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1.1 | Wie wird «Verhalten» definiert?

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Wie die bisherigen Ausführungen gezeigt haben, ist Verhalten eine vielgestaltige Sache. Entsprechend schwierig ist es, eine Definition zu formulieren, die alle relevanten Facetten umfasst. Als Beispiel seien hier zwei Definitionen aufgeführt; zuerst die umfassende und komplexe von Kappeler (2012, p. 4):

«Verhalten bezieht sich auf die intern koordinierte Kontrolle von Bewegungen oder Signalen, mit denen ein intakter Organismus mit Artgenossen oder anderen Komponenten seiner belebten und unbelebten Umwelt interagiert sowie auf Aktivitäten, die der Homöostase eines Individuums dienen».

Nach dieser Definition wird Verhalten intern gesteuert, d.h. über Hormone und Nervenzellen. Das Verhalten wird dann in Signalen oder Bewegungen ausgeprägt. Wichtig bei dieser Definition sind neben der Interaktion mit der unbelebten Umwelt auch die Beziehungen zu anderen Tierarten (Räuber, Beute) sowie zu Tieren der eigenen Art. Ein weiterer Punkt, der Verhalten steuert, ist die Homöostase, d.h., die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen, wenn etwa ein Tier auf einen inneren Reiz (z.B. Hunger) reagiert und auf Nahrungssuche geht oder bei sehr hohen Temperaturen den Schatten aufsucht.

Ein anderer Ansatz definiert Verhalten als beobachtbaren Prozess, mit dem ein Tier auf innere und äußere Reize reagiert. Untersucht werden kann in diesem Zusammenhang neben der direkten Beobachtungen der Tiere auch die Untersuchung resp. Messung von Herzschlag oder die Bestimmung von Hormonspiegels. Wichtig ist, dass die Tiere Reize des eigenen Körpers (interne Reize), wie auch Umweltreize (und damit eingeschlossen andere Tiere und die von diesen ausgehenden Reize und Signale) zuerst einmal wahrnehmen müssen. Man könnte also auch sehr vereinfacht sagen, dass Verhalten eine messbare Reaktion auf Reize ist.

Keine der beiden Definitionen trifft völlig zu oder ist vollständig falsch; sie zeigen vielmehr die Bandbreite von Verhalten und die Schwierigkeit, dieses in einer kurzen, prägnanten Definition einzufangen. Die Tatsache, dass wir aktuell also über keine allseits anerkannte Definition des Begriffs «Verhalten» verfügen, ist zwar bedauerlich und verkompliziert die Arbeit der Verhaltensbiologen, macht sie aber zugleich auch außerordentlich spannend. Außerdem bedeutet das Fehlen einer allgemein akzeptierten Definition nicht, dass gar kein Konsens darüber besteht, was Verhalten ist. → Tab. 1-1 stellt Komponenten des Begriffs «Verhalten» dar, die allgemein als solche anerkannt werden.

| Tab. 1-1

Definition und Komponenten von Verhalten (basierend auf Kappeler 2012, Dugatkin 2014).

Komponente Beispiel
Prozess
beobachtbarmessbar Bewegung (Tier flüchtet)/SignaleVeränderung im Hormonspiegel
Stimuli
aus der Außenwelt (external)aus der Innenwelt (internal) Nahrung, Fressfeind, ArtgenosseHunger/Homöostase
Wahrnehmung
Stimuli müssen wahrgenommen werden Tier hört einen Warnruf, sieht den Fressfeind, riecht Futter
Koordinierte Reaktion/Integration
Zusammenhang zwischen dem Prozess und dem Stimulus Flucht eines Tieres (Prozess), wenn sich ein Fressfeind nähert (Stimulus)
Physiologische Koordination im Tier Muskeln, Gelenke etc. arbeiten koordiniert mit den Sinnesorganen zusammen, letztere zeigen an, aus welcher Richtung ein Fressfeind sich nähert

Demnach lässt sich als Merksatz Folgendes zusammenfassen:

Merksatz

Verhalten umfasst alle beobachtbaren/messbaren Prozesse, mit denen ein Tier auf wahrgenommene Veränderungen innerhalb seines Körpers oder der Außenwelt reagiert.

Verhaltensbiologie

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