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»Fransbertil – Fransbertil, komm zurück! Du verrückter Hund, komm her!«

Ein Mädchen rennt über die Wiese hinter dem Hund her. Fransbertil läßt Kai Husell in Ruhe und widmet sich statt dessen Didrik. Der Hund ist ein zottiger Riese mit freundlichen Augen unter einem gewaltigen Haarschopf. Seine Begrüßung für Didrik fällt so überwältigend aus, daß der zu Boden geworfen wird. Voller Begeisterung leckt der Hund ihm das Gesicht.

»Du brauchst keine Angst zu haben, er ist nicht erkältet«, sagt die junge Frau und lacht Didrik an, der unter dem Hund auf dem Boden liegt.

»Beruhige dich endlich, du verrücktes Vieh!« sagt sie, und der Hund setzt sich auf sein Hinterteil und schaut Didrik an, während der sich aufrappelt.

Didrik ist völlig überrumpelt. Das Mädchen trägt ein dünnes Sommerkleid und hat nackte Arme und Beine. Hinters Ohr hat sie einen kleinen Fliederzweig gesteckt. Sie ist hübsch, und sie lacht Didrik an. Didrik weiß nicht, was er sagen soll. Aber er muß nicht lange darüber nachdenken, denn sie ergreift selbst das Wort.

»Wohnst du hier?« fragt sie.

Didrik bejaht. Als er seine Stimme hört, ärgert er sich. Sie klingt so klein und hell.

»Aha. Weißt du dann vielleicht, wie es hier mit dem Postboten ist?« fragt das Mädchen.

Didrik versteht nicht, was sie meint.

»Was?« sagt er und ärgert sich noch mehr, nicht nur weil seine Stimme so hell ist, sondern auch weil er nicht versteht, was sie meint.

»Wann kommt die Post normalerweise?«

»Zu uns kommt sie so gegen zehn, glaub’ ich . . .« antwortet Didrik, versucht seine Stimme tief klingen zu lassen und runzelt nachdenklich die Augenbrauen.

»Darf ich hier sitzen?« fragt das Mädchen und ist schon dabei, sich neben Didrik zu setzen.

»Nein, ich bin erst zwölf!« platzt er heraus.

»Was hast du gesagt?« fragt sie verblüfft.

»Doch, natürlich. Bitteschön«, verbessert Didrik sich und rutscht etwas zur Seite, damit sie Platz hat.

»Ich bin oft hier«, sagt sie. Sie rutscht so nahe zu Didrik, daß ihm von ihrem Körper ganz warm wird. Sie zupft einen Grashalm los und kaut gedankenverloren auf ihm herum. Das Meer spiegelt sich in ihren Augen. Sie hat kleine Sommersprossen auf der Nase. Die Härchen auf ihren Armen leuchten in der Sonne. Sie duftet gut.

Didrik schluckt. Er räuspert sich. Er möchte etwas Interessantes sagen. Wenigstens könnte er doch, ganz spontan, ausrufen, daß er auch oft hier ist, denn das stimmt ja. Aber der spontane Ausruf bleibt ihm in der Kehle stecken. Da beugt sich das Mädchen zu ihm und sieht ihm tief in die Augen.

»Ist es immer derselbe Briefträger?«

Didrik bleibt stumm.

» . . . oder sind es viele verschiedene?« fährt sie fort.

»Ich weiß nicht«, antwortet Didrik. Er wünscht, daß er es wüßte.

Sie lehnt sich wieder zurück und schaut aufs Meer.

»Ich habe nämlich gedacht, daß es vielleicht Sommeraushilfen sind, die sich nicht überall auskennen. Ich weiß nicht, ich wohne ja sonst nicht hier. Ich bin nur zu Besuch«, erklärt sie.

»Wartest du auf etwas?« fragt Didrik.

»Ach, es ist nur ein Brief, den ich wahrscheinlich bekommen soll«, sagt sie. »Aber vielleicht bekomme ich auch gar nichts, und das ist eigentlich genausogut, denn der Brief ist bestimmt nicht sehr lustig. Es ist alles bloß albern! Ich weiß, daß es kindisch ist!« murmelt sie, mehr zu sich selbst. Dann spuckt sie den Grashalm aus und seufzt. »Ich bin viel zu sentimental, ganz einfach . . .«

»Jaha«, sagt Didrik. Etwas Klügeres fällt ihm nicht ein.

