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ОглавлениеDie Woche ist scheiße. Ich kann nichts tun als warten. Zudem wage ich mich tagsüber nicht mehr aus dem Haus, weil mir jeder gratuliert. Scheinbar hat sich meine Teilnahme am Reproduktionsprogramm rasend schnell herumgesprochen. Naja, ich darf den Leuten keinen Vorwurf machen. Sie meinen es gut und ich selbst habe bis vor Kurzem noch den Teilnehmerinnen gratuliert, wenn auch eher aus Pflichtgefühl als aus echter Begeisterung. Mein Vater geht mir aus dem Weg. Entweder plagt ihn das schlechte Gewissen oder er hat keine Lust auf meine miese Laune. Ungeduldig sitze ich in meinem Zimmer und warte auf die Abende, die ich nutze, um ungestört umherzustreifen. Manchmal gehe ich zum Fluss, beobachte die Spiegelungen der untergehenden Sonne im Wasser oder gehe baden, obwohl ich weiß, dass es gefährlich ist. Die Strömungen sind nicht zu unterschätzen. Mein achtzehnter Geburtstag rückt unaufhaltsam näher. Jede Nacht vor dem Schlafengehen krame ich den Vertrag unter der Matratze hervor und lese ihn durch, immer und immer wieder. Mittlerweile kann ich ihn auswendig.
»Komm mit!«, befiehlt Manja mit ernster Miene, als ich sie am Tag vor meinem Geburtstag in der Wellblechsiedlung treffe. »Das musst du dir ansehen.«
»Was denn?«, will ich wissen, während ich ihr über die staubigen Wege folge.
Meine Freundin wirft mir einen vielsagenden Blick zu. »Heute wird jemand verbannt.«
»Wirklich? Woher weißt du das?« Normalerweise müsste ich diejenige sein, die von so etwas erfährt, schließlich sitzt mein Vater an der Quelle, führt die Verbannungen oft sogar persönlich durch. Er nennt es eine unangenehme Pflicht. Manja nennt es unmenschlich.
»Mein Bruder hat es mir erzählt. Es ist einer seiner Arbeitskollegen«, erklärt sie.
Ich runzle fragend die Stirn.
»Er hat Pilze verkauft«, fügt sie hinzu. Ich kann sehen, dass ihr das Sorgen bereitet. Ihr Bruder könnte an Stelle dieses armen Teufels sein und sie weiß das.
»So ein Mist«, sage ich nur. Kein Wunder, dass Paul nicht bei uns ist. Sie hat ihm nichts von der Verbannung erzählt, weil er dann wieder eine Moralpredigt halten würde. Scheinheilig plädiert er dafür, sich an die Regeln zu halten und verurteilt den Handel mit den Pilzen, nimmt sie aber trotzdem. Dieser Heuchler.
Vielleicht bin ich deshalb nicht mit ihm zusammen. Als gute Freundin kann ich seine Fehler akzeptieren, als Partnerin nicht.
Manja führt mich zum Schulgebäude. Vom Dach aus hat man einen guten Blick auf das Tor. Allerdings ist die Aktion nicht ungefährlich. Wenn wir dabei erwischt werden, wie wir uns unerlaubt Zugang verschaffen, ist Strafdienst in den Ställen das Mindeste, was wir erwarten dürfen. Aber um Konsequenzen hat Manja sich noch nie geschert und ich habe mich immer darauf verlassen, dass uns mein Vater rausboxen wird, sollten wir bei einer verbotenen Aktion erwischt werden. Außerdem habe ich sowieso nichts mehr zu verlieren.
Auf dem Flachdach schleichen wir geduckt an den Rand und spähen über die Brüstung. Die Sonne steht hoch und blendet, sodass ich mein Gesicht beschatten muss, um etwas zu erkennen. Bis auf zwei Soldaten, die vor dem großen Tor Wache halten, ist nichts zu sehen. Keine Spur von einer Verbannung. »Da ist niemand«, wispere ich.
»Warte. Sie kommen gleich«, gibt Manja zurück.
