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Fünftes Kapitel

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Wie der Inspektor auf Przyborowo gefürchtet hatte, so war es bald danach eingetroffen. Das Wetter war völlig umgeschlagen. Regen hatte der Lokomobile den Atem ausgeblasen, tot stand sie unterm Schuppendach.

Landregen. Regen am Morgen, Regen am Mittag, Regen am Abend, Regen den ganzen Tag. Und Regen die ganze Nacht. Er trommelte nicht auf die Dächer im plötzlichen Guss, hart und heftig; nein, friedlich rauschte er, gleichmässig sacht wie stilles Meer, das an Inseln wäscht.

Alle Höfe sind spiegelnde Seen, die Ställe nur watend zu erreichen; selbst der Herrenhäuser Treppenstufen bis hoch hinauf bespült. Aus allen Dachrinnen giessen Bäche, schwinmenden Blumentellern gleichen die Rondelle der Gärten, tief geneigt, beschwert von den Himmelsfluten sind die Bäume des Parkes. Von Nässe dampfen die Hütten der Leute, der Rauch der Schlöte ist niedergedrückt von der schweren Luft, der Acker weich zum Versinken. Zähschlammiges, mooriges Land sind Wege und Pfade, kein Vorwärtskommen gibt’s für die Räder, keinen festen Grund für den Fuss. Wasserschleier liegen über Stoppel- und Rübenfeldern; fast ertrunken sind die Rebhühner und Häschen, die Schutz gesucht haben in den Furchen. Lastende, einschläfernde Regenmüdigkeit liegt über Ansiedlung und Dorf. Kein Ton erklingt auf den Feldern, kein Zuruf, kein Peitschenknall; nur die Glocke im Turm von Pociecha-Dorf ruft.

Der Przyborowoer stand am Fenster seines Studierzimmers und sah durchs Hoftor hinaus in die Wasserweite. Seine Ernte war drin, Gott sei Dank! Was die Scheuern nicht zu fassen vermocht, das stand draussen in den Schobern, geborgen unter strohernem Schutzdach. Und für die Rüben war der Regen sogar sehr erwünscht, jämmerlich schlapp hatten die gehangen; jetzt aber standen sie aufgereckt, glänzend und frisch grün mit ihren erquickten Blättern. Seit den letzten drei Tagen sah man sie wachsen. Nur nicht zu lange durfte der Regen anhalten, ja nicht zu lange! Ob der Chwaliborczycer auch alles drin hatte? Und der Niemczycer?

Ein behagliches Lächeln glitt über Kestners Gesicht: der Niemczycer sollte ja noch was draussen haben in Mandeln — na, das konnte er wohl in den Schornstein schreiben! Nun zeigte es sich mal wieder, was bei dem Frühfeierabendmachen herauskommt, und auch, was ein Landwirt, der auf dem Platze ist, zu leisten imstande ist! Freilich, der da oben — er sandte einen Blick hinauf zum Himmel, der dicht und bleifarben wie ein Sack tief niederhing — der musste seinen Segen dazu geben!

Noch kein Schieben in den Wolken?! Donnerwetter, da musste sich aber doch bald der Ostwind aufmachen und klären, sonst kriegten die Rüben zu viel Wasser. Und die Kartoffeln — sorgenvoll schaute der Landwirt auf einmal drein — an die durfte man gar nicht denken! Die faulten sicher! Ein Hundewetter war’s, ein ganz miserables Hundewetter, zum Verzweifeln!

Mit finsterem Blick ging Kestner zur Stubentür, und dann auch zur Haustür hinaus und stapfte, trotz des strömenden Regens, mitten durch hochaufspritzende Pfützen zum Hoftor. Unter der triefenden Akazie hielt er Umschau: trostlos, keine Besserung zu hoffen! Niemczyce ganz verhangen, nicht mal der Lysa Góra zu sehen! Auch gegen Chwaliborczyce zu war alles grau. Na, die Garczyńskis würden sich auch schön langweilen! Es war vielleicht ganz angebracht, heute nachmittag zu ihnen hinüberzufahren — die Füchse würden schon durchkommen. Was mochte der Pole wohl neulich bei der Kommission erreicht haben? Ob sie schon miteinander einig waren? — Wirklich, freundnachbarlicher Besuch war noch die einzige Rettung bei dieser Sündflut!

‚Wie bei der Sündflut‘, so dachte auch die Garczyńska. Sie stand am Fenster und sah hinaus, umflorten Auges. Was sollte sie beginnen, womit sich die Zeit vertreiben?! Das Rauschen des Regens hatte ihren leisen Schlaf gestört, früher als sonst war sie aufgewacht. Sie hatte gefrühstückt, Klavier gespielt — oh, wie langweilig! — sie hatte sich von Stasia etwas erzählen lassen, dann im Missionsbuch der Redemptoristen-Patres gelesen, das Górka ihr gebracht, auch im neuesten Sienkiewicz geblättert, den er ihr empfohlen — ach, auch ‚Quo vadis‘ langweilte sie heut. Draussen war eine Wasserwüste und alles öde, öde, öde.

