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PROLOG

Die Gegenwart dauert drei Sekunden. Eine universelle Konstante, ihr Zeitfenster, aus dem sie die Welt noch einmal betrachtet, ohne sie zu erkennen. In drei Sekunden registriert sie die blassen Farben des Himmels und das tiefe Rot ihres Blutes. Das Ticken der Armbanduhr, lauter als jemals wahrgenommen. Sie fühlt keinen Schmerz, nur großes Erstaunen. Man verliert nicht gern. Nicht das Leben.

Die Gegenwart ist ein Felsen von abgetragenem Grau. Er schmeckt salzig, als sie ihn ableckt. Sie fühlt ihre Zunge noch. So ähnlich haben Austern geschmeckt, sie mochte sie nie. Auch nicht Insekten, und sie hasst die Fliege, die sich an ihrem frischen Blut berauscht. Das Zeitfenster sammelt das Triviale, bis der Blick auf alles Große verstellt ist.

Ihre Augen sehen einen Knochen, der aus einem Unterarm ragt. Er sieht obszön aus. Dinge, die nicht an ihrem Platz waren, hatten sie immer gestört.

Man könnte schreien, sie versucht es und hört nichts, nur das Lachen der Möwen. Aus ihrer Perspektive erinnern sie an weißbemalte Clowns, die traurigen. Etwas Furchtbares ist geschehen, doch die Fenster der Erinnerung sind uneinsichtig. Die Vergangenheit ist das Nichts, aus dem sie kam und in das sie gehen wird. Sie fühlt ihre Zunge nicht mehr, nur das Blut in ihrem Mund. Salz und bittere Süße sind die letzten bewusst wahrgenommenen Empfindungen.

Die Zeit flieht im Dreisekundentakt. Was gibt es Neues, fragt das Gehirn die Sinneszellen? Nicht viel. Eine Welt stirbt.

Hurenkind

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