Читать книгу Die Schaufensterpuppe - Claudia Celeste - Страница 5
Der Seerosenteich
ОглавлениеDu hast eben noch geträumt. Ein winziger Vogel hatte sich auf deine linke Brust gesetzt. Er war mit seinen kleinen, zarten Füßen darauf herumgetrappelt, hatte ab und zu sanft mit dem Schnabel auf deiner Haut nach unsichtbaren Körnern gepickt. Etwas hat dich geweckt.Du blickst nach oben: ein strahlend blauer Himmel mit wenigen Schäfchenwolken über dir. Du hörst ungewöhnliche Vögel seltsame Lieder singen. Wenn du dich leicht bewegst, schaukelt deine Unterlage. Du liegst auf einer Luftmatratze, die in einem kleinen, rechteckigen Pool schwimmt. Das klare, von einfachen Ziegelsteinen umrahmte Gewässer teilt du nur mit Seerosen.
Eine moosbewachsene, steinerne Wand schützt dich vor Blicken von außen, deshalb bist du nackt. Ich sitze am Rand des Pools und bewege mich nicht. Langsam ziehe ich deine Luftmatratze zu mir heran, so langsam, dass du von der Bewegung nichts bemerkst, weil sich in deinem Blickfeld die Wolken am Himmel schneller bewegen als du selbst.
Ich benutze, was ich im Garten gefunden habe: ich führe einen Zweig mit kleinen grünen Blättern, die an der Unterseite fein behaart sind, über deinen Körper. Die Blätter umfassen deine Nasenspitze, berühren kurz deine Ohrläppchen, fahren um deine Brustwarzen.
Mit einem langen Grashalm male ich dir Buchstaben auf den Bauch, gebe dir schriftlich, was später noch folgt. Mit einer Pfauenfeder kitzle ich die Innenseiten deiner Schenkel. Du bist eine Seerose unter Seerosen. Du öffnest deine Blüte. Du schaust nur nach oben, in den Himmel, und spürst dabei, wie etwas, das ein Schmetterling sein könnte, Nektar aus deinem Kelch trinkt.
Der Schmetterling wächst, verwandelt sich in eine Zunge, die um deinen Kitzler spielt. Ich bin vom Rand des Pools ins Wasser gestiegen, so dass ich dich besser erreiche. Ich füttere dich mit Kirschen. Nein, nicht deinen Mund füttere ich. Du spielst mit den Früchten, schiebst sie heraus, wie ich sie hineinschiebe.
Bis ihnen der Ausgang versperrt ist – ich habe meinen Schwanz in deine Scheide geschoben, nehme deine Beine über meine Schultern, gebe dir so das nötige Gleichgewicht. Wir fahren durch den Pool. Zwischen den Seerosen stoße ich dich, der Pool schwappt jedes Mal ein bisschen, die Seerosen nicken mit den Köpfen. Du gibst mit den Händen den Takt an, ziehst mich zu dir, schiebst mich weg.
Die Wolken in deinem Blickfeld bewegen sich schneller. Sie wachsen. Die Seerosen haben sich auf einen Tanz geeinigt, den sie uns zu Ehren aufführen. Am Himmel siehst du nur noch eine einzige Wolke. Sie ist groß, sie füllt aus, was du siehst. Es regnet.