Sie gähnte. Ein Wind hatte sich plötzlich aufgemacht und schüttelte die schon lang nicht mehr ausgeholzten Wipfel des Parkes, dass dürre Zweige prasselten. Ha, auch so schütteln und rütteln können! Hei, der Wind hatte Gewalt — sieh, jetzt musste sich der schlanke Stamm beugen, der dort ganz allein stand und sich nicht an andere Bäume lehnte! Krach — hei, nieder mit ihm auf die Knie! Auf die Knie!

Ein grausames und doch wollüstig-weiches Lächeln öffnete die Lippen der Dame. In der nervösen Unruhe, die sie immer peinigte, wenn draussen der Wind ging, eilte sie von Fenster zu Fenster. Noch immer nichts zu sehen! Doch da — halt — was zeigte sich da auf dem Lysa Góra, dessen Kopf sich jetzt eben aus Regenschleiern wickelte? Neben der einsamen Kiefer, die man immer dort ragen sah, flatterte heute etwas in der bewegten Luft, nickte, wehte, winkte wie ein Gruss. Ein Gruss!

Ihr matter Blick belebte sich plötzlich, die Augen bekamen Glanz. So nah schien ihr heut der Berg gerückt — sie streckte die Hände aus — und dahinter lag Niemczyce! Heute bei dem schlechten Wetter würde der Baron gewiss zu Hause sein, heute traf man ihn auch daheim, nicht bloss die langweilige blonde Frau!

Jadwiga öffnete das Fenster, nicht achtend, dass der Regen die vielen Wellen ihres Haares verdarb, die Stasia so sorgfältig gebrannt hatte. Sie strengte die Augen an: was, was liess denn nur der Baron da oben wehen? Wem galt das Zeichen? Ah — eine jähe Enttäuschung legte sich um ihre Züge — eine Fahne war es, schwarzweissrot!

„Pfui!“ Zornig klirrte die Garczyńska das Fenster zu. Dass ihr das auch nicht eingefallen war! Heute war ja der Tag, an dem die Deutschen einst den französischen Kaiser gefangen hatten. Und den feierte der deutsche Baron wieder — wie geschmacklos! — und gab der Nachbarschaft ein Ärgernis.

Heftig riss sie am Klingelzug. Als Stasia kam, liess sie sich ein schwarzes Kleid bringen, ein Trauerkleid mit Krepp — sie hatte es unlängst um ihre Mutter getragen —, und legte es heute wieder an und hatte heute auch Tränen in den Augen.

Die Garczyńska hatte recht gesehen, auf dem nackten Sandbuckel des Lysa Góra wehte die deutsche Fahne.

Doleschal hatte sie aufrichten lassen, trotzdem es eine grosse Mühe gewesen war, die Stange in dem vom Regen unterspülten, rutschenden Sand festzurammen. Er selbst war mit den Arbeitern hinaufgegangen. Und als sie nun die Arbeit vollbracht — selbst der deutsche Stellmacher Krauz hatte im strömenden Regen dabei geflucht —, war er allein noch oben geblieben.

Schlapp hing der Wimpel an der Stange nieder, schwer von Nässe; aber nun kam hilfreich ein Wind, hob mit starkem Atem das Tuch in die Höhe und blähte es lustig. Die deutsche Fahne flaggte vom Hügel weit ins flache Land.

Hanns-Martin hatte den Arm um die Stange geschlungen. Ihm war, als müsste er, wie einst als Knabe, fröhlich die Mütze vom Kopf reissen und sie mit ‚Hurra‘ schwenken.

Siehe, es hatte genug geregnet! Auseinanderweichend zeigte plötzlich das Wolkengefüge, das so undurchdringlich geschienen, einen fein-blauen Streif. Es war doch kein Landregen gewesen, nur der Nachregen eines Gewitters, das irgendwo fern niedergegangen. Schon hoben sich die schweren Nebel von den Äckern, zerrissen vom stöbernden Ost. Es war kühler geworden, fast kalt, aber wie lange noch, und die Sonne würde auch wiederkommen und wärmen. Wind und Sonne, die trocknen rasch.

Der Niemczycer drehte den Kopf nach der Richtung, wo er seine letzten Mandeln liegen wusste. Morgen wurden die umgestellt, heute nicht; heute war Festtag, Ruhetag wie ein Sonntag! Nun, die paar Mandeln würden ja auch noch trocken hereinkommen!

In einem Gefühl grosser Sicherheit sah er zu dem sich immer mehr und mehr lichtenden Himmel auf, und dann hinaus ins weite Land, in die Riesenebene bis gen Russland, und dann zurück auf sein Deutschau. Schöner lag kein andres Herrenhaus und auch stolzer keins auf vorgeschobenem Posten!

