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Kleine Odyssee zum Aufwärmen


Nachdem mich mein Chef mit blutunterlaufenem Auge nach Hause schickte, fuhr ich zu meinem Hausarzt. Der allerdings durfte mich nicht behandeln, da es ein ‚Wegeunfall‘ und es somit ein ‚BG-Fall‘ war. Also bekam ich eine Überweisung zu einem ‚D-Arzt‘, von dem ich nicht einmal wusste was der macht und wo in Berlin einer sein sollte. Nach langem Recherchieren fand ich eine Adresse und bekam auch schon zwei Tage später einen Termin. Er sah mich an und fragte, was passiert sei, schrieb alles nieder aber machte, auch nach eindringlichem Bitten, keine Anstalten, mich in irgendeiner Art und Weise zu behandeln. Er überwies mich zu einem HNO Arzt und zu einem Orthopäden, bei dem ich nach sechs Wochen einen Termin bekam.

Ich lief, immer noch stark benommen, nach Hause.

Was bringt denn ein Arztbesuch, wenn mir keiner hilft? Die reden ja alle nur und schreiben irgendwas in eine Akte. Davon kann doch kein Mensch gesund werden!

Zornig verbrachte ich ein paar Tage auf der Couch, ehe ich mich aufraffen konnte einen HNO-Arzt ausfindig zu machen, um dort einen Termin zu vereinbaren. Nach 12 erfolglosen Telefonaten bekam ich zu meiner Überraschung, gleich am nächsten Morgen um 8:00 Uhr einen Termin. Also klingelte der Wecker um 6:00 Uhr, damit ich noch Zeit für ein kurzes Frühstück hatte um dann, im Berufsverkehr, durch ganz Berlin bis ans andere Ende der Stadt zu fahren. Der Stau nervte mich, die Regentropfen auf meiner Windschutzscheibe reflektierten das rote Licht der Ampeln, sodass ich fast nichts mehr sah. Meine Augen waren überempfindlich geworden und schmerzten. Ich war wütend auf die Stadt, wütend auf den Polofahrer, wütend darauf, dass ich nicht im Büro sein konnte, wütend darauf, dass ich auch nicht auf der Couch liegen konnte und die roten Ampeln hasste ich regelrecht.

Um 8:15 Uhr hetzte ich in die Arztpraxis, um erstmal einen Anschiss zu kassieren.

„Also, wenn wir Ihnen schon so kurzfristig einen Termin geben, könnten Sie auch pünktlich erscheinen, finden Sie nicht? Jetzt müssen Sie noch im Wartezimmer Platz nehmen, denn der Herr Doktor hat einen anderen Patienten.“

Unzufrieden über mich selbst, setzte ich mich schmollend ins Wartezimmer. Nachdem ich sämtliche Zeitschriften durchgelesen hatte, fing ich an, Löcher in die Luft zu starren. Nachdem die Luft von meinen Blicken durchlöchert war und ich auf die Uhr sah, stellte ich fest, dass ich bereits geschlagene zwei Stunden in diesem stickigen Wartezimmer verbracht hatte und ging zum Empfang, um mich zu erkundigen wann ich denn endlich mal drankäme. „Das tut uns wirklich leid, heute ist es ganz verrückt. Ein Notfall nach dem anderen.“

Wieder wartete ich eine Dreiviertelstunde im Wartezimmer, bis ich endlich drankam.

Ich zwängte mich in diesen seltsamen Stuhl, der so unbequem war, dass jede Minute eine Qual war. Ich wurde am Kopf fixiert und untersucht. Aber der Arzt fand nichts. Dass ich einen Tinnitus hatte, glaubte er mir und schlug vor, mir Kortison zu spritzen.

„Was, Kortison? Das ist doch voll ungesund.“

„Bin ich hier der Arzt oder Sie?“, brüllte mich der HNO-Arzt an, was mir einen Stich ins Herz versetzte und ich einknickte. Also durfte ich mich auf den überfüllten Flur, zu den anderen Patienten begeben, die ebenfalls alle an einem Tropf hingen. Ich bekam meine Infusion und durfte nach 20 Minuten wieder nach Hause fahren.

Als ich im Auto saß, bekam ich Magenschmerzen und mir wurde so schlecht, dass ich rechts ranfahren musste, um mich zu übergeben. Jeder Berliner, der an mir vorbeifuhr, hupte oder machte ein Foto von mir, was mich mega aufregte.

Was kann ich denn dafür? Soll ich ins Auto kotzen oder was?

Die kompletten zwei Wochen, in denen ich krankgeschrieben war, hing ich entweder am Telefon, verbrachte sie im Stau, oder in einem überfüllten Wartezimmer von irgendwelchen Ärzten, die mich zum nächsten Kollegen überwiesen oder mich ansahen und irgendwas in meine Akte schrieben. Geheilt hat mich keiner dieser Ärzte auch nur ansatzweise.

Bis zur totalen Erschöpfung

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