Читать книгу Die illegale Pfarrerin - Christina Caprez - Страница 13

Zürich,
9. September 1929

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Zwei Bilder. Greti trägt auf beiden ein sackartiges Kostüm, der Rock reicht bis weit über die Knie. Erst die Bildlegende102 ­erzählt von einem nahezu revolutionären Akt. 9. Sept. 1929 in ­Zürich vor dem Haarschnitt steht links, nach dem Haarschnitt rechts. Eben noch, auf dem Mühlesteg beim Hauptbahnhof, trägt sie die schwarzen Strähnen kunstvoll in einem Zopf hochgesteckt. Geistesgegenwärtig macht ihr Begleiter, vermutlich Gian, einen Schnappschuss von ihr. Nach vollbrachter Tat posiert Greti mit der neuen Frisur am Bahnsteig. Die Haarspitzen kräuseln sich gleich bei den Ohren. Die Haare sind gefallen: das äussere Symbol der inneren Selbständigkeit,103 hat Verena der ­Freundin vor einem halben Jahr geschrieben. Auch Gians Schwester ­Elisabeth, die Pferdekutschen und sogar Autos lenken kann, trägt ihr Haar kurz.104

Den Kopf neigt Greti leicht zur Seite – wie um zu relativieren: Gar so aufmüpfig bin ich doch nicht, wie es der Bubikopf ­signalisiert. Die Gesichtszüge wirken gelöst, die Augen blitzen voller Schalk dem Gegenüber direkt ins Gesicht. Einen Tag ­zuvor, am 8. September 1929, haben Greti und Gian in Igis ­geheiratet, im Kreis der engsten Verwandten. Von diesem Tag gibt es ein unprätentiöses Foto einer Gruppe auf einer Wiese, die Braut in einem schwarzen Kleid zwischen ihren Schwestern, der Bräutigam am Rand. Der Anlass liesse sich nicht erkennen, stünde da nicht das Datum. Wichtiger scheint es Greti, den Haarschnitt am Tag danach zu dokumentieren, kurz vor der ­Abreise nach Brasilien. Ihre linke Hand drückt den Daumen. Seit langem hat sie sich danach gesehnt, mit dem Liebsten in die Welt hinauszuziehen. Nun ist es so weit.

Die illegale Pfarrerin

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