Es war eine Verantwortung, die der Vater, der jetzt längst am See unterm Stein schlief, mit Deutschau auf seine Seele gelegt; aber auch eine Genugtuung. Damals freilich, als der Tod des Vaters ihn jäh vom Regiment abberufen, hatte er nur die Verantwortung gefühlt — achtundzwanzig Jahre, so jung noch, und ein so grosses Gut und so ernste Zeiten! Aber jetzt? Zwölf Jahre hatte er seitdem allein gewirtschaftet und jeden Fussbreit Erde lieben gelernt, noch ganz anders lieben, als der Knabe den Boden geliebt, auf dem er gespielt. Hatte er doch darum gekämpft in Sonnenschein und Regen, in hellen und dunklen Tagen, in guten und schlechten Ernten, gekämpft auch darum gegen Böswilligkeit und Unverstand! Ja, die Zeiten waren noch dieselben geblieben, immer noch ernst, dem Anschein nach jetzt fast wirrer noch, aber — Gott sei Dank! — es waren Männer aufgestanden, die die Fahne des Deutschtums hochhielten, unentwegt!

In einem jäh aufwallenden Gefühl schossen ihm Tränen in die Augen, aber er wischte sie hastig weg. Pfui, ein Mann auf der Höhe des Lebens und noch weinerlich wie das Jungchen, das Pelasia einst an der Windel gegängelt?! Mochte man ihn lieber für kalt halten und für hochmütig dazu — er wusste es, Paul Kestner hatte es ihm lachend erzählt —, lieber dafür gelten, als aller Welt zeigen, wie empfindlich man ist, schier überempfindlich, zum Darunterleiden! Selbst Helene durfte nicht alles merken — war es Rücksicht, war es eine gewisse Scham? —, ach, nur ja nicht an alles rühren, es war ihm peinlich, wenn sie auch seine Frau war und dazu eine Frau, wie es keine zweite mehr auf Erden gab!

Mit einer tief innerlichen Begeisterung dachte er ihrer. Das hätte er selber nicht geahnt, als er sich damals auf seinem letzten Hofball in das schüchterne blonde Landfräulein mit der herben Jugendsprödigkeit verliebte, dass er so glücklich werden würde! Die herbe Jugend war mütterliche Weichheit geworden, die mädchenhafte Schüchternheit vornehme Zurückhaltung.

„Meine Frau! Meine Kinder!“ Er sagte es innig vor sich hin. Die Fahnenstange loslassend, fügten sich seine Hände ineinander. Wäre es nicht recht und billig, heute nachmittag, wenn alle, Männer und Weiber, Knechte und Mägde und hintennach noch die Kinder, wenn alle, alle kamen im höchsten Putz, die Erntekrone zu bringen, und er dann von der Freitreppe ihnen entgegentrat, auf die zu deuten, die neben ihm stand? Hinzurufen über all die lauschend gereckten Köpfe:

‚Wem ein tugendsam Weib bescheret ist, die ist

viel edler denn die köstlichsten Perlen!‘

Und wenn dann alle gaffen würden mit verdutzten Blicken, die Mäuler offen, dann müsste er weiter sagen von der Frau, die ihrem Manne Liebes tut und kein Leid ihr Leben lang, die mit Wolle und Flachs umgeht und Garn arbeitet mit ihren Händen, die vor Tage aufsteht und Speise gibt ihrem Hause und Essen ihren Dirnen, die an den Acker denket und gürtet ihre Lenden mit Kraft, die ihre Hände ausbreitet den Armen und reicht ihre Hand dem Dürftigen — die ihren Mund auftut zu holdseliger Lehre, dass ihre Söhne aufstehen und preisen sie selig!

Er lächelte: und die Krone reichen würde er ihr, die — ach nein, das blieb doch besser ungesagt! Sie würden ihn ja auch gar nicht verstehen.

Aber von anderm wollte er zu ihnen reden, das ihm gleich teuer am Herzen lag. Nicht umsonst hatte er den letzten Augustsonntag, den hergebrachten Tag des Erntefestes verstreichen lassen und den heutigen gewählt — Sedan! Wann konnten Deutsche wohl je freudiger singen: ‚Nun danket alle Gott!‘?

Heiter summend stieg der Niemczycer vom Hügel herab. —

Es wurde ein Sonnentag, als hätte der Morgen nicht noch mit nassen Füssen im Schmutz gestanden. Als am frühen Nachmittag die Niemczycer in den Hof einzogen, der älteste Vogt, auf hoher Stange die bändergeschmückte Erntekrone tragend, voran, tanzten Sonnenkringel über die in aller Eile aufgeschlagenen Bänke und Tische. Hier auf dem Hof sollten sie feiern, nicht im Krug, so wollte es der Herr.