»Denk dir, wenn der Briefträger sich nicht zurechtfindet . . .« sagt sie.

»Wo wohnst du denn?« fragt Didrik.

»Ach, da hinten . . .« Sie winkt zerstreut mit der Hand. Didrik dreht sich um und versucht zu erkennen, was sie meint. Da schlüpft sie mit den Füßen in ihre Schuhe und steht auf. »Ich glaube, ich gehe zur Post und schaue nach, ob da ein Brief für mich liegt.«

»Findest du die Post?« fragt Didrik in der Hoffnung, ihr helfen zu können.

»Ja, ja sicher«, sagt sie. Sie pfeift nach dem Hund, der fröhlich aufspringt, nimmt ihn an die Leine und will gehen.

»Ist das dein Hund?« erkundigt sich Didrik schnell, damit sie noch einen Augenblick bleibt.

Tatsächlich bleibt sie stehen und guckt ihn an. »Gewissermaßen«, antwortet sie. »Er heißt Fransbertil, getauft nach dem Prinzen Bertil.«

Fransbertil schüttelt sich, daß die Lefzen schlackern. Schlatt, Schlatt, Schlatt, klingt das.

»Und wie heißt du?« fragt das Mädchen und schaut Didrik an.

»Didrik. Und du?«

»Yrla«, antwortet sie.

»Wirbeln?«

»Nein, Yrla.«

»Das klingt wie wirbeln«, sagt Didrik.

Sie lacht ein wenig. »Ja, ja, vielleicht sehen wir uns ja mal wieder«, sagt sie und macht Anstalten, endgültig wegzugehen.

»Sitzt du oft hier?« ruft Didrik hinter ihr her.

Sie bleibt noch einmal stehen. »Ja«, sagt sie. Dann zieht sie los.

»Tschüs also, Didrik«, sagt sie. Didrik schaut nur. Sie dreht sich um und winkt. Dabei lacht sie ihm über die Schulter zu.

»Tschüs, Didrik!« ruft sie wieder.

»Tschüs . . . Yrla!«

Er blickt ihr nach. Der Wind spielt in ihrem langen Haar. Yrla, denkt er, und ihr Name wirbelt in seinem Kopf herum. Da taucht unerwartet Tova auf.

»Wer war denn das?« fragt sie.

Didrik verdreht die Augen. »Ich weiß nicht«, antwortet er.

»Du hast doch mit ihr gesprochen«, bemerkt Tova.

»Nee.«

»Ich hab’ doch gesehen, daß du mir ihr gesprochen hast! Wo kommt sie her?«

»Ich weiß nicht«, sagt Didrik.

Tova sucht seinen Blick. »Kennst du sie?«

»Nee.«

»Was hat sie gesagt?« fragt Tova beharrlich.

»Nichts«, knurrt Didrik.

»Wie heißt sie?«

»Das kann ich doch nicht wissen!« schreit er.

»Weißt du denn gar nichts?«

Didrik seufzt laut. Tova schaut ihn mit großen Augen an. »Kommst du jetzt mit und spielst Brennball?« fragt sie vorsichtig.

»Nein«, erwidert Didrik kurz.

»Was machst du dann?«

»Hierbleiben«, sagt Didrik.

»Aber hier gibt’s doch nichts zu tun!« Zwischen Tovas Augenbrauen bilden sich unruhige kleine Grübchen.

»Doch«, sagt Didrik.

Tova überlegt, was sie noch sagen könnte – etwas, das ihn dazu bringt, sie anzusehen. Da kommt Ruben. Er bleibt ein Stück entfernt stehen und gestikuliert herüber. »Tova, nun mach schon!«

Aber Tova bleibt im Gras sitzen und schaut Didrik an.

»Tschüs«, sagt Didrik.

Sie senkt den Blick. »Tschüs«, sagt sie leise und geht zu Ruben zurück.

Als Didrik allein ist, entdeckt er eine Fliederblüte neben seinem Fuß. Vorsichtig hebt er die kleine violette Blume auf und verbirgt sie in seiner Hand.

Didriks Geschichte

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