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SS FEIERT

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Wir sehen dasselbe Rotgesicht, nur ohne Winterkleidung, in seiner Festtagsuniform auf einem Tanzabend. Lachend und inmitten grölender Gesinnungsgenossen schüttet er sich einen großen Pokal Rotwein in den Hals.

Lustiger SS-Mann: „Frage ans Reichssicherheitshauptamt: Wie viel Juden gehen in einen Volkswagen? Antwort aus Berlin: 20: Fünf auf die Sitze und 15 in den Aschenbecher.“ Gesinnungsfreunde johlen.

Wir schauen uns auf der Tanzveranstaltung der SS einmal um: Auf der Bühne unsere drei bekannten Musikanten, wobei die Frau jetzt eine Wunde an der Lippe aufweist, die gerade „Flieger, grüß mir die Sonne“ intonieren, 20 bis 25 nackte Frauen, teils geschoren, teils mit Haaren, aber alle unschwer aufgrund ihrer Tätowierungen als Gefangene auszumachen, inmitten des Tanzgetümmels oder auf Sesseln und Couchen den anwesenden circa 50 SS-Leuten zu Diensten. Wahllos durcheinandergewürfelt vergehen sich die SS-Leute an den armen Mädchen, bis sie halb tot sind. Sie werden geschlagen und geohrfeigt oder kriegen Fußtritte in den Bauch oder wenn sie zusammenbrechen, peitscht man sie zwischen die Beine und tritt mit genagelten Stiefeln in die Schamgegend, bis sie eine blutige Spur hinterlassen. Über allem Gläsergeklirr, dröhnendes Gelächter und Hans-Albers-Musik. Die, die nicht mehr können, werden sofort erschossen. Als sich verständlicherweise nach einiger Zeit ein Blutsee bildet, rutschen die ersten Besoffenen aus und schlagen lang hin. Der bis dahin angeregt parlierende Lagerkommandant wendet sich nun, in seiner Ästhetik angeekelt, an seine SS-Leute.

Kommandant über die Musik hinweg: „Ich will hier keine enge Berührung mit schauderhafter, gefährlicher, ekelhafter Gesellschaft. Ich will keine Frauen sehen, die sich wie in einem epileptischen Anfall in Dreck und Schmutz wälzen.“ Nun beginnt er zu schreien: „Schafft mir die hier raus und macht das woanders! Wir sind angetreten, das Krebsgeschwür des Blutes und des Drecks auszumerzen, auszuschneiden aus dem deutschen Volkskörper und nicht, um uns damit zu beflecken. Hinaus!“

Und während SS-Leute dienstbeflissen die halb toten oder toten Frauen aus dem Raum packen: „Und ihr da! Verschwindet! Ich kann eure seichte Musik nicht ertragen!“

Jetzt schreit er wieder: „Holt mein Beethoven-Trio, aber sofort!“

SS-Sturmführer: „Los! Ab!“

Zur Frau: „Du kannst wieder an die Arbeit gehen. Ihr helft mit, den Abfall aufräumen, zack, zack!“

Die Häftlinge wischen jetzt das Blut auf, Scherben, Gläser und Reste werden zusammengekehrt. Neue, unbefleckte Frauen hereingeholt, das Beethoven-Trio auf die Bühne gebracht und während die ersten Instrumente gestimmt werden, schleppen Franz und Mikesch schon mit unteren SS-Rängen tote oder gerade sterbende Frauen fort.

Franz und Mikesch kommen schleppend auf dem Hof dieses Blockes an. Es bietet sich ihnen folgendes Schauspiel: Ein Leichenhaufen weiblicher Körper von mehr als zwei Metern Höhe liegt dort aufgeschichtet wie ein Haufen frisch geschlagenen Holzes. Wie tote weiße Möwen liegen die Frauen, von leicht fallendem Schnee bedeckt. Die Leichen sind in typisch ordentlicher deutscher Manier immer zum Viererkarree übereinandergeschichtet, dass das Blut auch in die den Hof umlaufenden Rillen ablaufen kann wie bei einer Art Drainage.

Aber das Blut wird immer mehr und kann nicht ablaufen. Und schon wieder bringt man neue Leichen heran, so bildet sich langsam ein Blutsee und Franz und Mikesch und die SS-Männer stehen knöcheltief im Blut.

Mikesch würgt, kann aber seinen Brechanfall unterdrücken. Franz droht umzukippen, reißt sich aber doch zusammen, um nicht von den grölenden und rülpsenden Deutschen um ihn herum ebenfalls auf den Haufen befördert zu werden.

Die Augen der besoffenen und vom Frauenblut berauschten SS-Männer treten schier aus den Höhlen. Sie kippen literweise Alkohol, der sie ihre Verbrechen scheinbar vergessen lässt.

Da der Kommandant seinerseits schon so besoffen ist, dass er mit seiner Dienstpistole Löcher in die Luft schießt, lösen andere hohe SS-Offiziere das Beethoven-Trio ab und unsere drei Musikanten müssen wieder ran.

SS-Offizier: „Jetzt wollen wir mal Stimmung haben, hier. Miesepeter kann ich nicht leiden.“

Er springt auf die Bühne: „Also kennt ihr ‚Jawoll meine Herrn‘ von Heinz Rühmann?“

Die drei nicken.

„Also: eins, zwei, drei! Trällelelelelai“, und beginnt das Lied zu grölen.

Die Stimmung bewegt sich auf den Höhepunkt zu. Große Schäferhunde, die entsprechend dressiert sind, werden auf ausgesuchte junge Mädchen losgelassen und versuchen, sie zu bespringen. Diesen Mädchen wird, wenn sie sich wehren, der Kopf mit einem Beil abgeschlagen. Zu der lustigen Rühmann-Musik sehen wir groß das Gesicht des singenden SS-Offiziers. Er ist im siebten Himmel.

Andere SS-Männer holen Bajonette und spießen die Schädel der geköpften Frauen auf ihre Gewehrläufe und paradieren in einer Art Polonaise umher. Manche vergewaltigen noch, manche trinken, manche krakeelen, manche Hunde lecken Blut und fressen Knochenreste.

NAKAM ODER DER 91. TAG

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