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Teil II DIE EPOCHE DER ALCHEMIE


Luna gebiert im Vas Hermeticum den König im Purpurgewand. Diese außerordentlich kunstvolle Darstellung der letzten Phase des Großen Werkes der Alchemie, die im Stein der Weisen gipfelt, stammt aus der Prunkhandschrift »Splendor Solis«, die im frühen 16. Jh. im deutschen Sprachraum entstand. Der Autor ist unbekannt, die häufig erfolgende Zuweisung zu dem Alchemisten Salomon Trismosin ist falsch.

Ägypten stand seit dem Selbstmord der Pharaonin Kleopatra im Jahre 30 v. Chr. unter der Herrschaft der Römer, war aber von zwei Kulturen geprägt: der klassischen ägyptischen und der von der Dynastie der Ptolemäer mitgebrachten griechischen Kultur. Durch die: Verschmelzung zweier sehr unterschiedlicher geistiger Traditionen bildete sich ein revolutionär neues Wissensgebiet: die Alchemie. Das Außergewöhnliche dabei ist, dass zum ersten Mal eine Verbindung von Experiment und Theorie zustande kam. Die Ägypter hatten einen außerordentlich hohen Stand chemisch-technischer Kenntnisse erlangt, dieses Wissen aber rein empirisch genutzt. Die griechischen Philosophen hatten hochentwickelte intellektuelle Modelle der Beschaffenheit der Welt, des Menschen und des Kosmos geschaffen, aber keine nennenswerten Anstrengungen unternommen, diese Modelle mit der Realität abzugleichen. Ihnen ging es um die intellektuelle Eleganz und die innere Logik ihrer Philosophien, die reine Gedankenkonstrukte waren. Die Alchemie führte die chemische Praxis mit einer Theorie der Materie und einer Metaphysik der Schöpfung zusammen. Daneben wurde sie von magischen Vorstellungen beeinflusst, die ihren Ursprung auch im babylonischen und iranischen Kulturkreis hatten. Das Ergebnis war ein komplexes Gebilde, nicht frei von inneren Widersprüchen und unerfüllbaren Zielsetzungen, aber auch der erste Versuch einer intellektuellen Durchdringung der Welt mit einer Kombination aus theoretischer Spekulation und deren praktisch-experimenteller Anwendung. Die Alchemie war keine moderne Naturwissenschaft, aber sie war als eine experimentell angelegte Naturmetaphysik eine ihrem kulturellen Kontext entsprechende Protochemie.

Der Ursprung des Namens (Al-)Chemie

Die Entstehung und Bedeutung des Namens Chemie bzw. Alchemie ist nicht endgültig geklärt. Es gibt zwei Deutungen: Die eine führt das Wort auf das griechische χεώ (cheo) oder χυμα (chyma) zurück, was »Guss«, »gießen« oder »schmelzen« bedeutet. Diese Deutung verweist auf die Tätigkeit des Chemikers, die ursprünglich – ähnlich wie beim Schmied oder dem Hüttenmann – mit der Herstellung von Metallen und Legierungen in Verbindung gebracht wurde. Eine Rückführung auf ein griechisches Wort liegt auch insofern nahe, als die Alchemie zu einer Zeit entstand, in der die gebildeten Schichten Ägyptens griechisch sprachen. Gegen diese Auffassung erhoben jedoch Philologen Einspruch, die darauf hinwiesen, dass in den frühesten Textzeugnissen stets von χημεία (Chemaia) oder χίμεία (Chimaia) die Rede ist. Dieses Wort wiederum entspricht der griechischen Übertragung des antiken Namens für Ägypten, der »Kernet« lautete, was »Schwarzes Land« bedeutete und sich auf den fruchtbaren schwarzen Schlammboden des Nildeltas bezog. (Der Name Ägypten leitet sich seinerseits vom griechischen Namen des Nils ab, der »Aigyptos« lautete.) Folgt man dieser Auslegung, ergibt sich ein plausibler Bezug zum Ursprungsland der (Al-)chemie. Erstmals taucht diese Bezeichnung bei Julius Maternus Firmicus auf, der um 340 n. Chr. ein astrologisch-astronomisches Werk schrieb. Hier heißt es, dass ein Mensch zur »Chemia« geneigt sei, wenn er zur Stunde des Saturn geboren werde. (Zum besseren Verständnis: Nach der Lehre der Astrologie werden die Stunden eines Tages ebenso wie die Tage der Woche von Planeten »regiert«.) Mir erscheint die Annahme, dass sich das Wort »Chemie« von der ursprünglichen Bezeichnung Ägyptens ableitet, nicht nur etymologisch überzeugender. Hinzu kommt noch, dass in der Alchemie die Farbe Schwarz bei der Bereitung des Steins der Weisen eine wichtige Rolle spielt, was gut mit dem schwarzen Schlamm des Nils als Ausgangspunkt allen Lebens in Ägypten harmoniert. Die Bezeichnung »Alchemie« wird einfach dadurch erklärbar, dass die Araber, über die die Alchemie im Mittelalter nach Europa gelangte, ihren Artikel »al« vor das Wort »Chemie« setzten. Bezeichnungen wie »Alchymie« oder »Alchymia« sind daher erst später entstanden.

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