Mit dem Handrücken wische ich mir über die Stirn. Das völlige Fehlen von Schatten treibt mir den Schweiß aus allen Poren und der Boden des Flachdachs ist so heiß, dass die Hitze durch die Sohlen meiner Zehensandalen dringt. »Hoffentlich beeilen die sich. Lange halte ich es hier nicht aus.«
Manja bedenkt mich mit einem strafenden Blick. »Sei nicht so ein Weichei.«
Sie hat gut Reden. Durch das Leben in der Wellblechsiedlung ist sie an brütende Hitze gewöhnt, die Wohnungen in den Blocks sind dagegen vergleichsweise kühl. Außerdem mag meine helle Haut keine direkte Sonne, da sprießen die Sommersprossen wie Unkraut. Aber natürlich hat Manja recht. Ich bin ein Weichei. Na und?
Plötzlich deutet sie auf einen Punkt, etwa zweihundert Meter vom Tor entfernt. »Da sind sie.«
Ich folge ihrem ausgestreckten Finger und sehe eine Handvoll Menschen, die über die Hauptstraße Richtung Tor marschieren. Drei Zivilisten werden von zwei Soldaten eskortiert. Es sind riesige Kerle, die die Zivilisten um eine Kopfeslänge überragen. Ich bin überrascht. Bisher dachte ich, eine Verbannung wäre eine dramatische Angelegenheit für die Familie, doch was ich dort unten sehe, wirkt nicht besonders beeindruckend. Die junge Frau verzieht keine Miene, aber sie klammert sich an den Arm ihres Mannes, als wollte sie mit ihm verschmelzen. Die ältere Frau, die ich für seine Mutter halte, folgt den beiden gebeugt. Mit dem Tempo, das die Soldaten angeschlagen haben, kann sie kaum mithalten. Es ist eine schweigende Prozession. Als sie das Tor erreichen, fallen die Frau und der Mann einander in die Arme, während einer der Soldaten ein Stück Papier aus der Brusttasche zieht und es vorzulesen beginnt. Die Wachen öffnen derweil das Tor. Eine Seltenheit in der Kolonie. Aufgeregt spähe ich hinaus. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe - eine Horde Mutanten vielleicht oder Raubtiere, die auf Beute lauern. Stattdessen sehe ich staubige Erde und einen Teerweg. Nicht gerade spektakulär. Mein Blick gleitet über die Häuser. Schatten huschen hinter den Fenstern vorbei, doch niemand schaut hinaus. Die Straßen sind wie leergefegt. Dass die Verbannungen ignoriert werden, ist mir nicht neu, aber dass nicht einer es wagt, sie öffentlich in Frage zu stellen, oder wenigstens versucht, einen Blick nach draußen zu erhaschen, bestürzt mich. Sind die Menschen tatsächlich so abgestumpft? Oder sind sie eher eingeschüchtert?
Die Soldaten lassen der Familie nur wenige Minuten Zeit, dann fassen sie den jungen Mann an den Armen und führen ihn zum Tor. Er wehrt sich nicht, blickt nur immer wieder zurück zu seiner Frau, die weinend zu Boden sinkt und die Hände vors Gesicht schlägt. Die alte Frau streicht ihr tröstend über die Schulter. Scheinbar haben die Soldaten Angst, dass der Verurteilte bei dem Anblick beschließen könnte, aufzubegehren und fassen fester zu. Der Mann zuckt zusammen und verzieht schmerzvoll das Gesicht. Die Wachsoldaten heben die Gewehre und richten sie auf die beiden Frauen. Eindeutig eine Drohung. Der Verurteilte muss sich fügen, ob er will oder nicht. Ich spüre, wie mir Tränen in die Augen schießen.
»Das ist das wahre Gesicht der Kolonie«, sagt Manja leise. Ihre Miene ist eine starre Maske, unter der sie ihre Erschütterung verbirgt. »Verbannung wegen einer Tüte voll Pilze. Weil er wollte, dass es seiner Familie besser geht.«
Ich schlucke trocken. »Mich werden sie nicht verbannen, weil ich fruchtbar bin.« Der Gedanke sollte mich beruhigen, doch ich fühle nur Verbitterung und Wut.
Und Angst.
