Читать книгу Ein Kriminalfall für Luzifer - Christiane Siegert - Страница 7
Der nächste Morgen
ОглавлениеLuzifer wurde unsanft geweckt. Miriam hatte es eilig, weshalb sie ohne Rücksicht auf etwaige Katerverluste an Merlins Decke zog und so dafür sorgte, dass Luzifer in die Decke verwurschtelt vom Pferd fiel.
Empört erwachte Luzifer, fauchte die Decke an, suchte nach einen Ausweg aus der Decke, fand ihn aber erst nach mehreren Fehlversuchen. Von außen sah es so aus, als sei ein wild gewordener Ping-Pong-Ball in der Decke unterwegs. Endlich fand Luzifer einen Weg und krabbelte heraus. Kurz bevor er es geschafft hatte, blieb er bei dem Versuch sich zu befreien mit seinen Krallen hängen. Der Kater verlor das Gleichgewicht und plumpste sehr unelegant auf die Seite ins Stroh. Um sich nicht vollends zu blamieren, machte Luzifer einen riesigen Katzenbuckel, plusterte seinen Schwanz auf und fauchte erneut, diesmal allerdings nicht die Pferdedecke, sondern die Wand an.
Miriam, der das ganze Szenario nicht entgangen war und die zunächst noch überlegt hatte, wie sie ihre Aktion bei Luzifer wieder gut machen könne, brach in schallendes Gelächter aus, sie konnte nicht anders, es hatte einfach zu komisch ausgesehen.
Luzifer dagegen war stinksauer. Wo zum Eimer war oben und unten? Vorne und hinten? Zusätzlich sah er absolut unmöglich aus, das spürte der Kater genau. Sein Fell war zerstrubbelt, sein Puschelschwanz alles nur nicht puschlig und die Schnurrhaare standen in alle Himmelsrichtungen ab.
Total eingeschnappt beschloss Luzifer, sich sein Frühstück heute selbst zu erjagen und zwar auf dem Heuboden. Miriam sollte es sehr leid tun, dass sie ihn so geweckt und dann auch noch die Frechheit besessen hatte, über ihn zu lachen. Und putzen konnte er sich auf dem Heuboden dann auch ganz unauffällig und vor allem ungestört. Gesagt getan. Stinksauer lief Luzifer aus der Box in Richtung Heuboden-Leiter. "Luzifer", rief Miriam ihm nach, "es tut mir leid, ich hab nicht nachgedacht." Doch Luzifer lief einfach weiter, ohne Miriam eines Blickes zu würdigen. "Armer Kerl", meinte Miriam an Merlin gewandt, "das wird eine ganze Menge "Huhn in Soße" brauchen, bis Luzifer mir das verzeiht."
Merlin, der alles mit angesehen hatte, grinste in sich hinein. Auch er hatte seinen Spaß gehabt.
Luzifer erklomm die Leiter auf den Heuboden. Husch husch, die Mäuse machten sich aus dem Staub und ab ins Heu, Luzifer konnte es genau hören. Doch erstmal hatte er andere Sorgen. So suchte er sich einen schönen Holzbalken und begann damit, sein Fell zu pflegen. Das dauerte seine Zeit, die Mäuse wiegten sich in Sicherheit und kamen wieder hervor. Alles Taktik, Luzifer hatte das schon öfter gemacht. Elegant sprang er vom Balken, landet weich auf dem Boden und legte sich auf die Lauer. Ganz laut- und bewegungslos wartete er auf sein Frühstück. Da, ein Rascheln. Luzifer schlich sich vorsichtig an. Den Körper eng an den Boden gedrückt, die Ohren spitz nach vorne aufgestellt, ortete er seine Beute. Schob sich dann mit steil in die Luft gerecktem Schwanz noch ein bisschen näher und drückte den Kopf lauernd auf den Boden. Wieder ein Rascheln, Luzifers Pupillen weiteten sich, der ganze Körper stand unter Hochspannung. Seine Chance war gekommen. Mit einem hohen Satz sprang er zielsicher in den Heuhaufen, packte die Maus mit den Pfoten und biss ihr geübt das Genick durch. Stolz auf seine Beute, trug er sie in die Mitte des Bodens und verspeiste sie genüsslich.
Danach jagte er noch zwei weitere Mäuse. An einer Maus war schließlich nicht viel dran und satt werden musste er ja. Mit der vierten Maus, die so doof war, dem wartenden Kater vor die Pfoten zu laufen, spielte er ausgiebig. Immer wieder fing er sie, ließ sie wieder laufen um die Maus erneut zu jagen, bis es ihm, wieder einmal, langweilig wurde und er beschloss, für heute genug von Mäusen zu haben. Kurzerhand machte er ihr den Garaus.
