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Оглавление2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › D. Der vom Baurecht geschützte Personenkreis
D. Der vom Baurecht geschützte Personenkreis
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Der Frage, wer sich auf den durch baurechtliche Normen vermittelten Schutz berufen kann, kommt große Bedeutung zu. Relevant wird sie bei der Beurteilung, ob bei Dritten, also nicht dem Bauherrn, die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 VwGO (s.u. Rn. 578 ff.) bzw. gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog (s.u. Rn. 681) oder die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO (s. Rn. 630) gegeben ist. Bezeichnet wird hierdurch der Begriff des Nachbarn in persönlicher Hinsicht.
2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › D. Der vom Baurecht geschützte Personenkreis › I. Eigentümer und ihnen gleichgestellte dinglich Berechtigte
I. Eigentümer und ihnen gleichgestellte dinglich Berechtigte
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Geschützt in diesem Sinn sind Eigentümer,[1] auch solche i.S.d. § 1 Abs. 2 WEG.[2] Baurechtlicher Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken der Grundstücksbezogenheit. Aufgabe des Baurechts ist es, die einzelnen Grundstücke einer auch im Verhältnis untereinander verträglichen Nutzung zuzuführen. Es besteht ein wechselseitiges Austauschverhältnisses der Grundstückseigentümer. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zu Grundstücksnachbarn durchsetzen. Es besteht eine bodenrechtliche Schicksalsgemeinschaft.
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Dem Eigentümer gleichgestellt ist, wer in eigentumsähnlicher Weise an einem Grundstück dinglich berechtigt ist.[3] Hier zählt der Inhaber eines Erbbaurechts, der Nießbraucher und der Käufer eines Grundstücks, auf den der Besitz sowie Nutzungen und Lasten übergegangen sind und zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen ist.[4]
2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › D. Der vom Baurecht geschützte Personenkreis › II. Obligatorisch Berechtigte
II. Obligatorisch Berechtigte
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Die Frage, ob lediglich obligatorisch Berechtigte, wie z.B. Mieter oder Pächter, in personeller Hinsicht vom Baurecht geschützt sind, wird uneinheitlich beantwortet.
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Teilweise wird dies bejaht und davon ausgegangen, dass auch obligatorisch Berechtigte durch das Baurecht geschützt werden.[5]
Hierfür spreche, dass das Bundesverfassungsgericht[6] das Besitzrecht eines Mieters an der gemieteten Wohnung als Eigentum i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG angesehen habe. Daher besitze ein obligatorisch Berechtigter nicht nur abgeleitete, sondern eigene Rechte und sei daher einem Eigentümer gleichzustellen.[7] Der Wortlaut der Vorschriften des BauGB stünde dem nicht entgegen. Insbesondere werde in § 1 Abs. 6 Nr. 1 und Nr. 2 deutlich, dass gesunde Wohnverhältnisse und Bedürfnisse zu den Grundsätzen des Bauplanungsrechts zählten.[8]
Dies ergebe sich auch aus einfachgesetzlichen Vorschriften, etwa nach dem BImSchG und dem GastG.[9] Dort sei der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen drittschützend. Da schädliche Umwelteinwirkungen häufig erst die Konsequenzen einer Baugenehmigung seien, müsse der obligatorisch Berechtigte im Rahmen des baurechtlichen Nachbarschutzes schon in diesem Stadium Klagerechte aufgrund einfachgesetzlicher Normen besitzen.[10] Obligatorisch Berechtigte treffe eine bauliche Veränderung auf dem Nachbargrundstück weiterhin häufig intensiver als den Eigentümer.
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Herrschend wird dies verneint.[11] Lediglich obligatorisch Berechtigte seien nicht geschützt.
Hierfür wird angeführt, dass das Baurecht grundstücks- und nicht personenbezogen sei. Es werden die oben dargestellten Argumente (Rn. 27) vorgebracht.
Ein lediglich obligatorisch Berechtigter müsse hingegen seine Rechtsposition gegenüber dem Eigentümer geltend machen.[12] Könnte ein Mieter oder Pächter eine Verletzung bauplanungsrechtlicher Vorschriften gegenüber Dritten selbständig beispielsweise auch dann geltend machen, wenn der Eigentümer dies nicht will, so würde er damit in den Interessenausgleich der unmittelbar berechtigten Grundstückseigentümer einwirken.
In das Miet- bzw. Pachtrecht werde ebenso wenig eingegriffen, wie in das aus dem Miet- oder Pachtverhältnis folgende Besitzrecht.[13]
Es bestehe auch deshalb kein Bedürfnis für den baurechtlichen Schutz von obligatorisch Berechtigten, weil diese Gefährdungen von Leben und Gesundheit gestützt auf ihr Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 GG mit einer Nachbarklage abwehren können.[14]
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehe dem nicht entgegen, da in der von der a.A. herangezogenen Entscheidung nur auf die enteignungsrechtlichen Vorwirkung, die der Planfeststellungsbeschluss auch hinsichtlich dieses obligatorischen Rechts am Grundstück entfaltet, abgestellt werde.[15]
JURIQ-Klausurtipp
Sollte in dem von Ihnen zu bearbeitenden Fall ein Mieter oder Pächter involviert sein, so müssen sie dieses Problem darstellen.