Читать книгу Der achtsame Weg zum Selbstmitgefühl - Christopher Germer - Страница 7
ОглавлениеAnmerkung zur Übersetzung
Dieses Buch bietet einen radikal neuen Ansatz: einen Weg zu emotionalem Wohlbefinden, der auf Achtsamkeit beruht.
Achtsamkeit bedeutet „zu wissen, was man erlebt, während man es erlebt, ohne es zu bewerten.“ Doch manchmal ist das, was wir fühlen, sehr schmerzhaft und wir können es nicht lassen, gegen die Erfahrung anzukämpfen und uns zu kritisieren. Das ist der Augenblick, wo wir uns selbst gegenüber eine neue Haltung einnehmen müssen: Selbstmitgefühl!
Wir sind uns darüber im Klaren, dass das Wort „Selbstmitgefühl“ im Deutschen so bisher nicht existierte und wir verwenden es daher nicht leichtfertig. Manchmal ist jedoch ein neues Wort notwendig, um eine einzigartige persönliche Erfahrung präzise zu beschreiben.
Selbstliebe ist fast identisch mit Selbstmitgefühl, und die beiden Wörter sind in diesem Buch oft austauschbar. Weder mit Selbstliebe, noch mit Selbstmitgefühl ist eine narzisstische Nabelschau gemeint, dafür gibt es andere deutsche Begriffe: Eigenliebe und Selbstverliebtheit. Liebe wird in der westlichen Kultur oft mit Nächstenliebe assoziiert und dieselbe Haltung zu sich selbst wird typischerweise oft vernachlässigt oder abwertend als „Eigenliebe“ bezeichnet. Selbstliebe heißt, dass man sich selbst in das Energiefeld der Liebe einbezieht, die man für andere empfindet – nicht mehr und nicht weniger.
Wenn Liebe auf Leiden trifft, kann sie zu Mitgefühl oder Mitleid werden. Mitgefühl (engl. empathy) ist wie ein Spiegel in unserem Innern, der alles widerspiegeln kann, was ein anderer Mensch fühlt: Glück, Trauer, Freude, Verzweiflung. Mitleid (engl. sympathy oder compassion) bezieht sich speziell auf das Mitempfinden des Schmerzes eines anderen Menschen.
Mitleid haben oder „mitleiden“ mit einem anderen Menschen – darum geht es in diesem Buch. Im üblichen deutschen Sprachgebrauch bedeutet das Wort „Mitleid“ allerdings, dass der innere Spiegel ein wenig durch emotionale Reaktivität getrübt ist. Im Gegensatz dazu ist beim „Mitgefühl“ die Wahrscheinlichkeit geringer, dass wir vom Schmerz der anderen überwältigt werden. Mitgefühl könnte man als Mitleid mit Achtsamkeit bezeichnen. Es ist die Fähigkeit, den Schmerz eines anderen Menschen tief nachzufühlen, ohne damit zu kämpfen, und gleichzeitig den liebevollen Wunsch zu hegen, dieser Mensch möge frei von Leiden sein. Mitgefühl ist ein positives Gefühl: warm, feucht und zart. Ein Mensch, der Mitgefühl hat, fühlt sich mit anderen verbunden.
Wenn wir uns selbst diese besondere Qualität des Mitgefühls entgegenbringen, so wie wir es mit einem geliebten Kind, das leidet, oder einem Freund, einer Freundin tun würden, so ist das „Mitgefühl mit sich selbst“ oder eben „Selbstmitgefühl“. Selbstmitgefühl ist nicht Selbstmitleid. Letzteres bedeutet eher, dass ein Mensch durch seinen Kummer wie gelähmt ist und sich selbst bedauert. Selbstmitgefühl befreit uns von Kummer. Es ist eine besondere Art der Selbstliebe und der erste Schritt zur emotionalen Heilung.
CHRISTOPHER GERMER
15. Februar 2011