Einigermaßen gesättigt verließ er den Heuboden und sah nach, wo Merlin war. In seiner Box nicht, dafür standen da aber zwei gefüllte Schälchen. Ein Nachschlag, kann nicht schaden, überlegte sich Luzifer. Schließlich hatte er ja bewiesen, dass er sich selbst versorgen konnte. Kurzentschlossen leerte der Kater die beiden Schälchen und kombinierte währenddessen haarscharf, dass Merlin, da Miriam jetzt arbeiten war, draußen sein musste. Auf die Weide durften die Pferde bei dem Wetter nicht, blieb nur der Allwetter-Paddock, also machte Luzifer sich auf den Weg dorthin. Ha, diesen schlauen Gedankengang sollte ihm erstmal einer nachmachen!, dachte er sich stolz.
Schnaubend begrüßte Merlin seinen Freund schon von Weitem: "Mensch, wo bist du denn gewesen? Der Tag ist ja schon halb rum."
Luzifer war auf der Suche nach einem einigermaßen trockenen Weg zu Merlin. "Ich hab mir mein Futter selbst besorgt", rief er ihm eine Pfütze umrundend zu, "solltest du auch mal machen!"
"Ich soll Hafer anpflanzen?", fragte Merlin völlig verdattert und beobachtet dabei Luzifers Manöver. Vorsichtig umrundete der Kater zwei Pfützen, balancierte ein Stück auf dem Holzzaun entlang, sprang zielsicher auf einen Stein und beschloss, dass dies der richtige, trockene Ort war, um sich in Ruhe mit Merlin zu unterhalten. Der Haflinger war währenddessen zu dem Entschluss gekommen, dass Luzifer das mit dem Hafer anpflanzen nicht ernst gemeint haben konnte. Merlin hatte ein ganz anderes Problem und schon sehnsüchtig auf den Kater gewartet.
Nachdem Luzifer sich sein Plätzchen gesucht hatte, versicherte Merlin sich der ungeteilter Aufmerksamkeit des Katers und meinte betont beiläufig um ihn ein bisschen zu ärgern: "Schade, dass du nicht da warst. Jetzt ist mal was passiert und von dir keine Spur." Luzifer wurde ganz aufgeregt. "Was? Was ist passiert?", drängte er. Merlin baute sich wichtig vor Luzifer auf, senkte dann aber doch den Kopf, damit er sicher sein konnte, dass Luzifer ihm auch genau zuhörte. Der Kater wartete mit gespitzten Ohren, dass Merlin endlich loslegen würde, aufgeregt peitschte sein Schwanz hin und her. War das das Abenteuer, auf das er gewartet hatte?
"Ich hab heute definitiv weniger Hafer bekommen als sonst!", beschwerte sich Merlin, "finde heraus, warum!"
Luzifers eben noch gespitzte Ohren sanken auf Halbmast. "Weniger Hafer? Willst du mich verkohlen? Und das soll aufregend sein?" Luzifers Augen wurden ganz groß vor Enttäuschung. Das sollte ein Abenteuer sein? Hafer? Das war nun wirklich nicht spannend. Doch Merlin schien das wirklich ernst zu meinen. "Hafer", erklärte Merlin, "ist mein absolutes Lieblingsfutter und ich bekomme eh nicht genug. Wenn du also so nett wärest, herauszufinden warum ich jetzt noch weniger bekomme, wäre das echt klasse. Ich hab nämlich immer noch Hunger, bin einfach nicht satt geworden."
Luzifer verließ sein trockenes Plätzchen und setzte sich demonstrativ in den Matsch direkt vor Merlins Nase. "Du meinst das absolut ernst, oder? Das mit dem Hafer?" Zur Bestätigung scharrte Merlin mit seinem Vorderhuf über den Boden und sagte: "Ich sag' doch, ich hab' Hunger!"
"Okay, okay, Meisterdetektiv Luzifer wird herausfinden, warum Merlin, das arme kleine vernachlässigte Pony, heute morgen nicht satt geworden ist. Ich komme wieder, wenn ich was herausgefunden habe!" Luzifer drehte sich um, lief zurück in die Stallgasse und von dort in die Sattelkammer. Er sprang auf seinen Schrank und verzog sich ganz nach hinten um zu überlegen.