Читать книгу Blechbrezel - Christopher L. Ries - Страница 8
Frettchen Karl hat eine gute Idee
ОглавлениеAls Tassilo zu Ende erzählt hatte, herrschte einige Sekunden lang Stille, man hätte eine Nadel fallen hören. Dann jedoch sprangen Lisa und Karl fast gleichzeitig auf. Sprachlos starrten sie sich gegenseitig an.
»Wow!«
Karl schlug sich vor Aufregung auf die Schenkel. Er war hin und her gerissen zwischen dem, was sein Verstand ihm diktierte, der da sagte die spinnen die Römer und dem, was sein Abenteuerherz ihm ganz zwingend zuflüsterte, diese Geschichte wird alles, was Christoph Columbus erlebt hat, in den Schatten stellen!
»Ich weiß nicht«, sagte er schließlich leise. »Aber wir sollten der Geschichte nach allen Regeln der Kunst auf den Grund gehen.«
Wie immer, wenn sich ein schier unlösbares Problem vor ihr auftat, schloss die lange Lisa ihre Augen. Es war ihre Art, aufsteigende Nervosität und übergroßes Interesse gleichzeitig zu bekämpfen.
»Und wie hast du dir das vorgestellt? Willst du einfach bei ihrem Vater an der Türe klopfen. Guten Tag, Tassilo&CO. Wir haben beschlossen, dass Sie, anstatt sich in der Weltgeschichte herumzutreiben, Weihnachten gefälligst bei Ihrer Tochter Jenny verbringen.«
»Zuerst wird am B-B-Bart gezogen«, erinnerte Karl.
»Du bist genau so dämlich, wie du aussiehst, Karli«, stellte Tassilo ärgerlich fest. »Einmal ziehen am Bart vom Weihnachtsmann und deine elektrische Eisenbahn kannst du abschreiben.«
»IPhone 8«, sagte Karl und grinste. »Schon vergessen?«
»Und mein Fahrrad ist dann wohl auch futsch«, stöhnte Lisa. Sie versetzte Karl einen unverbindlichen Tritt gegen das Schienbein, zeigte ihm so, wie gerne sie ihn eigentlich hatte.
»In zwei Wochen ist Weihnachten«, grübelte Tassilo. »Die Sache ist ganz schön verzwickt. Rekapitulieren wir. Jennys Vater löst sich zwei- drei Tage vor Weihnachten in Luft auf und verschwindet spurlos. Einen Tag nach Heiligabend taucht er plötzlich wieder auf, als wenn nichts wäre.«
»Hat Jenny das wirklich gesagt?«
»Hat sie.«
»Sie hat eindeutig zu viel Fantasie«, sinnierte Lisa. »Und wenn sie dir einfach irgendeinen Quatsch erzählt hat?«
»Oh, halt den Mund Lisa«, brummte Karl und rieb sich das schmerzende Schienbein. »Jenny lügt nicht, dafür leg ich meine Hand ins Feuer.«
Lisa warf ihm einen mörderischen Blick zu, wandte sich dann aber an Tassilo.
»Du hast gesagt, du hättest einen Plan? «
»In der Tat«, grübelte Tassilo. »Nur ...«
»Spuck aus«, sagte Karl das Frettchen. Er platzte vor Neugierde.
»Um ihn in die Tat umzusetzen, brauchen wir einen Verbündeten«, grübelte Tassilo. »Jemanden, der unsere Geschichte für bare Münze nimmt und der, und das ist am allerwichtigsten, vertrauenswürdig ist. Er muss unbedingt dichthalten. Falls nämlich Tobias und seine Bande davon Wind bekommen, könnt ihr darauf wetten, dass sie alles daran setzen werden, unseren Plan im Ansatz schon zum Scheitern zu bringen.«
»Deinen Plan, Prinz Eisenherz«, gab Lisa zu bedenken. »Noch wissen wir nämlich nicht, was du überhaupt im Schilde führst und ob wir dem auch zustimmen. Du sprachst von einem Verbündeten. An wen hast du dabei gedacht, wenn ich fragen darf?«
Tassilo lächelte verschmitzt. »Wenn ihr etwas mehr Grips hättet, würdet ihr von selbst drauf kommen.«
»Jemand, den wir kennen?«, fragte Karl.
»Besser, als euch lieb ist«, erwiderte Tassilo. Er hielt sich den Zeigefinger waagrecht unter die Nase und wackelte damit von einer Seite auf die andere.
»Hosenboden?«, entfuhr es Karl und Lisa gleichzeitig. Es klang entsetzt.
Karl schüttelte den Kopf. »Ein Erwachsener und zu allem Übel noch der P-P-Pauker? Das haut mich glatt vom Hocker.«
Verächtlich mit der Schulter zuckend, wandte Lisa sich an Tassilo.
»Kannst du mir eine einzige Frage beantworten?«
»Gerne.«
»Wenn schon ein Erwachsener dabei sein muss, dann warum ausgerechnet dieser altmodische Grufti?«
»Kann ich so nicht sagen. Ich hab einfach das Gefühl, dass mehr Teile Kind als Lehrer in ihm stecken.«
»Das spräche für ihn.«
»Ahnt Jenny von deinem Vorhaben?«, fragte Karl.
»Schon möglich. Eher nein. Aber um auf den Pauker zurückzukommen. Hosenboden mag ein altmodischer Grufti sein, eines ist er mit Sicherheit nicht: ein Dummkopf! Er wird uns zuhören, weil er von Natur aus neugierig ist. Geschichtslehrer kommen schon voller Entdeckerfreude auf die Welt. Wenn wir ihm reinen Wein einschenken, dann können sein klarer Kopf und sein scharfer Instinkt uns weiterhelfen, davon bin ich überzeugt. Er mag Jenny, das weiß ich. Und Jenny braucht jetzt jeden, der ihr helfen kann.«
»Du hast recht«, nickte Lisa.
Tassilo atmete dankbar aus und setzte ein geheimnisvolles Lächeln auf.
»Also, hört gut zu ... «