Manja sieht mich mit einem seltsamen Ausdruck im Gesicht an, den ich nicht deuten kann. Verachtung? Traurigkeit? »Das stimmt. Aber welchen Preis musst du dafür zahlen?«
Ich kann ihrem Blick nicht standhalten und schaue zum Tor, das sich soeben hinter dem Verbannten schließt. Eine Schweißperle rinnt meine Wange hinab. Es könnte auch eine Träne sein.
»Ich kenne da jemanden«, fährt Manja fort. »Den solltest du aufsuchen, bevor du dich wegsperren lässt.«
Mit den Augen folge ich den beiden Frauen, die von den Soldaten verscheucht werden wie streunende Hunde. »Okay«, willige ich ein. »Wer ist es?«
»Sein Name ist Fabio. Er hat vier Jahre lang in der Außenwelt gelebt.«
Später am Tag gehe ich in die Wellblechsiedlung, um den Mann aufzusuchen, von dem Manja mir berichtet hat. Normalerweise würde ich so etwas nicht tun - zwischen den Hütten umherirren und einen Fremden suchen - aber die Verbannung geht mir nicht mehr aus dem Kopf.
Es fällt mir schwer zu glauben, dass dieser Fabio tatsächlich in der Außenwelt gelebt haben soll. Müsste er dann nicht tot sein? Und nicht nur das - seine Tochter soll am Programm teilgenommen haben, bevor sie nach zwei Jahren urplötzlich verbannt worden ist. Er hat sie begleitet, ist aber wieder zurückgekehrt, als sie starb. Die Geschichte klingt so ungeheuerlich, dass sie erfunden sein muss. Immerhin hat der Mann Fahnenflucht begangen. Das gehört zu den schlimmsten Vergehen in der Kolonie. Niemals hätte ihn der Offiziersrat wieder aufgenommen. Aber ich habe Manja versprochen, den Mann aufzusuchen, also werde ich es tun. Außerdem ist er die einzige Informationsquelle, die ich habe, nur für den Fall, dass ich mich doch noch dazu entschließen sollte, abzuhauen. Im Grunde weiß ich, dass ich viel zu feige bin, aber der Gedanke, dass ich abhauen könnte, gibt mir Kraft und scheint auch Manja zu beruhigen.
Eine Stunde lang irre ich zwischen den Hütten umher und suche Fabios Behausung. Außer seinen Vornamen und den Abschnitt, in dem er angeblich wohnt, weiß ich nichts. Schließlich frage ich eine alte Frau unter einer Plane nach dem Weg. Der zottelige Hund, der neben ihr liegt und döst, hebt nicht mal den Kopf. Die Hitze macht ihn träge. Die alte Frau deutet auf eine heruntergekommene Hütte am Ende des Pfades.
Das Dach hängt durch und ist übersät mit Steinen, die die Löcher im Blech abdecken. Putz bröckelt von den Wänden. Die linke Seitenwand ist mit Balken abgestützt. Die Hütte ist so runtergekommen und baufällig, dass sie eigentlich unbewohnbar ist.
Ich klopfe zaghaft. »Hallo?«
»Wer ist da?« Die Stimme klingt kratzig, als hätte der Mann einen wunden Hals.
»Mein Name ist Jule.«
»Was willst du?«
»Sind Sie Fabio?«
»Möglicherweise. Warum fragst du?«
»Ich muss mit Ihnen sprechen, bitte. Es ist dringend. Ich habe einen Beutel Linsen dabei.«
Ob mein Flehen ihn erweicht oder die Linsen, kann ich nicht beurteilen, ich vermute Letzteres. Humpelnde Schritte nähern sich, jemand fummelt am Türschloss herum. Fast muss ich mir ein Schmunzeln verkneifen. Die Hütte würde zusammenfallen, wenn man fest genug gegen die Wand tritt. Was soll ein Türschloss da nutzen?
Vor mir steht ein dürrer Mann, kleiner als ich, mit schütterem Haar und einem zerfurchten Gesicht. Unmöglich, sein Alter zu schätzen, denn trotz des körperlichen Verfalls wirkt er aufmerksam und agil. Er mustert mich. »Du bist nicht von hier.«
Seine Stimme schwankt, verliert sich am Ende des Satzes in einem Krächzen, doch er spricht dialektfrei und mit klaren Worten, nicht wie ein Mann aus der Wellblechsiedlung.