Er selber stand mit der Frau auf der Freitreppe. Helene lächelte glücklich. An ihr Kleid drängten sich die Knaben, alle stramm in blauen Matrosenanzügen, nur der Kleinste trug noch sein weisses Mädchenröckchen. Fünf Knaben — und doch sprach die Rosalka, des Vormähers Kurek hübsche Tochter:

„Wir wünschen der Pani ’nen goldenen Tisch,

An allen vier Ecken gebratenen Fisch,

Wir wünschen der Pani ’ne goldene Kron,

Und übers Jahr einen jungen Herrn Sohn!“

Die hübsche Rosalka in der weissen Tüllschürze, viele Bernstein- und Korallenperlen um den Hals, unzählige flatternde Bänder über dem Rücken, stammelte, blutrot im Gesicht, mit ungelenker Zunge die mühsam erlernten Verse; hart klang das Deutsch in ihrem Mund, und die ‚r’s‘ rollten.

Aber Helene erklang der schon oft gehörte Reim heute lieblicher denn je, und das schneeweisse Huhn mit den rosenroten Bändern um die Flügel und dem Goldschaum auf dem Köpfchen, das ihr das Mädchen mit Knicksen bot, hatte ihr nie so hübsch gedeucht.

Jubelnd empfingen die Knaben ihre geschmückten Täubchen; der Älteste aber, der zukünftige Herr, hielt stolz seinen buntschillernden Gockel.

Der erste Vogt hatte vor dem gnädigen Herrn das Knie gebeugt:

„Nach den schweren Erntetagen,

Hab’ ich die Ehr, ein Wünschchen zu sagen —“

Der Mann schwitzte; erklang nur irgendwo ein Räuspern oder Fussscharren, so kam er aus dem Konzept. Die schon oft gelernten Reime machten ihm jedes Jahr wieder neue unüberwindliche Schwierigkeiten.

„Wir wünschen dem Herrn für sein ferner Leben

Viel Glück und reichen Erntesegen!

Nehm’ er die Krone als Unterpfand

Aus einer braunen Schnitterhand!“

Nun war er glücklich zu Ende.

Freundlich ernst schauten die Herrschaften drein. Helenes Blicke suchten die ihres Mannes. Eine tiefe Befriedigung kam über sie beide, und ihre Herzen waren voll Dank: wieder ein Erntefest, golden der Tag, golden die Ähren der Erntekrone!

Die Krone war schier ein Wunderwerk. Die alte Nepomucena, des Dudek Frau, war eine Meisterin in der Kunst des Kronenwindens. Kein Gut in der Runde — ob polnisch, ob deutsch —, dem sie nicht die Erntekrone flocht; schon wenn das Korn noch Saat war, erhielt sie die Bestellungen. Diesmal aber hatte sie sich selbst übertroffen.

Drei Reihen von tieffarbenen Weizenähren übereinander, durch Stäbe in hellerem Roggen- und Gerstengelb verbunden, umzittert von den vergoldeten Samenkapseln des Flachses und den schlanken Tropfen des Hafers, bildeten die Krone. Die Krone der Kronen war ihr hierdurch geglückt — die Form der Tiara. Selbst das Kreuzchen fehlte nicht oben darauf, von roten Beeren gereiht. Stolz reckte der Vogt das Meisterwerk dem Herrn entgegen.

Eine plötzliche Verstimmung legte sich über des Gutsherrn Gesicht; unter zusammengezogenen Brauen sah er auf die Krone.

Fragend, um Ausrufe der Bewunderung betrogen, starrten ihn seine Leute an: warum gefiel sie dem gnädigen Herrn denn nicht, war sie nicht schön, trug wohl der heilige Vater eine schönere auf seinem heiligen Haupte?

Da gab Doleschal sie rasch seinem Ältesten, dass er sie hineintrage. Und wie sie ihm aus den Augen war, war auch die Verstimmung fort. Gewiss, die diesjährige Erntekrone war schön, sehr schön! Flatterten doch auch lustige bunte Bänder von ihrem untersten Rand; und sie sollte auch wieder an Stelle der vorjährigen überm Eingang zu seinem Zimmer prangen. Ja, die Leute hatten es ja sehr gut gemeint!

Und er dankte ihnen. Seine Stimme schallte von der Freitreppe hinunter über den Hof und klang deutlich bis hinüber zu den Wirtschaftsgebäuden. Mochten es alle hören! Die Türen der Ställe standen offen; das Muhen des Rindviehs hörte auf, beim schläfrigen Wiederkäuen gestört von der lauten Stimme.

„Leute, ich danke euch! Wie schon manches Jahr, so auch in diesem. Gott hat mir eine gute Ernte gegeben. Der Winterroggen lohnt gut. Auch die Sommerung ist gut; wir haben schwereren Weizen gehabt als andre Jahre. Die Einsaat ist famos aufgegangen. Die Rübenaussichten sind vielversprechend. Das verdanke ich — nächst Gott — eurem Fleiss! Ihr habt euch für mich gemüht in Sonne und Regen. Und ich —“

er hielt an, mit einem glänzenden Blick sah er sich rings um —

„ich habe mich auch für euch gemüht, euer Wohl habe ich mir allezeit angelegen sein lassen!

