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Die alkoholische Gärung

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Bedauerlicherweise ist die Welt so eingerichtet, dass Vieles, was gut schmeckt, auch dick macht oder in anderer Weise gesundheitlich bedenklich ist. Zu diesen »Genussgiften« gehört in ganz besonderem Maß der Alkohol. Chemisch betrachtet gibt es eine ganze Stoffklasse, die als Alkohole bezeichnet wird und die als Kennzeichen eine sog. Hydroxylgruppe, bestehend aus einem Sauerstoff- und einem Wasserstoffatom, im Molekül trägt. Für uns interessant ist v.a. der Ethylalkohol, auch Ethanol genannt. Er besitzt die chemische Formel CH3CH2OH und bildet in reiner Form eine leicht bewegliche, farblose Flüssigkeit von charakteristischem, betäubendem Geruch und brennendem Geschmack. Er ist in jedem Verhältnis mit Wasser mischbar und siedet bei 78,3 °C, er ist leicht entzündlich und bildet mit Luft explosive Gemische. Die Dichte von Alkohol ist mit 0,789 g/cm3 niedriger als die von Wasser. Man kann so den Alkoholgehalt eines Getränks mittels einer Senkwaage leicht ermitteln.

Aller Alkohol, der in Getränken vorkommt, wird durch einen biochemischen Vorgang erzeugt, den man alkoholische Gärung nennt. Dabei handelt es sich um einen durch bestimmte Hefepilze induzierten sehr komplizierten chemischen Prozess, der sich aber auf eine recht simple Bruttogleichung reduzieren lässt, die schon 1815 von dem französischen Chemiker Joseph Louis Gay-Lussac (1778–1850) gefunden wurde. Danach wird ein Molekül des Monosaccharids Glucose (auch als Traubenzucker bekannt; die Monosaccharide sind die einfachsten Vertreter der riesigen chemischen Verbindungsklasse der Zucker) durch die Hefepilze in zwei Moleküle Zucker und zwei Moleküle Kohlendioxid gespalten:


Da die Formel des Traubenzuckers sich rechnerisch auch zu CH2O vereinfachen lässt, nennt man die Zucker auch Kohlenhydrate, also Verbindungen des Kohlenstoffs mit Wasser. Die alkoholische Gärung liegt der Bildung aller alkoholischen Getränke zugrunde, dazu müssen aber noch weitere biochemische Reaktionen kommen, sofern die Glucose nicht schon fertig gebildet vorliegt, sondern andere Zucker erst in diese verwandelt werden müssen. Mittels alkoholischer Gärung lassen sich nur Ethanolgehalte von maximal 20 % (immer bezogen auf das Volumen) erzielen, da spätestens dann die Hefepilze zu arbeiten aufhören. Alle Getränke mit höherem Alkoholgehalt müssen daher durch Destillation gewonnen werden und heißen deshalb allgemein Branntwein, auch wenn das Ausgangsprodukt kein Wein ist. Obwohl die Siedepunkte von Ethanol und Wasser sich deutlich unterscheiden, ist es nicht möglich, durch Destillation eines Wasser-Alkohol-Gemischs reinen Alkohol zu erhalten, denn es bildet sich ein sog. azeotropes Gemisch aus 95,57 % Ethanol und 4,43 % Wasser, das bei 78,15 °C siedet. 100 %-iger, sog. absoluter Alkohol kann nur durch Behandlung dieser Mischung mit wasserentziehenden Chemikalien gewonnen werden (oder durch chemische Umsetzungen, die nicht auf Gärung basieren).

Bekanntlich wirkt Alkohol im Allgemeinen zunächst anregend, später betäubend und stellt ein relativ schwaches Zellgift dar (im Vergleich zu anderen toxischen Stoffen, die schon in weit geringerer Dosierung letal wirken, etwa Cyankali). Normalerweise enthält das menschliche Blut stets geringe Mengen Ethanol als Stoffwechselprodukt (0,024–0,060 ‰). Ab etwa 1 ‰ spürt man eine leichte Berauschung, ab ca. 3,5 ‰ ist man schwer berauscht; bei 7–8 ‰ Blutalkoholgehalt kann eine Alkoholvergiftung tödlich enden. Beim Abbau des Ethanols in der Leber entsteht durch partielle Oxidation als Zwischenprodukt Acetaldehyd (CH3CHO), das für die unangenehmen Folgen zu reichlichen Alkoholgenusses, den »Kater«, verantwortlich ist.


Ein Syrer der Leibwache des Pharaos trinkt mit einem Saugrohr Bier aus einer Amphore.

Neben der in unserer Kultur traditionell verwurzelten alkoholischen Gärung gibt es zahlreiche weitere Arten der Gärung, bei denen nicht Ethanol, sondern beispielweise Milchsäure, Buttersäure oder Oxalsäure gebildet werden. Diese Prozesse erbringen alle eine wesentlich schlechtere Energieausbeute als die Sauerstoffatmung. Wird ein Kilogramm Rohrzucker vollständig zu Ethanol vergoren, werden dabei nur 500 Kilokalorien Wärme frei, 3500 Kilokalorien verbleiben im Ethanol. Die Hefepilze müssen also große Mengen Zucker vergären, um ihren Energiebedarf zu decken.

Es gibt vergärbare und nicht vergärbare Kohlenhydrate. Die erste Gruppe umfasst nur einige wenige einfache Mono- und Disaccharide, wie Trauben-, Frucht-, Malz- und Rohrzucker. Zur viel größeren zweiten Gruppe gehören alle Polysaccharide, insbesondere die in Getreide und Kartoffeln enthaltene Stärke. Um diese vergären zu können, muss sie erst durch andere Enzyme in vergärbare Zucker gespalten werden. Neben dem Alkohol entstehen bei der Gärung in geringen Mengen auch andere Stoffe, etwa Acetaldehyd oder Glycerin (C3H7O3), ein dreiwertiger Alkohol, der in großen Mengen in der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie und für die Sprengstoffherstellung (Nitroglycerin) verwendet wird. Durch Zusatz von bestimmten Chemikalien kann man den Gärungsverlauf so verändern, dass anstelle des Alkohols Glycerin bzw. Acetaldehyd entstehen, was während des 1. Weltkriegs durch das Deutsche Reich zur Munitionsherstellung genutzt wurde. Die Hefepilze arbeiten im Temperaturbereich von 0 °C bis maximal 50 °C, am effektivsten zwischen 30–37 °C. In der Praxis werden die Gärprozesse aber bei tieferer Temperatur gefahren, um die Reaktion nicht zu heftig werden zu lassen.

Es gibt zwei Hauptlinien alkoholischer Gärung. Bei der einen werden schon vorhandene Zucker vergoren, bei der anderen müssen vergärbare Zucker erst aus Stärke gebildet werden. Zur ersten Gruppe zählen alle Arten von Wein, zur zweiten alle Biere.

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