Ich halte ihm die Linsen hin. »Ich habe Fragen zur Außenwelt und zum Programm.«
Erschrecken huscht über sein Gesicht. Ängstlich sieht er sich um, bevor er mich ruckartig in seine Behausung zieht. »Bist du von Sinnen, Mädchen?«
Das Innere des Hauses bestätigt den heruntergekommenen Eindruck. Ein altes Bettgestell aus Eisen, der Gitterlattenrost nicht vollständig bedeckt von einer fleckigen Matratze, auf der eine dunkelgrüne Decke der Neuen Armee liegt. Ein wackeliger, Holztisch, drei Stühle und ein Sofa, das vielleicht mal beige gewesen ist, nun aber von Flecken und Rissen übersäht. Entlang der Wände stehen Regale, gefüllt mit Einmachgläsern und Konserven und verschieden große Holzkäfige, in denen Äste, Blätter und Gestrüpp liegen. In manchen kann ich Beine erkennen. Lange, haarige Beine und glatte, glänzende.
»Was haben Sie da?«, frage ich beklommen.
Zärtlich streicht Fabio über die Gitterstreben. »Das sind meine Haustiere.«
»Sie halten Insekten?«
Er grinst breit. »Alles, was sich in meine Behausung wagt und mindestens so groß ist wie meine Handfläche, sammle ich ein.«
Ich denke daran, welche Anstrengungen die Menschen unternehmen, um die Krabbelviecher von ihren Wohnungen fernzuhalten und schüttle mich vor Ekel. Mit einer Mischung aus Abscheu und Faszination trete ich an die Käfige heran. »Aber die Viecher sind widerlich.«
Er zuckt mit den Schultern. »Sie sind Teil unserer Welt, ob wir das wollen oder nicht. In der Außenwelt findest du sie hinter jedem Stein.«
Ich begutachte eine gelb und schwarz leuchtende Spinne mit dürren Beinen und einem geschwollenen Leib, die ich noch nie zuvor gesehen habe. »Wir leben aber nicht in der Außenwelt.«
Er nimmt die Linsen aus meiner Hand, verstaut sie in einem Regal und sinkt auf einen Stuhl, als wäre er plötzlich zu schwach, um länger zu stehen. Er wirkt zerbrechlich und deutet müde auf den Stuhl gegenüber. Seine Finger sind dürr wie Spinnenbeine. »Ich habe von dir gehört.«
Ich setze mich. »Wirklich? Von wem?«
Er zuckt mit den Schultern. »Die Leute reden. Leider auch über Dinge, die ich gar nicht hören will.«
»Dann wissen Sie sicher auch, dass ich am Programm teilnehmen werde«, wage ich mich vor. »Aber ich will das nicht.«
Fabio seufzt tief. »Ob du es willst oder nicht, du musst.«
»Warum? Was geschieht, wenn ich mich weigere?«
Er lacht. Es klingt bitter. »Dies ist die Kolonie, Jule. Hier gibt es kein freiwillig, auch wenn es auf den ersten Blick so scheint. Sie erzählen dir etwas von Ehre, stecken dir ein lächerliches Abzeichen an und tun so, als warte ein Leben im Überfluss auf dich, aber über den Preis sprechen sie nie.«
Unwillkürlich denke ich an meinen Vater und frage mich, wie viel er darüber weiß. Ob er eine Vorstellung davon hat, was die Teilnahme am Programm für eine Frau bedeutet. Wahrscheinlich kümmert es ihn nicht. Er denkt nur an seinen Job, an seine Soldaten, die ihn verehren, ganz im Gegensatz zu mir. »Ist Ihre Tochter deshalb ausgewiesen worden? Weil sie das Programm vorzeitig beenden wollte?«
Schmerz huscht über Fabios Gesicht. »Mir wurde verboten, darüber zu sprechen. Alles, was ich dir sagen kann, ist, dass das Programm schreckliche Opfer von dir fordert. Opfer, die du im Augenblick noch nicht ermessen kannst.«
»Warum? Was ist schon dabei, Kinder zu gebären? Mein Vater hält das für nicht besonders schwer. Er sagt, sie werden gut für mich sorgen.« Ich blicke ihn flehend an, hoffe auf ein paar aufmunternde Worte. Dass es nicht so schlimm werden wird. Dass Kinderkriegen ein Klacks ist. Oder dass die Außenwelt ein wunderschöner Ort ist. Hart klopft mein Herz in meiner Brust.