Die patriarchalischen Zeiten sind vorbei, hört man sagen. Das ist in vielem auch gut. Ihr seid freie Leute geworden. Ihr braucht nicht mehr zu scharwerken wie früher. Ihr bekommt nicht nur Naturallohn, ihr bekommt auch festgesetztes Geld. Ihr habt eure grosse Stube und Kammer, euren Stall, Bodenraum und Keller. Ihr könnt euch im Gartenland Gemüse bauen und Kartoffeln in eurem Stück Acker. Auch eine Kuh, noch neben dem Schwein, zu halten, ist euch gestattet. Ihr braucht nicht mehr dem Herrn mit Zittern zu dienen — nur noch Vertrauen verlange ich von euch und gebe euch das meine dafür dagegen. Und wem verdankt ihr das alles?“

Er hielt wieder an und liess seinen Blick suchend von Mann zu Mann gehen.

Mit gesenkten Köpfen standen die Leute und hörten zu, stumpf-ergeben wie in der Kirche. Kein aufstrahlendes Gegenblicken des Verständnisses war zu finden.

Aber das verwunderte ihn nicht; so war es ihre Art, er wollte sie schon aufrütteln. Und mit stärker erhobener Stimme fuhr er fort:

„Wem ihr das verdankt?! Euren Wohlstand, euer Behagen, menschenwürdige Wohnung, Schule für eure Kinder, dass sie lesen und schreiben lernen und ihr Fortkommen finden auf der Welt?! Nun ich will es euch sagen: dem —“

Das Herz schlug ihm, es versetzte ihm fast den Atem, als er’s aussprach, laut und fest und doch wie mit einer stillen Andächtigkeit:

„Dem Deutschtum! Dass ihr’s nun wisst und behaltet! Ich sage es euch mit Absicht heute an dem Tage, der unser Vaterland vor nunmehr als fünfundzwanzig Jahren grossgemacht hat und den Erbfeind in unsre Hand gegeben hat. Mit dem Erbfeind meine ich jetzt den Franzosenkaiser, denn es gibt noch einen — einen andern —“

Er stockte plötzlich. Ein Blick Helenes hatte ihn getroffen, überrascht, fast erschrocken, warnend zugleich. Fürchtete sie etwas Unbesonnenes?! Nun ja, es mochte besser sein, sich nicht hinreissen zu lassen! So verschluckte er den Rest des Satzes. Sich räuspernd, sprach er dann, aber mit einer gewissen Strenge und die Stirn zusammenziehend:

„Ich will euch nur noch sagen, dass ihr immer ans Deutschsein denken sollt, ans Deutschsein denken müsst. Ihr sollt es aber nicht nur sein, ihr sollt es auch bleiben. Die meisten von euch tragen polnische Namen — ich weiss wohl — aber was tut das? Im Herzen seid ihr deutsch!

Auf dem Lysa Góra weht die Fahne, schwarz-weiss-rot — ‚Niemczyce‘ ist ‚Deutschau‘ geworden! Unser allergnädigster Herr und König, dem eure Söhne mit derselben Begeisterung dienen werden, wie ich die Ehre hatte, ihm zu dienen, und meine Söhne ihm dienen werden — der Kaiser von Deutschland, unser Kaiser: Hurra!“

Jauchzend riefen’s die Knaben dem Vater nach:

„Hurra, hurra, hurra!“

Auch die Leute stimmten mit ein, wie die Herde dem Leittier folgend; aber ihr Hurra hatte kein Mark, matt fiel es zu Boden.

Doleschal merkte es nicht, er hörte seine Söhne so hell um sich. Sein Blick war wieder freudig geworden. Mit kräftiger Stimme intonierte er den Choral, der auf Deutschau gesungen worden war, am gleichen Fest in gleicher Weise, solange er zurückdenken konnte.

„Nun danket alle Gott,

Mit Herzen, Mund und Händen!“

Helenes hoher Sopran fing hell an zu schweben, die Knaben strebten der Mutter nach; doch der Gesang der Leute fiel auseinander. Ein paar rauhe Bässe versuchten zwar mitzuhalten, die Melodie war ihnen geläufig, aber der Text nicht, so fielen sie polnisch ein; die Weiber, deren einige anfänglich nachgezetert hatten, schwiegen bald gänzlich. Ein unharmonisches Durcheinander, vor dem das Vieh, das laut dreinbrüllte, keine Scheu mehr trug, stieg zum Himmel auf.

Aber unbeirrt, aus allen Kräften, aus ganzer Seele sang Hanns-Martin von Doleschal mit den Seinen — alle Verse.

