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3. Wir pflegen unsere Gottesbeziehung

Glaube lebt davon: Gott begegnet uns und wir ihm. Glauben ist ein Kontaktgeschehen. Er liebt uns, wir lieben ihn, unseren Gott und Heiland.

Gemeinschaft mit Gott

Natürlich verstehen wir Glauben als ein Geschenk. Er wächst nicht in unserem Garten. Wir verfügen nicht über ihn. Aber wie das mit Geschenken so ist: Man muss sie auspacken, entdecken und pflegen. Schade, wenn sie still in der Ecke verstauben. Glaube will gelebt, bewahrt und gestaltet sein. So wie die Beziehung der Ehe: Da ist es nicht damit getan, dass man Ja zueinander sagt und sich gegenseitig die Ringe aufsteckt. Nein, danach geht’s erst richtig los. Nicht umsonst spricht der Apostel Paulus häufig vom „Wachsen im Glauben“ (u. a. 2. Thessalonicher 1,3).

Das bedeutet praktisch: Es soll täglich ein paar Minuten geben, in denen Gott mit uns allein ist. Er redet, wir hören. Dafür gibt es unterschiedliche Modelle, die uns Gottes gute Worte nahebringen:

•das Kleinformat der Herrnhuter Losungen,

•die ökumenische Bibellese,

•eine eigene Bibel-Leseordnung.

Es kommt nicht auf die Menge an. Aber unsere Existenz als Christen hängt daran, dass Gott zu uns reden kann und wir zu ihm beten. Unaufhörlich hin und her. Das Ergebnis: Der Herr, mit dem wir umgehen, geht auf lange Sicht mit uns um. Er formt unser Verhalten und prägt uns. Deshalb sollten das Bibellesen und das Beten zu unserem Tagesablauf gehören wie das Zähneputzen. Beides hält uns frisch.

Wo uns im Ruhestand nicht mehr der berufliche Stress den zeitlichen Takt vorgibt, wird es uns leichter möglich, den Kontakt mit Gott intensiver zu pflegen, dem Gebet und dem Bibellesen mehr Zeit einzuräumen, als das vorher denkbar war.

Weil man bekanntlich im Alter meistens in unterschiedlichen Graden vergesslicher wird, kommt es vor, dass man bereits nach wenigen Stunden vergisst, was man gelesen hat. Manche schämen sich deshalb. Aber das ist nicht nötig. Denn das Wort Gottes wirkt in uns auch dann, wenn wir es nicht mehr bewusst intus haben. Dabei verhält es sich wie mit dem Wasser, nachdem es geregnet hat. Es ist auf dem Rasen sichtbar. Bald aber nicht mehr. Warum? Das Wasser ist in den Boden eingezogen und reichert am Ende sogar den Grundwasserspiegel an. So auch das Wort Gottes, das wir aufnehmen. Es geht nicht verloren, sondern dringt in unser Inneres ein. Es prägt uns, ohne dass wir das immer bemerken.

Das wird durch eine schlichte Begebenheit unterstrichen:

Die Oma war alt geworden. Ihr Gedächtnis war nicht mehr das beste. Dennoch ging sie Sonntag für Sonntag zum Gottesdienst. Hinterher fragte man sie zu Hause: „Na, Oma, wie war’s im Gottesdienst, worüber hat der Pfarrer gepredigt?“ Da fiel der Oma nichts mehr ein: „Das hab ich vergessen.“

„Aber Oma, wozu gehst du denn zur Kirche, wo doch dein Gedächtnis wie ein Sieb ist?“

„Ja, mit dem Sieb, das stimmt“, gibt die Oma zurück. „Wenn man Wasser reinschüttet, läuft alles durch. Da bleibt nichts hängen. Aber – das Sieb wird sauber.“

So geht es mit dem göttlichen Wort zu, das wir in uns aufnehmen. Seine Wirkung ist nicht unbedingt davon abhängig, dass wir uns später noch daran erinnern. Indem wir es lesen oder hören, dringt es in uns ein. Es wirkt auf jeden Fall.

Gemeinschaft mit Menschen

Zur persönlichen Glaubenspraxis gehört auch die Gemeinschaft mit anderen Christen. Wer glaubt, steht nicht allein. Glauben geht auf Dauer nur in der Mehrzahl gut. Er verbindet uns nicht nur mit Gott, sondern auch mit den Christen neben uns. Es ist wichtig, dass wir hier unseren Platz finden und uns einbringen.

Glauben und Alter – das scheint eine treffliche Verbindung zu sein. Viele sind noch religiös sozialisiert: durch die Familie, die Schule, den Konfirmandenunterricht, vielleicht später durch die kirchliche Jugendarbeit. Es kann doch nicht schwer sein, daran anzuknüpfen und Brücken zu unseren kirchlichen Angeboten zu bauen!

Darüber hinaus sollten doch Menschen, die eine Fülle an Lebenserfahrung gewonnen, manches Schwere durchgestanden haben und öfter an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gekommen waren, dem Glauben leichter zugeneigt sein – sollte man meinen. Die „Vorstellung, dass auf die heutigen und die künftigen Senioren Verlass ist, weil sie der Lebenszyklus gleichsam automatisch in die Kirchen führt, ist unter den kirchlichen Verantwortungsträgern weit verbreitet.“9 Da, demografisch bedingt, die Zahl älterer Menschen kontinuierlich zunimmt, sollte sich demzufolge gelassener Optimismus einstellen. Doch es zeigt sich, was bereits Martin Luther wusste: „Christen sind seltene Vögel.“

Statistiken und Prognosen sprechen eine deutliche Sprache. Das zunehmende Alter unserer Zeitgenossen spielt uns nicht mehr unbedingt in die christlichen Karten. „Je älter, desto frömmer“, gilt längst nicht mehr. Das wird besonders augenfällig, wenn es um christliche Inhalte geht:

•Die Aussage unseres Glaubens, dass es ein Leben nach dem Tod gibt, wird derzeit nur von 32 % der älteren Generation bejaht. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es hingegen 41 %.

•61 % der Älteren sind überzeugt: Mit dem Tod ist alles aus. Dagegen sind nur 41 % der Jüngeren dieser Meinung.

•Dass das Leben sinnlos ist, wird von drei- bis viermal so vielen Älteren behauptet wie von Jüngeren.

Das gibt zu denken.

Fazit: Viele Ältere sind „christlich obdachlos“ und gehen hoffnungsarm in die Zukunft. Man lebt zunehmend alltagsbezogen pragmatisch: Was nützt es mir? Was habe ich heute davon? Was bringt’s? Man begnügt sich, über die Runden zu kommen, ohne über größere Sinnzusammenhänge nachzudenken.

Wir sehen: Glauben im Alter ist kein Selbstläufer. Wir werden als Christen nicht getragen von einer Woge allgemeiner Akzeptanz. Umso wichtiger wird es sein, unseren Glauben nicht zu verstecken, sondern einladend, offen und werbend dazu zu stehen und zu versuchen, viele auf diesen guten Weg einzuladen – auch durch neue, veränderte Formen der Seniorenarbeit.

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