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Christen und die Freude – gestern und heute

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Der »Wandsbecker Bote« Matthias Claudius (1740–1815) bringt in seinem berühmten Abendlied Der Mond ist aufgegangen den Zusammenhang zwischen Glauben und Freuen klassisch zum Ausdruck: »Lass uns einfältig werden und vor dir hier auf Erden wie Kinder fromm und fröhlich sein«. Das Frommsein und das Fröhlichsein, das Beten und das Lachen, das Glauben und das Freuen gehören unlöslich zusammen. Wenn Christen fröhliche Leute sind, dann leben sie etwas Wesentliches des Glaubens.


Wir können an der fehlenden Freude den Mangel unseres Glaubens erkennen. Denn wie stark wir glauben, so stark müssen wir uns auch notwendig freuen.

Martin Luther

Glauben und Freuen wollen in einer gesunden Balance zueinander stehen, das hat auch Martin Luther erkannt. Und so entspricht es der biblischen Botschaft. So tut es uns auch rein menschlich gut. Ein Glaube ohne Freude ist ein Widerspruch in sich. Freudlose Frömmigkeit ist krank.


Die Freude ist unser göttliches Erbteil. Nur sie kann uns beglücken. Sie hat eine so mächtige Beziehung zu unserem Herzen, dass dieses ohne sie keine Ruhe findet. Gott schuf die Freude zu unserem Besten. Der Mensch ist für die Freude geschaffen – und die Freude ist für den Menschen.

Franz von Sales (1567–1622)


Jede Wirkung des Heiligen Geistes zielt auf Freude. Empfindest du, dass dich die Furcht Gottes beginnt, mehr zu freuen als traurig zu machen, ist das eine sichere Wirkung Gottes und des Geistes. Das Herz wird so zum Musikinstrument Gottes, der in deinem Herzen tönen soll; und dieses Tönen des Gottesgeistes ist nichts anderes, als mit Lust, Liebe, Freude und Begierde an Gott glauben.

Huldrych Zwingli (1484–1531)

Nikolaus Graf von Zinzendorf (1700–1760), der Gründer der Herrnhuter Brüdergemeine und erste Herausgeber der Herrnhuter Losungen, hat festgehalten, dass Christen »zur Freude disponiert« sind. Weil Jesus Christus und seine Erlösung im Mittelpunkt des Glaubens stehen, ist alles auf Freuen angelegt. Wer diese Freude nicht kennt, der ist – so Zinzendorf – »ein hinkender Bruder«, um dessen Glaubensleben es bedenklich bestellt ist. »Wir Herrnhuter dagegen tanzen.«

Die Freude erweist sich bis zum heutigen Tag als wichtiges Kennzeichen unseres Glaubens. Das erinnert mich an meine ersten Schritte im Pfarramt. Ich war junger Vikar in Hildesheim und hatte einen Gemeindenachmittag zu leiten. Wir hatten einen indischen Pfarrer zu Gast, der aus seiner Gemeindearbeit berichtete und seinen Vortrag mit zahlreichen Dias unterstrich. Wir waren stark beeindruckt. Zum Schluss zeigte ein Bild die Einwohnerschaft eines kleinen Dorfes. Der Pfarrer fragte uns: »Wer auf dem Bild sind wohl die Christen?« Da fing unter uns das große Raten an. Woran erkennt man Christen? An der Bekleidung, an einem Umhängekreuz oder an einem anderen christlichen Symbol? Wir rätselten, fanden aber nichts heraus. Da klärte uns der indische Pfarrer auf: »Die Personen, die auf dem Bild lachen und lächeln, das sind die Christen. Das ist für sie typisch.« Tatsächlich: Die meisten aus dem Ort blickten eher ernst, ja geradezu finster drein. Dazwischen waren ein paar Leute zu sehen, die sich freuten. Das also waren die Christen. Ihr Zeichen: das Lachen, die Freude. Das hob sich im indischen Dorf vom Gesichtsausdruck derer ab, die nicht zur Gemeinde gehörten. Offenkundig hatten diese Menschen weniger Gründe zum Freuen als ihre christlichen Mitbürger.

Nun werden wir diese Erfahrung nur begrenzt auf europäische Verhältnisse übertragen können. Nicht jeden, der uns auf einer Fußgängerzone mit freudigem Gesichtsausdruck entgegenkommt, werden wir als Christen begrüßen können. Aber es sollte selbstverständlich sein, dass die, die von einer frohen Botschaft leben, durch sie fröhlich werden, und zwar nicht nur innerlich und verdeckt, sondern so, dass es im Umgang mit anderen Menschen zu spüren ist: Hier lebt jemand in der Freude des Glaubens. Sie macht von innen heraus fröhlich und passt nicht zu ständigem tierischem Ernst.

Auf ähnliche Weise haben es auch junge Chinesen erlebt, die als Studenten nach Marburg kamen. Sie begegneten Christen, und es entstanden vielfältige Kontakte. Die Christen interessierten sich für das Studium der jungen Leute und halfen ihnen nach Kräften, sich in Deutschland zurechtzufinden. Dabei kamen auch Fragen des Glaubens zur Sprache. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus hatten die jungen Freunde aus China jeden Glauben an etwas »Höheres« verloren. Die Christen besorgten Bibeln für die interessierten Chinesen, und gemeinsam besprachen sie zentrale Aussagen des christlichen Glaubens. Danach schrieb eine chinesische Frau: »Haben Sie herzlichen Dank, dass Sie uns die Sache mit der Liebe Gottes so schön erklärt haben. Mein Mann hat vor Freude die ganze Nacht nicht geschlafen.«

Hier kamen Menschen, die keinerlei religiöse Sozialisation erlebt haben, mit dem christlichen Glauben in Berührung und wurden davon überwältigt. Sie erlebten bei unserem Gott und Heiland eine Freude, die eine lange Nacht vor Glück schlaflos werden ließ.

Wer gerne lacht, bleibt länger jung

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