Und dann, die Hand seiner Frau fassend, rief er froh erregt: „Geht nun, und feiert! Trinkt, esst, tanzt! Man wird euch Kaffe und Kuchen, Semmeln und Würste und Bier geben, soviel ihr mögt. Aber ich bitte, freut euch mit Massen. Wir wollen uns alle freuen — so!“ Die Vögte zu sich heranwinkend, übergab er ihnen das Geldgeschenk zur Verteilung.

Der Sprecher zog tief den Hut und winkte den andern zu: „Unser gnädiger Herr und die Herrin und die jungen gnädigen Herren — dass sie leben hoch!“

„Hoch, hoch, hoch!“

Dieser Ruf hatte mehr Kraft; er schmetterte so laut, dass das ‚Es lebe Polen‘, das plötzlich verstohlen von der hintersten Reihe her erklang, nicht das Ohr des Herrn erreichte. — —

Über den Hof flatterten die bunten Bänder. Die Ciotka, das Tantchen, die Witwe von Sierakowski, dem Dorfmusikanten, die dessen einzige Erbschaft, die Bassgeige, angetreten hatte, sass auf der umgestülpten Tonne, das Ungetüm zwischen den Knien, und strich wacker drauflos.

Ignaz Ruda, der Lehrer von Pociecha, kratzte die erste Violine; Krzywousty, das Schiefmaul, blies das Horn, und Kurek, das Hähnchen, der Mann ohne Nase, ein kleiner, halb närrischer, immer lachender Alter, spielte den Dudelsack.

Himmlische Musik! Aller Augen funkelten. Sie spielten den Krakowiak — was war schöner als der?

„Vogt, lasst Eure Alte sitzen, versucht’s mit ’ner Jungen, da geht’s besser!“

„Grykasch, tritt du mit der Magdusia an, Lukasch, nimm die Malgosia!“

„He, he, angetreten, stellt euch auf!“

„Komm, Krajutsch, tanz mit mir“, rief die Zosia, die Tochter des Dwornik vom Vorwerk, ihrem Liebsten, dem deutschen Stellmacher Krauz, zu; sie hatte ihn längst den Krakowiak tanzen gelehrt.

Die Stallknechte fassten die Melkmägde um, der Schmied nahm die Gänsemagd, der Schafmeister die Gesindeköchin; Schnitter und Schnitterinnen paarten sich. Der Gärtner suchte sich was Feineres aus, die hübsche Rosalka, die den Reim gesprochen, kam ihm gerade recht.

Jeder Tänzer schlägt den langschössigen Rock über den Arm und packt seine Tänzerin mit beiden Händen fest um die Taille — dicht Brust an Brust —, und er schiebt sein Bein zwischen die Beine in den flatternden Röcken.

Józef Grykasch hebt an:

„Püppchen kommt gesprungen,

Um den Wachskopf Löckchen,

Mit dem Holzpupp-Jungen

Im Krakauer Röckchen.“

Rechtsum, linksum, immer in der Runde herum, in den Knien gewippt, fest zugetrampelt, dass der Boden dröhnt. Die Paare sind wie miteinander verwachsen. Rascher wird der langsam begonnene Tanz, enger noch die Umschlingung, stärker das Kniewippen, röter die Köpfe, feuriger der eintönige Rhythmus. Es trampelt und stampft, es dudelt und keucht: rascher, rascher! Die Zuschauenden brüllen den Refrain und klatschen in die Hände.

Dem Tantchen war die Mütze ins Genick gerutscht, unbedeckt hingen ihr die grauen Strähnen bis auf die verdächtig erglühende Nase. Ruda, der Lehrer, war totenblass geworden, auf den Backenknochen brannten ihm hektische Flecken, aber es lohnte sich die Anstrengung schon — wann hätte er je soviel verdient?? Krzywousty schlenkerte sein Horn hastig aus, allen Speichel aus dem Schiefmaul hatte er da hineingetutet. Der Mann ohne Nase blies die Backen auf, dass man die Nase nicht gesehen hätte, auch wenn er noch eine gehabt.

Am Himmel blinkte der Abendstern. Heissa! Krakowiak, Geld in der Tasche! Jetzt fehlte nur noch Schnaps. Aber — o weh! — nur Bier in den Krügen!

Wie sie auch gossen und gossen, kein Schnaps floss heraus. Und auch keiner war zu kriegen.

Es machten sich ihrer ein paar Verwegene auf und stolperten nach der Küche im Seitenbau. Dort hantierte die Mamsell, und auf dem Tisch stand die Satte mit der dicken Milch für die Herrschaft, Zucker und Zimt und geriebenes Brot dabei. Aber das reizte sie heute nicht — auch nicht der Schinken und die Bratkartoffeln in der Pfanne — sie hatten heute selber gut gegessen, nur trinken wollten sie, trinken!