Meine Hoffnung ist vergebens. Fabio schließt die Augen und reibt über seine Stirn als hätte er Kopfschmerzen. Wie einen losen Überwurf schiebt er die zerfurchte Haut über den Schädel. »Ich hätte dich nicht hereinlassen dürfen.«
Meinen Vater zu erwähnen war ein Fehler gewesen. Wer legt sich freiwillig mit dem Kommandanten an? Ich strecke meine Hand über den Tisch, berühre seinen Arm, lege alles was ich habe in meinen Blick. Seine Haut fühlt sich heiß und trocken an. »Bitte.«
Er reißt die Augen auf. »Weißt du, wie ich es geschafft habe, dass sie mich wieder reinlassen?«
Ich schüttle den Kopf, verwirrt von dem plötzlichen Themenwechsel. Er steht auf und hebt sein fadenscheiniges Hemd. Auf seiner rechten Körperhälfte zieht sich vom Rücken über die Flanke eine wulstige, rote Narbe.
Mit dem Zeigefinger fährt er sie nach. »Das war der Preis, den ich zahlen musste.«
»Ich verstehe nicht«, sage ich.
Das Hemd sinkt zurück, bedeckt seinen bleichen Bauch. »Wir sind nur Drohnen in einem gut organisierten Bienenstaat. Der Einzelne zählt nichts, es sei denn, er befindet sich an der Spitze der Nahrungskette. Und für diese Führungselite gibt die Arbeiterbiene alles, sogar ein Organ. Das wird von ihr erwartet.«
Ich bin nicht sicher, ob ich ihn richtig verstehe. »Haben Sie etwa eine Niere gespendet?«
Fabio nickt. »Du musst jetzt gehen.«
Mein Magen krampft sich zusammen. »Sie haben mir noch keine Antworten gegeben.«
Zuerst sieht es so aus, als würde er nichts mehr sagen und ich überlege, ob ich mich weigern soll, zu gehen. Ein Sack Linsen sollte zumindest eine klare Antwort wert sein.
»Zehn Jahre lang musst du dich befruchten lassen«, sagt er schließlich. Das ist keine Frage, sondern eine Feststellung.
Ich nicke stumm.
»Du wirst oft schwanger werden und du wirst einige Kinder gebären. Doch nicht jedes Kind ist lebensfähig«, erklärt er so leise, dass ich mich anstrengen muss, um ihn zu verstehen. Seine Augen glänzen feucht. »In Wahrheit überleben nur sehr Wenige. Sie pfuschen an ihrem Erbgut herum, weißt du.«
Ich schlucke trocken. »Warum?«
Fabios Miene verdüstert sich. »Weil sie es können.«
Damit öffnet er die Tür und bedeutet mir, zu gehen. Ich bin zu perplex, um etwas zu entgegnen. Zögerlich erhebe ich mich. An der Tür halte ich noch einmal inne. »Was ist mit der Außenwelt? Wie ist es da draußen? Gibt es Dörfer oder Siedlungen?«
»Die gibt es, aber nur Wenige. Hauptsächlich triffst du auf Mutanten oder Wilde, die jeden Sinn für zivilisiertes Verhalten verloren haben.«
»Sind sie gefährlich?«
Er zuckt mit den Schultern. »Manche.« Mit sanftem Druck schiebt er mich zur Tür hinaus und knallt sie hinter mir zu. Staub und Putz rieseln den Türrahmen hinab. Ich stehe da wie ein begossener Pudel, verwirrt und benommen.
Fabio hat meine Fragen nicht beantwortet, nur neue Fragen aufgeworfen.