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Ich tanze sehr gerne. Mein Mann leider nicht. Das war der Grund dafür, dass ich mich vor einigen Jahren eines Tages überwand und mich in einen Kurs für orientalischen Tanz – im Volksmund Bauchtanz genannt – einschrieb. Eigentlich fand ich diese z.T. alten (wie ich) Frauen, die mit ihren Hintern wackeln, eher albern und hätte viel lieber mit meinem Mann einen Salsa- oder Tango-Kurs belegt. Aber er ließ sich in all den Jahren nie dazu überreden. Beim Bauchtanz hingegen braucht man keinen Partner, und die Bewegungen sollten, wie es hieß, gut für meinen aufgrund jenes Unfalls etwas schmerzanfälligen Rücken sein. Entgegen meinen Vorurteilen erwies sich das Ganze als weder anstößig noch peinlich. Wir waren einfach ein paar ganz unterschiedliche Frauen zwischen 15 und 75 Jahren, die durch das Tanzen und dessen meditativen Aspekt eine etwas unverkrampftere Einstellung zu ihren so gar nicht perfekten Körpern erlangten, und viel Spaß hatten.

Die exotische arabische Musik faszinierte mich von Anfang an. Mein mp3 Player war bald voll davon. Als Nächstes verwirklichte sich ein alter Traum von mir: Mein Mann und ich machten eine Reise nach Ägypten. Natürlich konzentrierte sich die Reise auf die altägyptischen Sehenswürdigkeiten, aber wir waren auch ein paar Tage mitten in Kairo und besuchten u. a. die Zitadelle hoch über der Stadt, mit der Ehrfurcht gebietenden Mohammed-Ali-Moschee. Nicht Ehrfurcht erweckend genug, dass sich mein Mann nicht lustig gemacht hätte beim Anblick der sich verbeugenden und niederwerfenden Gläubigen. »Allah Petrol« will er nämlich immer verstehen statt »Allahu Akbar«. Ich amüsierte mich mit.

Aus einem plötzlichen Impuls heraus bat ich ein knappes Jahr später eine Freundin, mir aus der Schweiz einen Arabisch-Lehrgang zum Selbststudium mitzubringen. Mir ging es darum, mein Gehirn zu trainieren, und die Sudokus und Kreuzworträtsel waren mir verleidet. Es heißt ja, dass es gut für die grauen Zellen sei, im Alter etwas ganz Neues zu lernen und ich fand, eine Sprache mit ganz anderen Buchstaben und entgegengesetzter Schriftrichtung sei neu genug und eigne sich durchaus als Gehirngymnastik.

Ich lernte zunächst ein halbes Jahr autodidaktisch, doch das war auf Dauer unbefriedigend. Also suchte und fand ich einen Online-Lehrer und buchte eine Probestunde. Diese war einwandfrei. Allerdings fehlte nicht viel, und ich hätte im letzten Moment abgesagt: Ich googelte nämlich nach dem Namen des Lehrers und fand nebst Veröffentlichungen zur arabischen Sprache auch einen religiösen, islamischen Text. Auf Frommes hatte ich nun wirklich keine Lust, und am allerwenigsten auf Islamisches.

Da ich mich nicht auf längere Zeit verpflichten musste, fing ich dennoch an, alle 2 Wochen eine On-line-Lektion zu nehmen. Der Lehrer machte keinerlei religiöse Andeutungen. Dafür wies er mich darauf hin, dass das Arabisch, das ich bisher gelernt hatte, ein »abgekürztes« sei, etwas »schlampig«, nicht klassisch Hocharabisch. Ich erwiderte ziemlich unwirsch, ich hätte ja keineswegs die Absicht, den Koran zu lesen, sodass mir das durchaus genüge.

Nach ein paar Lektionen packte mich dann aber doch der Ehrgeiz. Natürlich nicht wegen des Korans, aber ich dachte »wenn ich schon eine Sprache lerne, dann auch richtig« und fing an, Hocharabisch zu lernen. Es machte mir Spaß und ich hatte den Eindruck, zusammen mit dieser so ganz anderen Sprache ein neues Lebensgefühl zu erahnen. Anfangs fand ich sie interessant und seltsam, mit der Zeit gefiel sie mir immer besser, mitsamt den komischen ungewohnten Kehllauten. Die Lektionen waren professionell gestaltet und es schimmerte kein bisschen Religion durch.

Denn trotz meiner Schwäche für das Orientalische – der Islam gehörte nun ganz bestimmt nicht dazu. Obwohl ich mich für eine relativ tolerante Person hielt, war mir diese Religion noch suspekter als alle anderen – natürlich nicht zuletzt durch die vielen Nachrichten über Selbstmordattentäter und Terrorakte und andere dem Islam zugeschriebene Grausamkeiten. Eigentlich hörte man ja immer nur Negatives. Eine Religion, die Gewalt befürwortet, Frauen unterdrückt, Andersgläubige ausgrenzt und heutzutage noch Steinigungen toleriert fand ich schlimmer als die schlimmsten Sekten. Und wenn ich schon für meine eigene, »angeborene« Religion keinerlei Interesse hatte, dann bestimmt erst recht nicht ausgerechnet für den Islam.

Zu meinem Geburtstag schenkte mir eine gute Freundin, die wusste, dass ich arabisch lerne, einen schönen goldenen Anhänger mit einer arabischen Kalligrafie. Ihr inzwischen verstorbener Mann hatte ihn ihr vor vielen Jahren in Ägypten gekauft und sie wusste nicht, was draufstand. Ich konnte es zunächst auch nicht entziffern, aber natürlich freute ich mich sehr und trug es gerne. Als ich jedoch erfuhr, dass die Kalligraphie »Allah« bedeutet, war das Grund für mich, es nicht mehr zu tragen. Nur nichts Religiöses, auch wenn es noch so schön aussieht!

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