Doch trauten sie sich nicht recht; die Mamsell musste erst dreimal fragen, was ihr Begehr sei. Sie grinsten verlegen und stiessen sich an, traten von einem Bein aufs andre und wichen doch nicht. Endlich stotterte es der eine heraus: „Wódki!“

„Nichts da Wudki! Keinen Schnaps! Der gnädige Herr hat’s verboten.“ Und als sie nicht gingen, hob die Entschlossene drohend die Schöpfkelle: „Pascholl!“

Gehorsam machten sie sich fort, die Köpfe duckend; aber draussen murrten sie. Was, keinen Schnaps?! Nirgendwo ein Erntefest ohne den. Das war auch dem Nüchternsten gegen den Spass. Wenn denn der Herr durchaus keinen Schnaps gab zur Arbeitszeit, wollte man sich am Ende, wenn auch schwer, darein schicken; aber heute, heute, an dem Tag, wo man nicht Knecht war, wo man feierte, frei wie ein Herr, heute wollte man Schnaps haben!

Bier mochte man gar nicht mehr. Wenn man Krakowiak getanzt hat, gehört sich ein Schnaps drauf, sonst verkühlt man das Blut.

„He, Tantchen, was meint Ihr zu einem Schnäpschen?“

„Streicht auf! Ignaz Ruda, gebt nur den Takt an zum Trinklied! He, aufgepasst:

‚Kuba trinkt dem Jakob zu,

Jakob trinkt dem Michal zu —‘“

„Im Krug von Pociecha gibt’s Schnaps genug bei Eljakim Eiweih. Brüder, auf, lasst uns hingehen und einen trinken!“

„Mein Seelchen, mein Täubchen, komme du auch mit uns!“

„Aber sacht — sacht — ganz sacht!“ — — — —

„Ich weiss gar nicht“, sagte Helene von Doleschal, die am offenen Fenster lehnte und auf den dunkelnden Park hinaussah, dem die Nebel des Sees weisse Schleier überzogen, „die Leute sind diesmal lange nicht so vergnügt!“

„Das kommt dir nur so vor.“ Ihr Mann trat zu ihr und legte den Arm um ihre Schultern. Sie waren beide fast gleich gross; hochgewachsen standen Mann und Frau in der Dämmerung und schauten hinüber zum Lysa Góra, auf dessen hochstämmiger Kiefer eben noch ein letzter Tagesstrahl rot geglüht, aber jetzt jäh erloschen war. Von den Farben der Fahne, die den ganzen Tag lustig gewinkt hatte, war auch nichts mehr zu sehen; die Dunkelheit, die herbstlich herangekrochen war, hatte alles verschluckt.

„Ein dunkler Abend heut“, sagte er, „’s kann leicht sein, dass es morgen wieder trüb ist. Aber der heutige Tag war wie ausgesucht. Wie mich das freut!“

„Nein, ich höre doch gar kein fröhliches Lachen“, sagte sie und hielt den Kopf lauschend vorgeneigt.

„Du kannst es nicht bis hierher hören. Geh an ein Fenster, das nach dem Hof hinaus sieht, da wirst du schon was zu hören kriegen. Vor einer Stunde etwa war ich draussen, die Tanzerei und die Fröhlichkeit waren in vollem Gange.“

„Nein, nein“ — sie blieb hartnäckig dabei — „andre Male habe ich den Jubel gehört, fast bis zur Qual. Aber es war mir doch lieber. Weisst du, Hanns, die Leute sind wie die Kinder; wenn die so still sind, ist’s immer nicht recht geheuer.“

Er lachte laut auf. „Da merkt man die Mutter von fünfen! Nein, nein, du kannst dich beruhigen, die Leute sind kreuzfidel, harmlos vergnügt. Und seit ich dem Schnapstrinken Einhalt getan habe, auch viel gesitteter.“

„Warum wolltest du heute eigentlich von dem — dem — nun, von dem ‚andern Erbfeind‘ anfangen?“ sagte sie ganz unvermittelt. „Ich weiss wohl, was du damit sagen wolltest, aber ich meine —“

„Habe ich nicht gut gesprochen?“ fragte er rasch.

„Doch — das wohl — aber —“

„Du bist nicht zufrieden mit mir, Helene?“ Es klang leicht verletzt. „Das Herz floss mir über. Wenn man, wie wir, auf so vorgeschobenem Posten steht — eigentlich ‚exponiert‘ — ohne rechten — nun, wie soll ich sagen? — ja, ohne rechten Rückhalt, dann klammert man sich um so fester an sein Deutschtum an. Es wird einem A und O. Man steift sich darauf. Verstehst du das?“

„O ja!“ Ihr sehr regelmässiges und dadurch Fremden oft ausdruckslos erscheinendes Gesicht wurde klug. „Ich verstehe es. Aber man dürfte nie vergessen, auch den Gefühlen andrer —“

„Verstimme mich nicht!“ Er unterbrach sie mit einer gewissen Gereiztheit. „Es tut mir leid, dass dir nicht gefallen hat, was ich sagte, aber ich musste so sprechen, ja, ich war in heutiger Zeit geradezu verpflichtet dazu. Wären nicht die Kontraste in unsrer Provinz jetzt so zugespitzt, und spitzten sie sich nicht noch immer mehr zu, hätte ich gewiss was andres gesprochen. Dann hätte ich“ — er sah sie mit einer aufleuchtenden Freundlichkeit an — „von dir geredet! Ja, ihr Leute, wem ein tugendsam Weib bescheret ist, die ist viel edler denn köstliche Perlen!“

Er zog ihren Kopf an seine Brust und strich ihr zart über das blonde Haar.

