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Clara Welten

Traurigkeit

Mira, der Kolibri, saß an einem sonnigen Mittag auf den Ästen eines Baumes. Der Himmel war blau, in einem so belichteten Blau, dass er sich türkis über die Weiten des Horizonts erstreckte. Der Wald, in dem Mira wohnte, sprießte voller bunter Farben; die Blumen und Beeren waren reichlich gewachsen und ließen das Grün der großen Palmenblätter noch satter erscheinen.

All das berührte Mira nicht, nicht an diesem Tag. Es war, als sähe sie die Farbenpracht nicht, als fühle sie die leichte Brise des Windes nicht und als könne sie die Wärme der Sonne in dem Blau des Himmels nicht spüren. (1)

Mira war traurig. Sie legte ihr kleines Köpfchen tief nach unten, soweit es ging, in ihre Brustfedern hinein. Die sollten sie wärmen, denn ihr war kalt, recht kalt sogar, trotz des Sommers. (2) So schauten ihre Augen auf den braunen Boden herab. Der Baum, auf dem sie saß, war hoch. Unten, auf der feuchten Erde, wo die Strahlen der Sonne nur selten trafen, war es dunkel. (3) Je mehr Mira ihren Blick nach unten verrichtete, desto mehr kam sie in der Dunkelheit an: Einsam war es hier, trotz der vielen Insekten, die sie von ihrem Ast aus erkennen konnte. Einsam und traurig war es, ohne die wärmenden Strahlen der Sonne zu spüren.

„Warum bin ich heute eigentlich so schwermütig?“, fragte sich Mira selbst – und bekam zunächst keine Antwort von ihrer inneren Stimme. (4) Sie fühlte nur diese dunkle Leere, die sich in ihr ausbreitete, je mehr sie nach unten auf den braunen Boden starrte. (5) Und während sie eine ganze Weile so schaute und spürte, fühlte und sah, allein auf dem Ast des hohen Baumes sitzend, kam ihr ein Gedanke: „Jetzt weiß ich, weshalb ich mich so fühle!“, rief sie in den Wald hinein. „Die kleine Biene, die jeden Tag am frühen Morgen bei mir vorbeikommt und mich so lieb grüßt, sie ist heute gar nicht gekommen! Und gestern auch nicht und vorgestern auch nicht!“ (6)

Da erschrak Mira und begann sich umzuschauen. (7) Plötzlich erblickte sie nicht nur ihren Ast, die feuchte Erde, die Insekten auf dem Boden, sondern auch alle Bäume, die um sie herumstanden – und es waren viele im Wald! Sie schaute nach oben und sah den hellen Himmel. Sie blickte nach links und rechts und sah die Beeren und Blumen – nur ihre Freundin, die kleine Biene, konnte sie nirgends erblicken. Was war geschehen?

Nun war Mira gar nicht mehr traurig, sondern in Sorge! Hatte sie doch gar nicht bemerkt, dass ihre kleine Freundin seit Tagen nicht vorbeigeflogen war und sie nicht gegrüßt hatte! „Da habe ich mich ganz und gar in meiner eigenen Traurigkeit verloren, dabei ist mir gar nicht aufgefallen, dass meine Freundin, die kleine Biene, vielleicht Hilfe braucht!“, verstand Mira im selben Moment. (8) Und somit flog sie nach oben, hinauf und immer höher, bis sie das Gefühl hatte, selbst in den Wolken zu sein, denn sie war bis über die Baumkronen gekommen.

Jetzt erinnerte sich Mira daran, dass sie ja ein Kolibri war, der ganz bunte Flügel hatte, die er so schnell schlagen konnte, dass er in der Luft sogar stehen bleiben konnte! „Somit kann mich ja jeder sehen! Auch meine Freundin, die Biene!“ (9)

Gedacht, getan! Mira schwang sich hoch hinaus, soweit sie konnte, schlug mit ihren schönen bunten Flügeln auf der Stelle und schwebte sogleich in der Luft. Alle Bewohner des Waldes konnten sie jetzt entdecken, leuchteten ihre Flügel doch in den vielfältigsten Farben! Die kleine Biene, die gerade Honig sammelte, unten, auf den Blumen der Wiese, schaute nach oben und erblickte Mira. Die letzten Tage hatte sie nicht in den Wald ausfliegen können, weil sie sich im Bienenhaus um die Königin hatte kümmern müssen. Sie war ja eine Arbeitsbiene.

Auch Mira sah von Weitem ihre Freundin. Sie begrüßten sich freudig aus der Ferne. Dann flogen sie weiter. (10)

Fabelhafte Welten

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