär in der Sauna. Die Kleider fühlen sich klebrig und feucht an.

Mit wenigen Pausen marschiere ich bis vor die Tore der Stadt Straubing. Jetzt muss ich wohl die letzten 6 km bis zum Campingplatz auch noch hinter mich bringen. Ich bin zwar ziemlich geschafft, aber die Vorstellung einer erfrischenden Dusche puschen mich vorwärts. Im Stadtzentrum kurve ich per Zufall an einem Sportgeschäft vorbei. Fünf Minuten vor Ladenschluss besorge ich mir neue Wandersocken. Zwei Paar, die ihren Dienst schon in Australien verrichteten, sind völlig durchgescheuert und müssen ersetzt werden. Selbstverständlich betrete ich den Laden zusammen mit Mrs. Molly. Kurz vor Feierabend bin ich der einzige Kunde. Die nette Bedienung präsentiert mir eine riesige Wand voller Socken. Hier gibt es für jeden Sport und jede Tätigkeit die passende und ganz spezielle Fussbekleidung! Ich fühle mich restlos überfordert und verlange verschmitzt die schnellsten Exemplare in Grösse 42. Mit einem Lachen empfiehlt mir die charmante Verkäuferin eine leichte Textilie. Ich wusste tatsächlich nicht, dass der Kauf von Socken eine solche Wissenschaft sein kann!

Nach einem Zwischenstopp im Supermarkt liegt der Campingplatz Gott sei Dank nur noch um die Ecke. Es ist bereits 19 Uhr und ich bin nur noch müde. Ich fühle jeden Kilometer in den Knochen, immerhin ging es über die volle Marathondistanz! Lustlos kaue ich auf dem Junkfood von Aldi herum und spüle diesen mit der eiskalten Büchse Löwenbräu hinunter. Jetzt rasch mein temporäres Häuschen aufstellen, duschen, Shirt und Unterwäsche waschen und schon liege ich erschöpft im Schlafsack.

Wanderfieber

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