„Und dann hätte ich auch von ihren Frauen gesprochen, dass sie die in Ehren halten sollen — ‚hebt nicht die Hand gegen sie, sie sind die Mütter eurer Kinder!‘ Und den Weibern hätte ich auch ins Gewissen geredet, dass sie nicht herumschlampen sollen, wie sie es so gerne tun!“

„Oh, hättest du’s gesagt!“ Das brach laut aus ihr heraus. Den Kopf aufrichtend, warf sie beide Arme um des Gatten Hals. „Warum nicht das?! Dann, ja dann hätten sie dich verstanden! Mein guter Mann!“

Sie hatte es mit grosser Innigkeit gerufen, fast wie in zärtlicher Besorgnis; er fühlte, wie fest sie ihn umschlang.

Er küsste sie. Mund ruhte auf Mund in einer glücklichen Versunkenheit.

Da schreckten sie auf: horch, was für ein Schrei? Kein Schreckensruf war es, vielmehr ein Aufjohlen des Jubels. Vom Lysa Góra her kam’s.

Aber wie sie auch lauschten und sich spähend zum Fenster hinausneigten, der Schrei erklang nicht zum zweiten Male. Überm See lastete schweigend der dunkle Herbstabend, der Berg drüben war nicht mehr zu erkennen.

Sie wandten sich ins Zimmer zurück.

Als der Diener jetzt die Lampe hereinbrachte und die Mamsell erschien, die Herrschaften zum Abendbrot zu bitten, sagte Doleschal: „Friert dich, Helene, du bist so blass?“

„Ja.“ Sie schauerte leicht zusammen. „Und ich habe mich erschrocken.“

„Oh! Hier, nimm dieses Tuch um!“ Es hing eines über ihrem Stuhl am Nähtisch, er legte es ihr sorglich um die Schultern. „Geh schon hinüber ins Esszimmer — ja, wir müssen im Kamin zum Abend heizen, es wird Herbst — ich will nur eben noch einmal nach den Leuten sehen, ehe wir uns zu Tische setzen. Zwei Minuten, entschuldige!“

„Die wird der gnädige Herr nicht mehr finden“, sagte die Mamsell. „Nicht wahr, Karl?“

Der altgeschulte Diener verzog keine Miene. „Zu Befehl, gnädiger Herr, fort sind sie, ganz heimlich. Nur ein paar kleine Kinder haben sie dagelassen und die Ciotka. Die liegt unter ihrer Tonne.“

„Was — fort? Und ganz heimlich?! —“

Helene sah, wie ihr Mann die Farbe wechselte. Er wurde glühend rot und dann ganz fahl.

Aber er verlor kein Wort mehr darüber. Er sagte nur noch: „Sorgen Sie, dass die Ciotka ins Stroh kommt, in den Stall oder sonst unter Dach. ’s ist nicht mehr die Jahreszeit, um draussen zu liegen.“

„Ist schon besorgt, gnädiger Herr!“ Die alte Mamsell lachte. „Sternhagelvoll, mit Erlaubnis zu sagen. Na, so was kann vorkommen.“ — — —

Helene wachte in der Nacht einmal auf — was, was war? Seufzte hier jemand? Wer — wo?!

Was war’s, das sie geweckt hatte?! Verschlafen, mit noch geschlossenen Lidern, tastete sie nach ihrem Manne — nein, der lag ganz still, der schlief ja. Beruhigt horchte sie ein paar Minuten auf seine Atemzüge. Sonst alles still. Dann schlief sie weiter.

Aber sie träumte — — —

Aus der Ferne, vom Lysa Góra her, kamen Stimmen: Gesang, den Park entlang, am Garten vorbei — ah, hin zu den Leutehäusern! Es war Sommer, ein schöner Tag, froh zogen die Schnitter heim, die Sense über der Schulter.

Aber jetzt — — —

In jähem Schreck fuhr sie empor: oh, es graute ja schon der Morgen! Die schweren Lider aufreissend, war sie plötzlich ganz wach.

Von jenseit der Parkmauer kam trunkenes Grölen. Und dann, wüst geschrien und doch pathetisch, ein Lied — jenes Lied:

„Mit dem Rauch von Feuersbrünsten,

Mit des Bruderblutes Dünsten

Steigt, o Herr, zu deinem Thron

Unsrer Rächerstimme Ton!“

Das schlafende Heer

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