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Aspekt 2 – Der Abflughafen

Aufgrund des föderalen Systems in Deutschland gibt es keinen Zentralflughafen wie in vielen Nachbarländern. Es gibt eine Vielzahl von Regionalflughäfen und wenige Großflughäfen. Dadurch besteht tatsächlich eine echte Wahlmöglichkeit beim Abflughafen.

Der deutsche Flughafenverband ADV hat 31 Mitglieder, die sich in „internationale Verkehrsflughäfen“ (22) und „regionale Verkehrsflughäfen und -landeplätze“ (9) unterteilen{3}. Mit Ausnahme von Sachsen-Anhalt hat jedes Bundesland mindestens ein ADV-Mitglied. Mit Bedacht fliegen könnte bedeuten, den nächsten Flughafen möglichst mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.

Mit der Debatte, welcher Flug sinnvoll ist und welcher nicht, könnte man sicherlich Seiten füllen und womöglich ein eigenes Buch verfassen. Da es in diesem Buch um bedachtsames Fliegen geht, sollte die Entscheidung, welchen Flug an sich Sie selbst für sinnvoll erachten, auch Ihre Entscheidung bleiben.

Möchte man Ziele außerhalb Europas erreichen, schränkt sich der Kreis der Flughäfen ein, die einen Interkontinentalflug anbieten oder einen Zubringerdienst zu diesen Flughäfen in ihrem Flugplan gelistet haben.

Ein Kriterium, den „richtigen“ Flughafen auszuwählen, könnte beispielsweise die Frage nach dem Lärmschutz sein, ob etwa ein Nachtflugverbot existiert{4} und wie dieses tatsächlich umgesetzt wird.

Eine Kennzahl, die ein Flughafen ausweist, sind die so genannten „Ferry flights“, zu Deutsch Überführungsflüge. Diese sind unter Nachhaltigkeitskriterien natürlich absolut kontraproduktiv, da bei dieser Art des Flugs eine leere Maschine von A nach B fliegt. Die Gründe für solche Flüge sind vielfältig. Natürlich lässt keine Fluggesellschaft ihr Fluggerät grundlos ohne so genannte „Payload“ (Passagiere, Fracht, Post) durch die Welt fliegen. Bei Fluggesellschaften, die nach einem regulären Flugplan fliegen, ist das die absolute Ausnahme, wenn beispielsweise der Flugplan aufgrund von Störungen durch Wetter derart durcheinander gewirbelt wurde, dass mehrere Flugstrecken gestrichen werden. Das Flugzeug fliegt dann zum nächsten Flughafen, um dort den regulären Flugbetrieb wieder pünktlich aufzunehmen.

Wesentlich öfter kommt es zu Überführungsflügen bei so genannten Charterflügen, bei denen das Flugzeug von einem Veranstalter für eine Strecke gemietet wird. Das Flugzeug fliegt gegebenenfalls vor oder nach dem Passagierflug leer, um den nächsten Charterflug-Auftrag zu erfüllen. Nachzuforschen, woher die Maschine kommt oder wohin sie im Anschluss fliegt, ist in diesem Fall wahre Detektivarbeit, da diese Flugplandaten natürlich nicht über Anzeigetafeln im Flughafen oder dessen Webseite einzusehen sind. Von daher ist es praktisch unmöglich, bei einem Charterflug eine entsprechende Prognose abzugeben.

Ob ein Flughafen seine Daseinsberechtigung hat oder nicht, könnte ein weiteres Kriterium für bedachtsames Fliegen sein. Schließlich gibt es bei jedem Flughafen zunächst einmal Flächen, die benötigt und versiegelt werden, egal wie hoch die Zahl der täglichen An- und Abflüge und die damit verbundene Lärmbelästigung ist. Gerade in den 1990er Jahren hatte Deutschland in strukturschwächeren Regionen damit zu kämpfen, dass die Truppen der Amerikaner, Briten, Franzosen und Sowjets aus Deutschland abzogen. Viele Menschen fanden in der Zeit des Kalten Kriegs beim Militär Arbeitsplätze, die damals verschwanden. An zahlreichen Standorten gab es allerdings Militärflughäfen, die sich auch zivil nutzen ließen. So entstanden viele Konversionsprojekte, mit deren Hilfe Arbeitsplätze gesichert wurden. Diese Flughäfen wurden vermehrt von neu gegründeten Fluggesellschaften angeflogen. Der wirtschaftliche Erfolg stellte sich bei vielen dieser Flughäfen leider nicht ein, weshalb sie mit der Zeit auf staatliche Beihilfen zurückgriffen.

Die EU erließ 2013 Leitlinien für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften{5}. In diesen Leitlinien findet sich in der Einleitung der Hinweis, dass bereits 2011 der Marktanteil der „Billigfluganbieter“ (42,4 Prozent) den der „etablierten Fluggesellschaften“ (42,2 Prozent){6} erstmals überstieg. Ferner findet sich in dieser Einleitung der Hinweis, „dass bei der Flughafeninfrastruktur in Bezug auf die Passagiernachfrage und den Bedarf der Luftverkehrsgesellschaften erhebliche Überkapazitäten bestehen“{7}. Es wird weiterhin auf spezielle Geschäftsgebaren hingewiesen: „Die Entwicklung des Marktes und die enge Zusammenarbeit zwischen Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften haben jedoch allmählich den Weg für eine große Bandbreite an Geschäftspraktiken geebnet. Dazu zählt unter anderem der Abschluss langfristiger Verträge mit differenzierten Tarifen, die zuweilen erhebliche Anreize und Marketingunterstützung vorsehen, welche von den Flughäfen und/oder den lokalen Behörden an die Luftverkehrsgesellschaften gezahlt werden. Vor diesem Hintergrund könnten für den Betrieb von Flughäfen bereitgestellte öffentliche Mittel an Luftverkehrsgesellschaften weitergeleitet werden, um mehr gewerblichen Verkehr anzuziehen, was zu einer Verfälschung des Wettbewerbs auf den Luftverkehrsmärkten führen würde“{8}.

Diesen Zitaten ist zu entnehmen, dass letztlich über staatliche Beihilfen indirekt Flugpreise subventioniert wurden, um Flüge anzubieten, die sich im freien Wettbewerb nicht rentieren würden. Daher hat die EU diese Beihilfen auf maximal zehn Jahre begrenzt, so dass ab Ende 2024 ein solches Agieren bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr möglich ist. Die Seite Airliners.de hat 2014 eine Liste der deutschen Flughäfen erstellt, die von den damals neuen EU-Subventionsregeln betroffen sind{9}.

Ein weiteres Kriterium für die Wahl des Abflughafens ist die Pünktlichkeitsstatistik{10}. Je mehr Verspätungen es an einem Flughafen gibt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es an diesem Flughafen auch Warteschleifen in der Luft gibt, bei denen unnötig viel Treibstoff verbraucht wird. Gleiches gilt beim Abflug, für das Rollen zur Startbahn. Die Flugzeuge verbrauchen auf dem Weg zur Startbahn bereits Treibstoff. Wenn die Start- und Landebahnen durch andere Flugzeuge belegt sind, entsteht ein Stau. In diesem Fall wird dann unnötig viel Treibstoff verbraucht.

Mit Bedacht fliegen fängt bei der Wahl des Abflughafens an. Unter Nachhaltigkeitskriterien sollten sowohl ökologische Aspekte (Lärmschutz, Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Art des Flugs, Pünktlichkeit) als auch ökonomische Aspekte (Rentabilität) eine Rolle spielen.

Mit Bedacht fliegen

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