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Viola

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Viola liebt Taschentücher. Natürlich nicht jene aus Papier, die man in schnellem Tempo aus dem Hosensack zieht und ebenso schnell wieder wegwirft, sondern nur jene aus feinstem Baumwollstoff; Taschentücher, die zum Teil so alt sind wie sie selbst – aber die, im Gegensatz zu ihr, noch immer wie neu aussehen, ma­kellos. In den beiden Nachttischschubladen hütet sie ihre Sammlung. Öffnet sie eine Schublade, breitet sich über der bunten Taschentuchlandschaft ein Duft nach Lavendel aus. Manche Taschentücher sind aufwendig mit Katzen oder Schmetterlingen bestickt, andere mit Blumen und Pflanzengirlanden. Auch mit Bibelsprüchen. Wieder andere sind bedruckt mit Sehenswürdigkeiten: Eiffelturm, Kapellbrücke, Matterhorn, Schlösser und Wappen. Einige be­sonders kostbare haben eine gehäkelte Umrandung. Und alle werden gut gepflegt und mit dem Bügeleisen geglättet.

Ist ihr Sohn, nach wochenlangen Unterbrüchen, bei ihr zu Besuch, schenkt sie ihm zum Abschied jedes Mal ein Taschentuch: Man muss das hergeben, woran man selber am meisten hängt. Sie tut es feierlich, trägt das Taschentuch auf der flachen Hand zu ihm, nicht ohne vorher einige Tropfen Lavendelöl oder Franzbranntwein darauf getröpfelt zu haben, manchmal auch noch ein paar Tropfen Weihwasser. Hier, nimm, tief einatmen; das tut dir gut, das erfrischt dich! So verschiebt sich langsam, Stück für Stück, ihre Taschentuchsammlung in seine Wohnung, in seinen Schrank. Lila, lindengrün, erikaviolett. Und er glaubt, dass sie erst dann sterben wird, wenn ihre Nachttischschubladen leer sein werden.

Der Staubwedel muss mit

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