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1. Die kompetenzielle Reichweite der GHP

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Im Unionsrecht ist das Außenhandelsrecht regelmäßig mit einer Diskussion über die Reichweite der unionalen Kompetenzen verbunden (gewesen). Während mit dem Vertrag von Amsterdam von 1997 lediglich eine Kompetenzerweiterungsmöglichkeit für den Rat bezüglich internationaler Übereinkünfte über Dienstleistungen und Rechte des geistigen Eigentums eingeführt wurde (Art. 133 Abs. 5 EGV-Amsterdam), von der allerdings nie Gebrauch gemacht wurde, erfolgte mit dem Vertrag von Nizza von 2001 die Durchführung der Kompetenzübertragung, allerdings beschränkt auf die jeweiligen Handelsaspekte, d.h. den Handel mit Dienstleistungen sowie Handelsaspekte des geistigen Eigentums.[26] Mit der Ausweitung auf ausländische Direktinvestitionen im Rahmen des Vertrags von Lissabon ließ sich zumindest bis zum Gutachten 2/15 des Gerichtshofs diskutieren, ob der investitionsschutzrechtliche GHP-Kompetenzbereich der Union auf Portfolioinvestitionen ausdehnbar ist,[27] da sich nach der implied powers-Lehre eine dahingehende ausschließliche Unionskompetenz implizit aus den Regelungen über die Kapitalverkehrsfreiheit herleiten und aufgrund der bisher fortgeschrittenen kapitalverkehrsrechtlichen Integration begründen ließe, die eine entsprechende Außenhandelskompetenz erfordert (siehe Fall 12, Rn. 755 ff.).

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Die sogenannten implied powers knüpfen an ausdrücklich in den Unionsverträgen vorgesehene Unionskompetenzen an und können als Annexkompetenz, als Kompetenz aus dem Sachzusammenhang oder als Kompetenz aus der Natur der Sache eine Zuständigkeit der Union begründen.[28] Daraus folgt, dass sich grundsätzlich dann eine Unionskompetenz ergibt, sofern eine Materie, für die eine ausdrücklich zugewiesene Kompetenz besteht, verständlicherweise nicht geregelt werden kann, ohne dass gleichzeitig eine andere, nicht ausdrücklich zugewiesene Materie mitgeregelt wird.[29] Für den Bereich des Abschlusses internationaler Abkommen durch die Union bestimmt Art. 3 Abs. 2 AEUV die Anforderungen, nach denen die impliziten Vertragsabschlusskompetenzen gemäß Art. 216 Abs. 1 Var. 2 bis 4 AEUV als ausschließliche Kompetenz der Union zu bewerten sind. Dem dogmatischen Ansatz ausschließlich unionaler implied powers folgte der Gerichtshof im Gutachten 2/15 in Bezug auf die Erfassung von Portfolioinvestitionen gemäß Art. 216 Abs. 1 Var. 4 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 AEUV allerdings nicht und begrenzte die ausschließlich unionale investitionsschutzrechtliche Außenhandelskompetenz – im Einklang mit dem Wortlaut von Art. 207 Abs. 1 AEUV – auf ausländische Direktinvestitionen.

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