Читать книгу Zur Fremdrechtsanwendung im Wirtschaftsstrafrecht - Christina Konzelmann - Страница 46
ОглавлениеTeil 3 Die Dogmatik der Fremdrechtsanwendung › II. Die Fremdrechtsanwendung als Teilbereich des Internationalen Strafrechts › 1. Zum internationalen Geltungsbereich deutschen Strafrechts
1. Zum internationalen Geltungsbereich deutschen Strafrechts
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Wird für einen konkreten strafrechtlichen Sachverhalt festgestellt, dass dieser Bezüge zum Ausland aufweist, stellt sich zunächst die Frage der Anwendbarkeit deutschen Strafrechts. Durch das Strafanwendungsrecht der §§ 3-7, 9 StGB wird der materielle Geltungsbereich deutschen Strafrechts abgesteckt, indem die Reichweite der deutschen Strafgewalt (sog. jurisdiction to prescribe) bestimmt und dadurch auch das anwendbare Recht festgelegt wird.[1] Bei Vorliegen bestimmter Anknüpfungspunkte[2] wird die deutsche Strafgewalt auf Auslandstaten erstreckt, bei denen dann nach den §§ 5-7 StGB deutsches Strafrecht gilt.[3] Terminologisch lässt sich zudem der internationale Anwendungsbereich vom Geltungsbereich einer deutschen Strafnorm unterscheiden. Der internationale Anwendungsbereich benennt die Voraussetzungen, unter denen das Gesetz oder eine einzelne Norm bei Auslandssachverhalten Anwendung beansprucht; der Geltungsbereich den räumlichen Herrschaftsbereich des gesetzgebenden Staates, der den Rechtsanwender durch Rechtsanwendungsbefehl bindet.[4] Indem diese Bestimmungen den Anwendungsbereich beschreiben, für den sich das deutsche Strafrecht einen Bewertungsanspruch zuerkennt, bilden sie einen konstitutiven Bestandteil primärer Strafrechtsnormen, wenn auch nur im Sinne von objektiven Strafbarkeitsbedingungen.[5] Trotz des materiellrechtlichen Charakters haben die §§ 3 ff. StGB auch insofern verfahrensrechtliche Bedeutung, als es bei Nichtvorliegen ihrer Voraussetzungen nach gängiger Praxis zu einem Prozesshindernis kommt, das zu einer Einstellung des Verfahrens führt.[6] Die §§ 3-7, 9 StGB regeln damit das innerstaatliche Strafanwendungsrecht, das die Vorschriften über den sachlichen Anwendungs- bzw. Geltungsbereich des deutschen Strafrechts enthält und angibt, wie weit ein Sachverhalt, der hinsichtlich des Tatorts, des Täters oder des Verletzten internationale Bezüge aufweist, der innerstaatlichen Strafgewalt unterliegt.[7]